Tischdienste in der Psychiatrie

vom 23.01.2012, 16:17 Uhr

Sicherlich wird ein Patient den Grund seiner Einweisung kennen, aber das bedeutet ja noch lange nicht, dass er sich selbst nicht als gesund empfindet und die Diagnose daher nicht annimmt. Ich habe selbst schon einmal jemanden getroffen, dem Schizophrenie diagnostizert wurde, der aber fest davon überzeugt war dass ihm das von den Ärzten nur untergeschoben worden ist.

Ob es nun gut ist oder nicht wenn man von den Patienten verlangt den Tischdienst zu erledigen und alle eventuellen Probleme damit einmal hinten angestellt, würde ich es allein schon als Zumutung empfinden als einer von vielleicht zwei Patienten immer für die ganze Station diesen Dienst zu erledigen. Dass eben dies trotzdem von den Patienten verlangt wird halte ich wirklich für daneben, da müsste eben das Pflegepersonal mit einspringen. Wenn das nicht passiert halte ich das schon für einen fragwürdigen Zustand, und ich glaube nicht dass sich nie ein Patient darüber beschwert. Leider wird es auch unter den Ärzten Menschen geben, die es lieber nicht riskieren es sich mit den Kollegen oder Mitarbeitern zu verscherzen, und nichts dagegen unternehmen. Natürlich kann man das nicht pauschalisieren, aber schwarze Schafe gibt es immer und überall.

» Adean » Beiträge: 176 » Talkpoints: 6,13 » Auszeichnung für 100 Beiträge



LittleSister, zuerst schriebst du, dass es keinerlei Therapie für den Patienten gebe und mit ihm auch nicht darüber gesprochen wurden und nun sprichst du von einem Therapieplan, der dem Patienten scheinbar bekannt ist? Wenn dort nun nichts anderes drauf steht außer dreimal täglich 10 Minuten Tischdienst, dann würde mich das schon stark wundern. Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass es nicht auch in Ordnung wäre, schon früher mit dem Tischdienst zu beginnen? Wobei ich selbst gerade auch nicht genau wüsste, wie man jemanden anlernen kann, eine Spülmaschine ein-und auszuräumen, einen Putzlappen zu benutzen, Verpackung von Speisen zu entfernen und Teller auf den Tisch zu stellen. Dabei gibt es nun einmal recht wenig zu lernen.

Du schreibst nun wiederholt, dass man gezwungen wird, wobei mir noch nicht ganz klar ist, wie das vonstatten gehen soll, wenn denn niemand dabei ist? Was sollte schon passieren, wenn man sagt nein? Ich kann mir nicht vorstellen, dass dann mit Nahrungsentzug oder Zwangsfixierung gedroht wird. Und wenn dem doch so ist, dann sollte man sich um rechtlichen Beistand bemühen. Wie gesagt, man kann sich auch aus der geschlossenen Psychiatrie heraus klagen. Und wer in einer Klinik genötigt wird, hat sicherlich auch die Möglichkeit einen Wechsel anzustreben.

Doch die Frage, die sich mir eher stellt ist, was der Patient möchte. Meiner Meinung nach, geht es hier um weit mehr als den Tischdienst. Wenn man in der Psychiatrie ist, gab es immer einen Weg dorthin. Es ist ja nun nicht so, dass man morgens plötzlich wach wird und in der geschlossen Abteilung einer Psychiatrie ist. Zumal dies ja scheinbar nicht der erste Aufenthalt in einer Klinik ist. Insofern sollte einem schon klar sein, welches Problem man hat. Wenn natürlich eine akute Eigen- oder Fremdgefährdung vorliegt und jemand so desorientiert ist, dass er einfachste Tätigkeiten nicht hin bekommt, dann frage ich mich allerdings auch, wie viel überhaupt verstanden und möglicherweise missverstanden wird.

Letztendlich muss er wissen, was er mit seinem Leben noch anfangen möchte. Entweder hat er ein Interesse daran an seiner Genesung zu arbeiten oder eben nicht. Im letzten Fall kann einem, wie gesagt auch nicht geholfen werden. Und wenn er bereits heute der Meinung ist, gegen seinen Willen dort festgehalten zu werden und eigentlich gesund zu sein, so passt dies nicht dazu, dass du mehrfach schriebst, er sei so desorientiert, dass er mit einfachen Aufgaben überfordert ist.

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» Trisa » Beiträge: 3323 » Talkpoints: 38,55 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Hier ist der Ablauf so, dass man einen Therapieplan ausgehändigt bekommt. Da stehen alle Therapien und Therapiezeiten drauf. Ob man daran dann teilnehmen darf, das ist ein anderes Thema. Zumindest in der ersten Zeit wird ein allgemeingültiger Therapieplan ausgegeben. Eventuell erfolgt bei einem längeren Aufenthalt dann ein spezifischer Therapieplan.

Der Therapieplan enthält aber nicht nur die Zeiten für die Therapien, sondern auch für die Mahlzeiten. Morgens wird der Tag mit einer sogenannten Morgenrunde begonnen. Nach deren Ende ist 10 Minuten Zeit und danach soll es Frühstück geben. Und selbst wenn man geübt ist und weiß wo alles steht sind 10 Minuten sehr knapp bemessen. Auf den offenen Stationen ist die erste Therapie bereits für 30 Minuten nach Frühstücksbeginn angesetzt. Eine Therapie zu der jeder Patienten gehen muss. Bevor du nun sagst, ich habe was anderes geschrieben, ich beziehe mich gerade auf die offenen mit der verpflichtenden Therapie. Ob die auf der geschlossenen Station statt findet weiß ich nicht. Wer dann daran teilnehmen darf, weiß ich ebenfalls nicht. Da kann man also auf der offenen Station nicht einfach mal später Frühstück machen, weil man dann zu spät zu der Therapie kommt.

Auf der geschlossenen Station mag das nun vielleicht kein Problem sein. Trotzdem ist der Therapieplan derselbe. Also Morgenrunde dann und dann und 10 Minuten nach dem offiziellen Ende soll es Frühstück geben. Gut die Morgenrunden dauern nicht zwingend so lange. Wobei die an sich auch 20 Minuten gehen, 20 Patienten dort was sagen sollen und noch der Tischdienst für den Tag vergeben wird. Also kommen wohl 20 Minuten doch hin.

Klar könnte man nun sagen, dann sollen die Patienten das Frühstück halt vor der Morgenrunde machen. Erstens wird der Tischdienst erst in der Morgenrunde vergeben. Zweitens sind vor der Morgenrunde oftmals die Sachen noch nicht da. Und Drittens hat man oftmals keinen Wecker auf einer geschlossenen Station und wird geweckt. Und das frühstens 30 Minuten vor der Morgenrunde. Da es dort Mehrbettzimmer gibt, sind 30 Minuten schon ein wenig knapp. Wenn überhaupt so früh geweckt wird. Und wenn man Pech hat, räumt ein Mitpatient dann noch alles vom Tisch wieder runter, damit aufgeräumt ist.

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge



Eine Psychiatrie mit Tischdiensten wie du sie beschreibst kenne ich nicht. Die Psychiatrie mit den geschlossenen Akutstationen auf denen ich arbeite sind da doch etwas anders.

Bei uns gibt es kein klassisches Buffet, sondern bei den normalen Akutstationen werden schon in der Küche fertig gestellte Essenstabletts verteilt. Diese Verteilung übernehmen tatsächlich oftmals Patienten. Hier wird auch zu meist in der Morgenrunde geklärt welcher Patient welche Aufgabe übernimmt, aber dies ist auch nur indirekt Teil einer Therapie und kann niemals zu einem Rauswurf führen. Immerhin sind die Pfleger ja eben auch dies Krankenschwestern, Krankenpfleger, Heil- und Gesundheitspfleger und keine Therapeuten. Übernimmt also Jemand eine Aufgabe, die er dann doch nicht tut, oder nicht bewältigen kann so unterstützen die Pfleger auch immer bei der Essensausgabe.

Den Fall den du jetzt beschreibt mit Patient XYZ ist ja wie von dir beschrieben keine Akutstation, sondern eine Gerontostation und damit zumindest bei uns etwas ganz Anderes. Patienten auf der Gerontologie werden ganz anders behandelt und gehen fast alle nach ihrem Aufenthalt hier auch nicht nach Hause in ihre Wohnung, sondern in Alten- oder Pflegeheime. Natürlich können viele dieser Patienten solche Aufgaben gar nicht übernehmen, aber viele von ihnen helfen meiner Erfahrung nach sogar freiwillig und wenn nicht, dann sind bei uns immer liebe Pfleger zur Hand die dies richten.

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» pichimaus » Beiträge: 2016 » Talkpoints: 6,99 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



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