Rassistisch gegen eigene Landsleute eingestellt sein?

vom 04.12.2015, 22:42 Uhr

Eine Bekannte von mir kommt aus Südamerika und wir haben uns neulich über das Thema Rassismus unterhalten. Sie meinte, dass es in Südamerika sehr viele Vorurteile gibt und die Deutschen wiederum andere Vorurteile hätten. Interessant wäre allerdings, dass die Deutschen hauptsächlich gegenüber Ausländern rassistisch sind, wohin gegen ihre Landsleute sich gegen ihre eigenen Mitmenschen wenden.

In Südamerika wird alles westliche als erstrebenswert angesehen und alles südamerikanische nicht. Deswegen gibt es sogar Stellenausschreiben in denen darauf hingewiesen wird, dass man höhere Chancen hat, wenn man einen hellen Teint hat. So würde man europäischer aussehen und das wäre erwünscht.

Könnt ihr nachvollziehen wie sich rassistische Gedanken eines Landes gegen die eigenen Landsleute wenden können? Wie kann es dazu kommen, dass die Menschen in Südamerika westliche Ideale besser finden und sich somit gegen ihre eigenen Mitbürger auflehnen?

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



In Indien ist es ähnlich. Je heller die Hautfarbe, desto besser. Dort gibt es ja auch Cremes mit Whitening-Effekt, so wie bei uns mit Bräunungseffekt.

Aber ist es bei uns wirklich anders? Vor allem die Bayern und die Sachsen sind sich überhaupt nicht grün. Das nimmt auch oft rassistische Züge an. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass Bewerbungen von Sachsen von einem Personaler in einer bayerischen Firma kritisch beäugt werden. Aber zum Glück steht es nicht schon gleich in der Stellenanzeige. Das wäre wirklich krass, aber immerhin gibt es ein Gesetz dagegen. Wer weiß, wie es ohne das Anti-Diskriminierungsgesetz aussehen würde.

In Südamerika gibt es solche Gesetze offenbar nicht. Wobei.. eigentlich ist es ja keine Diskriminierung aufgrund ethnischer Herkunft, wenn man zwischen zwei Bewerbern gleicher Herkunft den mit der zufällig helleren Haut wählt. Vielleicht ist das also einfach eine Grauzone in der Gesetzeslage.

Wie dem auch sei. Südamerikaner orientieren sich am Westen und diskriminieren sich damit im Grunde selbst. Das ist ganz schön traurig. Aber solche Dinge enden eben nicht an Staatsgrenzen. Die Deutschen orientieren sich ja auch an den USA. Die USA hingegen ist sozusagen an der Spitze der Pyramide und kann sich an niemandem mehr orientieren. Dafür versinken sie in Selbstgefälligkeit.

Also meiner Meinung nach bilden die Südamerikaner da keine Ausnahme. Die ganze Menschheit ist so gestrickt. In dem selben Land zu leben ist niemals eine Garantie dafür, nicht diskriminiert zu werden. Und die Orientierung über die Staatsgrenzen hinweg zu denen, die wirtschaftlich erfolgreicher sind, ist auch weltweit normal und ja auch irgendwie natürlich.

Nur in manchen Ländern wird das eben offener ausgelebt. Beziehungsweise ist es automatisch offensichtlicher, je weiter unten das Land steht. Auf dieser seltsamen Welches-ist-das-großartigste-Land-Liste, die nur nach Äußerlichkeiten und Oberflächlichkeiten geht.

Benutzeravatar

» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Ist das nicht (leider) ein total menschliches Verhalten? Menschen sind nun einmal so, dass sie sich einer Gruppe zugehörig fühlen (wollen) und sich dadurch bedingt anderen Gruppen gegenüber abgrenzen wollen. Das können Dorfbewohner in Bezug auf Neulinge sein oder Gläubige in Bezug auf Ungläubige, das kann aber auch auf Nationalitäten bezogen sein. Man möchte immer zu den "besseren" Menschen gehören und dann kommt es eben manchmal zu Rassismus.

Benutzeravatar

» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Ich hab schon den ein oder anderen Bekannten erlebt, der gegenüber Deutschland total negativ eingestellt war, trotz deutscher Abstammung. Eine Freundin, die seit jungen Jahren Japan liebt und am liebsten irgendwann dort leben möchte, beschwert sich fast ständig in irgendeiner Form über Deutschland und Deutsche. Meistens vergleicht sie da die breite Masse bzw. einzelne Erfahrungen mit Japan und kommt immer zu dem Ergebnis, dass Deutsche generell die schlechteren Menschen sind.

Ein Freund von mir hat einige Jahre in Spanien gelebt und meinte, es wäre beinahe unmöglich gewesen mit anderen Deutschen Freundschaft zu schließen oder Gruppen zu finden, so etwas wie "Deutsche in Barcelona". Seine Kollegen, Franzosen und Italiener, haben sehr schnell einen Freundeskreis bestehend aus Landsleuten gefunden, bei den Deutschen war da aber gar kein Bedarf, einer meinte sogar mal, er sei nicht nach Spanien gekommen, um dann mit Deutschen zu verkehren.

» RyderC » Beiträge: 267 » Talkpoints: 7,57 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Bienenkönigin hat geschrieben:Aber ist es bei uns wirklich anders? Vor allem die Bayern und die Sachsen sind sich überhaupt nicht grün. Das nimmt auch oft rassistische Züge an.

Ich muss zugeben, dass ich diesen Binnenrassismus innerhalb Deutschlands nie verstanden habe. Eigentlich bräuchten die Deutschen gar keine Flüchtlinge, um andere Leute nicht ausstehen zu können, da reicht es doch oft schon aus, aus einem anderen Bundesland zu kommen. Sogar innerhalb einzelner Bundesländer gibt es diese Konflikte: Badener versus Württemberger, Oberbayern versus Franken, und so weiter.

Wobei mir ein spezieller Konflikt zwischen Bayern und Sachsen noch nicht aufgefallen ist. Ich bin gern und häufig in Sachsen und habe eigentlich noch nie Anfeindungen oder Probleme erlebt, obwohl ich aus Bayern komme. Eigentlich muss ich sagen, dass ich davon zum ersten Mal höre, dass sich zwischen Bayern und Sachsen Zwistigkeiten entwickelt hätten.

Benutzeravatar

» lascar » Beiträge: 4404 » Talkpoints: 780,84 » Auszeichnung für 4000 Beiträge


Der Anschlag auf die Tafel in Essen war Rassismus gegen Deutsche. Inzwischen redet deutschlandweit niemand mehr davon, wie hoch die Quoten sind und die Verdrängung der Deutschen wird hier Realität. Hier in Deutschland gilt alles Fremde als positiv. Schließlich will jeder ein braver angepasster Antirassist sein. Deshalb sind alle Fremden willkommen, aber nicht jeder Deutsche. Helle Haut galt schon immer als Schönheitsmerkmal. Deshalb sind hellhäutige Menschen manchmal bevorzugt.

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Juri1877 hat geschrieben:Hier in Deutschland gilt alles Fremde als positiv.

So nehme ich das ehrlich gesagt nicht wahr. In der Regel versuchen meiner Ansicht nach immer noch viele Menschen, Ausländer und Deutsche möglichst gleich zu behandeln, was ich auch sehr wichtig finde. Gleichbehandlung bedeutet aber nicht, dass "das Fremde" positiver bewertet wird. Es bedeutet eben das, was es heißt: Gleichbehandlung. Ob jemand dunkel- oder hellhäutig ist, er ist ein Mensch, dem gleiche Rechte zuteil werden sollen. Dass ich so denke, hat nichts mit irgendeinem angepassten Denken zu tun, sondern mit meiner grundsätzlichen Einstellung gegenüber Menschen. Diese Einstellung habe ich schon seit meiner Jugend, ist also keine Anpassung an irgendeinen aktuellen Zeitgeist.

Benutzeravatar

» lascar » Beiträge: 4404 » Talkpoints: 780,84 » Auszeichnung für 4000 Beiträge



Wie bereits hier angedeutet wurde, gibt es das nicht nur in Südamerika, sondern auch vor allem in Indien. Je heller dort die Hautfarbe ist, was für das Land ja eigentlich nicht typisch ist, desto besser ist es und desto begehrter ist man. Dieses Phänomen gibt es noch in vielen anderen Ländern und ich glaube, dass es sich nicht nur auf die Hautfarbe beschränkt. "Rassisten im eigenen Land" wird es immer und überall geben, da es immer Leute gibt, die etwas gegen ihre eigenen Landsleute haben.

» Hufeisen » Beiträge: 6056 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 6000 Beiträge


Das gibt es nicht nur in einzelnen Ländern in Südamerika oder in Indien, sondern immer dort, wo die weiße Hautfarbe oder der weiße Mensch als das Ideal im Abgleich zum andersfarbigen Menschen wahrgenommen wird. Generell ist das in Asien ein ganz großes Problem, was auch einen gewaltigen Markt mit sich bringt, man denke nur an all die Schönheitschirurgie und Aufhellungscremes, die asiatischen Frauen helfen sollen, möglichst europäisch auszusehen.

Eigentlich ist das eine der schlimmsten, aber erklärlichsten Formen des Rassismus. Das funktioniert immer da als Bewältigungsmaßnahme, wo der Unterdrückte sich das Weltbild und die Ansichten des Unterdrückers irgendwann zu eigen gemacht hat, um besser damit umgehen zu können. Wenn ich eben vermeintlich die gleichen Ansichten habe wie mein Gegner, sind wir keine Gegner mehr, sondern der andere hat einfach recht und ich muss mich nicht mehr unterdrückt fühlen, weil seine Sicht auch zur meinen geworden ist.

Im Endeffekt ist das so etwas wie das soziologische Pendant zum Täterintrojekt. So etwas gibt es auch bei Frauen, bei ehemaligen Opfern von Missbrauch, Misshandlung oder Gewalt, bei Schwarzen, die Menschen mit noch dunklerer Hautfarbe diskriminieren, bei Süchtigen, die den anderen noch viel schlimmer finden als sich selbst usw.

» Verbena » Beiträge: 4780 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 4000 Beiträge


Meine Chefin kommt aus Rumänien und ist ihren eigenen Landsleuten absolut negativ eingestellt. Sie kann das aber auch begründen. Ihr Ehemann im Übrigen auch sowie der Rest der Familie. Sie sagt auch ganz klar, dass Deutschland dumm ist zu glauben, dass ein großer Teil der Rumänen oder Bulgaren hier jemals arbeiten wollten. Es ging 80 Prozent nur darum, Kindergeld & Co zu bekommen. Das wurde natürlich gesetzlich erschwert, aber sie sagt ganz klar, was das Problem ihrer Meinung nach ist.

Sie sagt auch, dass die Rumänen, die hier alles vermüllen, betteln & sich Straftaten bedienen, schon im eigenen Land nicht gewollt sind. Sie vergleicht diese ähnlich mit den irischen Travelern vom Verhalten, den Straftaten und der Sitten. Natürlich sagt sie auch, das sind viele, aber es gibt auch andere Rumänen sowie Bulgaren, aber diese fallen natürlich entsprechend von Duisburg bis nach Essen über Berlin sehr großartig auf.

Ihre Meinung teile ich aus Erfahrungen auch. Ich habe eher ungewollt viel mit diesen Leuten zu tun, weil wir ja als soziale Mitarbeiter auch Bettler-Kinder etc betreuen, ansprechen und helfen wollen. Doch bei diesen Landsleuten stoßen wir richtig auf Granit und Gewalt gegen uns ist keine Seltenheit.

Nunja, aber sei es drum. Rassismus ist kein allgemein deutsches gepachtetes Thema. Viele glauben immer, das ist so ein deutsches Dingen. Jedes Land hat damit zu kämpfen und die Vorurteile, Fakten oder Gedanken sind da oftmals nicht ganz weit weg von den Dingen, die auch Deutsche manchmal denken. Nur der Unterschied ist immer, der Deutsche ist der Rassist und der andere darf. Das ist das, was ich auch wirklich in der Realität so miterlebe.

Benutzeravatar

» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge


Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^