Kollektives Topfsitzen in der Kita - oder besser Diskretion?

vom 01.02.2013, 23:17 Uhr

Ich bin im Westen sozialisiert worden und ging erst mit fünf Jahren in den Kindergarten, da meine Mutter als Hausfrau sich damals der Kindererziehung widmen konnte und wollte. Da ich in dem Alter schon eine ganze Weile sicher sauber und trocken war, habe ich von der Sauberkeitserziehung nur wenig profitiert. Aber andere Kinder in der Gruppe waren mit ihren drei Jahren deutlich kleiner und gerade erst sauber und trocken geworden.

Bei mir im Kindergarten in Bayern, der sich in kirchlicher Trägerschaft befand, war die totale Diskretion an der Tagesordnung. Für jede Gruppe gab es einen eigenen Toilettenraum. Obwohl mehrere Kindertoiletten in einem Raum vorhanden waren, durfte immer jeweils nur ein Kind in diesem Raum sein. Dies wurde dadurch sicher gestellt, dass es eine so genannte "Klo-Kette" gab, die man sich vor dem Gang auf Toilette erst vom Haken nehmen musste. Wenn ein anderes Kind schneller war, musste man so lange von einem Bein auf das andere trampeln, bis die Kette übernommen werden konnte und man der nächste war. Das konnte ganz schön knapp werden.

Außerdem waren die einzelnen Kloschüsseln durch Trennwände mit Schwingtüren voneinander abgegrenzt. Wenn also Erzieher nach dem Rechten sahen, konnten sie das Kind nicht auf dem Klo sitzend sehen. Wenn in Ausnahmefällen doch mal zwei Kinder in das Bad gelassen worden wären, dann hätten sie sich nicht während des Geschäftes sehen können.

Vor einigen Jahren bin ich dann in die neuen Bundesländer umgezogen und meine Kinder gehen oder gingen in hiesige Kindergärten, die alle ein gänzlich anderes Konzept verfolgen als die Einrichtung meiner Kindertage. Als einige meiner Bekannten und Verwandten aus dem Westen erfuhren, dass ich meine Kinder hier in den Kindergarten und die Krippe bringe, gab es bei vielen einen Aufschrei. Ich wurde wohlmeinend gewarnt, dass dort die Kinder in großen Gruppen gemeinschaftlich auf die Töpfe gesetzt werden, sich dabei unterhalten und sich beim Geschäft zusehen können. Ich solle mir doch sehr gut überlegen, ob ich meine Kinder diesen Einflüssen aussetzen wolle.

Ich habe meine Kinder diesen Einflüssen ausgesetzt. Man ist heute froh, wenn man überhaupt einen Platz in einer guten Kita bekommt. Wegen dem Konzept der Sauberkeitserziehung hätte ich den Platz nicht abgelehnt. Ich muss aber sagen, dass dieses gemeinschaftliche Sitzen mit sehr früh dazu geführt hat, dass es für meine Kinder völlig selbstverständlich aufs Töpfchen oder die Toilette gingen. Es ist unwahrscheinlich wie schnell Kinder voneinander lernen. Ich sehe die DDR Methode als viel effektiver an. Ich habe auch kein Problem damit, dass in den Kitas auch bei den größeren Kindern die Kloschüsseln nebeneinander hängen und kein Sichtschutz dazwischen ist. Es sind schließlich Kinder.

Wie seht ihr das? Welche Art der Sauberkeitserziehung in der Kita würdet ihr für eure Kinder bevorzugen, wenn ihr heute vor der Wahl stündet und frei entscheiden könntet? Habt ihr auch Vorbehalte gegen gemeinschaftliche Toilettengänge und warum? Hat die Sauberkeitserziehung in der Betreuungseinrichtung eurer Kinder einen Einfluss gehabt und wenn ja: Welchen und warum?

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge



Das einzige aus meiner eigenen Kindergartenzeit, woran ich mich irgendwie nicht erinnern kann, ist die Toilette. Ich weiß nicht, ob ich da überhaupt mal drauf war oder einfach nie musste. :think: Bei meinem Sohn im Kindergarten sind die einzelnen Klos auch durch Wände und Türen voneinander getrennt, es ist aber egal, wie viele Kinder da gleichzeitig drin sind und wenn mal zwei zusammen in eine Kabine gehen, ist es auch nicht schlimm.

Wie der Toilettenraum gestaltet ist, also ob sie Kinder sich nun gegenseitig sehen können oder nicht, ist meiner Meinung nach nicht so wichtig. Hauptsache, man geht locker und unverkrampft mit dem Thema um. Wenn ein Kind erstmal warten muss, macht es sich vielleicht in die Hose und wird dafür dann vielleicht auch noch ausgeschimpft. Dadurch bekommen die Kinder Angst und brauchen am Ende vielleicht noch länger, bis sie richtig trocken sind. Ich glaube oder hoffe aber nicht, dass es heutzutage noch Betreuungseinrichtungen gibt, bei denen die Sauberkeitserziehung auf eine so strenge Weise erfolgt.

Alle Kinder gleichzeitig auf den Topf zu setzen, befürworte ich aber auch nicht unbedingt. Sie sollten gehen, wenn sie das Gefühl haben, dass sie müssen und nicht irgendwie nach Zeitplan oder so. Das trägt nämlich auch nicht unbedingt dazu bei, dass sie es richtig einschätzen lernen. Bei den Kleineren muss man eben öfters mal nachfragen, ob sie auf Klo müssen.

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» Jessy_86 » Beiträge: 5456 » Talkpoints: 0,18 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


Das mit dem kollektiven Topfsitzen war nicht so gemeint, dass nur zu vorgeschriebenen Zeiten das Kind auf den Topf darf. Üblich ist in den Kitas die ich von meinen Kindern kenne, dass man schon gemeinschaftliche Zeiten hat. Beispielsweise nach den Mahlzeiten oder oder bevor alle raus gehen zum Spielen. Dazwischen wird natürlich individuell darauf eingegangen, wenn ein Kind zeigt oder sagt, dass es mal muss. Je nach Alter des Kindes kommt dann ein Erzieher mit oder kommt nur nach dem Geschäft zum Abputzen nach.

Das mit den festen Zeiten nach Mahlzeiten finde ich aber ganz praktisch. Zumindest bei meinen Kinder war da von recht klein auf immer ein Zusammenhang fest zu stellen, dass besonders häufig nach Mahlzeiten auch bald danach Stuhldrang vorhanden war. Warum sollte man solche Regelmäßigkeiten ungenutzt lassen?

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge



Ich bin ja nun auch ein DDR-Kind, aber bei uns waren vor knapp 40 Jahren schon Trennwände zwischen den Toiletten. Einzig die Töpfchen waren ohne Trennwände und die kollektive Sitzung hat dazu geführt, dass auch ich schneller sauber war, als der Durchschnitt. Das lag aber daran, dass ich eben auch ein paar Wochen vor dem ersten Geburtstag schon in die Kinderkrippe gehen durfte. Da ist dann wirklich der Gruppeneffekt bei mir vorhanden gewesen.

In dem Kindergarten meiner Töchter gab es auch Trennwände zwischen den Toiletten und nur die Töpfchenkinder konnten sich bei der Sitzungen untereinander sehen. Allerdings habe ich den kollektiven Toilettengang zu Hause mit meinen Töchtern zelebriert. Eben damit sie lernen, dass es normal ist auf das Töpfchen oder eben später zur Toilette zu gehen.

Und selbst heute, wo die Mädels schon zehn Jahre sind, nutzen sie ab und an die Gelegenheit mit mir zusammen die Toilette aufzusuchen. Besonders dann, wenn sie irgendwo fremd sind. Wenn sie dann mitbekommen, dass ich zur Toilette muss, dann gehen sie eben mit und nennen das noch immer fröhliches Familiengeschäft.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Ich erinnere mich persönlich nicht, wie das in meiner Kindheit gehandhabt wurde, aber ich habe für eine Weile in einem Kindergarten gearbeitet und kann beschreiben, wie die Kinder dort die Toilette benutzten.

Zunächst mal möchte ich sagen, dass es sich um einen kleinen Kindergarten in einem Dorf handelte, sodass es dort nur zwei Toiletten gab, was aber auch aufgrund der kleinen Anzahl von Kindern kein Problem darstellte. Die beiden Toiletten waren zwar voneinander getrennt, aber wir haben dort immer die Türen aufgelassen, wenn ein Kind auf der Toilette saß, und die Kinder haben das auch selbstständig so gemacht. Es hat sich auch nie jemand geschämt oder Schwierigkeiten damit gehabt, dass andere Kinder oder die Erzieher ihn eventuell sehen könnten.

Meiner Meinung nach ist falsche Scham bei Kindern im Kleinkindalter wirklich nicht angebracht. Gerade Kinder, die gerade erst lernen, auf die Toilette zu gehen, brauchen manchmal auch eine Weile, bis dann die ersten Tröpchen kommen, weil sie eben noch nicht daran gewöhnt sind, absichtlich auf die Toilette zu gehen. Und im Alter von zwei, drei Jahren wird einem Kind schnell langweilig, wenn es allein in einem Raum sitzt. Außerdem gehört es doch auch zur frühkindlichen Außeinandersetzung mit dem eigenen Körper dazu, dass man die Unterschiede zu anderen Kinder erkennt.

» channale » Beiträge: 1371 » Talkpoints: 37,37 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


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