Ferkelkastration ohne Betäubung für Verbraucher akzeptabel?

vom 06.11.2018, 13:04 Uhr

Nachdem vor sechs Jahren beschlossen worden ist, dass die Ferkelkastration ohne Betäubung ab 2019 verboten sein soll, hat man jetzt festgestellt, dass die Zeit plötzlich vorbei ist und es keine passende Methode gibt. Weil die Möglichkeiten entweder nicht zugelassen, schlecht praktikabel oder vom Handel nicht akzeptiert werden, darf also zwei Jahre länger ohne Betäubung kastriert werden.

Welche Methode würdet ihr als Verbraucher akzeptieren? Man könnte die Schweine mit Isofluran per Atemmaske betäuben. Aber Gasnarkosen sind beim Schwein verboten. Außerdem wirkt das Mittel kaum gegen Schmerz, das Zeitfenster ist kurz und die Maske könnte Krankheiten übertragen.

Eine örtliche Betäubung ist mit den zugelassenen Mitteln Quälerei. Für eine ausreichende Schmerzausschaltung müsste in den Hoden gespritzt werden. Das ist schmerzhafter als die Kastration. Außerdem hat man eine Stunde Wartezeit. Lidocain, wie man es vom Zahnarzt kennt, wäre eine Alternative. Das müsste nur in den Hodensack und die kurze Wartezeit von fünf Minuten verhindert erneute Kämpfe um die Zitzen. Lidocain ist für Schweine nicht zugelassen.

Man könnte die Eher impfen. Der Wirkstoff ähnelt einem Impfstoff, denn der Körper bildet Antikörper gegen die Hormone. In Spanien ist das seit verbreitet, hier will man es nicht. Oder man mästet wie in Irland oder Großbritannien einfach Eber und schlachtet früher. Das bringt aber weniger Geld. Welche Methode würdet ihr akzeptieren? Oder ist es euch egal, ob die Schweine betäubt werden oder nicht?

» cooper75 » Beiträge: 13330 » Talkpoints: 498,67 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



Dies ist einer der Gründe warum ich als erstes auf meinem Weg zur vegetarischen Kost als erstes auf das Schweinefleisch verzichtet habe. Ich durfte diese Folter der Ferkel live miterleben. Ich habe eine Höhere Landwirtschaftliche Bildungsanstalt besucht und dort auch maturiert. In einer Einheit der landwirtschaftlichen Praxis kam ein Tierarzt wegen der Kastrationen der Ferkel vorbei.

Da ich damals diesen Beruf anstrebte blieb ich mit einem Klassenkollegen freiwillig länger. Es fing einmal an, dass die Muttersau beim Schreien der Ferkel wenn man sie rausholte durchdrehte. Wir hatten die Aufgabe das Tor zuzuhalten, dass die Ferkel kastriert werden konnten. Es verging mir alles die Ferkel und die Mutter taten mir sehr leid. Sie wurden kurz hochgehoben, ein gekonnter Schnitt und Blauspray drauf. Ich dachte mir nur die armen Tiere müssen das mitmachen, weil wir nicht auf Fleisch verzichten können.

Bei einem Ferkel war jedoch der Hodendruck zu groß (soweit ich mich erinnern kann). Dieser kleiner Kerl durfte unter einer kurzen Narkose kastriert werden. Bei dem assistierte ich dann schon freiwilliger. Das Ferkelchen durfte danach auch länger leben, bzw. gemästet werden, da man hier gewissen Fristen einhalten musste. Die Betäubung muss ja schließlich abgebaut werden. Dies erfordert jedoch immer einen Tierarzt. In der Produktion kann sich das kaum ein Landwirt leisten bei den Massen an Tieren.

Ich bin der Meinung weniger bis gar kein Fleisch essen schadet nicht. Die Tiere durch Betäubung kastrieren, sie länger Leben lassen und dann erst konsumieren. Wenn man unbedingt Fleisch essen muss. Dies impliziert jedoch höhere Preise. Der Konsument sollte auf keinen Fall die Kastration von Ferkel ohne Betäubung. Ich erinnere an die Muttersau und die Schreie, die sehr menschlich waren. Dafür einfach tiefer in die Tasche greifen und bewusst konsumieren. Es ist wie immer eine Sache der Aufklärung und des Bewusstseins.

» TinaPe » Beiträge: 451 » Talkpoints: 13,09 » Auszeichnung für 100 Beiträge


TinaPe, rein rechtlich muss kein Tierarzt anwesend sein. Kastrieren darf der sachkundige Ferkelhalter selbst. Und auch die möglichen Methoden werden in Zukunft ohne Tierarzt stattfinden. Denn der ist für den regulären Betrieb viel zu teuer. Egal, was es am Ende wird, es wird dann für den Halter freigegeben. Denn die Tierarztkosten machen das "gute deutsche Schweinefleisch" zu teuer und damit nicht wettbewerbsfähig. Schon jetzt gehen 20 Prozent der hier erzeugten Schweine als Exportfleisch außer Landes.

» cooper75 » Beiträge: 13330 » Talkpoints: 498,67 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



Wäre es nicht arg verlogen wenn die Verbraucher diesen eher kleinen Eingriff nicht akzeptieren würden? Ich meine, der Eingriff mag schmerzhaft sein, aber er ist halt relativ schnell vorbei. Die Zustände, die teilweise bei der Unterbringung und dem Transport der Tiere herrschen existieren hingegen dauerhaft in deren Leben.

Davon abgesehen - gibt es einen bestimmten Grund warum gewisse Mittel nicht für Schweine zugelassen sind? Warum werden die Zulassungen nicht überprüft?

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Cloudy, für die Überschrift kann ich nichts, das war ein Mod. Meine hieß nur "Ferkelkastration ohne Betäubung weiter erlaubt". Im Prinzip ist es einfach: Man weiß nicht, was die einzelnen Mittel auf Dauer mit dem Lebensmittel macht. Und weil der Nachweis teuer ist, verzichten die Hersteller darauf. Denn im Notfall kann man einfach vorhandene Medikamente umwidmen. Hier besteht aber kein Therapienotstand, da es ein zugelassenes Mittel zur Injektionsnarkose für Weichteiloperationen gibt.

Nur die Variante müsste mit Tierarzt stattfinden. Und damit ist es zu teuer. Dazu kommt, dass die Aufwachzeit zu lange ist. Da kühlen die Ferkel zu sehr aus und es gibt hinterher wieder neuen Streit um die Zitzen. Dazu ist die Gefahr, von der Mutter erdrückt zu werden, zu hoch. Das funktioniert im Großbetrieb nicht.

» cooper75 » Beiträge: 13330 » Talkpoints: 498,67 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Dann sollten die Verbraucher dafür auch mehr zahlen. Für Importschweine gilt dieser Zwang nämlich nicht und gerade Kleinbetriebe leiden unter den Auflagen, die immer wieder neu gemacht werden. Anderswo kann man ganz ohne Kontrollen produzieren. Dann kommt das Fleisch eben von dort. Die Landwirte machen ihre Arbeit zum Broterwerb und nicht aus Jux und Dollerei. Dies vergessen viele.

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Den meisten Verbrauchern wird es egal sein, wie ein Ferkel kastriert wird. Nur glaube ich kaum, dass in anderen Ländern unkastrierte Eber für Lebensmittel geschlachtet werden. Egal ob Schwein, Rind oder Schaf geschlachtet wird. Sind die männlichen Tiere nicht kastriert, dann ist das Fleisch recht geruchsintensiv. Am meisten ist das bei Schafen zu bemerken.

Und solange noch genug Verbraucher auf billiges Fleisch angewiesen sind, kann man die Kosten für eine andere Variante nicht über den Preis regeln. Das würde nämlich bedeuten, dass die deutschen Schweinezüchter ihre Tiere nicht mehr verkauft bekommen und man aus Billigländern importiert.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Punktedieb, wie kommst du darauf, dass in anderen Ländern Eber nicht geschlachtet und verzehrt werden? Die Ebermast ist der Normalzustand in Großbritannien und Irland. Die Niederlande kastrieren 20 Prozent der Ferkel nicht, die sind für den Export in diese Länder. Die Eber werden einfach früher und mit niedrigerem Schlachtgewicht zum Fleischlieferanten.

Moderne Hochleistungsrassen sind bei der Schlachtung 160 bis 185 Tage alt. Ebergeruch gibt es ab dem fünften Lebensmonat. Das kann man also durchaus umgehen. Und selbst bei später Schlachtung riechen nicht alle Eber. Aber es ist eher eine Frage der Wirtschaftlichkeit. Für gute Schlachtkörper brauchen Eher besseres Futter. Das ist teurer. Und selbst dann liefern sie zwar bessere Werte als Kastraten, aber die Sauen überholen sie nicht.

» cooper75 » Beiträge: 13330 » Talkpoints: 498,67 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Ich habe da eben mal nachgelesen, wie wenig lukrativ die Eberschlachtung ist. Was im Umkehrschluss bedeutet, dass noch mehr Zuchtsauen gehalten werden müssten, um den Bedarf in Deutschland zu decken. Also noch mehr Massentierhaltung, was doch auch nicht das Ziel sein kann, oder?

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


Wir exportieren 40 Prozent des Schweinefleischs. Wir kämen auch mit weniger aus. So wenig lukrativ ist die Ebermast nun auch nicht, wenn man erstens weiß, wie es geht. Hierzulande fehlt die Erfahrung. Zweitens könnte Schweinefleisch durchaus etwas teurer sein. Klappt in anderen Ländern auch.

Und wir produzieren relativ wenige Ferkel. Der Großteil wird aus den Niederlanden und aus Dänemark importiert. Und da hätte die Umsetzung der Änderung des Tierschutzgesetzes massive Auswirkungen. Die Niederlande liefern schon längst, was bestellt wird. Weil die Kunden es wollen, gibt es dort bei Aldi und Lidl schon seit neun Jahren kein Fleisch von ohne Betäubung kastrierten Schweinen. Dänemark würde eine Betäubung einführen, wenn es hierzulande endlich ein Verbot gäbe.

» cooper75 » Beiträge: 13330 » Talkpoints: 498,67 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


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