Bescheiden sein, wenn man irgendetwas gut kann

vom 04.11.2011, 22:20 Uhr

Früher habe ich auch so reagiert wie dein Freund. Ich konnte Komplimente nur schwer annehmen und war auch immer überrascht, wenn jemand etwas gelobt hat, das ich gemacht habe. Hätte mich zu der Zeit jemand für etwas gelobt, hätte ich auch eher bescheiden reagiert und meine Leistung herabgespielt. Das wäre auch dann der Fall gewesen, wenn ich voll und ganz hinter meinem Werk gestanden hätte. Ich hätte das Kompliment selbst dann nicht annehmen können, wenn ich wirklich restlos von meiner Leistung überzeugt gewesen wäre.

Mittlerweile hat sich das zum Glück geändert und ich sehe es auch mittlerweile so wie Doreen82. Es muss nicht immer so sein, dass man für eine Sache noch mehr gelobt werden möchte und daher bewusst bescheiden auftritt, damit der andere das Lob noch einmal wiederholt. Allerdings ist es schon so, dass es oft so ist, dass derjenige, der ein Lob ausspricht, dieses dann wiederholt, wenn sein Gegenüber die eigene Leistung herabwürdigt. Dabei ist das gar nicht notwendig. In manchen Fällen erinnert es mich tatsächlich an das bekannte Fischen nach Komplimenten. Vielen kommt es dann auch sicher gelegen, wenn sie sich erst ein bisschen überkritisch zeigen und dann dafür doppelt und dreifach gelobt werden. Wenn ich selbst auch von etwas überzeugt bin, kann ich mittlerweile auch ganz gut dahinterstehen und sage dann entweder einfach nur danke oder ich gebe zu, dass mir mein Werk auch ganz gut gefällt und dass ich zufrieden damit bin. Das ist ja eigentlich auch nichts schlimmes und ich finde auch nicht, dass das arrogant oder selbstgerecht klingt - wenn es doch die Wahrheit ist.

Allerdings bin ich grundsätzlich ziemlich kritisch, ganz besonders natürlich bei Dingen, die ich selbst zu verantworten habe. Da ich ein ziemlicher Perfektionist bin, lobe ich selten - sowohl mich als auch andere. Wenn mich dann jemand lobt, der eventuelle Makel übersieht, die nur ich so einstufe, entgegne ich dann schon, dass ich mit manchen Dingen nicht so zufrieden bin. Damit will ich aber nicht mehr Lob hören, sondern einfach anmerken, dass ich diese Begeisterung nicht so uneingeschränkt teilen kann.

Ich denke einfach, dass es eine Erziehungssache beziehungsweise eine Sache der Gewöhnung ist. Kindern wird beigebracht, immer schön bescheiden zu sein. Viele haben den Eindruck, dass es eingebildet klingt, wenn sie sich selbst auch mal loben. Es gibt ja die dumme Floskel "Eigenlob stinkt" und ich glaube, dass viel zu viele Leute diese Einstellung verinnerlicht haben. Ich denke schon, dass man sich selbst auch hin und wieder loben sollte, beziehungsweise berechtigtes Lob auch annehmen kann. Bestätigung bekommt doch jeder gerne und wenn man dahintersteht, ist das auch nichts schlimmes.

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» Cologneboy2009 » Beiträge: 14210 » Talkpoints: -1,06 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich weiß gar nicht, ob es unbedingt nur Bescheidenheit ist, die dein Freund da an den Tag gelegt hat. Wenn man sich hinsetzt und ein Bild zusammenstellt, hat man ja eine ungefähre Vorstellung, wie es am Ende aussehen soll. Es kann also gut sein, dass er das Endprodukt wirklich als nicht so toll angesehen hat. Da er sich ja vorher damit befasst hat und geplant hat, wie es am Ende werden soll, kann es gut sein, dass er eben Fehler und Unstimmigkeiten in dem Werk sieht, die du natürlich nicht sehen kannst.

Ich kenne das auch, dass ich mit dem fertigen Werk nicht so zufrieden bin, aber Andere es eben toll finden. Ich sage dann auch ehrlich danke, aber erkläre ihnen auch, dass es für mich nicht so toll geworden ist. Meist ist es doch wirklich so, dass wir mit uns selber immer am kritischsten sind, oder kennt ihr das nicht? Vielleicht war das ja einfach der Fall.

Ansonsten finde ich schon, dass man ein Kompliment gerne annehmen und sich darüber freuen darf. Am schönsten sind Komplimente natürlich von Leuten, bei denen man weiß, dass sie es ehrlich meinen und einem auch sagen, wenn sie etwas mal nicht so gelungen finden. Dann ist es eine wirkliche Bestätigung, dass man etwas gut gemacht hat.

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» Endymion » Beiträge: 1015 » Talkpoints: 21,43 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Ich bin auch noch heute so, dass ich Komplimente nur schwer annehmen kann und eher erröte und mich eher schäme, egal wie toll etwas geworden ist, was ich erstellt habe. Auch bin ich oft überrascht, wenn jemand etwas von mir Erstelltes super findet. Ich möchte ehrlich gesagt, eher unauffällig bleiben und es ist mir unangenehm zu viel Lob zu empfangen. Ich brauche es auch nicht, dass jemand etwas mehrfach lobt, ich fühle mich einfach unwohl und ich habe meine Erwartungsgrenze auch bei mir sehr hoch angesetzt.

Ich bin halt bei mir recht selbstkritisch und ganz besonders bei Dingen, die ich selbst gemacht habe. Bei einer Zeichnung braucht nur ein Strich nicht so zu sein, wie ich es geplant habe und für mich ist die komplette Zeichnung ruiniert, auch wenn andere sie hingegen super finden. Wenn ich jedoch auch nicht komplett zufrieden mit einer Sache bin, manchmal klopfe ich mir selbst auf die Schulter und sage, dass ich etwas toll gemacht habe, aber von anderen Personen mag ich ein Lob nicht so gerne.

» Wibbeldribbel » Beiträge: 12546 » Talkpoints: 0,94 » Auszeichnung für 12000 Beiträge



Ich halte das eigentlich für eine extrem dumme und nervende Angewohnheit und versuche es wenn möglich zu vermeiden, auf Komplimente so zu reagieren. Wenn jemand auf ein Kompliment mit "so gut ist das doch gar nicht" reagiert und mich damit indirekt auffordert mein Kompliment zu wiederholen und zu verstärken und ihm zu bestätigen, dass er etwas wirklich ganz ganz toll gemacht hat, bin ich immer versucht etwas in die Richtung "du hast recht, so gut ist das wirklich nicht" zu sagen. Die Reaktion wäre interessant, wenn jemand statt der erhofften weiteren Komplimente eine Abfuhr bekommt, und er könnte sich dann ja nicht mal beklagen, weil ich ihm ja nur zugestimmt habe.

Ich weiß von mir selber, dass ich bei meiner Arbeit relativ selbstkritisch bin und auch bei Dingen, die ich nur als Hobby betreibe kann ich diese Haltung nicht ganz ablegen. Wenn ich etwas nähe trenne ich zum Beispiel schon mal ein Innenfutter auf, weil eine Naht etwas schief geworden ist. Das würde kein Mensch sehen aber ich weiß, dass die schiefe Naht da ist, und alleine deshalb stört sie mich dann unheimlich.

Wenn ich eine Zeichnung einreiche, ein eigenes Kleidungsstück trage, ein Foto weitergebe oder einen eigenen Hintergrund auf meinen Desktop packe, dann tue ich das nur, wenn ich damit wirklich 100% zufrieden bin. Wenn ich mit etwas nicht zufrieden bin dann wird das auch niemand außer mir zu Gesicht bekommen. Und wenn ich dann ein Kompliment bekomme, warum sollte ich dann so tun, als würde mir etwas nicht gefallen oder als wäre mir etwas nicht gut gelungen? Das ist doch total affig. Außerdem glaube ich kaum, dass man es als Angeberei ausgelegt bekommt, wenn man ein Kompliment einfach mit einem "Danke" annimmt.

Anders sieht das natürlich bei Arbeiten aus, die noch nicht abgeschlossen sind. Da kommt es natürlich schon vor, dass jemand etwas gut findet mit dem ich noch nicht so ganz zufrieden bin. Aber dann reagiere ich nicht mit einem dummen "so gut sieht das auch nicht aus" sondern gehe genau auf die Dinge ein, die ich eventuell noch ändern möchte und erkläre warum ich sie ändern möchte. Das ist für mich aber ein Meinungsaustausch und im besten Fall ein konstruktives Gespräch, das zu neuen Ideen führt und nicht fishing for compliments.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Ob man selbst nun bescheiden ist und auch so reagiert, wenn man für irgendetwas generell oder gar besonders gelobt wird, hängt vermutlich mit der Selbstreflexion zusammen und auch damit, ob man eher selbstkritisch ist oder nicht. Wenn ich irgendetwas fotografiere, dann weiß ich genau, worauf es mir dabei ankommt. Wenn ich also meinem Wunschergebnis sehr nahe komme und jemand dieses Foto als sensationell toll gelungen bewertet, ich aber weiß, dass ich nur nah an meinem Wunschergebnis dran war, es aber eben nicht ganz erreicht hat, dann teile ich das dem Lobenden auch in ähnlicher Form mit, wie beispielsweise eben damit, dass ich sage, dass das nicht so toll gelungen ist wie es eigentlich sollte oder dass es hätte besser werden können oder gar sollen. Manchmal werde ich auch genauer und sage, dass aber leider der Mittelpunkt des Fotos, der mir am wichtigsten war, unscharf ist oder dass sich am Rand des Bildes eine kaum sichtbare Fliege befindet oder eben irgendetwas anderes, was dafür sorgt, dass ich mit dem Ergebnis nicht wirklich hochzufrieden bin.

Echte Bescheidenheit ist für mich allerdings eher etwas anderes. Darunter verstehe ich nämlich, dass jemand wirklich sehr gut in etwas ist, nein, eher sogar, dass er hervorragend ist. Jedenfalls so hervorragend, dass ihn sein Können in den Mittelpunkt befördert und er dafür anerkennende Aufmerksamkeit bekommt. Eine bescheidene Reaktion für ein entsprechend lobendes Wort wäre in meinen Augen ein kleines Lächeln, das eher nach Verlegenheit aussieht und eine Aussage, die nicht Selbstkritik ausdrückt, sondern eher so etwas wie: „Das können ganz viele andere auch.“ Jemand, dem man anmerkt, dass er sich seiner besonderen Leistung oder seines besonderen Könnens gar nicht so sehr selbst bewusst ist, ist in meinen Augen häufig bescheiden, weil ich denke, dass eigentlich jedem, der besondere Talente hat, klar sein müsste, dass er diese Dinge eben besser kann als viele andere. Das selbst so aber nicht wahrzunehmen und dementsprechend auch nicht annehmen zu können, halte ich für bescheiden.

Das Herunterspielen der eigenen Leistung, das als Bescheidenheit aufgefasst werden kann, aber manchmal auch eine bloße und vielleicht sogar berechnende Taktik des Gelobten darstellt, soll vermutlich wirklich in erster Linie verhindern, dass man als Gelobter entsprechend gegenteilig wahrgenommen wird, nämlich nicht als bescheiden, wobei ich noch anfügen möchte, dass Bescheidenheit ja bekanntlich eine Tugend ist, sondern eher als arrogant und möglicherweise sogar selbstverliebt. Das wäre dann wiederum keine Tugend und gilt somit auch als nicht sonderlich sympathisch. Und jemand, der ein Lob mit einer Aussage wie: „Stimmt, ich bin wirklich ein herausragender Sportler“ beantwortet, wird wohl kaum von der Mehrheit der Menschen als sympathisch und bodenständig verstanden, auch, wenn er das möglicherweise sogar de facto ist. Vermutlich möchte einfach niemand so unsympathisch wahrgenommen werden, oder wenigstens die meisten von uns nicht. Und vermutlich begegnet einem die Bescheidenheit anderer daher auch recht häufig, vor allem eben dann, wenn es Lobhudeleien auf einen selbst zu kommentieren gibt.

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» moin! » Beiträge: 7218 » Talkpoints: 22,73 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Naja, in gewisser Weise finde ich das fast ein bisschen kindisch, aber wenn man ehrlich ist und zu gibt, dass einem das eigene Werk auch sehr gut gefällt, dann kommt man meistens arrogant herüber und das versuchen viele Menschen eben einfach zu vermeiden. Ich selbst neige manchmal dazu, dass ich gar nichts sagen, wenn ich mehrfach gelobt werde oder ich sage einfach nur ''Danke''. Ich kann dabei aber auch beobachten, dass die Leute schon fast darauf warten, dass ich noch etwas hinterherschiebe und beifüge, dass ich es ja gar nicht so gut finde und das ich mir besseres erhofft hätte und so weiter und so fort. Das kommt bei mir aber dann in der Regel nicht und manchmal denke ich schon, dass ich dann deswegen für arrogant gehalten werden.

Ich selbst nutze diese Floskeln in der Regel nur dann, wenn ich selbst weiß, dass meine Arbeit nicht die Beste ist. Ich habe beispielsweise mal bei einem Aushilfsjob beim Geigenbauer jemandem den Steg neu gemacht. Es war eine meiner ersten Arbeite und weil ich weiß, was für schöne Arbeiten der Geigenbauer selbst gefertigt hat, habe ich dem Kunden, der über mich überaus begeistert war, das auch offen gesagt, dass ich es eben ok fände, aber es sicherlich nach einigen Übungsstunden noch besser könnte und mir das zumindest auch wünsche. Ich finde das sind so Situationen, wo andere Menschen einfach über die Hobbys oder Tätigkeiten anderer begeistert sind, obwohl noch gar kein Grund besteht. So ist das etwa auch bei einer Bekannten von mir. Ich selbst lobe ständig ihre Bonsai, aber sie sagt mir dann immer wieder, dass das was sie hat, eigentlich kein großer Verdienst ist und die Bonsai noch alle sehr jung sind, bei ihrem Opa könnte man sich eine Scheibe abscheiden, der hätte es richtig drauf.

Wie auch immer, ich denke, dass das eben einfach ein Ausweg ist, um Danke zu sagen, aber auch klar zu machen, dass man nicht von sich eingenommen ist. Ließe man das weg, könnte man arrogant wirken und das will man schließlich nicht, deswegen tun das viele. Bei anderen habe ich wiederum fast schon das Gefühl, als würden sie nur abwinken um klar zu machen, dass man nur eine ihrer weniger guten Arbeiten sieht, die richtig guten kennt man ja noch gar nicht. Das Motiv ist also von Mensch zu Mensch unterschiedlich, aber die meisten wollen meiner Ansicht nach einfach nicht eingebildet wirken.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Ich finde es völlig in Ordnung, wenn man zu gibt, dass es einem selber noch nicht so hundertprozentig gefällt. Man hat nun mal so seine Vorstellungen, wenn man etwas künstlerisches anfertigt.

Ich denke man kann ruhig dazu stehen, wenn man etwas besonders gut gemacht hat.Ich finde es ebenso höflich, wenn man sich freundlich für das Lob bedankt. Man muss nicht immer ablehnen oder abwinken, das kommt dann auch falsch an. Ich würde dies nur dann tun, wenn ich das Lob bekommen habe, obwohl das nicht stimmt.

Im Allgemeinen mache ich mir darüber aber nicht so einen Kopf und denke auch nicht das man dies tun sollte. Man muss einfach so handeln, wie man denkt das es richtig ist.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Bei mir ist es eigentlich auch oft so, dass ich bescheiden reagiere, wenn mir jemand ein Kompliment macht und dann sage, dass es ja gar nicht so toll ist. Das kommt aber auch immer ganz auf die Person darauf an, von welcher ich das Kompliment erhalte und es kommt außerdem natürlich auch auf das Kompliment selbst darauf an. So ist es bei mir so, dass ich eher Komplimente von Personen annehmen kann, die mir nahe stehen und mit denen ich über alles reden kann. Somit nehme ich sehr gerne Komplimente von meinen Eltern, meinem Freund oder auch sehr guten Freunden an und ich freue mich dann auch immer sehr darüber, weil ich dann eben auch genau weiß, dass sie es ehrlich gemeint haben. Zudem kann ich dann auch ganz offen meine Freude über das Kompliment zeigen, ohne dass die anderen dabei denken, dass ich arrogant sein könnte.

Bei Leuten, die mir nicht so nahe stehen, fällt es mir deutlich schwerer, Komplimente anzunehmen, weil ich eben auch nie so genau weiß, ob sie es auch wirklich so meinen, oder ob sie einfach nur nett zu mir sein wollen. Um eine Enttäuschung zu vermeiden, nehme ich dann auch automatisch an, dass sie das nur sagen, um nett zu wirken und von daher kann ich mich dann auch nicht richtig über das Kompliment freuen, weshalb ich dann auch oftmals abwinke. Zudem habe ich auch Angst davor, dass es nicht gut ankommen könnte, wenn ich selbst zustimmen würde, wie toll ich etwas gemacht habe. Ich denke, dass so etwas leicht unsympathisch wirken kann.

Ist es so, dass ich mich wirklich sehr für etwas angestrengt habe, dann freue ich mich auch sehr über Komplimente, da ich dann auch ganz genau weiß, dass sie gerechtfertigt sind. Von daher kann ich sie in so einem Fall auch gut annehmen, zumal ich in so einem Moment ja auch selbst stolz auf mich bin. Dabei ist es so, dass es mir schwer fällt, Komplimente anzunehmen, wenn ich nicht der Meinung bin, dass ich etwas Großes dafür geleistet habe oder wenn ich denke, dass diese nicht gerechtfertigt sind. Von daher kommt das auch immer ganz auf die Situation und auf die Menschen darauf an und das ist immer ganz unterschiedlich.

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge


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