Religion als Anthropomorphismus

vom 11.03.2011, 14:44 Uhr

Hallo!

Mich würde mal interessieren, was ihr zum Thema Religion als Anthropomorphismus sagt. Es ist ja allseits bekannt, dass man bei uns überall Anthropomorphismen findet (sprechende Kinderriegel, singende Coladosen, denkende Autos...), aber der wesentliche Punkt des Anthropomorphismusses in der Religion ist doch, dass der Mensch bzw. der menschliche Gott zum Zentrum gemacht wird.

In so gut wie allen Religionen findet sich der Anthropomorphismus, ich will ihn aber kurz am Beispiel des Christentums erläutern. In den Schöpfungsberichten schon handelt Gott genau wie ein Mensch - er formt wie ein Töpfer mit seinen Händen, er denkt, er wertet, er haucht Atem ein, er straft, er bereut, er ist zornig, er ist traurig. Ein absolut menschlicher Gott. Natürlich sind diese anthropomorphisierten Gottheiten wichtig, denn ohne solche Attribute könnten sie nicht verstanden werden, was entweder zum Atheismus oder zu mystischer Stille führen würde.

Gleichzeitig ist der Anthropomorphismus meiner Meinung nach aber ein zentrales Problem in der Theologie, da er dem Göttlichen seine Göttlichkeit nimmt, gerade durch die ganzen menschlichen Emotionen wie Hass, Rache, Neid...aber es existiert nun mal keine Religion ohne Anthropomorphismen.

Ich glaube, diese existieren, weil Menschen immer und überall nach Menschlichkeit suchen, sie wollen einfach alles vermenschlichen. Der Mensch ist wohl intellektuell einfach nicht in der Lage, sich etwas anderes, etwas total abstraktes, als Gott vorzustellen.

Man könnte den Anthropomorphismus aber auch umgehen, nämlich indem man sich statt auf die menschlichen Gottheiten allein auf Grundsätze und Leitfäden der Religion konzentriert und Gott komplett außen vor lässt - aber wäre die Religion dann noch Religion? Was sagt ihr zu dem ganzen?

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» koeniglich » Beiträge: 370 » Talkpoints: 0,50 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich bin mir nicht ganz sicher, ob man bei Gottheiten von Anthropomorphismus reden kann, denn an sich ist es ja nicht so, dass sie etwas wären, was im Nachhinein vermenschlicht wurde, man hat sie einfach erfunden, als eine Erklärung für das, was man nicht verstand und weil man eben nichts anderes dazu wussten, mussten es eben Menschen mit Spezialkräften sein. Und wenn ich mir das mal so überdenke, an sich ist das auch logisch, denn Religion verlangt einfach nach etwas handfesten, soweit man das so sagen kann, denn zur Religion gehört nun mal auch beten und hoffen und vergeben, aber wen würde man denn nun anbeten, wenn es keine Gottheit gäbe?

Gottheit ist ein wesentlicher Bestandteil der Religion, denn Religion wurde schließlich ''erfunden'' um dem Menschen Halt zu geben und wenn es nun keinen gäbe, den sie anbeten können, dann haben sie in der Hinsicht auch keine Hoffnung mehr, denn wer würde diese erfüllen? Das es jemanden gibt der über sie wacht und das Weltgeschehen bestimmt, ist ein zentraler Punkt und mithin eigentlich der wichtigste Grund, weshalb so viele Menschen dies praktizieren.

Allerdings kann man wohl nicht abstreiten das eben der Punkt des Anthropomorphismus in der heutigen Zeit mehr und mehr in den Hintergrund rückt, denn die wenigsten wollen heute noch was von einem Gott wissen, sondern wenden sich wenn, dann nur aus der Hoffnung heraus an die Religion, daraus für sich positive Kraft zu schöpfen, aber den meisten ist dabei durchaus klar, dass es keinen Gott gibt und sie diesen auch nicht anbeten. Ich denke, es wäre früher unmöglich gewesen, eine Religion zu schaffen, in der kein menschliches Wesen im Mittelpunkt steht, allerdings sind wir heute sicherlich soweit, dass wir erkennen, dass es um die Lebenseinstellung an sich geht, die den positiven Kern der Religion bildet, nicht die Anbetung einer Gottheit.

Aus dem Grund ist Religion ohne Gott heute sicherlich möglich, nur würde man das dann vermeintlich nicht als Religion bezeichnen, da diesem Begriff die Gottheit nun mal nachhängt, es wäre eher einfach eine Lebenseinstellung. Allerdings sind sich darüber viele Menschen, die heute Religion praktizieren durchaus im Klaren und nehmen es auch eher als eine solche wahr.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


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