Urteil vom Frankfurter Landgericht

vom 05.08.2011, 07:17 Uhr

Ich persönlich finde so etwas auf keinen Fall in Ordnung, dass ein Mörder und Entführer auch noch 3000€ Schadenersatz zugesprochen bekommen hat. Natürlich sollte in einem Rechtsstaat Gerechtigkeit herrschen, aber in einem solchen Fall, finde ich zu viel Gerechtigkeit nicht gut.

Außerdem habe ich es so verstanden, dass er nicht gefoltert wurde, ihm wurde nur im Verhör die Folter angedroht, falls er nicht aussagt. Und das finde ich nicht so schlimm, dass man dafür Schadenersatz bekommen sollte. Also ich persönlich bin der Meinung, dass man auf keinen Fall jemanden Foltern darf, aber solange man es nur jemanden androht, fände ich das noch nicht schlimm. Ich meine dieser Mann hat jemanden ermordet, also fände ich es auch nicht schlimm, wenn ihm Rechte entzogen werden, die man sonst als normaler Bürger hat.

Also ich finde dieses Urteils nicht in Ordnung, weil ich denke, dass Straftäter die solche schlimmen Taten vollziehen, nicht mehr alle Rechte verdienen!

» Verdion1337 » Beiträge: 763 » Talkpoints: 7,05 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Verdion1337 hat geschrieben:Ich persönlich finde so etwas auf keinen Fall in Ordnung, dass ein Mörder und Entführer auch noch 3000€ Schadenersatz zugesprochen bekommen hat.

Dann wird es dich sicher beruhigen, dass er dieses Geld nicht in seiner Eigenschaft als Mörder und Entführer (oder zusammengefasst: als Straftäter) zugesprochen bekommen hat. Das sollte ja genügen, um nicht für Nachahmer zu sorgen. Das Gericht hat hier ja einen Fall verhandelt, bei dem es nicht um das Verbrechen gegangen ist. Es ging ausschließlich darum, wie die Staatsgewalt gegen ihn vorgegangen ist.

Verdion1337 hat geschrieben:Natürlich sollte in einem Rechtsstaat Gerechtigkeit herrschen, aber in einem solchen Fall, finde ich zu viel Gerechtigkeit nicht gut.

Was du also hier forderst, ist die "selektive Gerechtigkeit". Alle sind gleich, nur manche sind gleicher? Dir ist schon klar, dass das nicht nur der erste Schritt dahingehend wäre, die sog. Rechtsstaatlichkeit auszuhöhlen. Allein der Vorschlag bedeutet ja, dass man Rechtsstaatlichkeit an sich abzuschaffen gedenkt. Denn wenn hier bei den Rechten differenziert wird, ist die Rechtssprechung (vor Gericht ist jeder ohne Ansehen der Person gleichgestellt) in Theorie und Praxis gleichermaßen unmöglich gemacht worden. Jeder Prozess wäre ein Schauprozess und eigentlich nicht mehr nötig. Schön auch die Formulierung: "zu viel Gerechtigkeit". Allein das ließe ja den Schluss zu, dass es denkbar wäre, "ein wenig" Gerechtigkeit walten zu lassen.

Verdion1337 hat geschrieben:Außerdem habe ich es so verstanden, dass er nicht gefoltert wurde, ihm wurde nur im Verhör die Folter angedroht, falls er nicht aussagt. Und das finde ich nicht so schlimm, dass man dafür Schadenersatz bekommen sollte.

Wir alle haben uns hoffentlich noch nie (und werden uns hoffentlich auch nie) in einer Situation befinden, in der wir ohne (rechtlichen) Beistand der Staatsmacht ausgeliefert sind. In dem Fall war ein Mensch allein den vernehmenden Beamten ausgeliefert. Es wusste noch nicht einmal ob irgendwer überhaupt darüber informiert war, wo er sich gerade befindet. Die Stresssituation ist mit Sicherheit wenig angenehm (um mal zu untertreiben) und wenn die Androhung so war, dass er sich sicher gewesen wäre, dass sie nur Leer sein muss, hätte sie ihn nicht zur Aussage bewegt.

Du selbst scheinst ja auch zu finden, dass Scheinhinrichtungen nicht so schlimm sein können oder das Waterboarding im Grunde nichts mit Folter zu tun hat und nur eine Verhörmethode ist. So jedenfalls würde ich die Aussage interpretieren, dass die Androhung "nicht so schlimm" ist. Wo beginnt das "schlimm" bei dir? Wieso übergeht man das Recht auf körperliche Unversehrtheit und macht hier entsprechende Differenzen? Dieses Recht gilt übriegens für alle und das macht die Errungenschaften des Rechtsstaates so besonders.

Verdion1337 hat geschrieben:Also ich persönlich bin der Meinung, dass man auf keinen Fall jemanden Foltern darf, aber solange man es nur jemanden androht, fände ich das noch nicht schlimm.

Was ist der konkrete Unterschied für denjenigen, dem dies (nachhaltig) angedroht wird und wie weit soll die Drohung und das Aufbauen der Folteraussicht gehen dürfen? Darf man den Delinquenten vielleicht aus dem Fenster eines Hochhauses halten? Soll man ihm die eiserne Jungfrau nur zeigen oder darf man ihn auch hineinlegen? Und wie bringt man dann das Folterverbot in Zusammenhang mit der Androhung in einem Rechtsstaat?

Verdion1337 hat geschrieben:Ich meine dieser Mann hat jemanden ermordet, also fände ich es auch nicht schlimm, wenn ihm Rechte entzogen werden, die man sonst als normaler Bürger hat.

Das schöne ist in dem Fall sogar, dass die unkluge (um nicht "dumme" zu schreiben) Argumentation hier schon deshalb richtig unklug ist, weil zu dem Zeitpunkt noch gar nicht feststand, dass es sich um einen Mörder handelte. Man entzieht ihm also deiner Logik nach im Voraus die (Grund)Rechte um zum Ergebnis zu kommen, dass man sie ihm entziehen darf. Wie aber müsste man die Sache erklären, wenn der Junge noch gelebt hätte?

Grundrechte sind Grundrechte, weil sie unantastbar sind. Ohne dieses Axiom macht es keinen Sinn, sich für die Rechtsstaatlichkeit einzusetzen. Wird dieser Grundsatz verworfen, gibt es keinen Unterschied mehr zu den Regimes, welche man heute gerne (wenn es passt) bekämpft. Eben mit dem "Menschenrecht"-Argument. Aber wenn in unserer Gesellschaft dieses schon so lasch gesehen wird und sich wirklich immer mehr Menschen finden, die auch bereit sind, darauf zu verzichten (weil es bestimmt immer nur die anderen trifft), dann ist es mit unserer Gesellschaft im Bezug auf Fortschritt und Humanität auch nicht besonders gut bestellt.

Verdion1337 hat geschrieben:Also ich finde dieses Urteils nicht in Ordnung, weil ich denke, dass Straftäter die solche schlimmen Taten vollziehen, nicht mehr alle Rechte verdienen!

Wozu dann überhaupt noch Grundrechte? Man könnte so alles über das Strafgesetz abbilden und dann gibt es auch keine Grenzen mehr. So ließe sich die Todesstrafe ja sogar "steigern". Vom schnellen Genickschuss bis hin zur langsamen Steinigung. Oder gerne auch die Methode: dem Mob vorwerfen!

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Für mich ist es unfassbar, dass ein Kindermörder solch eine Entschädigung bekommt. Gäfgen wurde ja nicht gefoltert. Ihm wurde lediglich die Folter angedroht, da man keinen anderen Ausweg gesehen hat. Kindermörder dürften vor dem Gesetz erst gar nicht in den Genuss solcher Entschädigungen kommen. Man darf ja nicht vergessen, was Gäfgen einem wehrlosen Kind angetan hat.

» Sternchen* » Beiträge: 2801 » Talkpoints: 2,12 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



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