Ab wann wird erklären und beraten zum belehren?

vom 07.03.2012, 23:24 Uhr

Das Wort belehren hat irgendwie einen negativen Beigeschmack finde ich. Wenn ich jemanden in der Schule etwas erkläre und ihm zur Seite stehe, dann kommt oft von anderen Mitschülern, dass ich mich belehrend anhöre. Was ist denn der Unterschied zwischen erklären, beraten und belehren?

Wenn ich in einem Geschäft beraten werden, belehrt mich dann die Verkäuferin? Wenn ich jemanden eine Hausaufgabe erkläre, belehre ich ihn dann? Wieso hat das Wort "belehren" so einen negativen Beigeschmack? Ich meine es ja nur gut wenn ich jemanden was erklären will.

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» MissMarple » Beiträge: 6786 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Es kommt aber darauf an, wie man was erklärt und wie sehr das vom gegenüber überhaupt erwartet und vor allem erwünscht ist.

Einfaches Beispiel, um bei deiner Verkäuferin zu bleiben. Du gehst in ein Geschäft und möchtest ein bestimmtes Buch kaufen. Du wendest dich an eine Verkäuferin und fragst sie wo das Buch steht. Daraufhin sagt sie dir, dass sie dir das Buch überhaupt nicht empfehlen kann, weil es nur doof ist und so vorhersehbar endet und keine Ahnung welche Gründe sie noch findet. Dann sagt sie dir, du musst unbedingt Buch Y lesen. Denn das sei ja gut für dich, weil du ja zu dick bist und in dem Buch sind wichtige Tipps zum Abnehmen. Also alles rein fiktiv- keine Ahnung ob du Übergewicht hast. Du stellst eine Frage und bekommst eine ganz andere Antwort, die überhaupt nichts mehr mit deiner Frage zu tun hat. Noch dazu bekommst du ungefragt Tipps zu einem Thema, welches du an sich eher vermeiden möchtest. Knapp gesagt, sie erklärt dir nichts, sondern belehrt dich.

Um das nun auf ein Schülerleben umzulegen. Ein Mitschüler fragt dich um Tipps zu den Hausaufgaben. Du gibst ihm die Tipps. Das ist erklären. Wenn du aber nun siehst, ein Mitschüler macht irgendwas anders als du und du mischst dich da nun ein mit so Sprüchen wie: Mach das besser so oder so, weil dann passiert das und das- dann ist das belehren. Unter anderem weil es einfach unerwünscht ist.

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge


Wie auch meine Vorrednerin, würde ich die Grenze zwischen erklären und belehren zum Teil dort ziehen, wo etwas unerwünscht und ungefragt ist. Erklären ist, wenn man sachlich Fakten darlegt, ohne auf die individuelle Situation zu stark einzugehen. Belehren ist etwas, das man ungefragt tut, man bringt eine Wertung ein, die nicht unbedingt erwünscht ist. Wenn man jemanden belehrt, heißt das immer ein Stück weit, dass man Verhalten oder Situationen bewertet, das ist rein subjektiv und muss nicht unbedingt richtig sein. Jemand, der belehrt, ist aber der Meinung, dass seine Art Dinge zu tun oder seine Meinung die Richtige ist, weswegen er sein Gegenüber dazu überreden will.

Erklären bedeutet für mich eben, Fakten objektiv darzulegen, Beraten ist etwas, wobei man seine Meinung zwar einbringt, aber im Gegensatz zum belehren nicht darauf beharrt und als einzig richtig betrachtet. Man könnte das Wort belehren meiner Meinung nach vielleicht mit dem Wort überreden gleichstellen.

Wenn eine Verkäuferin dich beim Kauf einer Hose berät, dann wird sie dir sagen, welche Größe am besten passt und welcher Stil und welche Farbe dir beispielsweise steht. Sie ist aber auch damit einverstanden, wenn du eine andere Meinung dazu hast. Versucht sie dich zu Anderem zu überreden, belehrt sie dich.

» TheDutchess » Beiträge: 537 » Talkpoints: 0,67 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Wenn eine Verkäuferin einem auf eine Frage eine ganz andere Antwort gibt als die, die man erbeten hatte ist das doch noch lange keine Belehrung! Gut, es ist ziemlich frech wenn die Verkäuferin einfach sagen würde "Lesen sie das nicht, sie sollten dies und das Lesen!". Dennoch ist das noch keine richtige Belehrung, sondern eine Empfehlung, weil die Verkäuferin unter einer subjektiven Wahrnehmung steht und nur eine Empfehlung, die ihrer Meinung nach passender wäre abgibt. Aber einen Lehrcharakter hat das überhaupt nicht und deswegen kann sie auch niemanden damit belehrt haben.

In dem Wort "Belehrung" steckt ja schon das Wort "Lehren". Wenn man jemanden etwas lehrt, dann bringt man ihm oder ihr etwas neues bei. Und wenn man jemanden belehrt, dann korrigiert man sein Verhalten. Das heißt, wenn jemand etwas falsch macht und man ihm nicht nur einfach sagt, wie es richtig gemacht wird (das wäre lehren), sondern auch noch definitiv aufzeigt welche Fehler er oder sie gemacht hat und auch ein Umdenken bezwecken will, dann ist dies eine Belehrung.

Die Belehrung hat deswegen einen negativen Beiklang, weil sie in der Regel eben bei einem Fehlverhalten angewandt wird. So werden zum Beispiel Jugendliche, die in der Innenstadt Skate-Board fahren immer belehrt, indem man ihnen sagt dass sie dort nicht skaten dürfen, warum sie das nicht dürfen, was für Konsequenzen ihr Verhalten haben kann, wie gefährlich es ist für die anderen Passanten und dass sie es in der Zukunft unterlassen sollen. Man hofft mit dieser Belehrung natürlich darauf, dass diese Jugendlichen nicht wieder in der Fußgängerzone skaten werden. Nur dann hätte die Belehrung auch einen Erfolg erzielt!

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» olisykes91 » Beiträge: 5367 » Talkpoints: 24,16 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



Dennoch ist das noch keine richtige Belehrung, sondern eine Empfehlung, weil die Verkäuferin unter einer subjektiven Wahrnehmung steht und nur eine Empfehlung, die ihrer Meinung nach passender wäre abgibt.

Du solltest dich dann doch bitte auf alle beziehen was ich geschrieben hatte. Die reine Empfehlung eines Buches ist sicherlich nur eine Empfehlung. In dem Moment in dem die Verkäuferin der Kundin aber sagt, dass sie das Lesen muss weil sie zu fett ist, da ist das keine Empfehlung mehr, sondern Einmischung in Sachen die sie nichts angehen- somit belehrt sie die Kundin schon ein wenig. Anders sähe es aus, wenn die Kundin speziell nach einem Buch gefragt hätte.

Klar gibt es auch Belehrungen, die einen (rechtliche) Sinn haben, wie in dem von dir genannten Beispiel. Aber der Themenstarterin ging es doch um was anderes. Und da geht es wohl mehr um ungewolltes Einmischen in Sachen die sie wahrscheinlich nichts angehen.

Nehmen wir ein anderes Beispiel. Wenn man in einem Krankenhaus als Patient ist, wird man, je nach Station und Erkrankung, über bestimmte Dinge aufgeklärt. Bei einer Infektionskrankheit etc. wird man mit Sicherheit über Hygienevorschriften belehrt. Was so weit auch sicherlich in Ordnung ist. Aber es nimmt einen oberlehrerhaften Charakter an, wenn nun ein Mitpatient, aufgrund seiner Vorbildung, der Meinung ist, allen andere Patienten ständig zu sagen, hast du das und das schon gemacht und du musst das jetzt machen und du musst das so und so machen, denn nur meine Art ist die richtige. Das ist der Punkt an dem Belehren einfach nur nervt.

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge


LittleSister hat geschrieben:Du solltest dich dann doch bitte auf alle beziehen was ich geschrieben hatte.

Ich habe mich auf alles bezogen, was du geschrieben hast :wink: . Für mich ist das in deinem Beispiel eben keine richtige Belehrung und deine Argumentation überzeugt mich nicht so richtig, aber auch das heißt ja nicht, dass sie nicht richtig wäre oder so. Wenn du so etwas als Belehrung empfindest ist das ja auch total legitim. Ich finde aber, dass das keine Belehrung ist sondern eine Empfehlung und auch ferner ziemlich dreist, weil sie sich eben wie du es geschrieben hast in Sachen eingemischt hast, die sie nichts angehen.

Bei deinem Beispiel mit den Patienten im Krankenhaus muss ich dir aber vollkommen zustimmen, da wird ein Patient von einem anderen belehrt und das würde mich auch total nerven und ich würde wohl versuchen, ein anderes Zimmer zu bekommen . :lol:

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» olisykes91 » Beiträge: 5367 » Talkpoints: 24,16 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


Der negative Beigeschmack des Wortes belehren rührt wohl weniger daher, dass man eine Person über deren Rechte und Pflichten belehren kann, sondern eher daran dass es auch die umgangssprachliche Wendung gibt – jemanden eines Besseren zu belehren. Das bedeutet ja, jemandem dessen Irrtum zu beweisen oder ihn von etwas zu überzeugen.

Vielleicht sind es genau die letztgenannten beiden Bedeutungen, die man in Deinen Erklärungen sieht, MissMarple, dass Du einfach versuchst andere von etwas zu überzeugen. Das ist ja gar nicht mal immer verkehrt. Ein Problem wird es nur dann, wenn das Gegenüber dabei sein Gesicht verliert – genau das will doch niemand. Die meisten Personen haben zwar nicht unbedingt ein Problem damit einen Irrtum zuzugeben – sich also eines Besseren belehren zu lassen – aber niemand möchte dabei sein Gesicht verlieren!

Im Prinzip gilt das doch in allen Lebenslagen so. Wenn mich die schon oft zitierte Verkäuferin so belehrt, dass ich dabei mein Gesicht wahren kann, dann werde ich diese Empfehlung wohl eher annehmen als wenn ich da irgendeine Empfehlung vorgeknallt bekomme.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich würde den Unterschied zwischen beraten und belehren darin sehen, dass das eine freiwillig ist, einem das andere aber aufgezwungen wird. Um eine Beratung bitte ich, aber eine Belehrung wird mir erteilt.

Um mal bei dem Beispiel der Schüler zu bleiben: Wenn ich Probleme mit einer Mathematikaufgabe habe und meinen Tischnachbarn frage, was ich da falsch mache, und wie er auf das Ergebnis kommt und dieser mir das dann erläutert, dann berät er mich und er hilft mir. Das ist etwas, wovon ich profitiere, das mir hilft und das ich wollte.

Rechne ich allerdings gerade an dieser Aufgabe und mein Tischnachbar beugt sich zu mir herüber, schaut was ich da mache und fängt dann an mir zu sagen, dass ich das so und so nicht machen kann, und dies und jenes der bessere Weg ist, ohne dass ich ihn um seine Meinung gefragt oder seine Hilfe erbeten habe, dann belehrt er mich. Er mischt sich in dem Moment in etwas ein, was ihn gar nichts angeht. Er meint das in dem Moment sicher nur gut und ist der Meinung, mir zu helfen, doch mich nervt es in dem Moment und es bringt mich auch aus dem Konzept. Gerade weil ich das Problem vielleicht selber suchen und verstehen wollte, kann ich eine Einmischung von Außen sicher nicht gebrauchen. Diese Belehrung ist daher unerwünscht.

Dann gibt es natürlich noch den Fall, dass etwas sogar als Beratung anfängt, aber dann nach und nach zu einer Belehrung wird. Jemand fängt an, eine erbetene Hilfeleistung zu geben, hört aber dann nicht dort auf, sondern wirft noch ein paar gute Ratschläge hinterher, die primär nichts mit der Sache zu tun hatten.

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» Endymion » Beiträge: 1015 » Talkpoints: 21,43 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


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