Was ist Totenruhe und was versteht ihr darunter?

vom 22.03.2011, 23:09 Uhr

Ich habe eben hier in diesem Thread Eisbär Knut ist tot gelesen, dass Chrissiger meinte, dass Knut nicht präpariert werden sollte und ausgestellt werden sollte, weil man ihm die Totenruhe gönnen soll. Aber was bitte soll Totenruhe sein? Bei einer Präparation wird nur die Hülle des Tieres benutzt und auf einen künstlichen Korpus gespannt. Wenn man einen Leichnam verbrennt, kann man dann von Totenruhe sprechen? Oder ist es nur Totenruhe, wenn man den Menschen im Sarg beerdigt?

Das Thema gilt also nicht nur für Tiere, sondern auch für Menschen. Ich weiß nicht, was ich von diesem Wort "Totenruhe" halten soll. Denn der Tote merkt doch nicht mehr, was mit ihm geschieht. Es ist einfach die Hülle, die entweder verbrannt wird oder in die Erde kommt. Es ist ein lebloser Körper. Warum soll man diesen bei Tieren nicht präparieren?

Was versteht ihr unter Totenruhe? Ich bin ehrlich. Ich habe noch nie verstanden um was es da geht, wenn man von Totenruhe spricht, weil ich der Meinung bin, dass ein Toter nichts mehr spürt und egal, wie man den Toten beerdigt oder auch nicht, es wird ihm egal sein. Sehr ihr das anders?

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Diamante hat geschrieben:Was versteht ihr unter Totenruhe? Ich bin ehrlich. Ich habe noch nie verstanden um was es da geht, wenn man von Totenruhe spricht, weil ich der Meinung bin, dass ein Toter nichts mehr spürt und egal, wie man den Toten beerdigt oder auch nicht, es wird ihm egal sein. Sehr ihr das anders?


Also unter Totenruhe verstehe ich eigentlich, das man den Menschen oder auch das Tier einfach beerdigen soll und anschließend in Ruhe im Grab lassen. Also die Beerdigung ist sozusagen fürs Abschied nehmen und dann sollte man aber auch den Leichnam ruhen lassen.

Da Knut ja ein berühmter Eisbär war, will ja das Museum ihn gerne präparieren und ausstellen, aber ich finde das etwas übertrieben, weil so nur immernoch jemand nur Geld mit Knut machen möchte und das finde ich einfach nicht korrekt. Man hat mit Knut schon genug Geld gemacht und es ist schade, das er tot ist, aber nun sollte man das Kapitel Knut auch abschließen.

Allgemein kennt man die Totenruhe ja nur von Menschen und sogar ein Verstoss gegen die Totenruhe ist strafbar und zwar selbst der Versuch der Störung. Also wer eine Gedenkstätte beschädigt oder sogar zerstört, verstösst genauso gegen die Totenruhe nach $168 wie z.B. jemand der den Leichnam unbefugt aus dem Gewahrsam eines Berechtigten oder aus der Urne nimmt. Die Störung der Totenruhe wird mit einer Freiheitsstrafe bis 3 Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft.

Das ein Toter nichts spürt das ist klar und es wird sich auch kein Verstorbener beschweren über die Art wie er beerdigt wird, denn wie sollte er auch, aber es gibt viele, die das mittlerweile vor ihrem Ableben schon pinibel genau niederschreiben und auch möchten, das die Hinterbliebenden diesen Wunsch beachten.

Ich selber möchte auch nicht irgendwo ausgestopft in einem Museum stehen, aber da ich ja auch nicht berühmt bin, brauch ich mir da wohl keine Sorgen machen. Wäre Knut nun ein sehr seltenes und besonderes Tier, könnte man den Wunsch vom Museum ja noch verstehen, aber ihn dort auszustellen, weil er ein Kultobjekt war, finde ich absurd und für mich ist das nur Geldmachereri.

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» Chrissiger » Beiträge: 1296 » Talkpoints: -2,34 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Also, soweit ich weiss, ist mit Totenruhe gemeint, dass der Tote (wie es das Wort schon sagt) quasi in "Ruhe tot sein darf" - mal ganz blöd ausgedrückt. Die Störung einer solchen Totenruhe ist sogar im Strafgesetzbuch vermerkt und damit auch strafbar. Gemeint ist damit zum Beispiel, dass das Grab, die Aufbahrungsstätte und ähnliches beschädigt wird, oder sogar auch das Entwenden der Leiche oder Leichenteilen (oder der Asche).

Natürlich spürt der Tote das nicht mehr, allerdings hat das in meinen Augen irgendwie schon was mit Respekt zu tun; zum einen gegenüber dem Verstorbenen und dann auch seiner Familie.

Ob man das Ganze bei Tieren nun auch Totenruhe nennt oder ob es pietätlos wäre den Knut auszustopfen, weiss ich grad gar nicht. Allerdings könnte ich mir sehr gut vorstellen, dass das bei Tieren "nicht so eng gesehen" wird.

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» Nana_2011 » Beiträge: 2250 » Talkpoints: 0,21 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Ich weiß, dass die "Störung der Totenruhe" per Gesetz verboten ist. Aber ich finde, dass es ein Gesetz ist, was überbewertet wird. Sicher sollte man nicht ein Grab aufschaufeln und den Leichnam stehlen oder wer weiß was mit ihm machen. Aber was bringt dieses Gesetz oder besser gesagt, was will man mit diesem Gesetz bezwecken?

Im Grunde genommen stört man einen Toten ja schon, wenn man ihn nach dem Tod verbrennt. Wenn man dann die Urne in ein Grab gibt und die Urne dann irgendwann ausgräbt verstehe ich nicht, was das mit der Störung der Totenruhe zu tun hat. Der Tote ist Asche und die Asche ruht ja wohl kaum. Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll. Aber ich denke, dass es einfach keine Totenruhe gibt.

Man kann sicherlich von Respektlosigkeit reden, wenn man einen Toten nicht so bestattet, wie es manche Leute meinen. Aber von Störung der Totenruhe zu sprechen finde ich persönlich ein wenig komisch. Das Entwenden von Leichenteilen oder Asche ist in meinen Augen einfach Diebstahl, weil es auf einem "Grundstück" begraben ist, was von den Angehörigen bezahlt wurde.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Ich finde es einfach respektlos, wenn man die Toten nicht in Ruhe lässt und klar es ist Diebstahl, wenn man einen Leichnam klaut, aber solche Leute, die sowas machen, sind in meinen Augen einfach krank und gehört bestraft.

Wenn es doch der letzte Wunsch des Verstorbenen ist, verbrannt zu werden, dann finde ich nicht, das es die Totenruhe stört, denn die Ruhe beginnt dann ja praktisch erst, nachdem sein letzter Wille, das verbrennen, erfüllt ist.Auch wenn Tote es nicht merken können, denke ich, das es auch viel mit Respekt und dem Glauben zu tun hat, was die Totenruhe betrifft.

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» Chrissiger » Beiträge: 1296 » Talkpoints: -2,34 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Diamante, du hast eigentlich die Frage nach der Totenruhe schon selbst beantwortet. Denn wenn es kein Gesetzt gäbe, das die Störung der Totenruhe unter Strafe stellt, könnte sich jeder nach Lust und Laune am Friedhof selbst bedienen. Der eine würde gerne einen Totenschädel haben, den er sich Daheim als Kerzenständer hinstellt. Ein anderer würde sich einen eben Verstorbenen ausbuddeln und seine Experimente an ihm fortführen. Wieder ein anderer hätte gerne das Herz oder die Nieren des Begrabenen, usw. Es war in früheren Zeiten üblich, dass sich auch Studenten selbst Leichname besorgten, um für ihr späteres Handwerk üben zu können. Das waren in der Mehrzahl Verbrecher, die man gehängt hatte.

Aber nicht nur das sehe ich als Störung derTotenruhe an, sondern auch eine wahllose, willkürliche Zerstörung der Grabanlagen, ebenso wie das Stehlen des Grabschmuckes, der Leuchten und Vasen.

Für mich ist es auch die Störung der Totenruhe, wenn zum Beispiel der Leichnam von Joseph Haydn umgebettet wurde und man da erst merkte, dass der Kopf fehlte. Wie sich herausstellte, hatte der Sekretär des Fürsten Esterházy diesen für seinen Herrn entwendet. Ebenso wie der Kopf von Mozart nicht in seinem Grabe liegt, sondern in einer Stiftung in Salzburg aufbewahrt wird. Ich finde das sehr pietätlos.

Es gibt auch viele okkulten Richtungen, die ihre Zeremonien auf den Friedhöfen abhalten. Da geht es nicht immer ruhig und gesittet zu. Ich gaube nicht, dass dir als Angehörigen das gefallen würde.

Als Störung der Totenruhe muß man auch die Ausgrabungen der ägyptischen Pharaonengräber ansehen. Dort heißt es dann "Archäologie", weil es mit amtlicher Genehmigung geschieht. Aber es ist nichts anderes.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge


Ich stimme Diamante zu. Für mich hat der tote Körper eines Menschen (oder auch eines Tieres) keinen Wert an sich, auch Gräber berühren mich nicht sonderlich. Wenn jemand stirbt der mir nahe steht, lebt er in meinen Erinnerungen weiter - ein physisches Denkmal brauche ich nicht.

Ich respektiere allerdings, dass andere Leute das nicht so sehen, und da der Tod für Familienmitglieder und Freunde etwas sehr persönliches ist, bin ich auch dafür, eine Form des Respekt für diese Art von Ritual gesetzlich festzuhalten.

Wenn es nun aber um einen Eisbären geht, finde ich das etwas übertrieben. Ganz ehrlich, ich fand Knut auch niedlich, als er ein Baby war, und ich bin sicher, dass er ein ganz toller Bär war, aber es handelt sich doch immer noch um ein Zootier - nicht mehr und nicht weniger. Wäre nun Bonobo Nummer 27 aus dem Affengehege gestorben, hätte es nicht mal jemand gemerkt (abgesehen vom Zoopersonal natürlich) und es würde auch niemanden interessieren, was mit seinem Körper passiert.

Ich war schon mal im Naturkundemuseum in Berlin und finde die Präparate dort sehr interessant. Gerade bei beliebten Zootieren wird dort genau erklärt, wie das Präparat angefertigt wurde, außerdem kann man so das Tier sozusagen "bis in die Ewigkeit" intakt betrachten.

» channale » Beiträge: 1371 » Talkpoints: 37,37 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Was unter Totenruhe zu verstehen ist, haben meine Vorredner ja schon ausgiebig geschildert. Es geht natürlich darum, dass der Körper von Knut beerdigt wird und an diesem Platz seine Ruhe findet. Gerade weil Tote darauf keinen Einfluss mehr haben, ist es gesetzlich geregelt. Natürlich gilt das für Menschen und nicht für Tiere. Aber jeder Verstorbene hat das Recht darauf, dass seine Ruhestätte ein Ort ist, wo man hingehen kann, an den Menschen denken kann, aber der Körper wieder zu Erde werden kann.

Bei Tieren ist der Begriff Totenruhe zwar nicht gebräuchlich, aber er trifft es einfach auf den Punkt. Ich kann verstehen, dass er nicht ausgestopft wird. Es würde immer wieder Menschen geben, die es kritisieren und sagen würden, jetzt wollen sie auch noch Geld mt seinem Tod machen. Insofern ist es auch die richtige Entscheidung. Knut selbst wäre das egal gewesen.

Wenn jemand sich zu Lebzeiten dafür entscheidet, dass er seinen Körper nach dem Tod zur Verfügung stellt, dann ist das rechtens. Das kann jeder selbst entscheiden. Man kann es nach dem Tod nur nachweisen, wenn es festgeschrieben wurde. Ist das der Fall, spricht auch nichts dagegen, wenn der Körper uasgestellt wird, denn der Tote hat es so gewollt. Das Gesetz sorgt dafür, dass niemand ohne seine Erlaubnis ausgestellt wird oder mit dem toten Körper experimentiert wird. Ich vermute das geht auf die Zeit zurück, wo man vom Körper und seiner Anatomie noch nicht viel wusste. Da gab es sicherlich viele die experimentieren wollten. So versuchte der Staat dies zu unterbinden.

Außerdem geht es natürlich darum, jene strafrechtlich zu verfolgen, die auf einem Friedhof randalieren. Normalerweise macht man das ja nicht. Zumindest würde ich dies nicht tun, weil ich die Totenruhe respektiere. Aber es gibt eben auch Menschen, denen das egal ist.

» floraikal » Beiträge: 1127 » Talkpoints: 2,05 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Was Knut betrifft, so wird ja sowieso nur das Fell und die Haut des Bären bei der Präparation gebraucht. Der Kadaver selber wird ja dann doch eventuell verbrannt. Aber kann man wirklich von Störung der Totenruhe sprechen, wenn man das Fleisch und die Innereien des Tieres an die Zootiere verfüttert?

Ist es nicht eher Kult, wenn man einen toten Körper vergräbt und sagt, dass dieser Boden, wo der tote Körper drin liegt nun geehrt werden muss? Es gibt ja sogar Menschen, die meinen, dass man ein Grab nicht mit den Füßen betreten darf, weil es die Totenruhe stört. Bei größeren Gräbern kaum zu vermeiden, aber auch da kenne ich Menschen, die genau ausrechnen, wo der Sarg liegt und haben da keine Platten liegen, wo man das Grab betraten kann.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge


Es kommt ganz darauf an, welche religiöse Einstellung du hast. Wenn man an eine Auferstehung glaubt, dann wird man auch großen Wert auf die Totenruhe legen, ganz einfach weil es aus religiöser Sicht nur dann zu einer Auferstehung kommen kann, wenn es eben eine Totenruhe gibt. Darunter versteht man, dass der Tote als Ganzer bleibt und eben nicht in seiner Ruhe gestört wird.

Wenn man nun Knut das Fell abzieht, mag er zwar direkt vielleicht nichts daran spüren, zumindest nicht in dem Sinne, wie wir es uns darunter eben vorstellen. Wie du ja richtig erkannt hast, ist er ja bereits tot. Nun ist es so, dass Knut wohl eher nicht ein religiöser Bär war oder er selbst hat mit Religion wohl nicht viel anfangen können. Deswegen habe ich die Erklärung auch durchaus auf einen Menschen bezogen. Aber genauso kann man es eben auch bei Tieren sehen.

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» tournesol » Beiträge: 7750 » Talkpoints: 66,59 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


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