Sind ältere Menschen wirklich überwiegend rassistisch?

vom 26.02.2015, 19:10 Uhr

Ich selber habe eine deutsche Mutter und einen türkischen Vater. Ich bin allerdings bei meinem Vater aufgewachsen und fühle mich daher auch mehr zu der Türkei hingezogen, als zu Deutschland. Ich habe auch mehrere Jahr ein der Türkei gelebt, allerdings ist die Schulbildung in Deutschland einfach besser, sodass wir nun wieder hier leben. Ich habe, egal ob in der Türkei oder in Deutschland, eine Entdeckung gemacht, die ich euch hier mitteilen möchte. Vielleicht könnt ihr mir ja meine Fragen beantworten.

Es ist oft in Filmen so, dass die älteren Generationen als diejenigen dargestellt werden, die zu rassistischen Handlungen neigen. Ich meine dabei meistens die Großväter. Allerdings ist mir dies nicht nur in Filmen aufgefallen, sondern auch im echten Leben. Oftmals sind viele ältere Menschen rassistisch, haben etwas gegen Schwarze oder Ausländer. In meinem Freundeskreis ist dies überhaupt nicht mehr so. Ich habe nicht einmal einen Bekannten oder einen Freund, der zu rassistischen Handlungen neigt. Und wenn ich das wissen würde, dann würde eich direkt die Freundschaft kündigen.

Mir ist bewusst, dass unsere Großväter in einer anderen Zeit gelebt haben. Sie haben es anders gelernt als wir, sind mit anderen Toleranzen aufgewachsen und kennen es oftmals auch gar nicht anders. Das sind natürlich Punkte, die mir bewusst sind und die ich auch beachte. Aber das heißt doch nicht, dass man sein Leben lang ein Rassist bleiben muss! Seht ihr das genauso wie ich? Oder habe ich eine falsche Beobachtung gemacht und es sing gar nicht so viele ältere Menschen rassistisch?

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» turkeyboii » Beiträge: 601 » Talkpoints: 3,94 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Ich finde, es gibt schon noch einen Unterschied zwischen "Rassist" sein und "Ausländer nicht mögen". Ein Rassist ist für mich jemand, der wirklich die Welt oder die Menschen in bestimmte Rassen einteilt und dann urteilt, dass es bessere oder schlechtere Rassen gibt. Die bloße Abneigung gegen Ausländer würde ich nicht als Rassismus bezeichnen, höchstens als Fremdenfeindlichkeit oder als Angst vor Fremden.

Gestern hatte ich ein Gespräch mit einer älteren Dame. Sie hatte mir erzählt, dass man ihr im Supermarkt die Geldbörse geklaut hatte. Sie hatte dann daheim die Polizei gerufen, wurde von denen befragt und da hat die Polizei zu ihr gesagt, dass es mehr solche Verbrechen gibt, seitdem so viele Asylbewerber in der Stadt sind. Und sie selbst meinte auch, dass die Asylbewerber so viel kostenlos bekommen und andere Menschen so schlecht leben müssen.

Klar stimmt das nicht ganz, ich glaube Asylbewerber bekommen nur um die 200 EUR im Monat und ALG II wäre ja fast schon das Doppelte. Aber man kann natürlich die Sichtweise der Frau schon irgendwie verstehen. Für sie ist das komisch, dass ein Land Fremden Geld und Unterkunft gibt, obwohl die mehrheitlich ohnehin wieder abgeschoben werden. Sie wird nicht nachvollziehen können, warum man das macht oder warum man diese Menschen nicht gleich abweist und warum sie eine so geringe Rente bekommt und dafür ein Leben lang gearbeitet hat, während die Asylbewerber nichts für das Geld machen mussten, was sie bekommen.

Und ich denke, dass auch ganz viele Menschen schon einmal negative Erfahrungen mit Ausländern gemacht haben. Sei es, dass man von Türkischstämmigen so klischeehaft als Frau angemacht wurde, dass man mal Osteuropäern begegnet ist, die einem Angst gemacht haben oder dass man sich in Gegenwart von Menschen, die in einer anderen Sprache geredet haben, gefragt hat, ob die sich gerade über einen lustig machen. Sicherlich hat auch jeder mit Einheimischen schon schlechte Erfahrungen gemacht, aber bei Menschen, die erkennbar aus einem anderen Land kommen, verbindet man das immer mit dem Status als Ausländer.

Und letztlich habe ich auch in einem meiner Nebenfächer mal gelernt, dass es ganz natürlich ist, dass jeder seine eigene ethnische Gruppe bevorzugt. Das sein ein natürlicher In-Group-Bias und dass man daher ganz automatisch anderen Menschen gegenüber skeptisch ist. Das muss nicht gleich zu einer Fremdenfeindlichkeit führen, aber dass man tendenziell dazu neigt, eher eigene Landsmänner und -frauen zu bevorzugen, sei wohl bei jedem so, wenn auch nicht immer bewusst.

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Seien wir mal realistisch, die meisten älteren Menschen haben vielleicht noch den Krieg im Hinterkopf und sind dadurch eben geprägt worden. Ich meine, mal ehrlich, wenn Deutsche im Krieg von Amerikanern vergewaltigt und gequält worden sind oder von den damaligen Sowjets oder was auch immer und da eben schlechte Erfahrungen gemacht haben, dann ist man eben etwas vorbelastet und denkt eben entsprechend negativ über bestimmte Bevölkerungsgruppen. Das hat aber nichts mit Rassismus an sich zu tun, sondern nur mit schlechten Erfahrungen.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Der letzte Krieg ist jetzt 73 Jahre her, weswegen ich die Argumentation, dass sich die ältere Generation durch die Bank noch an die Gräueltaten der Besatzungsmächte erinnert und deswegen ein Problem mit Geflüchteten aus Eritrea oder Syrien hat, (deren Auftreten mit dem Einmarsch der Sowjets in Berlin auch nicht wirklich etwas gemeinsam hat) nicht wirklich gelten lasse. Auch "Gastarbeiter" gibt es hierzulande schon seit über 50 Jahren, sodass die braven Deutschen mittlerweile wirklich reichlich Gelegenheit gehabt hätten, sich mit der Anwesenheit von Menschen südeuropäischer oder nordafrikanischer Abstammung in unserem schönen Land abzufinden, wenn nicht gar anzufreunden.

Ich denke eher, dass manche Leute unabhängig vom Alter nicht in der Lage sind, Erfahrungen aus ihrem eigenen Leben oder ihrem Umfeld auf neue Umstände zu übertragen. Mein Vater beispielsweise war selber "Flüchtling" und ist geistig in der Lage, das Gefühl, quasi mit nichts irgendwo anzukommen und erst mal herzhaft angefeindet zu werden, auf die Leute, denen es heute ähnlich geht, zu übertragen. Aber ich glaube, dass viele das einfach nicht können, weil ihre soziale Intelligenz nicht weit genug reicht.

Ein Nebenaspekt könnte zudem auch sein, dass der Begriff des Rassismus heute weiter gefasst ist als noch vor beispielsweise 30 Jahren. Schon allein viele Kinderbücher, die ich damals gelesen habe, wären heute völlig undenkbar, weil sie vor Klischees und Vorurteilen nur so strotzten. Von daher kann ich mir auch vorstellen, dass viele gerade ältere Menschen schon alleine dadurch rassistischer wirken, weil ihre Wortwahl und ihr Umgang mit anderen in den 1970ern steckengeblieben sind, ohne dass sie sich wirklich Gedanken darüber machen. Aber Aufklärung findet an dieser Front auch keine statt.

» Gerbera » Beiträge: 11292 » Talkpoints: 42,29 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Ich halte das noch für ein Gerücht. Natürlich fällt mir an den letzten Verwandten, die noch aus dem 2.Weltkrieg stammen beziehungsweise da Kind, Jugendlich oder auch schon an das Erwachsenenalter grenzten auf, dass diese eine klare Haltung zur aktuellen Regierung, zu Flüchtlingen, gewissen Ausländern & Co haben, aber das hat auch ganz unterschiedliche Gründe. Manchmal klingt es auch einfach rauer, als es gemeint ist.

Ich verstehe aber auch jeden Menschen, der zum Beispiel den 2.Weltkrieg überlebt hat und sich dann dem Martyrium vieler sowjetischen Kräfte mit Vergewaltigungen hingeben muss, das dort nicht immer nettes aus dem Mund kommt. Wer will es den Menschen den auch verübeln? Es fällt den Menschen auch dann schwer, bei vielen schlechten Erfahrungen mit gewissen Landsleuten mal eben nicht alle über einen Kamm zu scheren.

Es ist auch menschlich zu sagen, ich kann Ausländer nicht leiden, die hier her kommen, Straftaten begehen und mehr. Das empfinde ich persönlich als menschlich und nicht rassistisch. Rassistisch sind ganz andere Menschen, die wirklich jeden Ausländer verteufeln, ihnen teilweise den Tod wünschen oder mit ganz anderen Sätzen begegnen.

Erst letztens folgende Situation an der Kasse bei Aldi erlebt. Ein Mann wurde von einer älteren Damen angerempelt, einer deutschen älteren Dame und der Mann war auch Deutsch. Er meckerte dann herum. Zwei Leute hinter ihm stand eine junge optisch muslimisch wirkende hübsche junge Frau.

Wie aus dem nichts, kam er ihr dumm und meinte sie wegen ihrem muslimischen Background anzusicken, dass auch dieses Pack sich ja nie entschuldigen würde, wenn sie einen anrempeln etc. Das Mädel hat mit den Worten reagiert, dass man sie bitte aus dem Scheiß jetzt da mal schön raushalten sollte. Als dann aber ein älterer Mann hinter der anrempelnden Dame und vor der muslimischen Dame das ebenfalls bestätigt und mit der großen „Sippe“ der Leute anfing hat das Mädel echt geil reagiert und meinte nur, da sind sie wieder die „deutschen Ur-Nazis“.

Da mir das auch zu dämlich wurde, klinkte ich mich ebenfalls ein, damit sie das Mädel in Ruhe lassen. Aus einer Nichtigkeit mit einer ganz anderen Person hat der Mann es also für nötig empfunden, eine optisch muslimisch oder südländisch wirkende Dame entsprechend rassistisch zu bewerten. Sowas geht gar nicht.

Ich kann aber wie gesagt jeden, ob alt oder jung verstehen der sagt, wenn die und die straffällig werden, ihre Kultur wichtiger nehmen als unsere Gesetze usw, dass die dann gehen sollen. Hat mit Rassismus in meiner Auffassung null zu tun.

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge


Und wie sieht es mit Erdogan und seiner Bluttest-Äußerung aus. Reden Türken heute noch von Bergtürken, wenn sie Kurden meinen? Spätestens seit der Yehudi-Attacke mit dem Gürtel, die von einem jungen Syrer ausging, kann hier niemand mehr leugnen, dass es da gewisse Defizite auch bei denjenigen gibt, die nichtdeutscher Herkunft sind. Manche Leute sehen eben überall in Deutschland Rassismus.

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Die Frage ist, wo man eigentlich die Grenze zum "älteren" Menschen ziehen würde. Ab wann ist man ein "älterer Mensch"? Vermutlich gehört meine Altersklasse schon dazu, aber ich kann nicht feststellen, dass mein soziales Umfeld, das mir altersmäßig einigermaßen ähnlich ist, rassistisch eingestellt wäre. Und sogar meine Mutter, die bereits über 80 ist, ist überhaupt nicht rassistisch. Ganz im Gegenteil, und das, obwohl unser Ort im Jahr 2015 wegen der Grenzlage von vielen Flüchtlingen durchquert worden war. Also, am Alter allein liegt es meiner Ansicht nach nicht, welche Einstellung man zu der Thematik hat.

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» lascar » Beiträge: 4412 » Talkpoints: 782,06 » Auszeichnung für 4000 Beiträge



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