Mit weniger Geld sogar besser leben können?

vom 19.09.2017, 09:03 Uhr

Eine Freundin meinte nun,dass sie früher in der Anfangszeit mit ihrem Partner nur wenig Geld gehabt hätten. Aber sie hätte oft das Gefühl, dass sie damals besser gelebt hätten und auch irgendwie glücklich gewesen wären als jetzt, wo sie sich über das Finanzielle nicht mehr beklagen könnten. Sie meinte, dass sie auch damals immer ausgekommen wären und eben gespart hätten, wenn sie etwas bestimmtes kaufen wollten, was teurer war. Oder sie haben sich Möbel vom Sperrmüll geholt und diese selbst restauriert und neu gestaltet.

Ich kann meine Freundin da in gewisser Weise schon verstehen. Als ich mit meinem Partner die erste Wohnung bezogen habe, hatten wir auch nicht so große Möglichkeiten und waren trotzdem glücklich, würde ich schon sagen. Es gab auch trotzdem eigentlich nie Streit wegen den begrenzten finanziellen Mitteln. Aber ob wir da nun wirklich glücklicher waren, kann ich schwer sagen.

Habt ihr die Erfahrung gemacht, mit weniger Geld glücklicher zu sein? Was meint ihr woran das liegt? Oder ist das eher nur eine Vermutung und gar nicht wirklich wahr? Meint ihr, dass man mit weniger Geld einfallsreicher und dadurch glücklicher ist?

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge



Wenn sie das so empfindet ist das natürlich keine Vermutung sondern ihre ganz persönliche Empfindung und die solltest du auch so akzeptieren. Die Frage ist dann höchstens, ob es wirklich am Geld liegt, schließlich gibt es viele Leute, die ihre Beziehung am Anfang als glücklicher empfinden. Wahrscheinlich hat sie heute auch einen besseren Job, denn irgendwo muss das Geld ja herkommen, und hat vielleicht mehr Verantwortung und mehr Stress, was sich auch nicht unbedingt positiv auf die Beziehung auswirkt.

Davon abgesehen habe ich aber schon häufiger die Beobachtung gemacht, dass mehr Geld eher unzufriedener macht. Mit einem gewissen Einkommen kommt ein gewisser Status und bei manch einem entsteht das Bedürfnis irgendwie "mithalten" zu wollen. Den meisten Studenten wird es egal sein, was die Kommilitonen für Fahrräder haben und ob die nun besser sind als das eigene, klapprige Modell, aber wenn der Kollege später ein dickeres Auto hat entsteht bei manch einem schon der Wunsch selber auch auf diese Weise seinen Erfolg und Status zu zeigen.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Ich finde diese Aussage aus verschiedenen Gründen ein bisschen problematisch. "Weniger Geld" ist beispielsweise relativ. Wenn jemand aus wohlhabendem Hause kommt und beispielsweise im Studium von Mama und Papa nur 2000 Euro Taschengeld monatlich bekommt, kann es die betreffende Person durchaus als "weniger Geld" ansehen, aber immer noch genügend, um sich ein entspanntes Partyleben zu machen und symbolisch ein bisschen an der Uni abzuhängen.

Ebenso ist es ja oft der Fall, dass Leute in jungen Jahren weniger Geld zur Verfügung haben und im Rückblick die Zeit nur noch verklärt wahrnehmen. Sprich, sie vergessen die Momente, als sie in der Sofaritze nach Kleingeld gefischt haben, und erinnern sich nur noch generell daran, dass sie noch fit und ungebunden waren und - was weiß ich - keine Kinder am Bein hängen hatten, oder keine 60-Stunden-Woche oder keine Alimente zahlen mussten. Deswegen kommt ihnen die "Ich war jung und brauchte das Geld"-Ära im Rückblick schöner und lustiger vor, als sie war.

Ganz vorsichtig wäre ich hier auch, wenn finanziell besser gestellte Leute sich der Illusion hingeben, dass Menschen, die am Existenzminimum vor sich hin krebsen, eigentlich ein schöneres Leben haben, weil Letztere beispielsweise keinen anspruchsvollen oder stressigen Job haben, keine 100-Quadratmeter-Wohnung zum Saubermachenlassen und sich um Vorstandssitzungen und Börsenkurse keinen Kopf machen müssen, sondern gemütlich abends vor der Glotze sitzen können. Hier beginnt in meinen Augen schon die Grauzone zur Romantisierung von (relativer) Armut, und das wiederum finde ich schon recht arrogant.

» Gerbera » Beiträge: 11292 » Talkpoints: 42,29 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Das kommt ja immer darauf an, wie wenig "wenig" ist und wie die Umstände so sind. Es kommt ja drauf an, ob man gut über die Runden kommt, auf einige Dinge aber sparen muss oder ob man tatsächlich so wenig Geld hat, dass man gar nicht in der Lage ist, sich auch mal etwas zu gönnen oder den Kindern Taschengeld zu geben oder ihnen ganz normale Wünsche zu ermöglichen.

Letzteres finde ich alles andere als erstrebenswert und irgendwie kann ich es mir auch nicht vorstellen, dass es Spaß macht, so zu leben, indem man ständig jeden Cent umdrehen muss. Wenn man aber genügend hat, um gut zu leben, dann empfinden es manche ja tatsächlich so, dass sie es angenehmer finden, auch mal auf etwas sparen zu müssen, anstatt sich alles direkt kaufen zu können. Ich denke, dass man die Dinge dann auch alle mehr wertschätzt, wenn man eben weiß, wie lange man dafür gespart hat und dass es nicht selbstverständlich ist.

Ich hab diese Erfahrung bei mir allerdings noch nicht machen können, wobei ich bisher allerdings auch nur studiert habe. Ich freue mich aber darauf, endlich mein eigenes Geld verdienen zu können und bin mir sicher, dass ich dann auch angenehmer leben werde, wenn ich nicht ständig auf das Geld achten muss.

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge



Wie wenig ist denn wenig? Ich glaube, wenn man so wenig Geld hat, dass man jeden Cent dreimal umdrehen muss, ist man bestimmt nicht glücklicher, sondern eher gestresst, weil man sich Sorgen machen muss, ob man die nächste Mahlzeit überhaupt finanzieren können wird und ob man die Miete im nächsten Monat wird bezahlen können oder ob man bald wegen Mietrückständen auf der Straße sitzen muss.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge


Geld ist nicht alles. Ich würde behaupten, dass jeder Mensch das Glücklich sein anders definiert. Manche freuen sich schon über ein selbst gekochtes Abendessen von ihrem Mann und andere wiederum freuen sich, wenn sie einen Städtetrip nach München oder so unternehmen. Wenn deine Freundin das so empfindet, dann wird es wohl sicherlich stimmen. Immerhin ist jeder Mensch anders.

» Deniz.S » Beiträge: 3 » Talkpoints: 0,75 »


Ich verstehe gar nicht, warum jetzt hier versucht wird zu relativieren, was denn nun wenig Geld heißt. Das ist doch mal abgesehen von der Überschrift des Threads, für das eigentliche Thema völlig egal. Hier geht es ja darum, dass eine Bekannte meinte, sie kam früher mit weniger Geld irgendwie besser zu recht. Dafür braucht man jetzt keine konkreten Zahlen, sondern eine ganz einfache Relation. Egal wie hoch die Summe war, früher hatte sie weniger als jetzt.

Und persönlich kenne ich das auch, dass man zumindest gefühlt mit weniger Geld scheinbar besser oder glücklicher leben kann als mit viel Geld. Aber das ist wie hier auch schon einmal erwähnt auch eine gewisse Romantisierung.

Meine Frau und ich waren auch noch Studenten als wir unser erstes Kind bekommen haben. Da hatten wir zusammen keine 2.000 Euro im Monat, obwohl wir nebenbei auch noch etwas gearbeitet haben. So wahnsinnig viel ist das jetzt nicht, wenn man davon Wohnung, Semestergebühren, Essen und das Kind und was sonst noch so anfällt bezahlen muss. Aber wir kamen damit super zurecht und meist blieb sogar am Monatsende noch etwas über.

Das wäre heute für mich unvorstellbar. Allerdings habe ich mir zu den Zeiten auch keine Gedanken gemacht, wie ich mich für das Alter absichere oder was passiert, wenn ich berufsunfähig werde. Auch waren die Urlaube sehr einfach gehalten, beim Essen hatten wir keine großen Ansprüche und wenn wir uns mal etwas teureres kaufen wollten, dann haben wir uns das gut überlegt, ob das jetzt wirklich sein muss.

Heute gehe ich natürlich viel anders an Sachen heran und mache mir um viel mehr Dinge Gedanken. Ich sichere meine Familie und mich viel besser für das Alter oder eben auch Krankheiten ab. Das macht natürlich das Arbeitsleben stressiger, weil alles bezahlt werden muss. Und ich habe heute auch einen ganz anderen Lebensstandard als früher und wenn wir der Meinung sind wir brauchen irgendwas, dann kaufen wir das halt.

Ob wir jetzt glücklicher sind, kann ich schwer beurteilen, erst recht nicht ob wir jetzt besser leben. Ich glaube aber, dass das Leben mit zunehmendem "Reichtum" einfach komplexer wird und man sich viele Probleme schafft oder sich um Probleme kümmert, die einem sonst egal wären. Das macht das Leben einfach anders, aber nicht unbedingt besser oder schlechter.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



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