Warum suchen adoptierte Kinder die leiblichen Eltern?

vom 06.10.2010, 18:39 Uhr

Ich sehe im Fernsehen immer wieder Berichte wo Kinder, die adoptiert wurden, nach ihren leiblichen Eltern suchen. Und ich kann es immer noch nicht verstehen. Ok, ich selber wurde nicht adoptiert und kann es von dem her nicht so genau sagen, aber ich denke, die Eltern sind doch diese Leute die mich aufziehen. Da interessieren mich die anderen ja nicht. Warum sucht man nach den leiblichen Eltern?

Ich meine, wenn man jetzt schon 20 Jahre alt ist und seit der frühesten Kindheit bei den Adoptiveltern lebt, dann sind das doch meine Eltern. Was veranlasst ein adoptiertes Kind nach den anderen Eltern zu suchen. Sicher gibt es immer wieder Fälle wo sie die richtigen Eltern freuen die Kinder zu sehen, doch oft ist es das genaue Gegenteil. Warum fügt man sich so einen Schmerz zu, wenn man doch ein schönes Leben hat? Ich persönlich würde nicht nach meinen leiblichen Eltern suchen und es wäre mir auch egal wenn ich es nie erfahren würde, dass ich adoptiert bin. Aber anscheinend sehen das viele anders. Warum macht man sich auf die Suche. Sicher könnte es interessant sein die Wurzeln zu finden, aber ist es das Wert?

» wiesel » Beiträge: 1303 » Talkpoints: 0,26 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Als jemand, der nicht adoptiert worden ist, wird dies wohl auch niemals wirklich nachvollziehbar sein, aber es hat schon etwas besonderes, wenn man die wirklichen Blutsverwandten kennenlernt - und Eltern insbesondere. Es ist so, wie Geschwister, die ausseinander gerissen wurden und sich dann Ewigkeiten später wieder sehen. Ich habe dazu mal bei Quarks&Co eine Reportage gesehen und denke, dass es sich da sicherlich ähnlich verhält.

» Nikolaus100 » Beiträge: 11 » Talkpoints: 4,95 »


Ich denke das ist für diese Kinder ein sehr wichtiger Schritt in der eigenen Identitätsentwicklung. Wenn Kinder wissen, dass sie adopiterit sind, dann wollen sie ihre leiblichen Eltern kennenlernen, weil diese einfach ein Teil von ihnen sind. Sie machen sich Gedanken darüber, sie stellen sich ihre Eltern bildlich vor und fragen sich wie sie vom Charakter her sind und vor allen Dingen fragen sie sich, warum sie abgegeben worden sind. Das alles sind ungeklärte Fragen, die das Kind bedrücken und die es endlich beantwortet haben will.

Haben die Kinder hre leiblichen Eltern erstmal kennengelernt und rausgefunden, was sie wissen wollte, verfliegt das Interesse oftmals wieder. Es sind dann aber auf jeden Fall alle Fragen geklärt und das Kind wird sich im Alter nicht fragen, wieso es nie nach seinen Eltern gesucht hat und es bereuen. Es gibt natürlich auch adoptierte Kinder, die ihre leiblichen Eltern nicht kennenlernen wollen, weil sie einfach der Meinung sind sie müssten sich nicht um sie kümmern, wenn die Eltern sie nicht haben wollten.

Ich finde beides völlig in Ordnung und ich kann wirklich verstehen, wieso adoptierte Kinder ihre leiblichen Eltern kennenlernen wollen. Vielleicht mag es einem außenstehendem merkwürdig vorkommen, aber wäre man wirklich ein einer solchen Situation, wäre die Sichtweise einfach eine ganz andere.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich kann schon verstehen, wenn adoptierte Kinder ihre leiblichen Eltern suchen. Ich würde es sicher auch machen. Ich glaube, es geht hier nicht darum, dass man neue oder andere Eltern sucht. Die Kinder können durchaus ein sehr gutes Verhältnis zu ihren Adoptiveltern haben und sie werden diese Eltern wohl auch immer als ihre Eltern sehen, die sie eben großgezogen haben.

Dennoch glaube ich, dass wohl fast jedes Adoptivkind irgendwann einmal an einem Punkt ankommt, wo man seine eigenen Wurzeln kennen möchte. Natürlich ist es nicht schön, wenn man dann von der eigenen leiblichen Mutter trotzdem abgelehnt wird, aber ich glaube, dass auch diese schmerzvolle Erfahrung wichtig ist, um mit sich selber ins Reine zu kommen.

Weiß man nicht, wer seine leiblichen Eltern sind, wird man womöglich auch nie wissen, warum man zur Adoption freigegeben worden ist. Das würde mich glaube ich schon brennend interessieren. Dabei geht es aber nicht unbedingt um Vorwürfe, sondern einfach nur um die Information, die man wohl von seinen eigenen Eltern hören möchte. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass man seine leiblichen Eltern auch ein wenig näher kennen möchte. Wer sind sie? Wo wohnen sie? Was war damals los? Was machen meine Eltern jetzt?

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» tournesol » Beiträge: 7751 » Talkpoints: 67,06 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Ich habe letztens eine sehr interessante Sendung gesehen über das Ich-Bewusstsein. Darin wurde unter anderem auch erklärt das man sein "Ich" aus seinen Erfahrungen und auch aus seiner Herkunft entwickelt.

Wenn man dann irgendwann erfährt das man adoptiert ist, fehlt scheinbar manchen etwas, was für das Ich-Bewusstsein wichtig ist. Sei es aus dem Grund das sie schon immer geahnt haben das ihre Eltern nicht die Eltern sind oder weil sich mit dem neuen Wissen eine Lücke öffnet, die vorher nicht da war und die mit der Suche und dem möglichen Kennenlernen wieder geschlossen wird.

Ich fand das schon sehr plausibel und konnte es danach wesentlich besser verstehen warum es für einige wichtig ist, andere kommen auch ohne das Nachforschen zurecht. Ich denke das kommt auch auf den Typen Mensch an und eventuell auch wie sehr man sich mit seiner Adoptivfamilie identifiziert.

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» aries24 » Beiträge: 1748 » Talkpoints: 9,84 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Ich denke, dass eine wesentliche Grundfrage der Menschen ist, woher wir kommen und wohin wir gehen. Um diese Frage zu beantworten machen sich die Menschen zu 99,9 Prozent auf die Suche nach ihren Wurzeln, da sie einfach wissen möchten, wer ihre Eltern sind. Gerade wenn man adoptiert ist, ist doch der Schock sehr groß, dass es nicht die eigenen leiblichen Eltern sind und die meisten Kinder sind zwar verständnislos, warum sie weg gegeben wurden, allerdings siegt dann meistens die Neugierde, oder eben, der natürliche Drang, sich selber zu finden, indem man seinen Stammbaum kennen lernt.

Jedes Kind und sei es noch auch gar nicht adoptiert, hat schon einmal im Leben das Gefühl gehabt, adoptiert zu sein und hat auch hinter die Kulissen geschaut und nachgefragt, bis es von überall her die Bestätigung erhalten hat, dass seine Eltern die richtigen Eltern sind. Jedenfalls ging es mir als Kind so, da wir einen Nachbarjungen hatten, der nicht bei seinem leiblichen Vater aufwuchs. Ich habe meinen Eltern, meinen Großeltern, Verwandten und Bekannten die Frage gestellt, ob ich adoptiert wäre und alle haben verneint.

» nordseekrabbe » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Auch ich habe Probleme mich in die Lage hineinzuversetzen da ich kein adoptiertes Kind bin. Ich kann mir aber sehr gut vorstellen wie es sein muss zwar Pflegeeltern zu haben die einen lieben und die man selbst ebenfalls liebt, jedoch nicht zu wissen woher man kommt. Ich würde mich fragen wie meine leiblichen Eltern aussehen, ob ich Ähnlichkeit mit ihnen habe und auch, wenn mir der Grund nicht vorher schon geliefert wurde, warum sie mich zur Adoption freigegeben haben. Waren meine Eltern zu jung? Hatten sie selbst Probleme?
Wenn ich den Grund dann kenne, würde ich ein Gespräch mit ihnen halten wollen um sich einfach auszusprechen.

Das alles tut ja keinen Abbruch an der Liebe, die man für seine Pflegeeltern hegt, die einen großgezogen, ernährt und geliebt haben. Aber ich kann sehr gut verstehen das Adoptionskinder viele Fragen haben und nach Antworten suchen, die ihnen die Pflegeeltern nicht geben können.

» yuuhi » Beiträge: 281 » Talkpoints: 2,41 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Das ist ein Phänomen, welches ich auch nicht wirklich nachvollziehen kann. Ich bin ohne Vater aufgewachsen, der aber irgendwo existiert. Der Mann ist mit mir blutsverwandt, was auch die einzige Verbindung zwischen uns darstellt. Wenn ich diesem Menschen gegenüber stehen würde, dann würde ich ihm auch nicht gerührt in die Arme fallen. Er ist schließlich ein Fremder, der nie Interesse an mir gezeigt hat. Warum sollte er mich dann interessieren? Genauso verhält es sich bei Adoptivkindern, aber trotzdem haben sie einen Drang in sich die richtigen Eltern kennenzulernen.

Ich glaube gerade in der Teenagerzeit sind viele unzufrieden mit den Eltern, die sie haben und fangen an sich Traumwelten aufzubauen. Dabei fantasiert dann ein adoptiertes Kind vielleicht davon von Übermenschen abzustammen, berühmten Popstars oder Schauspielern, die man anhimmeln kann.
Ich denke mit dem Älterwerden legt sich der Wunsch auch wieder.

» JeanSmith » Beiträge: 422 » Talkpoints: 4,88 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ich bin der Meinung, dass darüber eigentlich niemand urteilen kann, der nicht selbst adoptiert wurde. Menschen, die bei ihren leiblichen Eltern aufgewachsen sind können sich doch gar nicht in die Lage hinein versetzen von jemandem, den die leiblichen Eltern einfach weggegeben haben.

Ich kann mir schon vorstellen, dass ein Mensch einfach wissen möchte, wo er her stammt. Die Menschen wollen wahrscheinlich auch die Gründe verstehen, warum sie abgegeben wurden. Es muss ja eine unglaublich starke psychische Belastung sein, wenn man weiß, dass die eigene Mutter einen nicht wollte. Vielleicht ist die Suche nach den leiblichen Eltern auch die einzige Möglichkeit, um mit diesen Problemen fertig zu werden. So könnte ich es mir auf jeden Fall erklären.

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» Prinzessin_Erika » Beiträge: 2010 » Talkpoints: 6,28 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Generell denke ich, dass jedem Menschen seine Wurzeln wichtig sind. Egal in welcher Form. Und es gibt ja nicht nur die emotionale Form. In meiner Familie ist es zum Beispiel so, dass die Mutter meiner Mutter, bei der Geburt meiner Mutter verstarb. Eine Krankheitsgeschichte konnte deshalb nie absolut richtig aufgestellt werden. Und das verfolgte meine Mutter auch bis ins Alter. Denn man wusste nie, was die Mutter vielleicht noch in sich getragen hatte.

Der Vater meiner Mutter hat wieder geheiratet und es gibt noch mehr Kinder aus der neuen Beziehung. Und meine Mutter hat noch eine leibliche ältere Schwester. Wir haben da nie drüber gesprochen, wie sie das Ganze so erlebt hat. Oder wir haben es negativ vermittelt bekommen. Aber im Grunde ist sie wie ein Adoptivkind aufgewachsen. Und ich glaube schon, dass sie ihre Mutter gerne kennengelernt hätte. Wobei die leibliche Großmutter noch lebte und die beiden Mädchen viel Zeit bei ihr verbrachten. Sprich Kontakt zur Ursprungsfamilie war da.

Die Cousine einer Freundin ist auch adoptiert. Das war ein bitter gehütetes Familiengeheimnis. Die Eltern haben es dem Mädchen nie gesagt. Meine Freundin hat es aber wohl gewusst. Auf alle Fälle drängte das Jugendamt irgendwann, dass man es dem Mädchen sagen muss. Die Beziehung zu den Adoptiveltern ging daran kaputt. Das Mädchen, mittlerweile eine junge Frau, lebt ein Leben weit ab von den Wertevorstellungen der Familie meiner Freundin. Kein schlechtes Leben. Auch ein organisiertes Leben. Aber ich glaube das wäre anders gelaufen, wenn sie damit aufgewachsen wäre. So war es eher ein Schock.

Ich kenne zwei Fälle in denen die Kinder wohl nicht in Deutschland geboren wurden, aber von deutschen Familien, oder Familien die in Deutschland leben, adoptiert wurden. In dem einen Fall wurde das Kind wohl ausgesetzt. Die junge Frau hat da heute noch mit zu kämpfen. Warum wollte man sie nicht? Warum entsorgte man sie wie Abfall und so weiter. Allerdings ist sie auch eher aus dem asiatischem Raum. Da die Eltern noch zu finden dürfte schwierig sein. Vielleicht würde es ihr aber helfen, ihre Vergangenheit zu bewältigen.

Einen jungen Mann lernte ich nach einem Suizidversuch kennen. Eindeutig nicht deutscher Herkunft. Aufgewachsen in einer Familie die ihm an sich alles bieten konnte. Zumindest materiell. Wie es emotional aussah, habe ich keine Ahnung. Aber er hatte enorme Probleme damit, dass er seine Wurzeln nicht kennt. Das er adoptiert ist, wusste er aber wohl schon früh. Da man ihm seine nicht- deutsche Herkunft aber ansah, war es sicherlich nicht einfach. Auch wenn er in einer Zeit aufgewachsen ist, in der so was kein allzu großes Problem mehr war.

Ich kann nachvollziehen, dass man seine Wurzeln kennen möchte. Meine Mutter ist vor wenigen Jahren gestorben und ich denke manches mal schon, ich würde gerne das und das noch gerne von ihr wissen. Sachen über die mir keiner mehr Auskunft geben kann. Oder meine Tante erzählt mir Sachen, von denen ich nichts wusste oder die von unserer Mutter ganz anders dargestellt wurden. Und mir würden einige Fragen einfallen, die ich stellen würde, wenn ich adoptiert worden wäre. Klar kann die Sache auch negativ ausfallen. Aber ich finde es besser, so Sachen zu klären, als sie in sich rein zu fressen.

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge


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