Öffentliche Diskussion über Menstruation ablehnen

vom 06.01.2017, 13:09 Uhr

Auf Facebook war schon einige Male ein Werbelink zusehen, in dem die Schauspielerin Janine Kunze ihre Kampagne vorstellt. In der Kampagne geht es darum, dass 30% der Frauen unter zu starken Regelblutungen leiden, dass sie es aber verschweigen, weil die Menstruation nach wie vor so ein Tabuthema ist. Hier ein Link zu der Webseite.

Obwohl mich das Thema gar nicht betrifft, weil ich noch nie Probleme mit meiner Menstruation hatte, habe ich mal die Kommentare unter dem Facebook-Post angeklickt und war doch sehr überrascht. Einige Frauen haben geschrieben, dass sie eben auch unter diesem und jenem leiden, dass es dann aber doch eine zu behandelnde Ursache gab und von ähnlichen Erfahrungen.

Ganz viele Kommentatorinnen waren aber richtig entsetzt, dass da so öffentlich über das Menstruieren gesprochen wurde. Das wäre doch total bescheuert, die Menschen würden immer blöder und dass es einfach Sachen gäbe, die in der Öffentlichkeit nicht ausdiskutiert werden müssten.

Ich kann nicht ganz nachvollziehen, wie man als Frau so denken kann. Wir wissen doch alle, dass Frauen früher eine Woche lang das Haus nicht verlassen durften, dass sie während dieser Zeit als schmutzig oder unrein empfunden wurden, dass sie keine Lebensmittel anfassen durften, Geschlechtsverkehr könnte für den Mann gefährlich sein und andere Dinge.

Auch wenn man all diese Dinge nicht ins Detail kennt. Man weiß doch als Frau, dass die Menstruation nach wie vor als eher negativ angesehen wird und dass dies zur Diskriminierung von Frauen beiträgt. Und es steht auf der allerersten Seite dieser Webseite, dass das Tabu dazu beiträgt, dass Frauenleiden einfach jahrelang oder ein Leben lang ertragen werden, weil es peinlich ist, darüber zu reden.

Findet ihr es nicht auch schlimm, dass da Frauen zur Tabuisierung beitragen? Oder findet ihr es auch eklig, dass darüber öffentlich gesprochen wird? Die Öffentlichkeit ist doch unbedingt notwendig zur Enttabuisierung und die Enttabuisierung ist notwendig, damit das Thema ganz normal wird, oder?!

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Für mich ist es völlig normal darüber zu reden und ich empfinde die Menstruation gar nicht als Tabuthema. Ich spreche allerdings meist eher mit einer Freundin oder vielleicht auch meinem Partner darüber. Ich mache auch keinen Hehl daraus, dass ich früher unter sehr starken Menstruationsschmerzen gelitten habe und diese Schmerzen auch teils heute noch habe, aber zum Glück weniger schlimm.

Ich denke, dass wir längst nicht mehr in einer Zeit leben, wo Frauen wegen ihrer Periode diskriminiert werden sollten. Das finde ich schon traurig, dass es anscheinend immer noch Frauen gibt, die meinen, dass man solche Dinge totschweigen muss.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge


Ich finde, dass das kein Thema ist was totgeschwiegen werden muss und dennoch würde ich sicherlich nicht darüber bei Facebook schreiben, wenn dort eine Diskussion wäre. Immerhin lesen dann ja auch meine, eigentlich nur männlichen, Freunde mit und das wäre mir schon ein bisschen unangenehm. Ich bin kein verklemmter Mensch, aber dennoch finde ich den Rahmen unpassend.

Man muss sich doch in heutiger Zeit in Deutschland kaum Gedanken darum machen über was man reden darf und was nicht. Wir dürfen doch eigentlich über alles reden und diskutieren und wenn Frauen darüber öffentlich gerne reden wollen sollen sie es doch machen.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Ich gebe zu, dass mich diese vehemente Ablehnung ausgerechnet von Frauen überrascht. Wobei, vielleicht ist es gar nicht so überraschend, oft sind es eben Frauen die dem eigenen Geschlecht die schärfsten Kritiker und Hetzer sind. Möglicherweise eine Form der Fraternisierung mit einem als übermächtig empfundenen Gegner, denn eine halbwegs psychisch gesunde und stabile Frau sollte nun nicht in Ohnmacht fallen, wenn eine öffentliche Diskussion über Menstruation geführt wird.

Mir selbst ist so ein tief verwurzeltes Unwissen über die Vorgänge der Tage auch ziemlich fremd, denn unter Frauen wird so etwas doch diskutiert. Persönlich habe ich da noch nie Ekel oder Scham von anderen Frauen gespürt. Anders sieht es da bei Männern aus. Ich kann mich an zwei Fälle erinnern, wo nach außen ein tief empfundener krasser Ekel geäußert wurde und da ging es nur um eine Hose mit einem Fleck, die eine Person schon an den Rand des Übergebens brachte bzw. wurde von einem anderen Mann der Vorgang an sich als ekelerregend betrachtet.

Was mir aufgefallen ist: Es gibt immer noch extrem viele Frauen, die ihre Menstruation generell ablehnen, ihr negativ gegenüber stehen und am liebsten nie wieder hätten, aber vielleicht habe ich da leicht Reden und diese Frauen haben wirklich sehr stark mit Schmerzen oder Unwohlsein zu tun. Aber vermutlich kennt jede Frau mindestens eine andere, die lautstark ihre Entnervung über ihre Tage zum Ausdruck bringt. Fraglich ist ja, ob da rein physische Vorgänge oder doch eine insgeheim negativ angenommene Haltung ursächlich sind.

Eine kleine Anekdote zum Thema Menstruation und Wissen fällt mir aber doch aus eigenem Erleben noch ein. Einmal wurde ich von einem Hämatologen in Hinsicht auf meinen Eisenmangel gefragt, ob ich meine Tage denn stark hätte. Da musste ich wirklich überlegen, ob dem so ist oder ob ich wohl im normalen Durchschnitt liege und gab ihm zur Antwort, dass mir da irgendwie die Referenz fehlen würde. Es war mir vorher noch nie aufgefallen, dass ich eigentlich nie mit anderen darüber gesprochen hatte, ab wann viel zuviel ist und wo die Grenze dafür eigentlich liegt.

» Verbena » Beiträge: 4796 » Talkpoints: 1,98 » Auszeichnung für 4000 Beiträge



Ich würde von mir behaupten, dass ich ein relativ gesundes Verhältnis zu meinem Körper und seinen Funktionen habe. Das heißt jedoch nicht, dass ich Fotos von meinen gebrauchten Binden öffentlich zur Diskussion stellen würde oder Ähnliches, um so zur Enttabuisierung der Menstruation beizutragen.

Es macht doch einen Unterschied, ob man mit seinem Frauenarzt/seiner Frauenärztin offen über Probleme und Besonderheiten des eigenen Genitaltrakts unterhält oder in der Öffentlichkeit des Internets, sprich vor einer unbekannten Anzahl Fremder, darüber Rede und Antwort stehen soll, ob der Output hell- oder dunkelrot, breiig oder stückig, oder doch eher schwärzlich mit kleinen Blubberblasen ist, oder etwa nicht?

Ich meine, meinen Stuhlgang diskutiere ich doch auch nicht öffentlich, obwohl ich weiß, dass jeder kackt, es eine biologische Notwendigkeit darstellt, und dass man aus der Beschaffenheit, Konsistenz, Farbe und Frequenz von Exkrementen durchaus auf Krankheiten aller Art schließen kann. Aber dennoch würde ich derlei Details nicht in der Öffentlichkeit diskutieren, sondern sie zum Facharzt tragen, der nicht nur damit bezahlt wird, sich mit meinen Ausscheidungen zu befassen, sondern auch auf Grund von Studium und Berufserfahrung eher beurteilen kann, ob damit alles in Ordnung ist als Janine Kunze oder Sky du Mont.

Sprich, als Nicht-Spezialistin kann ich sehr gut ohne das Wissen leben, wie viel oder wie wenig eine mir unbekannte Schauspielerin, oder meine Nachbarin, oder meine Chefin bluten, und ob es eher bräunlich oder doch von Fäden durchzogen ist. Statt dessen würde ich eine potenzielle Tochter von mir dazu erziehen, dass sie ihren Körper samt aller Funktionen trotz aller Attacken durch die Medien nicht als eklig oder peinlich empfindet und sich im Zweifelsfall traut, damit zu mir oder zum Doktor zu kommen, der oder die dann beurteilen kann, ob es zu viel oder zu wenig ist.

Und generell würde ich bei Gesundheitsthemen aller Art nach wie vor einen gesunden Mittelweg anstreben zwischen verschämt verschweigen und allen und jedem davon erzählen. Letzten Endes kann ja sowieso nur eine medizinische Fachkraft helfen, falls etwas nicht stimmen sollte, Facebook-Kampagne hin oder her.

» Gerbera » Beiträge: 11292 » Talkpoints: 42,29 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


...sprich vor einer unbekannten Anzahl Fremder, darüber Rede und Antwort stehen soll, ob der Output hell- oder dunkelrot, breiig oder stückig, oder doch eher schwärzlich mit kleinen Blubberblasen ist, oder etwa nicht?

Ich finde, dass genau die Tatsache, dass es Fremde sind, dazu beitragen kann, dass man offener ist und sich mal traut, von seinen Problemen zu berichten. Und niemand hat dort über die Beschaffenheit seiner Menstruation geredet. Da wird nur etwa geschrieben, dass man ein Mal pro Stunde den Tampon wechseln musste oder dass man immer zwei Wochen lang die Periode hatte. Ohne bildhafte Beschreibungen.

Dass ein Facebook-Chat keinen Arztbesuch ersetzen kann, ist auch klar. Es geht ja nur um das Aufmerksammachen. So wie Verbena, die geschrieben hat, dass sie beim Arzt saß und keine Ahnung hatte, ob ihre Periode durchschnittlich ist oder total aus dem Rahmen fällt.

Es waren auch immer eher die Frauen, die von ihren Erfahrungen geschrieben haben, die mit einem Arzt eine Lösung gefunden hatten. Mitlesen können aber die Frauen, die sich bisher nicht trauen, und dadurch vielleicht den Mut finden. Es hilft doch immer, wenn man erfährt, dass man mit einem Problem nicht alleine dasteht oder wenn man vielleicht sogar einen Namen dafür erfährt.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Für mich ist es eine Sache, mit dem Frauenarzt oder einer Freundin über die Menstruation zu sprechen und Erfahrungen auszutauschen, sofern dies notwendig sein sollte, aber das öffentlich im Internet zu diskutieren ist noch einmal was vollkommen anderes. Das Internet vergisst ja grundsätzlich nichts, daher beteilige ich mich auch nie an irgendwelchen Diskussionen, egal welches Thema sie betreffen. Wer weiß, was das noch für Folgen haben wird. Daher halte ich mich da komplett raus.

Ich bin nicht verklemmt, ich habe kein Problem damit im privaten Rahmen über die Menstruation an sich zu diskutieren, von mir aus auch mit Männern, die sich das ganz anders vorstellen, als es im Endeffekt ist. Aber ich muss das nicht alle Ewigkeiten im Internet veröffentlicht haben, was ich denke oder mal geäußert habe.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Ich finde nicht, dass dies ein Tabuthema sein sollte, weil es zum Leben einer Frau nun einmal dazugehört. Das es nicht viele Kerle interessieren wird, das sollte vielleicht klar sein. Wobei mein Freund immer zu mir sagt, dass ich ihm die ersten drei Tage höllisch leid tue. Ich habe manchmal solche Schmerzen, das ich mich übergeben muss. Keine Sorge, meine Frauenärztin sagt, alles Okay. Es kommt ja nicht immer vor, aber manchmal durchaus!

Ich habe ein gesundes Empfinden mit mir und meinen Körper. Ich spreche die Themen nicht einfach so an, aber wer etwas wissen will, der kann mich fragen. Ich gebe eine klare und ehrliche Antwort wie zu allem im Leben. Da ist die Menstruation sowie mögliche Beschwerden natürlich keine Ausnahme. Immerhin leben wir damit einige Jahrzehnte und Mann sowie andere Frauen dürfen ruhig mal wissen, was einige Frauen für Probleme haben.

Meine ehemalige Schulfreundin ist sogar regelmäßig umgefallen, wenn sie die ersten Tage stark ihre Periode hatte. Das war damals Anfang der 90er Jahre. Da hat jeder noch gedacht, oh mein Gott, wie grausam. Sie war schon eine der ersten in der Klasse mit der Periode und eine derer, die es am schlimmsten getroffen hatte. Ich habe mir immer gewünscht, nicht dazu zugehören, aber manchmal kann ich mit Schmerzen auch per Du sein.

Ich lehne die Diskussion als solches also auch nicht ab, weil es unser "Leid" betrifft. Ein Mann lehnt ja auch nicht den natürlichen Vorgang des Stimmbruchs ab, der Erektion oder des ersten Samenergusses. Frauen haben aber oftmals generell ein Problem damit, intime Dinge auszusprechen und für manch eine gehört die Menstruation offenbar derart dazu, dass man sich dafür zu sehr echauffiert. Kann ich persönlich nicht nachempfinden, aber jeder eben so, wie er mag.

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge


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