Tischdienste in der Psychiatrie

vom 23.01.2012, 16:17 Uhr

Mein Post ist an sich rein theoretischer Natur, da es mich einfach mal interessiert, ob jemand die Rechtslage kennt und wie eure Ansichten sind. Ich möchte mich auch bewusst nur auf den Bereich Psychiatrie beziehen, da ich die Tischdienste nur aus der Akutpsychiatrie kenne. In der Psychosomatik wird das in der Regel noch mal anders gehandhabt. Und auch klar die Erkrankungen mit in meinem Post mit einfließen.

Grundlage ist folgende. In der Psychiatrie (ich spreche hier nur für eine Psychiatrie von denen die ich kenne- in anderen Häusern wird das anders gehandhabt) ist es so, dass die Mahlzeiten nicht als Tellergerichte kommen. Frühstück und Abendessen werden als Buffet angeboten.Mittagessen wird von der Pflege ausgegeben. Dazu stehen aber alle Speisen die zur Wahl stehen auf einem Wagen und die Pflege portioniert das was man bestellt hat und gibt es dann den Patienten, die sich zur Essensausgabe anstellen müssen.

Frühstück und Abendessen wird von der Klinikküche angeliefert. Verpackt. Die Speisen werden dann von Patienten auf Teller gelegt und dann auf die Tische gestellt und jeder Patient kann sich bedienen. Nach den gemeinsamen Mahlzeiten werden die Teller von denen man gegessen hat selbst abgeräumt, aber die Teller auf denen die Speisen lagen und die Reinigung der Tische, wie auch Ein- und Ausräumen der Spülmaschine soll von den Patienten erledigt werden.

Diese Aufgaben werden als Tischdienste einmal die Woche vergeben. Beziehungsweise wird darauf gehofft, dass sich Patienten finden, die diese Dienste freiwillig machen. Auf den offenen Stationen läuft das so ab, dass man quasi für dreimal am Tag einen Tischdienst sucht. Jemand der sich um das Frühstück kümmert, jemand der sich um das Abendessen kümmert und jemand der sich um das Geschirr vom Mittagessen kümmert. Der Dienst muss dann eine Woche lang gemacht werden. In der Regel wird ein Dienst von jeweils zwei Personen gemacht. Je nach Dienst ist das aber täglich eine Arbeit von bis zu einer Stunde und mehr.

Sinn der Dienste soll an sich sein, dass sich Patienten wieder an Haushaltstätigkeiten gewöhnen und den Tag strukturieren können. So in etwa die offizielle Erklärung. Halte ich von der Grundidee generell für sinnvoll. Nur ist es oftmals auch so, dass auch auf den offenen Stationen der Psychiatrie Patienten sind, die sich nicht wirklich orientieren können. Was an sich kein Problem wäre, wenn die Pflege durchgängig die jeweiligen Patienten anleiten und unterstützen würden. Aber ich habe immer öfters feststellen müssen, dass die Dienste fleißig verteilt werden, aber die Patienten zum Teil hilflos da stehen. Zwar konkret zur Pflege sagen, mit was sie nun Probleme haben (rein vom Ablauf her), aber wenn es dann so weit ist, steht der Patient orientierungslos in der Küche und es ist kein Pfleger zu sehen.

Die Dienste werden im Beisein aller Patienten vergeben. Wenn sich keiner freiwillig meldet, kommt es durchaus vor, dass die anwesenden Pfleger argumentieren, dass ja auch alle Essen haben wollen. Nachvollziehbar. Oftmals wird dann auch Unterstützung angeboten, die dann aber oftmals nicht eingehalten wird. Wobei ich mich gerade an dem Punkt nun frage, was wäre wenn sich kein Patient finden lassen würde, der den Dienst übernimmt? Gibt es dann kein Essen? Wobei man es im Endeffekt auch so ausdrücken kann, es ist Teil der Therapie, wenn man die verweigert ist es Therapieverweigerung und das kann durchaus zur Entlassung führen.

Gut auf den offenen Stationen kommt man da mit guten Argumenten weiter oder kann auch mal die Patienten direkt animieren. Nun kommen wir aber zu meiner eigentlichen Frage. Wir wechseln nun auf die geschlossenen Stationen. Die wenigsten Patienten sind dort wirklich freiwillig. Ein Teil der Patienten ist dort zwangsweise untergebracht, aus welchen Gründen auch immer. Ein Teil der Patienten könnte auf keine offene Station verlegt werden, weil er absolut orientierungslos ist. Zum Beispiel Patienten mit Demenz oder Alzheimer, die schon Mühe haben den Weg vom Aufenthaltsraum (mit Küche) bis zu ihrem Zimmer zu finden. Bei vielen ist sicherlich auch unklar, ob ihnen überhaupt bewusst ist, wo sie überhaupt sind. Tatsache dürfte aber sein, dass diejenige die halbwegs freiwillig dort sind, auch nur dort sind, weil es keine anderen Möglichkeiten gibt.

Auch hier wird das Essen ähnlich wie auf den offenen Stationen ausgegeben. Nur die Tischdienste sind ein wenig anders geregelt. Jeden Morgen wird in einer gemeinsamen Runde jemand gesucht, die den ganzen Tag die Dienste übernehmen. Also alle drei. Also an dem Tag das Frühstück machen, den Tisch decken und so weiter. Und das halt für Frühstück, Mittagessen und Abendessen. Zusätzlich halt noch allgemeine Sachen, dass halt nicht zu viele dreckige Gläser und Tassen rum stehen und die in die Spülmaschine geräumt werden und auch wieder ausgeräumt werden. Auch hier wird der Dienst immer von zwei Patienten übernommen.

Folgender Fall nun. Auf der Station befinden sich hauptsächlich alte Menschen, die entweder Demenz oder Alzheimer haben, zum Teil körperlich behindert sind und zum Großteil auch inkontinent sind. Außerdem befinden sich drei jüngere Patienten auf der Station. Wobei alle drei psychisch nicht wirklich in der Lage sind, die Situation wirklich zu erfassen. Einer der drei Patienten ist eventuell dazu in der Lage und ist nur noch dort, weil auf der offenen Station kein Bett frei ist. Er ist quasi der Einzige der zu solchen Diensten wirklich in der Lage ist. Nennen wir ihn mal Patient Z.

Nun bleibe da noch Patient X. und Patient Y. Patient X. ist geistig nicht wirklich orientiert, konnte bei den Diensten aber bisher Patient Z. zumindest unterstützen. Patient Y. ist nicht freiwillig dort, ihm geht es aber psychisch sehr schlecht. Nun steht wieder die Auswahl des Tischdienstes an. Patient Z. sagt mit Recht, er habe keine Lust den Dienst ständig zu machen, es könnte auch mal jemand anderes den Dienst übernehmen. Der anwesende Pfleger meint zwar, dass die anderen Patienten die Aufgaben kaum machen könnten, sieht das Problem ab. Dann wird Patient Y. gefragt. Patient Y. fühlt sich mit der Situation überfordert. Bisher hat er nur mitbekommen, dass die Pflege den Diensten zwar die Waren hinlegen, aber die Dienste nicht wirklich unterstützen, sondern sich lieber zurück ziehen und die Patienten alleine schalten und walten lassen.

Patient Y. kennt sich weder in der Küche aus, noch kennt er den Ablauf. Wie er die Situation bisher erlebt hat, sind die Patienten zum Essen eher sich selbst überlassen. Noch weiß Patient Y. wie das Ganze ablaufen soll. Da Patient Y. aber schon mehrfach in psychiatrischen Einrichtungen aller Art war, wird zu allen anderen Probleme von der Pflege schon gekontert, dass man das doch alles wissen müsste. Patient Y. ist nicht in der Lage sich dann zu wehren, dass er das nun eben nicht weiß. Patient Y. lehnt die Übernahme des Dienstes ab.

Die Pflege argumentiert daraufhin, dass das aber Teil der Therapie sei. Patient Y. sieht es aber so, dass er ja nicht freiwillig dort ist, sondern gezwungen wurde. Ansonsten sieht Patient Y. auch nichts von Therapien, weil er an keinen Therapien teilnehmen darf, was ihm ebenfalls, auch auf Nachfrage, nicht erklärt wurde.

Meine Frage ist nun, kann die Pflege argumentieren, da ja die Patienten nicht bereit sind die notwendigen Dienste zu übernehmen, gibt es halt kein Essen? Patient Y. kann ja nicht raus geworfen werden. Man könnte höchsten mit einer Fixierung drohen, die aber rechtlich wohl nicht zulässig wäre.

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge



In einer Psychiatrie landet man im Normalfall ja nur, wenn man entsprechende psychiatrische Probleme hat und für eine geschlossene Psychiatrie braucht es entweder das Einverständnis des Patienten, bzw. seines Vormundes oder es muss eine akute Selbst- oder Fremdgefährdung vorliegen. Zumindest aus der offenen Station kann man sehr wohl herausgeworfen werden! Wer der Meinung ist zu Unrecht zwangsweise in einer Psychiatrie untergebracht zu sein, hat sowohl bei der offenen als auch geschlossenen Station die Möglichkeit sich notfalls dort heraus zu klagen!

Wer sich damit überfordert fühlt bei den Mahlzeiten zu helfen und nicht in der Lage ist, selbstständig einen Teller von A nach B zu tragen, benötigt meiner Meinung nach schon ärztliche/psychologische Betreuung. Ebenso sollte jemand, der die Grundschule beendet hat, das System einer Spülmaschine verstehen können und in der Lage sein, das Geschirr dort hinein zu stellen. Auch die Bedienung eines Putzlappens sollte für einen halbwegs gesunden Menschen kein Problem darstellen. Das sind Aufgaben bei denen selbst von Kindergartenkindern erwartet wird, dass sie diese übernehmen können.

Natürlich dient eine Psychiatrie auch dazu, typische Arbeitsabläufe zu erlernen bzw. wieder Struktur in seinen Tag zu bringen. Das die Struktur in einer Klinik eine andere ist, als später zu Hause oder im betreuten Wohnen, ist verständlich. Für mich stellt sich weniger die Frage, wie man eventuelle Dienste vermeiden kann, sondern wer ein Interesse daran hat, wieder gesund zu werden, muss arbeiten. Und dazu gehören auch unliebsame Tätigkeiten oder Dinge, die einen erst einmal fordern. Und zu einem selbstständigen Leben gehört auch, dass man in der Lage ist, Gegenstände wie einen Putzlappen selbst zu finden.

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» Trisa » Beiträge: 3323 » Talkpoints: 38,55 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Trisa hat geschrieben:Wer sich damit überfordert fühlt bei den Mahlzeiten zu helfen und nicht in der Lage ist, selbstständig einen Teller von A nach B zu tragen, benötigt meiner Meinung nach schon ärztliche/psychologische Betreuung. Ebenso sollte jemand, der die Grundschule beendet hat, das System einer Spülmaschine verstehen können und in der Lage sein, das Geschirr dort hinein zu stellen. Auch die Bedienung eines Putzlappens sollte für einen halbwegs gesunden Menschen kein Problem darstellen. Das sind Aufgaben bei denen selbst von Kindergartenkindern erwartet wird, dass sie diese übernehmen können.

Ich glaube nicht dass das Problem darin besteht, ein paar Teller hin und her zutragen oder dass die Patienten keine Lust haben ein paar Tische abzuwischen. Es gibt tatsächlich schon in den offenen Stationen Menschen, die mit solchen ganz einfachen und alltäglichen Situationen nicht zurecht kommen. Und wenn man nicht weiß, wo die Dinge hingehören oder wo man sie findet, dann kann man auch schon mit dem Finden eines Putzlappens überfordert sein. Ich finde nicht, dass man so eine Situation eins zu eins übertragen kann - zu hause weiß ich schließlich wo meine Putzlappen sind, um bei diesem Beispiel zu bleiben. Genauso wie es auch immer noch Menschen gibt die keine Spülmaschine besitzen und die es vielleicht sehr unangenehm finden wenn sie zugeben müssen, dass sie von etwas keine Ahnung haben oder denen es extrem widerstrebt, jemanden um Hilfe zu bitten.

In einer solche Situation würde ich den Dienst wohl auch ablehnen denn das Argument dass man das ja alles schon kennen und wissen müsse ist komplett hinfällig. Das wird immer wieder unterschiedlich geregelt, und natürlich muss man sich immer wieder neu in die Gegebenheiten einfinden. Und für jemanden, der zum Beispiel an einer sozialen Phobie leidet oder eine andere Störung hat, kann das schon sehr belastend werden.

» Adean » Beiträge: 176 » Talkpoints: 6,13 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Also das Essen darf man den Patienten schon mal nicht verweigern. Egal, ob sie sich gegen die Dienste wehren oder einfach nicht in der Lage dazu sind, diese zu verrichten. Da zumindest zwei Patienten wohl in der Lage sind, solche Vorfälle zu melden, sollten die zuständigen Ärzte davon unterrichtet werden. Ob das allerdings viel bringt, ist dann eine andere Frage.

Was das Argument angeht, das dieser Tischdienst bei einem Patienten zur Therapie gehört, obwohl er sonst an keinen anderen Therapien teilnehmen darf, ist das schwer etwas zu sagen. Denn wir kennen hier weder Grund der Einweisung, noch welche Therapien dort überhaupt sinnvoll sind. Aber ich denke, das zumindest der Tischdienst dazu gehören kann, um dem Patienten eine Regelmäßigkeit beizubringen.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Ich muss sagen, ich gehöre zu jenen Personen, die wenig hauswirtschaftliche Kenntnisse haben. Einmal gab es eine Situation, womit ich mich auch überfordert fühlte, dabei ging es um eine ähnliche Situation, allerdings im größeren Rahmen. Auf einer mehrtägigen Veranstaltung gab es auch für jeden etwas zu tun. Es brauchte immer bis zu acht Personen für die Essensausgabe und teilweise noch mehr Hilfen in der Küche, da sehr viel vorbereitet werden musste. Ich hätte in der Küche die Koordination der Helfer übernehmen können, lehnte aber ab, da ich bei manchem Gemüse keine Ahnung hatte, wie man es schält, noch nie mit einer solchen Industriespülmaschine zu tun hatte und weder Küche, noch die unterschiedlichsten Köche kannte (und dieser wiederum waren erstmals in dieser Küche). Bei Hilfsdiensten in der Küche erkannte ich dann später, dass es kein Problem gewesen wäre und ich vermutlich sogar Spaß an dem "Job" gehabt hätte.

Natürlich ist ein psychisch angeschlagener Mensch oder jemand der an einer schweren psychiatrischen Störung leidet, ein anderen Fall. Aber auch dabei denke ich, dass es wichtig ist, die Eigenständigkeit des Patienten zu fördern! Es wäre kein Problem, sich neben ihn zu stellen und jeden Handgriff genau zu erläutern. Das Erfolgserlebnis wäre gleich null. Und auch darum sollte es in einer Klinik gehen: zu lernen auch ungewohnte Situationen zu meistern. Und dabei ist man in einer Klinik schon in einem sehr geschützten Rahmen. Es geht nicht darum Leistungen zu erzielen, man wird nicht benotet, sondern sollte erst einmal lernen, einfachste Situationen zu meistern.

Eine Spülmaschine mag sicherlich überall anders funktionieren und anders aussehen. Doch das Prinzip das die Teller ohne Speisereste nebeneinander in die entsprechenden Fächer gestellt werden, dürfte überall gleich sein. Und das ist etwas, was man bewältigen können sollte. Außerdem gehe ich davon aus, dass man von den Pflegern eine Antwort bekommt, wenn man fragt, wo man den Lappen findet und welchen Knopf der Spülmaschine man drücken muss.

Auch gehe ich nicht davon aus, dass man den Patienten die Nahrung verweigern würde. Ich sehe es eher als kleinen Anschubser, den gerade jemand der gesund werden möchte, nutzen sollte. Und um nichts anderes geht es letztendlich in einer Klinik. Um gesund zu werden, bzw. seine Situation zu verbessern, muss man selbst aktiv werden. Würde man verlangen, dass die Patienten selbst kochen, eigenständig einen Menüplan erstellen oder Messer schärfen, wäre das natürlich nicht richtig. Doch so wie es hier klang, geht es eher darum, selbst herauszufinden, wie man die Verpackung der gelieferten Speisen entfernt, den Lappen befeuchtet (ich gehe fest davon aus, dass sich dieser in der Nähe der Spüle befindet!) und damit über Tische wischt, bzw. selbst ermittelt, welcher Tisch bereits sauber ist. Und das System "Teller zu Teller, Gabel zu Gabel und Löffel zu Löffel" sollte schnell erfasst werden können.

Und wie gesagt, man kann durchaus auch aus Psychiatrien klagen. Natürlich gibt es dort auch Missstände. Niemand muss alles hinnehmen. Aber in einer Gemeinschaft zu verlangen, dass jemand der grundsätzlich dazu in der Lage dazu ist, sich bemüht einfachste Tätigkeiten selbst durchzuführen, ist meiner Meinung nach kein Grund sich zu beschweren.

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» Trisa » Beiträge: 3323 » Talkpoints: 38,55 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


@ Punktedieb: Kein Essen kann man klar melden. Ärzte sind auf den Stationen aber eher selten greifbar. Und selbst wenn, die Pflege besteht aus mindestens zehn Personen pro Station. Wenn sich da nun ein Patient beschwert und noch direkt zum Arzt geht, was meinst du wie die Pflege reagieren wird? Falls der Arzt überhaupt etwas unternimmt. Im besten Fall wird er sich die Sicht der Pflege anhören. Fakt ist allerdings, dass eben aus Sicht der Pflege gar keine Zeit wäre, dass die den Tischdienst noch übernehmen. Das wohl ein weiterer Grund ist, sicherlich auch um Kosten zu senken, warum man die Patienten mit einbindet. Nur bleibt es halt nicht bei dem mit einbinden, sondern es wird zum Teil komplett abgewälzt.

Klar können solche Dienste Regelmäßigkeit geben. Nur sehe ich den Sinn für den Patienten nicht, wenn er dort nicht freiwillig ist und dann dazu gezwungen werden soll etwas zu tun, mit dem er sich überfordert fühlt. Unterstützung wird leider keine gegeben, sondern nur gesehen, wer ist theoretisch körperlich dazu in der Lage und der soll es machen.

Ich sehe da auch keine Regelmäßigkeit drin oder ein langsames ran führen an alltägliche Dinge, wenn morgens einfach mal jemand bestimmt wird, der den ganzen Tag den Dienst macht. Je nach Erkrankung und Schwere und Dauer hat der Patient seit Monaten keine Regelmäßigkeit mehr gehabt. Hat der Patient sich um wenig gekümmert usw. Da nun von einem Tag auf den anderen komplettes Programm zu erwarten, finde ich ein wenig schwierig. Anders sehe die Sachlage aus, wenn die Pflege die Patienten auch unterstützen würde.

@ Trisa: Ich schrieb ja bereits, dass man aus einer offenen Station durchaus raus geworfen werden kann. Eben könnte das passieren, wenn man Therapien verweigert. Da der Tischdienst ja auch so etwas wie eine Therapie ist, könnte das durch eine Verweigerung hier auch passieren.

Es geht nicht darum einen Teller von A nach B zu tragen. Es geht auch nicht darum, seinen eigenen Teller in die Spülmaschine zu räumen. Es geht hier darum, dass zum Teil für 20 bis 25 Patienten zu tun. Und die Menschen sind ja bereits in ärztlicher/psychologischer Betreuung. Und die Menschen sind nicht gesund, zum Teil nicht mal halbwegs gesund. Wenn man da deiner Argumentation folgen würde, wäre es ja normal, dass es in der Psychiatrie wie im Schweinestall aussieht.

Das jemand der gesund werden will arbeiten muss, erschließt sich mir nicht ganz. Sagst du das auch zu Menschen, die einen Unfall hatten und von oben bis unten eingegipst sind? Da ist die Gesundung und diverse Therapie Arbeit genug. So sieht es aber auch bei Patienten der Psychiatrie aus, die eventuell keine direkten körperlichen Leiden haben.

Du hast ja selbst eine Situation beschrieben, in der du dich überfordert gefühlt hast. Ich sehe da absolut keinen Vergleich, ob man im privaten Rahmen zugibt das man was nicht kann oder ob man diktiert bekommt man soll das machen und eventuell mit Konsequenzen gedroht wird, wenn man es nicht tut. Wobei hier klar ein Unterschied zwischen offenen und geschlossenen Psychiatrien zu sehen ist. Und du ja auch klar sagst, später hättest du festgestellt, dass es wahrscheinlich anders als erwartet abgelaufen wäre. Wenn du aber nun in einer Psychiatrie sitzen würdest, laufend mitbekommst wie man die Patienten und solche Dienste nicht unterstützt und die Patienten sich selbst überlässt, würdest du das dann auch noch sagen?

Nichts gegen das Fördern der Eigenständigkeit. Aber jemand zu sagen, willst du das freiwillig machen, ist noch was anderes, als zu sagen du musst das können, mach mal. Ich habe leider mehr als einmal miterleben müssen, gerade im Bezug auf die Tischdienste, dass die Patienten klar sagten, sie würden es machen, bräuchten aber Hilfe. Jedes mal! standen die Patienten dann alleine in der Küche und suchten dann Hilfe bei den Mitpatienten, weil die Pflege die Patienten alleine ließ. Und das war auf offenen Stationen, auf denen die Patienten generell eher ansprechbar sind. Auf einer geschlossenen Station, in der von mir beschriebenen Konstellation, werden die Mitpatienten da wenig unterstützend helfen können.

Du gibst den Rat dann halt die Pflege zu fragen. Ich hatte ja bereits als Grundsituation angegeben, dass besagter Patient mit vielen Sachen weg geschickt wurde, mit der Erklärung das müsse er ja wissen. Auf andere Fragen wurden so unterschiedliche Antworten gegeben, die sich noch dazu alle widersprochen haben. Ganz ehrlich, würdest du da noch um Hilfe bitten? Um Hilfe bitten für eine Tätigkeit zu der man dich gezwungen hat?

Klar sollte das Interesse der Klinik sein den Patienten auf dem Weg der Gesundung zu helfen. Ist das aber noch Hilfe, wenn man solche Aufgaben ohne nähere Erklärung, oder weil es halt kein anderer machen kann/will, übernehmen muss? Wie groß mag das Interesse eines Patienten, der nicht freiwillig dort ist, noch dazu vielleicht überhaupt nicht weiß warum er dort ist, sein?

Und es geht leider nicht um die von dir genannten, wirklich kleinen Aufgaben. Es geht hier unter Anderem darum, den Tisch dreimal am Tag für 20 bis 25 Leute zu decken. Sich dabei in einer fremden Küche mit wenig Geschirr zu orientieren. In der noch dazu ein Teil der Schränke verschlossen sind. Es geht darum das Geschirr von 20 bis 25 Personen zu reinigen. Ja Spülmaschine ist vorhanden. Aber wenn man selbst nicht so fit ist, das richtig zu koordinieren, dass die Spülmaschine ja oft genug laufen muss (also ein- und ausgeräumt werden muss) damit das minimierte Geschirr auch reicht, halte ich persönlich nicht für eine einfache Tätigkeit. Dazu kommt noch das Anrichten der Mahlzeiten. Zwischendurch muss auch mal sauber gemacht werden, weil sich sonst die Tassen und Becker überall stapeln und so weiter. Und dazwischen sind dann noch andere Patienten, die dir je nach Erkrankung irgendwas erzählen, ihre Oma/Tante/Cousine suchen, dich 100 Mal fragen wo sie sind, die dir die Teller wieder weg räumen, weil sie das für richtig halten und so weiter und dir selbst dreht sich alles im Kopf, weil du selber Stimmen hörst oder selbst einfach nur traurig bist und so weiter.

Ich habe generell kein Problem damit, wenn man den Patienten das erklärt und sie auch unterstützt. Wenn das aber alles den Anschein hat, man wälzt die Tätigkeiten einfach auf die Patienten ab, finde ich das nicht in Ordnung. Und wenn es mehr als abwälzen wäre, dann könnte die Pflege sich doch auch sagen wir einfach eine halbe Stunde vor dem Abendessen eine ältere Dame mit Demenz oder Alzheimer schnappen und zu ihr sagen, kommen Sie Frau A. wird machen mal zusammen leckeres Abendessen und weist sie halt genau an. In dem Moment, in dem aber aus 20 bis 25 Patienten nur die raus gesucht werden, die selbstständig agieren können, ist das für mich kein therapeutisches Handeln mehr.

Mir ging es auch eher darum, welche handhabe die Klinik hat. Auf den offenen Stationen kann man ja argumentieren und so weiter. Noch dazu sind die Patienten dort in der Regel sowohl geistig, wie auch körperlich und psychisch fitter. Dort kann man quasi auch als Strafe mit einem Rausschmiss drohen. Die Möglichkeit hat man aber auf einer geschlossenen Station halt nicht. Als Strafe könnte man eventuell Fixierung androhen. Was aber wohl rechtlich auf sehr wackeligen Beinen stehen würde. Nur je nachdem wie es dem Patienten gerade geht, wie groß seine Angst ist und so weiter, würde zumindest die Androhung sicherlich helfen.

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge


LittleSister Ich gehe schon davon aus, dass es in der Psychiatrie sehr wohl Mitarbeiter gibt, die die Station reinigen. Und so wie ich es heraus gelesen habe, gab es bisher auch immer Essen. Dies sollte natürlich gewährleistet sein, gerade weil pflegebedürftige Personen oftmals auch feste Zeiten brauchen, weil ihre Krankheitsbilder dies notwendig machen.

Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass man den ganzen Tag völlig allein dasteht und vom kompletten Personal abgewiesen wird. Auch wird vermutlich niemand verlangen, dass etwas aus abgeschlossenen Schränken geholt wird. Wenn ein Teil der Schränke abgeschlossen ist, schränkt das die Möglichkeiten, wo man Teller und Putzlappen findet, arg ein. Dreißig Essplätze abzuwischen und Teller auf die Tische zu stellen, ist etwas das ein gesunder Mensch in wenigen Minuten erledigt hat. Das sind "Dienste", die auch von Kindern im Kindergartenalter durchaus schnell erlernt werden können und auch Alzheimer und Demenz-erkrankte Menschen sind ja durchaus nicht alle immer völlig neben der Spur. Du selbst schriebst ja, dass die Teller von den Patienten selbst zurückgestellt werden sollen und einige Mahlzeiten am Buffet gereicht werden.

Wer von oben bis unten eingegipst ist, kann sicherlich keinen Tisch abräumen. Doch auch dann hat man die Wahl, ob man sich heulend bemuttern lässt, oder sich ein Ziel setzt. Es gibt eine Menge "hoffnungsloser Fälle", die an sich gearbeitet haben und scheinbar Unmögliches vollbracht haben. Andere lassen sich gehen und geben sich selbst auf. Und dann können die besten Spezialisten nichts machen!

Therapien sind glaube ich niemals immer schön. Wer eine Sozialphobie hat und diese bewältigen möchte, muss sich irgendwann anderen Menschen stellen. Wer Stimmen im Kopf hat, muss lernen damit klar zu kommen, bzw. bei manchen Krankheitsbildern ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen und manch einer ist auch irgendwann wieder selbst dafür verantwortlich sich entsprechend behandeln zu lassen.

Die Frage, die ich mir hier stellen würde, wäre: Was möchte ich? Und wie erreiche ich das? Möchte ich immer jemanden neben mir stehen haben, der mich durchgehend betreut und idealerweise auch noch füttert? Wenn ja, dann ab ins Bett. Oder möchte ich irgendwann wieder selbst für mich sorgen können? Dann kann es durchaus auch hilfreich sein, zu lernen 30 Teller auf Tische zu stellen, Tische abzuwischen und feste Aufgaben zu übernehmen. Und dann habe ich auch ein Interesse daran, dies selbstständig und regelmäßig auszuführen.

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» Trisa » Beiträge: 3323 » Talkpoints: 38,55 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Nochmal es geht nicht darum, ob man das kann oder nicht. Es geht darum, dass man quasi dazu gezwungen wird. Man keine andere Wahl hat. Und wenn es einem nicht gut geht, man nicht weiß warum man dort ist und dann erwartet wird, man soll die Aufgabe, ohne Anleitung, dreimal am Tag machen, halte ich das weiterhin für nichts, was ein kranker Mensch sofort können kann.

Du schreibst wenn man gesund werden will. Ich habe nun mehrfach darauf hingewiesen, der Patient ist nicht freiwillig dort. Vielleicht will er auch gar nicht gesund werden.

Klar ist Pflege auf Station anwesend. Aber ich verwies nun ebenfalls mehrfach darauf: einmal, dass die Pflege anfragen mit einem, dass müsste man ja wissen kontert oder auf Bitten einfach nicht reagiert. Klar kann man dann natürlich die Pflege den ganzen Tag fragen. Verbessert das irgendwas?

Das genannte Buffet muss von dem besagten Patienten aufgebaut werden. Und natürlich auch später abgebaut werden. Das betrifft in dem Fall Frühstück und Abendessen. Das Mittagessen wird von der Pflege ausgegeben, die Reinigung des Bestecks zum Verteilen ist aber ebenfalls Aufgabe des Patienten. Das Einzige was man quasi nicht machen muss, ist die Speisen einkaufen. Die werden angeliefert. Wobei noch anzumerken ist, dass theoretisch laut Therapieplan ganze 10 Minuten Zeit sind, die Tische zu decken und das Frühstück zu richten. Ein Mensch der nicht wirklich orientiert ist schafft das nicht wirklich.

Und klar kann man diese Tätigkeiten lernen, wenn man sie nicht kann. Es geht mir weiterhin darum, dass eben keine Unterstützung oder Anlernung vorhanden ist. Es geht mir darum, wie kann man sich als Patient verhalten, wenn man selber weiß man schafft die Aufgabe nicht. Klar kann man fragen. Aus dem was ich bereits geschrieben habe, hat das Fragen wenig Erfolg gehabt. Aber mit welchen Konsequenzen kann gerechnet werden? Also wenn man halt sagt, nein ich übernehmen die Dienste nicht. Kompromisslösungen sind ebenfalls nicht möglich.

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge


Aber das ist es ja gerade, wir reden hier von einer geschlossenen Station. Da gibt es häufig Menschen, die wollen gar nicht dort sein, die möchten nicht therapiert werden. Manche halten sich sogar für völlig gesund! Als gesunder Mensch ist es natürlich einfach zu sagen, man muss schon wissen was man möchte und man hat ja die Wahl ob man sich selbst helfen möchte. Das kann man von Patienten in einer offenen Station wohl so sagen, aber doch nicht in diesem Fall.

Wenn ich als Mensch mit einer sozialen Phobie gezwungen werde Aufgaben zu erledigen, denen ich mich warum auch immer nicht gewachsen fühle, sei es einfach weil man sich genötigt oder benutzt fühlt oder einfach allein nicht mit der Situation zurecht kommt und von den Pflegern dann keine Hilfe erwarten kann, dann würde ich mich doch komplett in meiner Angst bestätigt fühlen. Gerade zu den Angestellten soll man auch immer gehen wenn man irgendwelche Probleme hat, aber so ganz ohne Vertrauensbasis funktioniert das einfach nicht. Und ich würde sagen, solche Verhältnisse tragen dann auch nicht gerade zu einer Verbesserung des Gesundheitszustandes bei.

» Adean » Beiträge: 176 » Talkpoints: 6,13 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ehrlich gesagt kann ich mir nicht vorstellen, das dieser Patient den Grund seiner Einweisung nicht kennt, wenn ihm klar ist, da er keinen Tischdienst machen will. Die Gründe dafür spielen mal eine untergeordnete Rolle. Selbst wenn es eine Zwangseinweisung sein sollte, dürfte der Grund bekannt sein, so wie der Patient hier beschrieben wird.

Und genauso wurde beschrieben, das mehrere Patienten körperlich wie auch geistig in der Lage sind, diesen Tischdienst zu erledigen. Dann dürfte es wohl machbar sein mit dem jeweils behandelnden Arzt das Problem zu bereden. Wenn dann mehrere Patienten mit entsprechenden Aussagen kommen, kann wohl kein Arzt mehr die Augen so offensichtlich verschließen.

Ansonsten kann man es drehen und wenden wie man will. Darf Essen darf nicht verweigert werden und wenn es doch gemacht werden sollte, so kann dies auch nachgewiesen werden. Da kann die Pflege noch so viel behaupten, medizinisch kann das Gegenteil bewiesen werden.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


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