Fehlende Betreuung Schuld am Fachkräftemangel?

vom 16.10.2017, 07:04 Uhr

Man hört und liest immer wieder vom Fachkräftemangel. Dies kann unterschiedliche Ursachen haben, beispielsweise weil Auslandsabschlüsse nicht anerkannt werden oder aber, weil qualifizierte Fachkräfte abwandern oder es wegen dem demographischen Wandel immer weniger Nachwuchs gibt.

Nun hat meine Bekannte die These aufgestellt, dass viel mehr Fachkräfte vorhanden wären, wenn die schlechte Betreuungssituation für den Nachwuchs verbessert würde. Was haltet ihr von dieser These? Ist da was dran oder ist das kompletter Unsinn? Welcher Faktor hat den größten Anteil am Fachkräftemangel und warum?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Wenn ich so darüber nachdenke, könnte das schon der Fall sein. Ich selber habe momentan auch nur einen Minijob, den ich auch nur ausführen kann, weil meine Eltern unterstützen. Sonst könnte ich nicht mal den machen.

Dabei bin ich eigentlich eine ausgelernte Kraft. Ich habe sogar zwei berufsnahe Ausbildungen. Doch ich muss momentan auf Mindestlohn in einer fremden Branche arbeiten, wo ich nicht mal gelernt habe, weil ich ohne Betreuung einen Job in meinem Berufsfeld gar nicht ausführen kann. So habe ich einen Karriereknick, wenn sich nicht bald daran etwas ändert. Und ich denke so geht es bestimmt noch mehr Frauen (meistens die Frauen) in Deutschland.

» YariXxX » Beiträge: 635 » Talkpoints: 21,58 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Der ach so sehr beklagte Fachkräftemangel ist doch bisher hausgemacht. Bisher gibt es keinen flächendeckenden und branchenübergreifenden Mangel. Aktuell fehlen gar nicht so viele Fachkräfte, denen dann doch erheblich mehr Arbeitslose gegenüberstehen.

Wo es beispielsweise Probleme gibt, das ist der Bereich der Alten- und Krankenpflege. 70.000 Mitarbeiter fehlen bundesweit. Bei den Bedingungen müsste man Menschen nach der Babypause mit Kusshand nehmen und Dienstpläne um die mögliche Betreuung basteln. Tut man aber nicht. Gerade die großen christlichen Arbeitgeber beschäftigen nur wenig Personal in Vollzeit und stopfen die Stoßzeiten morgens und abends mit Minijobbern.

Natürlich würde eine bessere Kinderbetreuung die Anzahl der möglichen Bewerber erhöhen. Bei Arbeitsbeginn um sechs Uhr morgens, Spätschicht und Wochenenddienst funktioniert es mit Kind nicht. Nur löst das nicht das Grundproblem. Viele Vollzeitkräfte geben wegen Überforderung nach wenigen auf, die Minijobber orientieren sich um, weil man von 450 Euro oder mit flexiblen Verträgen, die nur 10 Stunden garantieren, nicht leben kann.

Im Bereich Mechatronik gibt es bundesweit einen Mangel, nur in NRW nicht. Nach dem Abbau von Industrie und produzierendem Gewerbe sind diese Menschen in Massen arbeitslos geworden. Da fehlte es an Azubis, weil fast jeder die Ausbildung eingestellt hat. Und jetzt möchte man nicht den Mitarbeiter über 50, den man an den neuen Maschinen einarbeiten muss. Der ist zu teuer. Junge, an den neuen Maschinen ausgebildete Mitarbeiter sollen her. Als ob die vom Himmel fallen.

Natürlich ist die Kinderbetreuung in weiten Teilen mies und die Situation wird oft mit der Einschulung schlimmer. Aber das zu ändern, löst die Probleme nicht. Es würde natürlich Familien sehr entlasten und sollte angegangen werden. Aber wenn der demografische Wandel voll zum Tragen kommt, dann hilft auch das nur wenig.

» cooper75 » Beiträge: 13330 » Talkpoints: 498,67 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



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