Kinder zu etwas überreden - selbst nicht dahinter stehen

vom 07.08.2011, 11:24 Uhr

Neulich habe ich von einer Geschichte gehört, bei der ich selbst nicht so sicher bin, wie ich reagieren würde, daher würde mich mal Eure Meinung interessieren. Eine Familie hat zwei Kinder, von denen das Ältere die Grundschule, das Jüngere eine Kindertagesstätte besucht. Der Hort des Älteren ist eine Außenstelle der Kita, die das jüngere Kind besucht. Nun sind in der Kita Elterngespräche angesagt, die die Eltern auch wahrnehmen. Neben einigen echten Problemen werden die Eltern mit dem Problem konfrontiert, dass ihr Kind wohl ein Problem damit hätte, etwas freiwillig zu tun. Dieses Etwas ist das Abräumen des Tisches nach dem Mittagessen. Alle Kinder würden sich freiwillig um diese Aufgabe reißen, nur dieses Kind etwas nicht. Auf Nachfrage erfahren die Eltern, dass das Kind - wenn es darum gebeten wird - durchaus ohne zu murrren hilft und die Aufgabe auch ordentlich erledigt, aber sich eben nicht darum reißt.

Später im Gespräch erfahren die Eltern dann, dass das Kind andere Aufgaben dafür gern übernimmt, die bei anderen Kindern wiederum weniger beliebt sind. So hilft das Kind gerne den jüngeren Kindern beim Anziehen und Umziehen sowie beim Essen und beschäftigt sich auch mit den Jüngeren. Das ist wohl insgesamt keine so beliebte Aufgabe, da die älteren Kinder in der Regel gern als erste auf dem Spielplatz sind, was durch die Hilfe ja nicht möglich ist. Daraufhin fragen die Eltern noch mal nach, worin das Problem denn besteht, denn immerhin scheint es doch so zu sein, dass das Kind schon freiwillig Aufgaben übernimmt, aber wenn es möglich ist, die die es gern ausführt und nicht die die gemacht werden müssen. In der Kita möchte man aber wohl, dass die Kinder auch freiwillig die Aufgaben übernehmen, die die Kinder nicht so mögen und die Eltern sollten entsprechend auf ihre Kinder einwirken.

Und hier sehen die Eltern ein Problem. Sie verstehen durchaus, dass das eigene Kind eben unbeliebte Aufgaben nur auf Bitten, andere dagegen gern ohne Aufforderung ausführt. Das, so die Eltern, sei doch bei Erwachsenen auch so, auch wenn die Einsicht da schon öfter dazu führt, dass man auch unbeliebte Aufgaben halb freiwillig erledigt. Bei dem älteren Kind wurde das Problem nie thematisiert - die Erzieherin dieser Gruppe hat einfach einen Plan aufgestellt, so das jedes Kind jede Aufgabe im Wechsel zu erledigen hatte. Wie sehr Ihr das? Sollten die Eltern entsprechend auf ihr Kind einwirken? Wie könnten sie das, wenn ja, am besten tun? Oder meint Ihr, dass die Einsicht des Kindes früher oder später von allein kommt? Immerhin erledigt es ja auch unbeliebte Aufgaben - nur reißt es sich nicht darum und lässt anderen gern den Vortritt. Oder sollten sie der Erzieherin vorschlagen, auch hier einen Plan aufzustellen und sich so in die Arbeit der Erzieherin einmischen?

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich würde meinem Kind einfach erklären, dass es immer Aufgaben gibt, die man lieber macht und eben welche, die man eher nicht so gerne macht. Aber das man eben auch die unliebsamen Aufgaben erledigen muss und das das eben dazu gehört. Ich finde allerdings, dass man von dem Kind eher nicht verlangen kann, dass es sich zu der unliebsamen Aufgabe des Tisch abräumens auch noch freiwillig meldet. Wenn es diesen Dienst zugeteilt bekommt, dann macht es diesen ja auch ohne zu meckern. Ich finde, dass das doch völlig ausreichend ist.

Die Idee mit dem Plan, den die Erzieherin nun aufgestellt hat, ist doch in Ordnung. Aber ich denke, dass man das Kind nicht zwingen kann, sich für Aufgaben freiwillig zu melden, die es nicht gerne macht. Die anderen Kinder, werden sich ja genauso wenig freiwillig dazu melden, den Kleineren beim anziehen zu helfen oder mit diesen zu spielen.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge


So ganz kann ich diesen Fall nicht nachvollziehen. Wie soll man einen Menschen, auch einen Kind beibringen, etwas freiwillig zu machen, wenn es keinen Bezug dazu hat? Dass eine Aufforderung erfolgt, ist doch recht normal und wenn das Kind dann diese Aufgabe nach Aufforderung und ohne zu murren erledigt, sehe ich nicht das Problem. Ich glaube, die Betreuer machen sich da selbst das Leben etwas schwerer und wenn das Kind eben nur nach Aufforderung den Tisch abräumt, dann sollen sie das Kind dazu eben aufmuntern und fertig. Alternativ kann man auch einen Plan erstellen und die Kinder für den Tischdienst einteilen. So haben wir es gemacht und das war auch eine ganz gute Alternative. Sicherlich gab es da auch mal maulige Kinder, aber sie wussten eben, dass es zu machen ist und sie haben sich hier auch wirklich darum gestritten, wer nun den Tisch abräumen darf und den Wagen in die Küche schiebt.

Ich würde zwar mit dem Kind reden, aber ich würde auch noch einmal das Gespräch mit den Erziehern suchen und sie doch darum bitten, aus solch einer Mücke keinen Elefanten zu machen. Immerhin wissen die Eltern ja nicht wirklich, wie sich das Kind während der Zeit verhält und wenn es maulig wäre, könnte ich die Erzieher verstehen, aber das ist ja wohl nicht wirklich der Fall. Ich verstehe auch nicht, warum man einem Kind eine Aufgabe nicht benennen kann und es dazu kriegen soll, diese Aufgabe freiwillig zu übernehmen, wenn es eben bei Aufforderung diese Aufgabe auch so ausführt.

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge



Wenn das Kind die Auffage übernimmt, wenn man es darum bittet, dann ist das durchaus ausreichend. So jedenfalls meine Sicht der Dinge. Das Kind muss ja nicht nicht wirklich gezwungen werden, das es den Tisch abräumt. Auch sollte man eben würdigen, das es zu wenigen gehört, welches eben auch Dinge freiwillig macht, wo die anderen sich gern davor drücken.

Und da würde ich als Eltern gar nicht viel mit meinem Kind diskutieren. Es lehnt die anfallenden Aufgaben nicht komplett ab und damit sehe ich da auch kein Problem. Das Problem sehe ich an einer anderen Stelle. Nämlich das hier immer auf die Freiwilligkeit gesetzt wird. Ich kenne solche Abläufe noch aus der Kindertagesstätte meiner Kinder. Zu meiner Zeit gab es feste Aufgabenpläne, wo man eben für eine Woche immer für etwas zuständig war.

Klar hat man sich damals auch um die Aufgaben gerissen, welche man gern gemacht hat, wusste aber, das es Reih um geht und man damit eben auch die Aufgaben alle paar Wochen bekam, welche man gern vermieden hätte. Aber über solche Pläne war eben auch sicher gestellt, das alle Kinder gleich viel mit den Aufgaben betraut waren.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Ich sehe das „Problem“ hier auch nur in der Tatsache, dass das angesprochene Kind sich nicht freiwillig dazu meldet, Aufgaben zu übernehmen, die ihm missfallen. Dass es im Gegenzug Aufgaben freiwillig übernimmt, die andere Kinder weniger schön finden, ist für mich dabei eher irrelevant, weil es wohl um die Verhaltensweise geht, zu selektieren, was man gern tut und was eben weniger gern, die hier zu einem Problem aufgebauscht werden soll. Entscheidend finde ich in dieser Geschichte aber den Hinweis, dass das angesprochene Kind die Aufgaben dennoch übernimmt, und das auch ohne Beschwerde, sobald man es darum bittet. Wo ist also das Problem?

Dass ein Kind „so lieb ist“ – den Ausdruck finde ich hier doch ziemlich passend – und auch Aufgaben ausführt, die es gar nicht ausführen will, sobald man es darum bittet, ist doch prima. Dem Kind beizubringen, Aufgaben freiwillig auszuführen, die es nicht mag, finde ich hingegen gar nicht unbedingt sinnvoll. Ich fände es nicht einmal sonderlich schlimm, wenn das Kind auch auf das Bitten einer Erzieherin hin deutlich machen würde, dass es diese Aufgabe nicht übernehmen möchte, es ihr zuliebe – oder aus anderen nachvollziehbaren Gründen – aber doch tut. Darf man denn keine freie Entscheidung treffen, sondern muss stur das tun, was von einem verlangt wird, auch, wenn es einem selbst zuwider ist? Das finde ich doch die grundsätzlich falsche Botschaft, auch, wenn es sich hier nicht um weltbewegende Dinge handelt, die „verweigert“ werden wollen oder könnten.

Genaugenommen finde ich, dass das Kind hier einen Kompromiss eingeht, indem es Arbeiten übernimmt, von dem es weiß, dass andere Kinder sie nicht mögen, nämlich beispielsweise das Helfen beim Anziehen der Kleineren. Dass diese anderen Kinder also genau dieselbe Verhaltensweise annehmen wie das angesprochene Kind, sich nämlich nicht freiwillig melden, wenn es um diese weniger beliebten Aufgaben geht, ging hier bisher leider völlig unter. Im Endeffekt müssen also alle Eltern genau dieselben „Probleme“ über ihre Kinder gehört haben: jedes tut gewisse Dinge lieber und andere weniger gern. Wichtig, geradezu essentiell, bleibt für mich aber stehen, dass das angesprochene Kind die ungeliebten Aufgaben erledigt, wenn es um Hilfe gebeten wird. Ich sehe also nicht wirklich ein Problem und würde als Eltern auch insofern meine klare Haltung gegenüber den Erziehern deutlich machen.

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» moin! » Beiträge: 7218 » Talkpoints: 22,73 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


moin! hat geschrieben:Dass diese anderen Kinder also genau dieselbe Verhaltensweise annehmen wie das angesprochene Kind, sich nämlich nicht freiwillig melden, wenn es um diese weniger beliebten Aufgaben geht, ging hier bisher leider völlig unter. Im Endeffekt müssen also alle Eltern genau dieselben „Probleme“ über ihre Kinder gehört haben: jedes tut gewisse Dinge lieber und andere weniger gern.

Nein, das ist eben das, was diese Eltern auch so verunsichert hat: es erfolgte quasi auch eine Wertung, dass bestimmte Dinge eben nicht so anerkannt werden wie andere. Das gern und freiwillig den Tisch abräumen zählt mehr als jüngeren Kindern zu helfen.

@Nelchen: sicher gibt es immer wieder Dinge, die man nicht unbedingt gern oder sogar ausgesprochen ungern erledigt, die aber sein müssen. Dass ein Kind im Kindergartenalter diese Einsicht schon hat, das ist vielleicht etwas zu viel verlangt. Immerhin fällt das sogar Erwachsenen noch schwer.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, wo das Problem liegt. Wo ist das bei Erwachsenen anders? Wir haben schließlich auch Aufgaben und Dinge, die wir nur ungern tun würden, aber wenn wir darum gebeten werden (vom Chef beispielsweise) dann wird das erledigt.

So habe ich eine Kollegin, die mich mit ihrer Art total in den Wahnsinn treibt und glücklicherweise habe ich die meiste Zeit auch nichts mit ihr zu tun. Aber punktuell kommt das eben schon vor und wenn die Chefin sagt, ich soll mit der zusammenarbeiten, dann reiß ich mich zusammen und mach das. Warum sollte ich freiwillig zur Kollegin rennen und mich um Aufgaben mit ihr reißen (die ich hasse), wenn ich schwerpunktmäßig woanders eingesetzt werde? Solange das Kind seine Hilfe nicht verweigert, wenn es dazu aufgefordert wird, ist das doch kein Problem.

Es geht hier schließlich um soziales Miteinander und das Übernehmen von Verantwortung und nicht darum, dass man zu Hause alleine lebt und dann verwahrlost oder verhungert, weil man es hasst zu kochen und zu putzen und es nicht macht, wenn man dazu nicht aufgefordert wird. Wenn es um das eigene Überleben geht, agieren viele Menschen anders.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Ich verstehe das Problem ebenfalls nicht. Denn auch Erwachsene haben Aufgaben die man weniger gerne macht und die dennoch gemacht werden müssen, ohne das jemand hinterher rennt und immer darum bittet. Entsprechend sollte man auch hier seinem Kind vermitteln, dass es auch weniger tolle Aufgaben gibt die aber gemacht werden müssen, ohne das ständig jemand dahinter steht und erst bitten muss. Das ist doch albern, wenn andere das auch schaffen aber man meint, dass eigene Kind muss das nicht machen da es andere Sachen freiwillig lieber macht und gerne.

Ich sehe es ebenfalls so, dass das etwas mit der sozialen Entwicklung zu tun hat und auch diese wird hier gefördert. Denn auch das übernehmen von ungeliebten Aufgaben gehört mit dazu, dass die soziale Gesellschaft, hier die Kita, funktioniert. Man kann sich nicht immer darauf verlassen, dass andere Kinder das gerne machen und es so läuft. Lass mal kein Kind Bock darauf haben und dann? Bleibt der Tisch einfach so wie er ist und die Erzieher sollen die Putzfrau spielen, anstatt das die Brut lernt, dass diese Aufgaben auch dazu gehören?

Für mich wäre das gar keine Frage wenn ich schon darauf angesprochen werde im Elterngespräch, dass ich das dem Kind vermittle wenn es nicht schon vorher geschehen ist. Bei meinem Sohn gab es so etwas nicht, ihm wurde von Anfang an gezeigt, dass es Aufgaben gibt die gemacht werden müssen auch wenn er keinen Bock drauf hat und er macht sie auch. Ganz ohne das man jeden Tag hinterher rennen muss und bitten damit etwas passiert. Für mich ist das etwas selbstverständliches, über das man nicht diskutieren muss und es wäre mir mehr als unangenehm, wenn ich von Erziehern auf so etwas angesprochen werden werden müsste. Denn da hat die soziale Erziehung dann doch offensichtlich ein großes Manko erlebt.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge


Sorae, ist einmal "Räumst du bitte den Tisch ab?" zu sagen denn vergleichbar mit "Den ganzen Tag hinterherrennen"? Das Kind macht ja auch die ungeliebten Aufgaben, wenn es sein muss. Aber wenn es zehn andere Kinder gibt, die das unbedingt machen wollen, warum sollte man ihnen dann diese Aufgabe "wegnehmen"?

Ziemlich genau so habe ich es mit meinen Freunden, Klassenkameraden und Kommilitonen bei gemeinsamen Projekten gemacht. Wenn ich mich gerne um einen Teil der Aufgabe kümmere, die andere Person gerne um einen anderen Teil, wodurch wie beide etwa gleichviel beitragen, wieso sollten wir dann tauschen?

Wir wissen auch nicht, wie genau es in der angesprochenen KiTa abläuft. Es scheint ja keine festen Pläne zu geben, so viel ist ja schon ersichtlich. Rufen dann nach dem Essen gleich zehn Kinder "Darf ich bitte bitte abräumen?"? Fragt der Erzieher nach "Wer möchte denn heute abräumen?"? Oder ganz anders? Ich bezweifle, dass irgendjemand direkt vorschlägt, dass man doch etwas machen könne, worauf man keine Lust hat. Schon gar nicht, wenn es mehr als genug Leute gibt, es es unbedingt machen wollen.

Genausowenig wissen wir, wie das besagte Kind reagieren würde, wenn aus irgendeinem Grund tatsächlich niemand sich freiwillig melden würde. Vielleicht würde es ja, wenn der Erzieher nachfragt und niemand reagiert, sagen, es könne die Aufgabe übernehmen.

Würde es sich tatsächlich dagegen weigern, dann sähe ich das Problem ein. Aber das Kind macht die Aufgabe, wenn es nötig ist. Und es zeigt eindeutig Hilfsbereitschaft, da es ja freiwillig andere Aufgaben übernimmt. Aber kritisieren, dass jemand, egal welchen Alters, nicht enthusiastisch vorschlägt, eine ungeliebte Aufgabe zu übernehmen, wenn es haufenweise Freiwillige gibt, klingt wenig logisch.

» Kalu-chan » Beiträge: 718 » Talkpoints: 11,85 » Auszeichnung für 500 Beiträge


JotJot hat geschrieben:Bei dem älteren Kind wurde das Problem nie thematisiert - die Erzieherin dieser Gruppe hat einfach einen Plan aufgestellt, so das jedes Kind jede Aufgabe im Wechsel zu erledigen hatte.

Kalu-chan hat geschrieben:Wir wissen auch nicht, wie genau es in der angesprochenen KiTa abläuft. Es scheint ja keine festen Pläne zu geben, so viel ist ja schon ersichtlich.

Daher ließt man auch den Eingangspost, da ist die Rede von einem Plan, bei dem die Kinder im Wechsel dran kommen. Sprich jedes Kind weiß, wann es dran ist. Dann ist es ein Armutszeugnis, wenn das eine Kind dann noch eine Extra Wurst braucht und gebeten werden muss. Tauschen oder andere das machen lassen, nur weil man lieber was anderes macht, geht nicht. Das ist Rosinen picken und so funktioniert eine soziale Gruppe eben nicht und das lernen Kinder mit diesen Plänen auch von klein auf.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge


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