Wer ist der Gläubiger der verschuldeten Länder?

vom 23.10.2011, 01:28 Uhr

Viele Länder sind ja im Moment in der Eurokrise und haben Schulden ohne Ende. Die Länder brauchen Geld, weil sie milliardenhoch verschuldet sind. Aber wer ist denn der Gläubiger dieser Länder? Wer bekommt dieses Geld, wenn die Länder dann das Geld bekommen und dann ihre Schulden abtragen wollen? Ich weiß, dass es für manche hier vielleicht eine saublöde Frage ist. Aber wenn ich Schulden habe und mir Geld leihen will um Schulden zu begleichen, dann wartet ja schon jemand darauf, dass ich ihm das Geld gebe.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



In den meisten Fälle sind es Banken und Versicherungen bzw. Finanzinstitute im Allgemeinen. Dazu zählen auch Fondsgesellschaften, die mit ihren Kundengeldern auch Staatsanleihen kaufen.

Griechenland und auch die anderen Länder der Welt geben immer wieder Staatsanleihen raus um an frisches Geld zu kommen, dass sie dann für ihre Zwecke einsetzen können. So gibt zum Beispiel Deutschland immer wieder neue Tranchen ihrer Bundesanleihen raus. Diese werden zum Teil von Banken direkt gekauft, zum Teil werden sie von anderen Institutionen aufgekauft. Damit erhält der Staat Geld mit dem er z.B. Schulden tilgen kann oder was auch immer damit anstellt. Es gibt hier 2 verschiedene Anleger Gruppen, die größte stellt, wie eben schon erwähnt der Bankensektor da, die zweite Gruppe sind Privatanleger wie du und ich. Die Banken dürfen diese Staatsanleihen auch an ihre Kunden weiter verkaufen, so wird wieder dem Normalverbraucher ein hoher Zins vorgegaukelt und das Risiko dahinter oft verschwiegen. Ich möchte derzeit nicht im Besitz einer Griechenlandanleihe sein.

Wenn nun ein Land durch sein Steueraufkommen diese Anleihen an die institutionellen Anleger wie auch an die Kleinanleger nicht mehr bedienen kann, dann passiert das, was gerade mit Griechenland passiert und vor einigen Jahren auch mit Argentinien passiert ist. Die Anleihen verlieren extrem an Wert und das Land bekommt auf dem Markt kein Geld mehr durch Anleger, weil eben die Risiken viel zu groß werden. Die ominösen Ratings von S&P und co spielen dabei auch immer eine nicht unwichtige Rolle.

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» martin22 » Beiträge: 231 » Talkpoints: 0,58 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Dumme Fragen gibt es nicht. Also keine Angst. Dumme Antworten habe ich dafür genügend auf Lager.

Vielleicht sollte man aufgrund deiner Frage noch ausdrücklich darauf hinweisen, dass es keinesfalls auch nur ein Grieche ist, der das Geld bekommt. Es geht bei der Aktion nur darum, den Gläubigern den Hintern zu retten, nicht etwa dem griechischen Bauarbeiter Konstantin Anistopulus. Das Geld wird sozusagen "durchgereicht".

Die Struktur der Gläubiger hat sich in den letzten Monaten schon deutlich geändert, denn Griechenland hat ja schon Geld aus "dem großen Topf" erhalten, mit dem man dann die bisherigen Gläubiger bedient hat. Den "großen Topf" bedienen aber die Steuerzahler, also wir Europäer. Deswegen sagt man auch, dass die Banken zwar die Gewinne eingestrichen haben, die Risiken, die normalerweise ja die Banken übernehmen müssten, nun aber durch die erneute Bankenrettung sozialisiert werden. Vielleicht erklärt das auch, warum Banken, Versicherungen, Fonds und was weiß ich wer, trotz der bekannten Risiken ihr Geld an die nun "Angeklagten" verliehen haben. Vor der Finanzkrise I waren die Preisunterschiede der Anleihen nämlich keineswegs so sehr unterschiedliche, wie die Bewertung heute ist, was wiederum die Rating-Agenturen dumm aussehen lässt. Erst die Folgen der Finanzkrise I haben die Schulden in den Ländern erheblich ansteigen lassen und so die Zinserhöhungen für frisches Geld ausgelöst.

Zudem muss man immer auch unterscheiden, ob ein Staat Schulden im eigenen Land oder ggü. dem Ausland hat und in welcher Währung er diese Schulden hat. Entsprechend unterschiedlich wird damit umgegangen.

Bedenke immer, dass ein Staat kein Familienvater ist und man die Thematik deswegen so auch nicht beurteilen kann. Ursachen und Wirkungen sind hier völlig anders. Wenn Papa spart, verringert das seine Schulden, weil er die damit abtragen kann. Wenn Staat spart, verringert das die Einkommen in weiten Bereichen, mit der Folge, dass Steuereinnahmen und Zahlungen in die Sozialsysteme einbrechen und höhere Aufwendungen im Bereich sozialer Unterstützung notwendig machen. Insgesamt ein Minusgeschäft.

Und noch etwas: Schulden sind nicht schlecht. Sie sind notwendige Voraussetzung für das Funktionieren des Kapialismus. Ohne Schuld gibt es kein Sparen. Das ist allerdings eine längere Abhandlung. Jedenfalls auch hier taugt der Vergleich mit dem Familienvater nicht, von wegen "über die Verhältnisse leben".

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» Richtlinie2 » Beiträge: 1872 » Talkpoints: -0,63 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



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