Der manipulative Aspekt von Wörtern

vom 19.07.2010, 12:16 Uhr

Paralleltext: Der manipulative Aspekt von Wörtern

Es gibt vielerlei Art und Weisen, einen Sachverhalt in einem anderem Licht darzustellen. Wörter haben einen so immensen Einfluss auf unser Denken und Handeln, dass man meinen könnte, sie würden uns nahezu kontrollieren. Daraus folgt: die, die das Wort beherrschen, sind klar im Vorteil.

Was haben Politiker und Staubsaugervertreter gemeinsam? Sie müssen genau dies tun, um sowohl Wähler als auch Käufer von ihrer Sache zu überzeugen. Die Medien verwenden ebenfalls eine Mischung aus Fakten und Fiktion, um ihre Zielgruppen zu erreichen. Manchmal reicht nur eine kleine Veränderung eines Wortes aus, um dessen Konnotation und Assoziation komplett zu verändern. Zum Selbstschutz kann es daher nicht verkehrt sein, sich über verschiedene oft verwandte Euphemismen im Klaren zu sein, um sie letztendlich doch „richtig“ zu deuten.

Eine Begrifflichkeit, die äußerst umstritten ist, ist der altbekannte Behördentermins „Freiwillige Ausreise“. Wer diese Wortgruppe verwendet, der trägt dazu bei, dass tausende von Asylanten-Schicksale unter den Tisch gekehrt werden. Dieser Ausdruck wird verwendet, um die mehr oder weniger „unfreiwillige“ Rückreise ins Heimatland eines Asylbewerbers nach intensiver „Beratung“ in einer Abschiebehaftanstalt zu bezeichnen.
Verwendet man also hier das Wort „Abschiebung“, anstatt „Freiwilliger Ausreise“, ist dieser eigentlich tragische Sachverhalt wesentlich wirklichkeitsgetreuer dargestellt und eine Beschönigung der Behörden erfolgreich entlarvt.

Betrachtet man nun den Begriff „Kollateralschaden“, der oft in Kriegszeiten verwendet wird, denkt man zu zuallererst vielleicht an Gebäudeschäden oder dergleichen. Kollateral an sich bedeutet soviel wie „seitlich“ oder „benachbart“ und wird insbesondere im Bezug auf Verwandtschaftsverhältnisse verwandt. Die NATO hat diesen Terminus im Bezug auf den Kosovo-Krieg häufig verwandt, um auf diese Weise den Tod Unschuldiger beschönigender weise zu umschreiben und als Nebensächlichkeit darzustellen. Kriegsopfer mithilfe dieses unpersönlichen Wortes zu umschreiben, ist definitiv eine Gräueltat an den Verstorbenen und es ist daher zu empfehlen, „Todesopfer“ anstatt dessen zu benutzen.
Begrifflichkeiten und Wortgruppen, die den Menschen an sich als Gegenstand oder Sache darstellen gibt es in der heutigen Zeit entsprechend viele.

Eine weitere davon wäre „Humankapital“. Wer dieses Wort benutzt, ist höchstwahrscheinlich wirtschaftlich involviert und bezeichnet damit in Wirklichkeit Kinder. Wer soll denn da noch durchblicken?

Fakt ist, dass es egal ist, was wir in den Nachrichten hören oder in den Zeitungen lesen, wir werden rund um die Uhr manipuliert; auch wenn die eben benannten Euphemismen vom Großteil der Bevölkerung lediglich schwer zu identifizieren sind. „Reges Hinterfragen“ ist das Zauberwort und die einzige Möglichkeit, die Dinge auch wirklich „beim Namen“ zu nennen.

Würde mich sehr über eine Einschätzung meiner kurzen Deutschhausarbeit freuen.

» Schnessi » Beiträge: 19 » Talkpoints: 0,13 »



Freiwillige Rückreise hat nichts mit Abschiebung zu tun. Hier wird Geld geboten, um die Herrschaften wieder in die Heimat zu bewegen. Da gab es ganz andere Sachen. Bei Hartz-IV war immer wieder die Rede von "Missbrauch", damit immer mehr Sparmaßnahmen beschlossen werden konnten. Da gab es die Arno-Dübel-Geschichten von der BILD. Um immer war vom angeblichen Ende des Sozialstaates die Rede. Seit 2015 ist davon keine Rede mehr. Kosten oder Finanzierbarkeit sind bei bestimmten Personen auf einmal kein Thema mehr. Da heißt es nur: "Wir schaffen das." Man kann auch durch fehlende Worte manipulieren.

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


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