Unmögliche Methoden beim Schwimm-Unterricht zu DDR-Zeiten

vom 09.07.2011, 16:25 Uhr

Ich bin ja ein so genanntes "Ost-Kind" und bin noch in der DDR eingeschult worden. Und damals gab es noch den Schwimm-Unterricht, der bei uns in der 3. Klasse kam. Anfangs hatte ich noch keine Angst davor, weil wir zu Hause einen Pool hatten, in dem ich gerne gebadet und geplanscht habe, also prinzipiell hatte ich keine Angst vor dem Wasser.

Nach einigen Wochen Unterricht habe ich aber schnell gemerkt, was einige Schwimmlehrer da für Methoden anwenden. Und auch die komischen Übungen, die wir machen mussten. Zum Beispiel mit einem Brett hinter dem Kopf rückwärts ins tiefe Wasser springen und dann Rückenschwimmen. Das würde ich noch nicht mal heute mehr machen, schon alleine bei der Vorstellung kriege ich weiche Knie. Ich weiß auch nicht mehr, wie ich es damals geschafft habe.

Kinder, die Angst hatten und wegrennen wollten, wurden einfach ins Wasser geschubst! Mir ist das auch einmal passiert, als ich Angst hatte. Ich fragte noch, was wäre, wenn ich unter gehe, da schubste mich die Lehrerin schon rein! Ich frage mich, was das für hirnverbrannte Methoden sind?! Das verstärkt doch die Angst der Kinder erst recht! Bei einem Jungen aus meiner Parallelklasse war es so schlimm, dass seine Mutter mit zum Unterricht kommen musste, der hat jedesmal geheult, weil er nicht ins Wasser wollte!

Es gab damals auch etliche Beschwerden in den Elternversammlungen. Die Lehrer haben es so erklärt, dass dieses ins Wasser schubsen nur dazu dienen soll, den Kindern die Angst zu nehmen, damit sie selber merken, dass nichts passiert. Meine Eltern waren auch nicht damit einverstanden, haben mir aber Mut gemacht und mir erklärt, dass die Schwimm-Lehrer eine hohe Verantwortung für uns tragen und sofort ins Wasser springen müssten, falls jemand von uns im Wasser in eine gefährliche Situation geraten würde.

Das hat mir nur wenig die Angst genommen, ich habe jedesmal Angst vor diesem Unterricht gehabt und war froh, wenn er im Winter ausgefallen ist. Und zum Schluss, zur Prüfung habe ich auch geschummelt. Um die Grundstufe zu erhalten, mussten wir 4 Bahnen á 25 m schwimmen, immer hin und zurück. Da ich aber nicht so lange konnte, weil mir die Arme wehtaten, habe ich mich immer, wenn keiner geguckt hat, an den Seilen, die im Becken waren, weitergehangelt. :lol: So habe ich wenigstens die Grundstufe geschafft.

Aber was haltet Ihr davon? Sind solche Methoden nicht völlig überzogen? Gibt es sowas denn heute auch noch?

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» Jacqui_77 » Beiträge: 2718 » Talkpoints: 19,87 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Wie du schon genau geschrieben hast, es war in der ehemaligen DDR. Man muss hier nämlich erst einmal das damalige System gekannt haben, um hier mitreden zu können. Der Schwimmunterricht war nämlich sehr entscheidend, denn ohne eine sogenannte Schwimmstufe bekam man in der 10. Klasse nur eine 4 im Fach Sport.

Daher musste und vor allem sollte jeder Schüler schon das Schwimmen lernen. In meiner damaligen Schulklasse betraf es zwei Schüler, die so sich eine 4 in Sportunterricht eingehandelt hatten. Für ein Abschlusszeugnis war es nun nicht gerade ideal. Daher hatten diese Methoden auch irgendwie einen Sinn.

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» karlchen66 » Beiträge: 3563 » Talkpoints: 51,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Ob es sowas heute noch gibt, kann ich nicht einschätzen, da ich wie du in der DDR aufgewachsen bin und auch dort in der dritten Klasse meinen Schwimmunterricht genossen habe. Auch ich hatte teilweise Angst vorm Schwimmen und wollte nur mit Schwimmreifen mich im Wasser vorwärts bewegen. Aber nach einer kurzen Zeit wurde ich von der Schwimmlehrerin gezwungen, ohne Hilfsmittel ins Wasser zu gehen. Als ich mich voller Angst am Beckenrand festklammern wollte, nahm die Lehrerin eine Stange und stieß mich damit vom Beckenrand fort.

Voller Panik begann ich, im Wasser zu paddeln. Schwimmen konnte man das damals noch nicht nennen. Aber mit der Zeit wurden meine Bewegungen immer koordinierter und ich bewegte mich geordnet vorwärts. Ohne die rigorosen Methoden der Lehrerin hätte ich das wohl nie geschafft. Somit kann ich mich eigentlich noch nicht mal beschweren. Manchmal muss auf die Schüler auch mal Druck ausgeübt werden. Geschadet hat mir das nicht. Immerhin habe ich später die dritte Stufe beim Schwimmen erreicht, obwohl ich nie besonders trainiert hatte.

Wenn du eine besonders schlimme Schwimmlehrerin erwischt hast, so ist das auf jeden Fall bedauerlich, aber kein Anzeichen dafür, dass in der DDR der Schwimmunterricht generell schlecht war. Im Gegenteil, ich glaube, wir haben damals eine grundsolide Ausbildung erhalten, auf die wir auch heute noch stolz sein können.

» bigfoot11de » Beiträge: 575 » Talkpoints: 3,11 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Ich bin seit Jahren im Schwimmverein und kann dir sagen, dass das heute nicht mehr angewendet wird. Ich war ja selbst als Trainer tätig. Wir hatten damals auch in der dritten Klasse Schwimmunterricht. Im Nachhinein war das auch nicht das gelbe vom Ei, aber immerhin hat man uns nicht ins Wasser geschubst.

Heutzutage wäre auch ganz schön was los, wenn das noch gängige Methoden wären. Damals war es wohl üblich so. Das heißt noch lange nicht, dass ich das gut finde, im Gegenteil, aber man hat wohl deswegen nichts unternommen, weil es so üblich war und das ist meiner Meinung nach an sich schon schlimm genug.

Wobei ich sagen muss, dass meine Eltern mir von sowas nicht berichtet haben. Vielleicht war das auch nur eine Eigenheit dieser Schule? Ich bin mir fast sicher, dass ich von sowas sonst gehört hätte. Gerade weil mein Stiefvater nun auch von klein auf im Schwimmverein war und später dann auch Schwimmlehrer und Trainer war und ist. Da hätte ich das sicherlich schon mitbekommen.

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» winny2311 » Beiträge: 14987 » Talkpoints: 4,75 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Diese Methoden waren natürlich ganz und gar unpassend, weswegen sie logischerweise heute auch nicht mehr eingesetzt werden sollen und wahrscheinlich auch nur sehr, sehr selten werden (zumindest in Deutschland). Die damaligen Methoden waren - so glaube ich zumindest - such nicht nur dafür gedacht, dass die Kinder besser schwimmen lernen sollten, sondern vorwiegend dafür da, dass eben diese Kinder lernen sollten, dass man die Befehle der Partei ausführt (in dem Fall eben schwimmen) oder das man dazu gezwungen wird (hinein gestoßen).

Aber man muss ja auch ganz ehrlich sagen, dass in der DDR nicht nur Kinder beim Schwimmunterricht, sondern auch Erwachsene während ihres gesamten Lebens sehr grenzwertige Aktionen über sich ergehen lassen mussten, weshalb man das nicht darauf spezifizieren kann. Außerdem ist es wohl kaum nötig sich noch darüber aufzuregen, da man es nach heutigem Stande auch gar nicht mehr ändern könnte.

» onlydp » Beiträge: 534 » Talkpoints: 0,35 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Aber einen wirklichen Grund für diese Maßnahmen hat doch eigentlich keiner parat, oder? War es denn das einzige Ziel der Lehrer, die Kinder unbedingt in das Wasser zu bringen? Das klingt doch sehr absurd meiner Meinung nach. Ich persönlich hätte mich zumindest gewehrt, auch wenn man als kleineres Grundschulkind natürlich noch nicht so ein großes Selbstvertrauen besitzt und deshalb haben anscheinend viele Ost-Kinder diese Sachen über sich ergehen lassen. Dass solche Methoden heute keine Verwendung mehr finden, das dürfte aber selbstverständlich sein und das ist auch einfach gut so.

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» fcbtill » Beiträge: 4713 » Talkpoints: 21,47 » Auszeichnung für 4000 Beiträge


Ich bin im Westen aufgewachsen und kann da leider nicht mit reden. Ich habe den Schwimmunterricht immer gehasst, da ich Angst vor der Tiefe hatte. Aber ins Wasser geschubst wurde ich nie. Nein, im Gegenteil, ich musste nicht einmal ins Wasser. Auch als ich das Abitur machte, wurde ich nie im Schwimmunterricht gezwungen. Ich habe auch Allergie Anfälle bekommen, wenn ich Wasser in die Nase in die Augen bekam, wahrscheinlich habe ich also eine Chlor Allergie, was ich den Lehrern auch gesagt habe. Sie hatten dann immer Verständnis und ich musste nicht tauchen.

Ich finde die Methoden einfach nicht in Ordnung. Man kann Kinder ja nicht dazu zwingen ins Wasser zu gehen. Und schubsen ist nicht in Ordnung. So bekommen die Kinder ja noch mehr Angst und eigentlich sollten die Kinder sich ja im Wasser sicher fühlen.

» Jenna87w » Beiträge: 2149 » Talkpoints: 0,47 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Wie heute die Methoden sind um Kindern das Schwimmen beizubringen weiß ich nicht, aber damals war es genau so wie du es beschrieben hast. Ich selber konnte zwar schon Schwimmen aber etliche meiner Kameraden noch nicht. Da wurden die ängstlichen Kinder wirklich gedrängt und auch mit der Stange vom Beckenrand gedrückt und das jemand zu Fuß vom Sprungturm wieder herunter kam gab es auch nicht. Was damals alle Schüler gestört hatte war die bittere Kälte an manchen Tagen. Der Schwimmunterricht war immer morgens wo das Bad noch geschlossen war und er begann um 7:00 Uhr mit einem Sprung in das kühle Wasser, egal wie kalt es war oder ob es gerade regnete.

Ich denke die angewendeten Methoden hingen auch viel mit den jeweiligen Sportlehrern zusammen. Diese waren ja meistens krankhaft ehrgeizig und sie konnten es in ihrem Ego nicht ertragen das ein Kind unter ihrer Aufsicht nicht Schwimmen lernen konnte. Vielleicht hing es auch noch mit ein paar politischen Gründen zusammen. Die Sportlehrer waren ja meistens auch noch in der GST organisiert (Gesellschaft für Sport und Technik) und sie waren auch für die Ferienspiele oder Ferienlager verantwortlich. Dort wurden immer mal paramilitärische Übungen auch für Viertklässler abgehalten und wenn da so ein Sportlehrer seinen gesellschaftspolitischen Auftrag nicht erfüllt hat in dem er seine Schüler nicht für das Leben fit gemacht hat konnte es schon einmal zu unangenehmen Einbestellungen kommen.

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» hooker » Beiträge: 7217 » Talkpoints: 50,67 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Man kann aber auch nicht behaupten, das solche Methoden allgemein gültig waren in der DDR. Denn auch ich hatte damals meinen Schwimmunterricht und wir hatten super Lehrer dort, die auch auf Ängste von den Kindern eingingen und dann eben bestimmte Forderungen mit einem Zwischenschritt erfüllt bekamen.

Meine Kinder hatten nun im letzten Schuljahr, es war die zweite Klasse, ihren Schwimmunterricht. Und auch da haben die Schwimmlehrer die Ängste von Kindern ernst genommen. Sind mit ihnen zusammen ins Wasser gesprungen, damit die Kinder halt wussten, das sie sogleich jemanden neben sich haben, der ihnen helfen kann.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


Sicherlich wird es auch nicht überall so gewesen sein, aber in der DDR gab es schon fiese Methoden für Kinder, auch im Kindergarten. Ich bin nach der DDR geboren, aber noch mit den DDR Erziehern in den Kindergarten gegangen und fand es schrecklich, zum Essen und Schlafen gezwungen wollte ich nicht in den Kindergarten. Die Methoden, die du da beim Schwimmunterricht beschreibst finde ich grausam und sie werden sicherlich nicht die Angst nehmen, mein Kind hätte ich da nicht hingelassen.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


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