Kollegen und Chef mal Nein sagen

vom 09.11.2007, 01:40 Uhr

Auf Arbeit kann ich ein Phänomen sehr schön beobachten – da gibt es zig Kollegen, die, wenn andere Kollegen oder der Chef auf sie zukommen und sie mit irgendwelchen Anliegen betreuen wollen, einfach nicht Nein sagen können auch wenn sie es wollen und hinterher motzen, warum sie das schon wieder aufgedrückt bekommen haben.

Umso erstaunlicher, da wir letztens erst eine Schulung hatten, die sich auch damit beschäftigte, auch einmal an sich zu denken und auch mal Nein zu sagen – auch wenn man sich nicht traut. Bei den meisten liegt es einfach daran, dass sie sich nicht trauen, dem Chef oder Kollegen eine Absage reinzudrücken, auch wenn es angebracht wäre, da sie stets befürchten deswegen in Misskredit zu kommen. Dabei ist es, laut persönlicher Erfahrung und Psychologen, die Pflicht, auch einmal ein ehrliches Nein zu erwidern, wenn es darum geht zusätzliche Aufgaben und Arbeiten zu übernehmen und zu erledigen, vor allem, wenn man sie alleine nicht bewältigen kann oder von der Qualifikation her nicht schaffen kann.

Man sollte natürlich nicht nur einfach „Nein!“ sagen, sondern dies auch gut begründen können, sonst hat es natürlich schnell den Beigeschmack von Unlust und nicht von einer begründeten Absage. Dabei sollte man natürlich keine lapidaren und argumentfreien Gründe vorbringen wie „keine Lust“, sondern dass man beispielsweise derzeit nicht in der Lage ist, die zusätzliche Arbeit anzunehmen, aber (damit es besser klingt) unter anderen Umständen diese gerne übernehmen würde, wenn man sie beispielsweise mit weniger Zeitdruck (da man selbst unter diesem steht) oder mit Kollegen gemeinsam erledigen könnte (drückt auch Interesse an Teamwork aus).

Aber wann sollte man nicht zu einem Nein greifen?

Natürlich gibt es auch Situationen, in denen ein Nein unangebracht ist, beispielsweise wenn man die Aufgabe nur aus Bequemlichkeit ablehnt oder Angst vor der Aufgabe hat. Man sollte auch deswegen nicht „Nein“ sagen, nur weil man davor die ganze Zeit „Ja“ gesagt hat, also ein ungeklärter Konflikt im Raum steht, den man so oberflächlich austrägt.

Wann sollte man Nein sagen?

Man sollte immer dann zu einem Nein greifen, wenn die angebotene Aufgabe einfach die Qualifikation übersteigt oder man sie einfach von der Menge her nicht schaffen kann. Oder falls eine Frage, die vom Chef oder Kollegen kommt die eigene Karriereplanung oder Lebensplanung berührt oder ethische Probleme tangiert. Das könnte z. B. dann (ethische Probleme) sein, wenn man vom Vorgesetzten über Kollegen ausgefragt wird oder ihn mit „Informationen“ über diese versorgen könnte, also zum Abteilungsspitzel mutieren soll.

Wie sollte man Nein sagen?

Generell, aus persönlicher Erfahrung und laut Psychologen, sollte man stets auf Ich Botschaften, weniger auf Du Botschaften setzen. Also statt „Das schaffst Du auch alleine!“ lieber ein „Das wird mir im Moment zu viel!“ – ganz einfach aus dem Grund, weil Du Botschaften härter beim Gegenüber ankommen als Ich Botschaften. Trotzdem sollte die Ich Botschaft nicht zu verdruckst und verschüchtert wirken, da man trotzdem seinem Gegenüber zeigen muss, ob die Absage nur vorläufig oder endgültig ist. Wenn die Entscheidung beispielsweise unabänderlich ist, sollte man dies auch dem Gegenpart per Ich Botschaft mitteilen.

Wie reagiert man selbst auf ein Nein?

Natürlich kann es einem passieren, dass man auch selbst ein Nein gesagt bekommt, egal wie schön verpackt, also ob als Ich Botschaft oder Du Botschaft. Man sollte zuerst versuchen zu verstehen, warum der andere Nein gesagt hat oder das eigene Begehr zurückgewiesen hat, denn vielleicht lässt sich ja trotzdem noch etwas ändern, wenn man die Rahmenbedingungen neu setzt. Nachfragen ist also immer sinnvoll, natürlich nicht pampig weil man zurückgewiesen wurde, sondern höflich, weil man interessiert am Warum ist – dies hilft auch um etwaigen Vorurteile und Phantasien auszuweichen, in die man sich sonst leicht reinsteigern kann wie beispielsweise: Mag er mich nicht? Hat er was gegen mich? Ist er faul? Will er mich schlecht dastehen lassen?
Wenn sich nichts an der Entscheidung des Gegenübers ändern lässt, sollte man dies auch akzeptieren und nicht auf eine Entscheidung drängen oder noch 50mal nachhaken, sondern das Nein ernst nehmen und akzeptieren.

Man traut sich Nein zu sagen, wie soll man das am besten trainieren?

Wer die ganze Zeit Ja sagt, oder wie die angesprochene Klientel trotz innerlicher Gegenwehr und einem inneren Nein zum Ja tendiert, also die Ja Sager, sollte sich am besten so umgewöhnen, dass man am besten zuerst um einen Aufschub bittet, bis man sich entscheidet. Oder man fängt bei relativ unwichtigen Bereichen an, oder dort wo man sich sicher sein kann nicht falsch verstanden zu werden, bei denen man das Nein sagen üben kann. Also beispielsweise zu vernachlässigende Themen oder Menschen mit denen man gut klarkommt und zu denen man ein gutes Verhältnis hat. Man ist dann oft überrascht, wie leicht andere Menschen auch ein Nein akzeptieren können, wenn man sie die ganze Zeit mit einem Ja verwöhnt hat.


Wir haben dazu auch ein paar Lektüren für zuhause mitbekommen, die ich auch empfehlen kann, und zwar „Nein sagen. Die besten Strategien“ von Mika Radecki, „„Nein sagen“ ohne zu verletzen. Das 60-Minuten-Training“ von Dieter Ückermann oder „Kommunikationspsychologie für Führungskräfte. Miteinander reden“ von Friedemann Schulz von Thun, Johannes Ruppel und Roswitha Stratmann. Das erste und letzte haben mir persönlich am besten gefallen.

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» Subbotnik » Beiträge: 9308 » Talkpoints: -7,05 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Hi!

Also ich muss ehrlich sagen, wenn es sich einrichten lässt, tausche ich zum Beispiel auch meine Schichten, oder mache eine Stunde länger! Es kommt auch schonmal vor, das ich spontan einen ganzen Tag arbeiten muss, dafür aber einen anderen Tag frei machen kann, aber immer geht das auch nicht! Ich habe eine kleine Tochter und die muss ich immer bei den Omas unterbringen, da ich keine fremde Person zur Betreuung meiner Tochter möchte. Mittlerweile sage ich auch nicht immer Ja und Amen, denn irgendwann wird das auch ausgenutzt! Bei meiner alten Arbeit bin ich immer eingesprungen wenn Not am Mann war und es kam wie es kommen musste, immer wurde ich gefragt, da ich ja eh immer "Ja" sagte! Aber aus Fehlern lernt man und so hab auch ich gelernt.

LG

» jmlsi » Beiträge: 491 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Hallo!

Ja, zu den Leuten gehöre ich auch, die nicht nein sagen können, aber ich denke in meiner Situation als Auszubildende habe ich auch nicht das Recht, häufiger mal nein zu sagen, gerade nicht, wenn mir die Geschäftsführerin etwas aufträgt.

Ich denke, wenn ich dann mit meiner Ausbildung mal fertig bin, wird mein Ansehen in dem Betrieb oder in einem anderen Betrieb auch etwas ansteigen und dann könnte ich es mir vielleicht auch eher leisten, auch mal nein zu sagen. Aber ob ich es dann auch tun würde, das wäre wohl eine andere Frage. :wink:

Viele Grüße

» Mareikel » Beiträge: 1738 » Talkpoints: 6,97 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Kommt immer auf die Situation an, in der man gerade ist.

Als Azubi sollte man wohl eher nicht immer gegen die Meinung von höherstehenden Kollegen rebellieren. Aber wenn das mal zählt, was man selbst denkt sollte man das auch sagen. Auch wenn es dem Chef oder wem sonst nicht passen würde. Da kommt man oft in die Situation und fragt sich: "Lieber schleimen oder ehrlich sein?".

» Shinjo » Beiträge: 33 » Talkpoints: 1,09 »



Also ich muss dazu sagen,dass ich schon mal nein sage zu meinen Kollegen, aber das hat dann auch einen Grund.Ich arbeite in einem Einkauf für dachdecker und als kleines schwaches Mädel hat man manchmal einfach nciht die kraft bestimmte Waren zu heben.Die wissen dann auch wie ich es meine, allgemein ist bei mir im Lager eine lockere Stimmung...

» DestenySun » Beiträge: 17 » Talkpoints: 2,76 »


Ich habe viele Kollegen, die haben dafür wirklich Talent. Die schaffen es einfach auch mal das Gespräch zu suchen mit den Vorgesetzten und denen zu sagen, dass eine ihnen aufgetragene Aufgabe einfach zu umfangreich ist oder sie selbst denken, es würde sich einfach nicht lohnen. Und meistens kommt das wirklich nicht schlecht an. Sie finden immer ein offenes Ohr und sie werden auch ernst genommen und meistens ist man ihnen am Ende sogar dankbar für den Hinweis, dass eine Aufgabe vielleicht einfach viel zu umfangreich oder letztendlich sinnfrei ist und nur Zeit frisst.

Ich selbst traue mich das meistens allerdings doch nicht, weil ich oft nicht einschätzen kann, wann etwas angebracht ist und wann nicht. Derzeit bin ich in meiner Position als Werkstudenten eher die Person, der Aufgaben aufgetragen werden von unterschiedlichen Personen, die oftmals einfach nicht wissen, was ich abgesehen davon noch zu tun habe. Da fällt es mir oftmals schwer, zu entscheiden, wem ich jetzt vielleicht mitteile, dass ich nicht die Zeit habe etwas zu erledigen und wem ich vielleicht zusage, denn jeder empfindet ja, dass seine mit aufgetragene Aufgabe sehr wichtig ist und dringend erledigt werden muss. In der Hinsicht fehlt mir einfach noch das richtige Gefühl und vielleicht sind die von dir empfohlenen Lektüren mal der richtige Weg um so etwas künftig besser regeln zu können.

» Sippschaft » Beiträge: 7575 » Talkpoints: 1,14 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Natürlich kommt es immer auch auf die Situation an. Ich werde demnächst mein Referendariat antreten und die erste goldene Regel lautet: Der Fachleiter hat immer Recht! In dieser Position wäre "Nein" sagen oder eine andere Meinung vertreten tödlich, denn leider sind die Seminarleiter meistens Leute, die auch konstruktive Kritik direkt mit einer 6 belohnen, weil sie sich für völlig unfehlbar halten. Und ebenso traurigerweise gibt es kein Kontrollgremium, das sie in die Schranken weisen würde.

Aber worum es hier ja wohl eigentlich geht, ist das "Nein" sagen in Momenten, in denen man es getrost tun kann. Alle Dinge kann man nicht ablehnen, das ist klar, aber einige Menschen habe wirklich das Talent sich immer auch die Arbeit aller Kollegen aufzuhalsen. Die hocken dann als einziger spätabends noch im Büro, und erledigen "kleine Gefallen" für ihre Mitarbeiter, während diese entspannt zu Hause sitzen. Das kann es dann auch nicht sein.

Ich denke, die Kunst liegt nicht nur darin, zu erlernen sich durchzusetzen, sondern auch darin einschätzen zu können, wann es angebracht ist, und wann nicht. Denn jemand, der niemals tauscht oder mal jemandem einen Gefallen tut, auch wenn höchste Not am Mann ist, der gerät auch irgendwann ins Hintertreffen. Man muss halt schauen, dass es ausgeglichen ist und wirklich eine Hand die andere wäscht. Dann sehe ich auch kein Problem darin Extraaufgaben zu erledigen, weil ich weiß, dass ich mich im Zweifelsfall auch auf mein Gegenüber verlassen kann.

Diese Fähigkeit braucht man übrigens nicht nur im Arbeitsleben, auch im privaten Bereich ist das sehr nützlich. Ich habe da so ein Freundinnenpaar, wo ich sagen muss, dass die eine die andere wirklich eiskalt ausnutzt. Sie selbst findet das alles gar nicht so schlimm und ihre Forderungen und Bitten nie unverschämt, wenn es dann aber mal darum geht den Gefallen zurück zu geben, hat sie immer dringende andere Verpflichtungen. Das habe ich der ausgenutzten Freundin auch schon gefühlte hundert Mal gesagt und so ziemlich jeder andere lehnt die ständigen Bitten ab. Diese eine aber eben nicht, weshalb die erste auch völlig ungeniert immer diese fragt. Aber die kann eben auch nicht "Nein" sagen.

» Sorcya » Beiträge: 2904 » Talkpoints: 0,01 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Ich hatte lange Zeit ein Problem damit, Kollegen und Chefs mal ein Nein vor den Latz zu knallen, denn genauso empfand ich es. Einerseits war es für mich tatsächlich nichts Schlimmes, das zu tun, worum ich gebeten wurde, zum anderen hab ich mich teilweise schlichtweg nicht getraut, zu verweigern, egal, wie begründet mir das möglich gewesen wäre.

Irgendwann, und in der Regel recht schnell, hab ich allerdings noch jedes mal feststellen müssen, dass das natürlich schwer ausgenutzt wird. Es gibt Menschen, die gern anderen ihre Aufgaben aufhalsen und ein tatsächliches Gespür dafür haben, wer geeignet dafür ist, weil er einfach nicht Nein sagt.

Wahnsinnig schwer ist es, von diesem nehmenden Image mal wegzukommen, für mich war das jedenfalls sehr schwierig. Gar nicht, weil ich nicht Nein sagen konnte, sondern weil das einfach nicht akzeptiert werden wollte. Bestand ich auf meinem Nein, habe ich Frust geerntet und das hat es mir in der Folge nicht unbedingt leichter gemacht, weiterzuarbeiten.

Ich denke deshalb, dass es tatsächlich am leichtesten ist, sich an einem neuen Arbeitsplatz, also in komplett neuem Umfeld, gleich von vornherein einen Standpunkt aufzubauen, der für die anderen nicht so durchsichtig ist, dass sie einschätzen können, ob man eher zu den Ja- oder doch vielleicht zu den Nein-Sagern gehört.

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» moin! » Beiträge: 7218 » Talkpoints: 22,73 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


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