Diät-Tipps geben obwohl man selbst nie Übergewicht hatte?

vom 29.12.2017, 14:29 Uhr

Neulich habe ich mich mit einer Bekannten unterhalten die nach Silvester wieder eine Diät anfangen möchte. Sie hat schon diverse Diäten ausprobiert, aber das Gewicht kam jedesmal wieder zurück. Ich habe ihr dann empfohlen doch einfach eine komplette und dauerhafte Ernährungsumstellung zu machen, anstatt es immer wieder mit Diäten zu versuchen, die man ohnehin nicht dauerhaft halten kann.

Das fand meine Bekannte aber offenbar etwas unverschämt. Sie meinte, ich könnte ihr da nicht weiterhelfen, da ich das Problem ohnehin nicht kennen würde. Ich habe eine Schilddrüsenüberfunktion und war daher immer schon sehr dünn. Dennoch fand ich meinen Tipp jetzt nicht so verkehrt.

Ist es unverschämt jemandem Tipps zur Gewichtsreduktion zu geben, wenn man selbst nie damit zu kämpfen hatte? Muss man sowas erst am eigenen Leib erlebt haben, um mit jemandem darüber zu reden und etwas zu empfehlen?

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich finde es lächerlich, wenn behauptet wird, dass man seine Meinung zu einem Thema nicht äußern darf, nur weil man vielleicht selber nicht betroffen ist oder sich nicht intensiver damit auseinander gesetzt hat. Ein klassisches Beispiel kenne ich selbst aus meinem Zeichner-Freundeskreis. Viele weigern sich strikt, auf Ratschläge oder Tipps von Leuten zu hören, die selber nicht zeichnen, weil sie denken, dass diese deshalb automatisch keine Ahnung haben. Dabei muss man selbst kein Künstler sein, um eine objektiv falsche Perspektive oder ein unstimmiges Größenverhältnis in einem Bild zu erkennen.

Genauso verhält es sich bei Ratschlägen zum Thema Ernährung und Gesundheit. Ich war zwar nie selber übergewichtig, habe aber durch meine Ausbildung ein fundiertes medizinisches Wissen und wage daher, behaupten zu können, dass ich durchaus sinnvolle Anregungen zum Thema gesundes Essverhalten geben kann. Manch andere Menschen haben vielleicht durch Beispiele aus ihrem Familien- und Freundeskreis viel über Ernährung und Diäten gelernt und können deswegen ebenfalls gutes Hintergrundwissen vermitteln, ohne selber jemals eine Diät mitgemacht zu haben. Ich sehe die Erfahrung am eigenen Leib nicht als Voraussetzung dafür, dass man anderen Vorschläge machen darf. Ob und in welchem Maße diese vom Empfänger befolgt werden, bleibt ihm ja immer noch selbst überlassen.

Wer aber rigoros jeglichen Rat ignoriert, der ist meiner Meinung nach entweder engstirnig oder aber von vornherein gar nicht bereit dazu, etwas zu ändern, und schiebt die angebliche Ahnungslosigkeit des anderen dann nur als Ausrede vor, um alles beim Alten zu lassen.

» MaximumEntropy » Beiträge: 8470 » Talkpoints: 987,98 » Auszeichnung für 8000 Beiträge


Also natürlich ist es unfair, dass manche essen können und einfach nicht zunehmen und vielleicht ist es ja dann wirklich etwas suspekt, wenn dann genau diese Person zu mir kommt und mir Tipps für die Ernährung geben will. Andererseits muss man dazu sagen, dass du ja nichts dafür kannst, dass du eine Schilddrüsenüberfunktion hast und außerdem meinst du es ja nur gut.

Und im Übrigen werden natürlich genau die, die eben nicht zunehmen am besten beurteilen können, was sie richtig machen und was andere falsch machen. Aus meinem Resumee ziehe ich, dass in den Zeiten, in denen ich noch mein Wunschgewicht hatte, Bewegung an der Tagesordnung war. Und zwar nicht nur ein täglicher Spaziergang, sondern mindestens zweimal die Woche etwas anstrengenderes auf dem Programm stand.

Dann ließ ich das Auto immer stehen und ging jeden Weg zu Fuß. Und außerdem ernährte ich mich zwar nicht sehr gesund, ich aß aber vergleichsweise wenig und bewegte mich viel. Jetzt bin ich in Gefahr, diese Gewohnheit umgedreht zu haben und hast du nicht gesehen, hab ich zugenommen.

Es ist noch im Rahmen aber ich muss schon sagen, dass jemand, der einmal eine gute Figur hatte, sehr wohl mitsprechen kann bei Tipps für Übergewichtige. Denn die machen ja wohl etwas falsch, was andere richtig machen. Außer natürlich, sie sind krank, haben beispielsweise eine Schilddrüsenunterfunktion.

» nordseekrabbe » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Was für ein Quatsch. Dann dürfte sie in den meisten Fällen den Rat ihrer Ärzte ja auch nicht annehmen, weil kein Arzt alle Beschwerden, mit denen Patienten so zu ihm kommen, schon am eigenen Leib erlebt haben dürfte.

Ich habe selber noch nie eine Diät gemacht aber durch den Sport komme ich mit dem Thema ausgewogene Ernährung ziemlich regelmäßig in Kontakt und weiß, wie die aktuellen Trends und Forschungsergebnisse aussehen . Außerdem habe ich wie die meisten Menschen viel Erfahrung im beobachten der Diätversuche meiner Mitmenschen.

Warum sollte ich nicht in der Lage sein mein Wissen weiterzugeben? Und davon abgesehen - wäre es nicht eh sinnvoller den Rat von Menschen anzunehmen, die so leben, dass sie nicht regelmäßig eine Diät brauchen?

Benutzeravatar

» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Ich kenne dieses Problem tatsächlich ziemlich gut aus meinem Beruf, wo ich auch schon öfter mal mit der Frage konfrontiert werde. Da ich auch immer schlank war und ebenfalls essen kann, was ich möchte, fällt es mir auch immer schwer, dann entsprechend zu antworten, aber ich finde deinen Tipp schon sehr gut und genau das sage ich auch den Leuten, die mich darauf ansprechen, auch wenn diese sich dann meistens die Wunder-Tablette erhoffen.

Ich finde es auch gar nicht unverschämt, dass du etwas zu dem Thema gesagt hast, obwohl du noch nicht selber Erfahrungen mit einer Gewichtsreduktion gemacht hast. Trotzdem kann man doch zu einem Thema Bescheid wissen und sich damit beschäftigt haben, was für eine Methode gut ist. Nur weil man selber noch keine Probleme mit etwas hatte, heißt das doch nicht, dass man keine Ahnung hat.

» Barbara Ann » Beiträge: 28933 » Talkpoints: 56,80 » Auszeichnung für 28000 Beiträge


Ich betrachte Diät-Tipps mittlerweile sowieso als überflüssig, weil sich eigentlich herumgesprochen haben sollte, dass man als Sesselpupser nicht mehr reinhauen sollte wie die Berg- und LandarbeiterInnen früherer Generationen, und auch die Mangel- und Hungerjahre 75 Jahre nach Kriegsende nicht mehr kompensieren muss. Auch Emotionen sollte man nicht durch Essen kompensieren.

Eigentlich ist bewusste und angepasste Ernährung prinzipiell gar nicht so schwierig und es existieren genügend sinnvolle, leicht zugängliche Informationen zu dem Thema. Wenn da der innere Schweinehund nicht wäre. Und gegen den helfen weder "Tipps" noch gute Ratschläge. Generell halte ich nicht viel davon, auf gesunde, entscheidungsfähige Erwachsene von durchschnittlicher Intelligenz einzureden wie auf das sprichwörtliche kranke Pferd. Gerade wenn man selber auch bestenfalls ambitionierter Laie ist und ehrlich gesagt auch nicht wirklich mehr Ahnung hat als die Blogs und Frauenzeitschriften.

Deshalb würde ich selber auch weder Diät-Tipps geben noch umgekehrt welche annehmen. Und zwar unabhängig davon, ob mein Gegenüber dick, dünn oder ehemals dick ist. Am ehesten halte ich noch die Leute für qualifiziert, die tatsächlich erkennbar abgenommen haben und das Gewicht auch halten, aber etwas wirklich Neues könnten diese mir wohl auch nicht erzählen. Weniger Schokolade, mehr Bewegung, Hirn mitnehmen nicht vergessen.

» Gerbera » Beiträge: 11292 » Talkpoints: 42,29 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^
cron