Plötzliche Verhaltensänderung der Mutter

vom 13.01.2011, 17:43 Uhr

Seit ich denken kann, haben ich und meine Mutter immer Streit gehabt. Nie ging es gut und immer hatte sie etwas an mir auszusetzen, nie war ich genug. Nie war sie zufrieden mit mir oder meinem Aussehen, es hat ihr nicht gefallen, dass ich kein Mainstream mag und mich nicht wie andere Mädchen gekleidet und frisiert habe, sondern es immer etwas lieber klassisch und schwarz mochte. Sie hatte sogar etwas dagegen, dass ich Geige und Cello spiele und nicht Gitarre, wie die meisten meiner Freundinnen und es hat sie immer gestört, dass ich mich nicht angepasst habe und eben immer etwas anders war, als der Rest.

Kurz nach dem ich dann volljährig wurde, hat sich das Verhalten meiner Mutter mit einem mal völlig geändert. Mit einem Mal war sie mir gegenüber viel weniger ablehnend und netter. Hatte sie früher gedroht mich raus zuschmeißen und mir das Studium nicht zu finanzieren, war sie nun auf einmal deutliche höflicher und bezahlte mir meine Kursfahrten und sogar Kleidung, die ich mir früher überwiegend selbst gekauft habe. Mit einem Mal schien sie ein völlig anderer Mensch zu sein und das hat mich schon ziemlich verwirrt und ich habe viel darüber gegrübelt, woran das wohl liegt.

Nachdem ich mich mit einer bekannten Psychologin darüber unterhalten habe, meinte diese, es könnte sein, dass meine Mutter mich mit ihrer Vergangenheit in Verbindung gebracht hat. Als Kind hat meine Mutter auf ihre Geschwister aufpassen müssen und war dadurch sehr eingeschränkt und das hat sie auch oftmals sehr belastet, so dass sie eine Art Hass gegen ihre jüngeren Geschwister gehegt hatte. Als ich dann kam, hat sie eventuell den Hass auch auf mich projiziert und nun da ich Erwachsen bin und sie sieht, dass ich selbstständiger und unabhängiger bin, verfliegt dieser Hass wieder.

Trotz alldem finde ich das sehr verwirrend, weil ich seit ich denken kann mit dieser Frau in Streit und Hass gelebt habe und mit einem mal ist unsere Beziehung eine ganz andere. Manchmal fällt es mir schwer damit umzugehen. Mich würde interessieren, ob es anderen von euch auch so geht? Habt ihr auch solche Verhaltensänderungen bei euren Eltern bemerkt, als ihr älter wurdet oder vielleicht auch in anderen Situationen? Wie würdet ihr damit umgehen? Viele meiner Bekannten, mit denen ich darüber geredet habe, meinten dass jetzt eine Besserung all die Jahre der Ablehnung nicht wieder gut machen können, aber ich finde, eine Chance sollte ich meiner Mutter auf jeden Fall geben. Selbst wenn wir nie eine richtige Mutter Tochter Beziehung haben werden, wie man sie in den meisten Familien kennt, so ist es doch um einiges besser.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Erstmal freut es mich für Dich, dass Du mit Deiner Mutter nun besser zurecht kommst, als es noch vor Deinem 18. Geburtstag der Fall war. Aber warum ausgerechnet nach dem 18. Deine Mutter Dir gegenüber ihr Verhalten verändert hat, kann ich nicht sagen. Deine Bekannte könnte Recht haben, dass es an der eigenen Kindheit und ihren Erfahrungen mit den Geschwistern liegt. Mir ist gerade der Gedanke gekommen, dass es vielleicht auch daran liegt, dass Du trotz der Widrigkeitem, die sie Dir scheinbar in den Weg gestellt hat, Deinen Weg gegangen bist. Vielleicht hat sie dadurch eingesehen, dass es keinen Sinn hat, Dich stets zu kritisieren, sobald Du Deine eigenen Wünsche realisiert hast. Auch möglich, dass sie mit der Zeit begriffen hat, ihre eigenen Wünsche nicht auf Dich zu projizieren und Dich so anzunehmen, wie Du bist. Kann es auch etwas damit zu tun haben, dass Du Dein eigenes Leben begonnen hast und Dich abnabelst, flügge wirst? Es fällt Eltern, egal, wie schlecht man sich versteht, doch oft, das Kind in die böse, weite Welt zu lassen. Da sich Euer Verhältnis inzwischen etwas verbessert hat, traust Du Dich zu fragen, wie es nun kommt, dass sie sich anders verhält?

Wohnst Du mit ihr zusammen oder bist Du recht früh ausgezogen? Auch ein Umzug kann eine Verbesserung eines Verhältnisses zu Eltern verursachen. Ich habe es bei meinem älteren Bruder gesehen. Seitdem dieser nicht mehr zu Hause wohnte, lief es zwischen meinen Eltern und ihm besser. Auch unser Verhältnis hat sich dadurch verbessert. Ähnlich verhielt es sich auch, als ich selbst ausgezogen bin und nun viele Kilometer von zu Hause entfernt wohne. Über das Verhältnis zu meiner Mutter kann ich da nichts sagen, da diese bereits vor meinem Auszug verstorben ist. Jedoch ist das Verhältnis zu meinem Vater auch besser geworden, es war vorher einfach katastrophal. Dadurch, dass wir uns nun nicht mehr jeden Tag sehen oder hören und jeder sein eigenes Leben nachgeht, also die Abstandsgewinnung, ist es besser, füreinander Verständnis zu haben. Wahrscheinlich hat er auch eingesehen, dass ich doch gar nicht so faul war, als ich noch zu Hause wohnte und er nun alles allein machen muss.

Du hast nun nicht Deinen Vater erwähnt und im Grunde mag ich auch nicht so viel darumbohren. Aber wenn er davon etwas mitbekommen hat, wie ist er damit umgegangen und wie ist Dein Verhältnis zu ihm? Konnte er vielleicht auch auf Deine Mutter einwirken?

Letztendlich ist es schön, dass Du Deiner Mutter diese Chance gibst, das eine oder andere nun nachzuholen, auch, wenn die Fehler der Vergangenheit nicht mehr gut zu machen ist. Aber es lebt sich einfacher, wenn man verzeihen kann und wenn man sieht, dass sich der Andere bemüht. Es scheint nun bei Euch so der Fall zu sein. Ich würde sagen, geniess es einfach und schau, wie es sich entwickelt. Handle danach und sei weiterhin Du selbst.

Benutzeravatar

» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge


Ich glaube auch, dass du deiner Mutter eine Chance geben solltest. Schließlich werdet ihr beide nicht jünger. Irgendwann einmal bereut vielleicht der eine oder andere sein Verhalten, wenn es vielleicht dann zu spät ist. Allein schon, wenn du von zuhause ausziehst, ändert sich normalerweise auch das Verhältnis zu den Eltern, weil man eben nicht mehr Tag und Nacht aufeinandersitzt und alles mitbekommt, was einen am anderen stört.

Dass deine Mutter nun etwas freundlicher geworden ist, seitdem du erwachsen und volljährig bist, könnte vielleicht auch an einem eventuellen Trennungsschmerz deiner Mutter liegen, wenn sie daran denkt, dass du vielleicht demnächst ausziehen könntest. Das könnte ich mir auf jeden Fall gut vorstellen. Deiner Mutter würde dann bestimmt etwas fehlen, auch wenn es vielleicht nur der alltägliche Streit ist. Allerdings frage auch ich mich, warum das mit 18 anders ist, als mit 17. Denn in deinem Verhalten hat sich sicherlich nicht allzu viel verändert und allein die Tatsache, dass du nun von dir aus ohne Zustimmung deiner Mutter ausziehen könntest, daran kann es allein ja vermutlich nicht liegen, oder?

Was die Psychologin geschildert hat, könnte auch ein guter Grund dafür sein, warum sich deine Mutter so verhält wie sie es jetzt gerade tut. Vielleicht sieht oder sah sie seither in dir wirklich noch ihre kleinen Geschwister und konnte nicht so richtig zwischen Geschwisterkind und eigenem Kind bisher unterscheiden.

Ich selber hatte nie solche Probleme zuhause und bin wohlgehütet und ohne große Streitereien aufgewachsen. Aber auch bei mir hat sich das Verhältnis zu meinen Eltern etwas verändert, als ich ausgezogen bin. Es ist noch einmal einen Tick herzlicher geworden, einfach, weil wir doch eben nicht mehr jeden Tag zusammen waren.

Benutzeravatar

» Nettie » Beiträge: 7637 » Talkpoints: -2,59 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Nettie hat geschrieben:Was die Psychologin geschildert hat, könnte auch ein guter Grund dafür sein, warum sich deine Mutter so verhält wie sie es jetzt gerade tut.

Es könnte aber genauso gut sein, dass nach 18 eben festgestanden hat, dass Crispin auszieht und ihr eigenes Leben leben wird. Der Beitrag ist vor 7 Jahren verfasst worden und Crispin hat seitdem einige Beiträge verfasst. Laut ihren Schilderungen hat sie in der Zwischenzeit das Abitur fertig gemacht und ist studieren gegangen und befindet sich jetzt im Masterstudiengang.

Wenn sich damals also vielleicht schon abgezeichnet hat, welche beruflichen Pläne sie hat, dann ist die Mutter deswegen vielleicht netter geworden und das hatte gar nichts mit irgendwelchen Projektionen oder Hass zu tun und der Psychologe hatte Unrecht. Ferndiagnosen sind immer so eine Sache und ich vermute, dass der Psychologe nie mit der Mutter gesprochen hat. Für gewöhnlich hat man Pläne für ein Studium schon seit einer Weile und beschäftigt sich dann über einen längeren Zeitraum mit der Wahl des passenden Studiengangs und mit der Universität. Auch solche Sachen wie die Wohnungssuche müssen ja organisiert werden und alles, was man für die eigene Wohnung braucht. Das macht man nicht überstürzt, sondern bereitet sich darauf vor. Das wird die Mutter mitbekommen haben.

Nettie hat geschrieben:Ich selber hatte nie solche Probleme zuhause und bin wohlgehütet und ohne große Streitereien aufgewachsen. Aber auch bei mir hat sich das Verhältnis zu meinen Eltern etwas verändert, als ich ausgezogen bin. Es ist noch einmal einen Tick herzlicher geworden, einfach, weil wir doch eben nicht mehr jeden Tag zusammen waren.

Das kann ich auch immer wieder beobachten. Wenn man noch zusammen wohnt, wird die gemeinsame Zeit als total selbstverständlich wahrgenommen, egal ob sie positiv oder negativ empfunden wird. Aber sobald das "Kind" ausgezogen ist, weiß man die wenigen Momente gemeinsam mehr zu schätzen, daher verändert sich das Verhalten automatisch.

Benutzeravatar

» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Konflikte gehören zu Eltern und Kindern, besonders Teenagern einfach dazu. Wenn andere Eltern sich darüber aufregen, dass die Kinder immer noch nur Blödsinn im Kopf haben und nichts Vernünftiges machen, hat deine Mutter wohl eher ein Problem damit gehabt wie erwachsen du schon von deinem Verhalten warst. Vielleicht wollte sie die eigene schlechte Kindheit bei dir einfach nicht nochmal sehen und hat nicht erkannt, dass dir das so gut tat und irgendwann hat sie es dann bemerkt oder bemerkt, dass man einem Menschen mit 18 Jahren nicht mehr so viel vorschreiben kann.

Ich würde es nun einfach so hinnehmen und die gute Zeit miteinander genießen. Wenn du nun immer wieder darüber nachdenken solltest, dann kannst du es vielleicht mal in einer ruhigen Minute mit ihr besprechen, warum sich ihr Verhalten so geändert hat. Ich würde es aber eher positiv bewerten und denken, dass bei ihr einfach ein Umdenken stattgefunden hat und eine Anerkennung deines Alters und deiner Person.

Benutzeravatar

» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^