Sollten "Finanzen" als Schulfach eingeführt werden?

vom 27.02.2022, 20:58 Uhr

Wenn ich mir anschaue, wie viele Menschen in meinem Bekanntenkreis nur sehr schlecht mit ihrem Geld umgehen können, bin ich jedes Mal wieder aufs Neue schockiert. Manche bekommen ihren Lohn aufs Konto und, teilweise auch wenn es sich um sehr viel Geld handelt, schaffen es innerhalb von einer Woche alles wieder auszugeben und dann zu wenig Geld für den Lebensunterhalt zu haben, was mich immer wieder wundert und gleichzeitig schockiert. Die finanzielle Bildung ist in manchen Fällen einfach nicht gegeben, was ich sehr schade finde, wo es doch ein so wichtiges Thema ist.

Wie denkt ihr darüber? Würdet ihr es befürworten, dass "Finanzen" ein Schulfach werden würden, um grundlegende Kenntnisse und den Umgang mit Geld zu vermitteln? Oder denkt ihr, dass dies unnötig ist?

» Wunschkonzert » Beiträge: 7184 » Talkpoints: 42,56 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Ich könnte mir eher vorstellen, das irgendwo bei Sozialwissenschaften einzugliedern. So von wegen Rentensicherheit und wie vorsorgen. Oder wenn es ein Fach gäbe zum Thema Hauswirtschaft, da könnte es ebenfalls unterkommen, dann mehr der Umgang mit Geld. Bin mir aber unsicher, ob ich so ein Schulfach befürworte. Andererseits gibt es auch Kunst, Sport, Musik und da geht es ebenfalls nicht nur um Theorie, sondern auch um einen Zugang zu diesen Bereichen. Aber Finanzen als ganz eigenes Fach fände ich zu viel.

» susannelor » Beiträge: 7 » Talkpoints: 0,59 »


Ich denke nicht, dass ein entsprechendes Schulfach Leuten helfen kann, die ihre Kohle zum Fenster hinausschmeißen und sich bis über beide Ohren verschulden. Die Grundrechenarten lernt man ja schon in der Grundschule, und speziell für dieses Problem braucht man ja kaum mehr an Fähigkeiten als Zusammenzählen und Abziehen im vierstelligen Zahlenraum.

Ich sehe es eher als gesellschaftliches Problem an. Mehr denn je ist doch offensichtlich, dass die breite Masse der Bevölkerung exakt zwei Aufgaben im Kapitalismus hat. Arbeiten und Konsumieren. Wenn dir von überall her eingeredet wird, dass Geld ausgeben nicht nur Spaß macht, sondern quasi erste Bürgerpflicht ist, und du für solche Botschaften anfällig bist, wird es schon verdammt schwer, sich gegen die offensichtlichen und unterschwelligen Botschaften zur Wehr zu setzen.

Schließlich sind mit Konsum auch alle möglichen Heilsversprechen verbunden, die der Bevölkerung von klein auf in die Ohren geblasen werden. Wenn du dies und das kaufst, bist du cool/angesehen/wirst gemocht/bist eine gute Mutter oder was sich die Leute auch immer wünschen. Und da sehe ich eigentlich kein Umdenken, weil das System ja funktioniert und allgemein gewollt ist, dass die Leute möglichst viel Geld ausgeben. Wenn auf einmal alle brav sparen, rechnen, einteilen und verzichten würden, wäre das ein arger Schlag ins Kontor für die gesamte Privatwirtschaft.

» Gerbera » Beiträge: 11292 » Talkpoints: 42,29 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Gerbera hat geschrieben:Ich denke nicht, dass ein entsprechendes Schulfach Leuten helfen kann, die ihre Kohle zum Fenster hinausschmeißen und sich bis über beide Ohren verschulden. Die Grundrechenarten lernt man ja schon in der Grundschule, und speziell für dieses Problem braucht man ja kaum mehr an Fähigkeiten als Zusammenzählen und Abziehen im vierstelligen Zahlenraum.

Das finde ich jetzt so nicht. Ja sicherlich für einige Menschen reicht das aus, wenn sie etwas zählen können, dass sie dann auch mit ihrem Geld umgehen können. Aber das ist ja meistens doch gar nicht das Problem. Bei vielen Menschen sind die Probleme ja an ganz anderen Stellen. Sei es dass man gar nicht weiß was denn der Unterschied zwischen Brutto- und Nettolohn ist und man daher völlig falsche Vorstellungen davon hat, was man an Lohn überwiesen bekommt.

Auch wissen viele Leute ja gar nicht, was man so für Kosten hat und wie man vorsorgen sollte. Also was man für Versicherungen braucht um nicht im Fall der Fälle auf die Schnauze zu fallen. Was man so an Miete ausgeben sollte, was Strom und Heizen kostet. Oder auch wie man denn bei lauter Abos und Verträgen den Überblick behält.

Ich glaube schon, dass die meisten Menschen schon wissen, dass sie bei einem Einkommen von 1.000 Euro nicht jeden Monat 1.500 Euro ausgeben können. Aber ich glaube einfach ganz oft fehlt überhaupt der Überblick um zu sehen, dass man dauerhaft 1.500 Euro ausgibt, weil man sich einfach mit Abos und Miete und so weiter einfach völlig verkalkuliert und gar nicht sieht, was man da doch tatsächlich jeden Monat für irgendein Abo ausgeben muss.

Da könnte man vielleicht ja schon ein wenig die Sinne für schärfen, wenn man da den Schülern ein wenig was mit gibt in der Schule, was man sich denn leisten kann und was nicht. Und was man eben alles so bezahlen muss, wenn man alleine lebt, bevor der Konsum los geht. Und eben nicht anders herum.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



Je nach Bundesland und Schulart gibt es das Fach Sozialwissenschaften, wo auch Konsumentscheidungen junger Menschen thematisiert werden. Da gehört so etwas wahrscheinlich hinein. Weitergehende Dinge, wie etwa, dass man beachten muss, eventuell am Jahresende Steuern nachzahlen zu müssen, welche Versicherungen sich lohnen oder nicht, Anlagemöglichkeiten oder in welchem Marktumfeld es besser ist Immobilien zu kaufen oder zu mieten, gehören meiner Meinung nach nicht in die Schule. Das ist viel zu komplex.

Jungen Menschen sagt das noch gar nichts und wenn sie dann erwachsen sind, hat sich in diesen Bereichen wieder so viel geändert, dass ihr Wissen nicht mehr relevant ist. In der Schule haben sie in einer Hochzinsphase vielleicht gelernt, dass ein Sparbuch toll ist, aber heutzutage gebe ich mein Geld lieber in Umlauf, gerade jetzt nach Corona, um die Dienstleistungssektoren zu unterstützen.

Du müsstest genauer erklären, was die Lerninhalte im Fach Finanzen sein sollten. Das ist sehr umfassend und reicht vom Preisvergleich für Lebensmittel über Steuererklärungen bis hin zu Optionsscheinen an der Börse.

» blümchen » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Als eigenes Schulfach würde ich es nicht einführen, aber ich muss schon sagen, dass ich es auch erschreckend finde, wie manche Menschen mit ihrem Geld haushalten und umgehen. Daher fände ich es nicht schlecht, wenn es in der Schule in einem anderen Fach auch thematisiert würde. Ob es allerdings viel bringen würde, weiß ich nicht, weil ich auch bei einigen Menschen das Gefühl habe, dass sie immer so handeln, auch wenn sie es wissen, dass es für sie nicht gut ist.

» Barbara Ann » Beiträge: 28933 » Talkpoints: 56,80 » Auszeichnung für 28000 Beiträge


In Sachsen gibt es für die Oberstufe, also Realschulgang bzw. auch den Hauptschulgang das Fach Wirtschaft, Technik, Hauswirtschaft. Da ist laut Lehrplan auch das Thema Finanzen dabei. Wo es eben auch Rechenbeispiele bezüglich Einkommen, Kosten wie Miete so und gibt. Aber wirklich umgesetzt wurde das im Unterricht auch nicht.

Als meine Tochter letztes Jahr volljährig wurde und bei der Bank die Eltern als Verfügungsberechtigte weggefallen sind, hat sich dann gezeigt, dass in der Schule dazu nichts gelernt wurde. Mit Geld umgehen kann sie und kann sich auch ihr Taschengeld über den Monat sehr gut einteilen. Aber wozu ein Girokonto und auch andere Kontenarten benötigt werden bzw. eben sinnvoll sind, wusste sie gar nichts.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



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