Fröhliche Musik auf einer Beerdigung unangebracht?

vom 17.08.2021, 16:02 Uhr

Vor ein paar Jahren ist ein Onkel meines Mannes verstorben. Er hat sich lange gequält und sehr unter seiner Krankheit gelitten. Davor war es aber ein Lebemann, wie es im Buche steht, er hat keine Feier ausgelassen, war ein Frauenheld und so weiter. So wurden dann zur Beerdigung, wie ich finde, eher unpassende Lieder gespielt. Zwar von seinen Lieblingsmusikern, aber denkbar ruhig, traurig machend, aber nicht ihm entsprechend. Ich glaube ein fröhliches Lied wäre besser gewesen, um ihm einfach gerecht zu werden, aber das empfinden viele Menschen als unangebracht, warum eigentlich?

Versteht mich nicht falsch, ich trauere auch und ich bin dann auch in trauriger Stimmung, aber es gibt einfach so Menschen, die einen immer zum lachen gebracht haben und selbst in düsteren Stunden das Leben zu genießen wissen und da finde ich es schon komisch, dann so ganz traurige Musik zu hören. Wie seht ihr das? Würde man das überhaupt machen können?

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Ich habe doch jetzt länger überlegt, ob ich darauf was schreiben soll oder nicht. Nicht weil es indiskutabel wäre oder totaler Quatsch, sondern eher weil es doch ein sehr heikles Thema ist. Niemand beschäftigt sich gerne mit dem Tod, weder mit dem eines geliebten Menschen, noch mit dem eigenen. Trotzdem finde ich die Frage verdammt gut. Ich möchte ehrlich gesagt auch nicht, dass irgendeiner auf meiner Beerdigung völlig runtergezogen über den Friedhof läuft. Verhindern kann man das mit Sicherheit nicht, aber ich würde mich eher darüber freuen, wenn man mich auf meinen letzten Weg begleitet und mich dabei so in Erinnerung behält, wie ich war.

Ich habe auch schon die eine oder andere Beerdigung mitmachen müssen und alle samt waren sie sehr bedrückend. Dass man um jemanden dann trauert, kann man nicht verhindern und das Tränen dabei fließen, ist auch völlig logisch. Aber ich denke schon, dass auch die ganze Atmosphäre die dann in einer Kirche oder Kapelle herrscht, alles andere als stimmungshebend auf die Trauergemeinde einwirkt. Es wird bei dem Gottesdienst, sofern er stattfindet, immer sehr traurige und bedrückende Musik gespielt. Das allein macht diese Situation schon alles andere als einfach.

Andere Völker oder Gemeinschaften zeigen aber auch, dass es durchaus anders funktionieren kann. Ich weiß nicht genau welche Gemeinschaft das macht, aber es gibt bei den Afroamerikanern diese Begräbnisritual, wo der Tote mit trauriger und langsamer Musik zu Grabe getragen wird, wo quasi alle im Takt der Musik marschieren. Nach dem Begräbnis bewegt sich dann dieselbe Trauergemeinde mit fröhlich spielender Musik wieder vom Friedhofsgelände.

Ich für meinen Teil würde mir wünschen, dass man die Musik spielt, die man am ehesten mit mir verbinden kann. Wer weiß, vielleicht suche ich mir bis dahin sogar selbst welche aus. Ich finde ein Begräbnis sollte so ablaufen, wie es die Hinterbliebenen für richtig halten und wenn es dann bedeutet, dass dabei gute House-Musik läuft, dann sollte das auch so gemacht werden. Das erweist in meinen Augen am ehesten dem Toten die letzte Ehre, als dieses Kirchengedudel, das allein schon reicht um die Stimmung in den Keller zu schieben. Unangebracht finde ich also auf keinen Fall, die Frage ist eher, wie die große Masse damit umgeht, oder die Kirche bzw. Friedhofkapelle. Diese Thema wird leider immer noch viel zu viel von Kirche beeinflusst, wenn nicht sogar diktiert. Davon müsste man erstmal weg, dann ist auch der Weg frei für eine Beerdigung nach Wunsch.

» Kodi » Beiträge: 599 » Talkpoints: 27,19 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Ich habe schon oft von Beerdigungen mit fröhlicher Musik und allgemein fröhlicher Stimmung gehört, ich glaube das "unangebracht" ist heute wirklich überholt. Es ist doch längst normal, dass Beerdigungen sehr individuell gestaltet werden.

Gut möglich, dass man vorgeschrieben bekommt, was man machen kann und was nicht wenn man sich für eine religiöse Beerdigung entscheidet. Es mag auch sein, dass es in der entsprechenden Friedhofsordnung irgendwelche Vorschriften gibt, die zum Beispiel verhindern würde, dass die ganzen Biker-Freunde sich samt Maschinen am Grab verabschieden oder, dass zu laute Musik gespielt wird, aber das ist sicher individuell verschieden.

Ich persönlich halte tatsächlich nichts von moderner Musik auf Beerdigungen und möchte das für mich auf gar keinen Fall. Das hat mit "unangebracht" aber überhaupt nichts zu tun. Ich habe es in mehreren Fällen miterlebt, dass Menschen durch ein Lied, das halt zufällig irgendwo lief, an eine Beerdigung erinnert wurden weil der Verstorbene oder die Angehörigen dieses Lied für die Beerdigung ausgesucht hatten. Das möchte ich einfach niemandem antun.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Ich finde, wenn du deine Beerdigung nicht nach Gutdünken gestalten kannst, was denn dann? Es gibt mittlerweile unterschiedliche Bestattungsformen und genügend Leute hatten zeitlebens weder mit Traditionen noch Chopin noch schwarzen Anzügen sonderlich viel am Hut. Aber am Ende wird man dann wieder in die Konventionen gezwängt, die die Person, die es zu verabschieden gilt, vielleicht zeitlebens verabscheut hat? Diese Vorstellung finde ich erheblich "trauriger" als wenn irgendein Dorftrottel "Ich hatte einen Kameraden" auf der Trompete pustet.

Ich meine, auch post mortem gilt es natürlich Rücksicht auf die Umwelt zu nehmen. Sprich, keine Biker auf dem historischen Friedhof, die die Wege ruinieren. Aber man kann den Friedhofspart ja kurz halten und eine separate Abschiedsparty mit Death Metal, Lagerfeuer und traditionellem Trankopfer an die Wikingergötter feiern, wenn es für die Beteiligten so passt. Die Zeiten, als Beerdigungen immer nach religiösem Schema F komplett mit Messdienern und Weihrauchschwenkern ablaufen mussten, sind glücklicherweise vorbei.

» Gerbera » Beiträge: 11289 » Talkpoints: 41,52 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



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