Zu jeder Beerdigung gehen

vom 22.12.2011, 00:10 Uhr

Als ich dieses Thema hier Extra nicht auf Beerdigung gehen? gelesen habe, musste ich an zwei Menschen meiner alten Heimat denken. Diese zwei Menschen, ein Mann und eine Frau, die aber nicht zusammengehörten, gingen wirklich zu jeder Beerdigung auf dem ortsansässigen Friedhof. Sie waren vom Anfang bis zum Ende dabei, auch wenn sie den Menschen nicht kannten. Vor allem auch bei jedem Wetter gingen sie mit auf die Beerdigung. Sie waren schon so bekannt, dass sie dann auch schon mal zum Kaffee nach der Beerdigung eingeladen wurden.

Die beiden waren nicht geistig verwirrt, was man annehmen könnte, wenn man sowas hört. Für sie war es irgendwie selbstverständlich einem Menschen die letzte Ehre zu erweisen. Ich fand es immer ziemlich skurril. Wie findet ihr so ein Verhalten? Die beiden Menschen waren auch nie aufdringlich. Sie hielten sich im Hintergrund und brachten auch immer Blumen mit, die sie ganz zum Schluss ins Grab warfen.

Benutzeravatar

» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Ganz ehrlich gesagt, finde ich das nicht so skurril. Diese beiden Menschen sind wahrscheinlich zwei sehr liebenswerte Menschen, die viel Nächstenliebe zu verschenken haben und selbst keine Angehörigen mehr besitzen, die sie beglücken können. Da sie selbst sicherlich nicht mehr arbeiten und viel Freizeit haben, füllen sie sie damit aus, den Verstorbenen die letzte Ehre zu erweisen. So uneigennützig dürfte kaum ein Mensch sein wie diese beiden. Da sie sich stets im Hintergrund halten und sogar Blumen mitbringen, kann man auch nicht sagen, dass sie etwas Bestimmtes damit bezwecken. Denn das dürfte es doch sein, woran manche Menschen sofort denken und die beiden arglistig beäugen. Man muss nicht geistig verwirrt sein, wenn man das Bedürfnis hat, einem Verstorbenen die letzte Ehre zu erweisen. Das „geistig verwirrt sein“ meinte ich mit arglistig beäugen.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge


Ich finde es auf jeden Fall sehr skurril, dass die beiden Leute das machen. Ich selbst würde das nicht machen, weil mich ein Friedhof schon immer ein bisschen depressiv gemacht hat. Was würde dann sein, wenn ich dann auch noch mehrere Beerdigungen die Woche über mich ergehen lassen müsste? Ich glaube, ich würde dann Antidepressiva brauchen, ohne Quatsch.

Aber die beiden Leute hatten ja doch eine sehr gute Begründung parat. Eigentlich finde ich es ja auch irgendwo richtig, dass die beiden sich auch ein bisschen darum bemühen, dass der Mensch von sehr vielen anderen Menschen die letzte Ehre erwiesen bekommt. Das ist ein guter Gedanke.

Jedoch finde ich auf der anderen Seite, dass zu einer Beerdigung nur die Leute gehöre, die den Menschen auch gekannt haben, gemocht haben und geliebt haben. Diese Menschen wollen sich dann von einem geliebten Menschen verabschieden, weil sie ihn kennen und um ihn trauern.

» Hufeisen » Beiträge: 6056 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Je ländlicher man lebt, desto eher ist die Wahrscheinlichkeit, dass man solche Personen antrifft, die sich auf jeder Beerdigung blicken lassen. Ob das nun skurril ist, mag ich nicht beurteilen, ich kann mir aber auch nicht vorstellen, dass man Beerdigungen klasse findet und man sich daher dort blicken lässt. Mir ist das selbst schon suspekt und ehrlich gesagt könnte ich mir selbst etwas besseres vorstellen, wie ich meine Freizeit verbringe. Zu Beerdigungen gehe ich nur, wenn ich "muss", weil ich mich von einer lieb gewonnenen Person verabschieden möchte. Alles andere wäre mir auch zu weit hergeholt.

Der Glaube, dass diese Personen besonders liebenswert sein sollen, kann ich jetzt nun nicht nachvollziehen und ist mir auch zu naiv gedacht. Warum aber hat denn nie jemand gefragt, warum die beiden stets zu einer Beerdigung gegangen sind? Hat man sie wirklich auf jeder Beerdigung gesehen oder ist das auch nur eine Annahme gewesen? So etwas kann ja nur von jemanden beobachtet worden sein, der selbst bei jeder Beerdigung dabei gewesen ist.

Benutzeravatar

» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge



Ich kann ehrlich gesagt nicht ganz nachvollziehen, warum man auf jede Beerdigung geht, egal wie gut man den Verstorbenen nun kannte. Für mich ist eine Beerdigung etwas, bei der ich mich von dem Verstorbenen verabschiede, den ich gekannt habe. Ich möchte meine Anteilnahme zeigen und bin nicht einfach nur dort um dabei zu sein. Ich kann mir auch nicht vorstellen, was das mit besonders viel Nächstenliebe zutun hat. Vielleicht sind diese Leute einfach nur neugierig oder ihnen ist langweilig, denn warum sonst geht man ständig auf Trauerveranstaltungen, die einem eigentlich nichts bedeuten? Wenn man ständig auf Beerdigungen geht, dann ist das ja auch nichts Besonderes mehr und so viel Herz kann man dann auch nicht mehr da rein stecken, denke ich mir zumindest.

Benutzeravatar

» Vampirin » Beiträge: 5979 » Talkpoints: 30,32 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


Ich finde, dass es schon sehr nach Nächstenliebe klingt. Ich käme mir irgendwie aufdringlich und fehl am Platze vor, wenn ich zu jeder Beerdigung im Ort gehen würde, auch wenn ich den Verstorbenen gar nicht kannte. Ich denke auch, dass der Mann und die Frau sicherlich eher ländlich gewohnt haben. Denn in einer größeren Stadt schafft man es ja gar nicht bei jeder Beerdigung dabei zu sein.

Eigentlich stecken ja nur nette Absichten dahinter und ich finde es auch in Ordnung, wenn sie sich diskret verhalten und abseits von den anderen Trauergästen stehen und eben warten, dass sie zum Schluss die Blumen in das Grab werfen können. So stören sie ja niemanden und machen ja auch nichts verwerfliches. Irgendwann wird vielleicht mal ein Verstorbener beerdigt, der so keine Angehörigen mehr hat und dann sind wenigstens diese beide Menschen da, um ihm die letzte Ehre zu erweisen. Das ist doch eigentlich ein schöner Gedanke.

Benutzeravatar

» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge


Ich finde es schon sehr merkwürdig, dass die Personen zur jeder Beerdigung gehen. Ich kann es noch verstehen, wenn es Bekannte, Freunde, oder Leute sind, die man einfach nur gut kennt und mit denen man mal einfach so gequasselt hat. Wenn man nun wirklich zur jeder Beerdigung geht und wo man die Leute gar nicht kennt, finde ich es schon auf jeden Fall dreist und würde dort erst gar nicht hingehen, wenn ich die Person nicht kenne, auch wenn mich jemand dazu eingeladen hätte, wehre ich dort nicht hingegangen. Erst recht nicht, wenn ich nicht eingeladen wurde und wenn mich jemand sozusagen dazu per Mundpropaganda anstiftet.

» GI KA » Beiträge: 1629 » Talkpoints: 62,28 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich finde es auch wirklich merkwürdig, wenn man zu jeder Beerdigung geht, selbst wenn man den verstorbenen Menschen gar nicht so wirklich gut gekannt hatte. Mir käme es nie in den Sinn, eine solche Beerdigung zu besuchen. Ich war bisher auf drei Beerdigungen, aber die Leute habe ich auch alle sehr gut gekannt. Ich würde mich da auch irgendwie komisch vorkommen, als wenn ich nicht dazu gehören würde. Auf dem Land kennt man sich zwar eher, aber dass man wirklich jeden gekannt hat, der in der unmittelbaren Umgebung verstorben ist, kann ich mir wirklich nicht vorstellen. Es ist ja auch nichts Schlimmes, wenn man jede Beerdigung besucht, aber so ganz nachvollziehen kann ich es nicht.

Ich kann mir aber nicht so wirklich vorstellen, dass diese Leute nur auf Beerdigungen gehen, weil ihnen langweilig ist oder sie nur neugierig sind. Sie werden schon ihre Gründe haben, warum sie immer auf den Beerdigungen anzutreffen sind. Mich würde so etwas nicht stören. Manchmal steht bei den Todesanzeigen ja auch extra dabei, dass die Beerdigung nur im engsten Familienkreis stattfindet. Dann finde ich es schon unpassend, wenn man dort aufkreuzt, obwohl man mit der verstorbenen Person nicht so wirklich etwas zu tun hatte. Dass die beiden den Verstorbenen die letzte Ehre erweisen wollen, finde ich schon ganz schön, auch wenn ich es etwas befremdlich finde. Soll aber jeder so machen, wie er es für richtig hält.

Benutzeravatar

» MeL.G » Beiträge: 4918 » Talkpoints: 16,81 » Auszeichnung für 4000 Beiträge


Meines Erachtens ein sehr eigenes Verhalten von den Beiden Leuten. Aber ich würde mich freuen wenn zu der Beerdigung eines Verwandten oder mir sehr nahe-stehendem Menschen der verstorben ist auch jene Leute anwesend sind, die den Verstorbenen vielleicht nur selten gesehen haben und nicht mal richtig gekannt haben. Das ist eine sehr nette und höfliche Art Auf Wiedersehen zu sagen. Vielleicht fanden die zwei Leute die Verstorbenen um die es geht sympathisch und vielleicht ist es in ihrer Familie so üblich. Ich würde es ihnen jedenfalls nicht übel nehmen.

Letzten Samstag ist meine Oma gestorben und bei der Messe sind auch Leute kommen die nur benachbart wohnen aber meine Oma garnicht kannten weil sie die letzten Jahre immer zu Hause war weil sie schwer krank war. Ich habe mich sehr über die Leute gefreut, dass sie mir ihr Beileid ausgesprochen waren und allgemein dort anwesend waren. Das gibt mir persönlich Kraft.

» AgendD » Beiträge: 19 » Talkpoints: 8,88 »


Einem Stadtmenschen muss so ein Verhalten tatsächlich skurril vorkommen, auch ich, die ich in der Stadt aufgewachsen bin, kannte so etwas früher nicht. Als ich mit meinem Mann in sein Heimatdorf gezogen bin, war ich bei der ersten Beerdigung erstaunt, wie viele Menschen dich dort versammelten und habe gelernt, dass es in Dörfern und kleineren Ortschaften eine Regel gibt: stirbt jemand, geht aus jedem Haus im Ort mindestens eine Person zur Beerdigung, um dem Verstorbenen die letzte Ehre zu erweisen. Seither habe ich gesehen, dass vor allem die ältesten, klapprigsten Leutchen, die mit dieser Tradition noch total aufgewachsen sind zu jeder Beerdigung gehen, egal wer, wie alt oder wie bekannt der Verstorbene war.

Von daher finde ich es sehr verständlich, dass die beiden älteren Leute auf jede Beerdigung gehen: sie sind diese Tradition so gewohnt und es gehört sich für sie einfach. Auf einer christlichen Beerdigung begleiten man einen Menschen auf seinem letzten Weg und betet zu Gott, dass er den Verstorbenen in sein Reich aufnimmt. Das kann man auch dann, wenn man ihn nicht kannte. Die jüngeren Generationen - und da nehme ich mich nicht aus - drücken sich gerne vor Unangenehmen und setzen sich lieber weniger mit dem Tod auseinander. Für die alte Generation gehörte der Tod noch zum Leben, die fragt sich bei Beerdigungen nicht unbedingt "Geht mich der was an?", um dann erleichtert aufzuatmen, wenn man den Toten gerade mal wenig genug kannte, um nicht hin zu müssen. Ich meine, für das Verhalten der beiden Leute muss man nicht geistig verwirrt sein, man muss nur mehr "Mitmensch" sein, als wir es gewohnt sind.

Ich finde es eher seltsam, wenn man der Meinung ist, man gehe nur zu einer Beerdigung, zu der man auch eingeladen wurde. Vor einem Jahr starb meine Mutter und ich kann euch sagen, da hat man andere Sorgen und anderes zu tun als mir Gedanken über eine Gästeliste zu machen und Leute einzuladen, die über den engsten Familienkreis hinaus gingen. Ich habe mich aber sehr gefreut über die vielen lieben Menschen, die auch ohne Einladung kamen und meine Mutter auf ihrem letzten Weg begleiteten.

» kerry3 » Beiträge: 892 » Talkpoints: 18,22 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^