Privatfernsehen = Hartz IV TV?

vom 15.02.2010, 19:12 Uhr

Wenn man sich das Fernsehprogramm der Privatsender in Deutschland einmal anschaut, dann stellt man fest, dass nur noch Sendungen kommen, die als "Doku-Soaps" bezeichnet werden. Auf RTL kommen Sachen wie "Verdachtsfälle" und "Familien im Brennpunkt" und auf Sat1 kommen "Richter Alexander Hold" und "Richterin Barbara Salesch". Hierbei wird auf frei erfundene Fälle eine Stunde lang herumgetrampelt und dazwischen machen die Sender noch ordentlich Werbung. Dabei handelt es sich immer um Personen, die arbeitslos sind und auch keine Arbeit wollen oder um Alkoholiker und Drogenabhängige, die ihr Leben nicht im Griff haben.

Meine Frage ist nun, warum es am Nachmittag auf den privaten Sendern nur noch derartige Serien gibt? Irgendwo muss es ja herkommen und die Einschaltquoten müssen ja auch gut genug sein, sonst wären diese Sendungen ja längst schon wieder abgesetzt worden. Gibt es also wirklich Leute die sich das Tag für Tag anschauen? Würden sich die Leute nicht viel mehr über einen guten Film oder eine lehrreiche Sendung freuen? Schreibt doch mal ob ihr diese Sendungen auch regelmäßig schaut und was ihr für Vorschläge für ein Alternativprogramm hättet.

» Bordon » Beiträge: 74 » Talkpoints: 0,17 »



Es ist schon wirklich erstaunlich, dass diese Richter- oder Doku-Soaps (damit meine diese ganzen Problemshows mit Beziehungsproblemen, Familienproblemen usw) solche Einschaltquoten erzielen. Wer schaut denn sowas? Da frage ich mich schon, wer denn zwischen 14 und 16 Uhr da das Fernsehen einschaltet. Das die Frage da aufkommt, ob das nicht genau die Personen sind, die auch in diesen Shows dargestellt werden, kann ich da schon nachvollziehen.

Aber solange die Einschaltquoten stimmen, wird kein Privatsender das Programm ändern. Gerade in den letzten Jahren sind diese Doku/Realitysoaps doch total in Mode gekommen. Dort werden Problemkinder, Verschuldete und ganze Familien in Lächerliche gezogen.

Früher hat man sich den neusten Klatsch aus dem Treppenhaus oder vom Friseur geholt und sich über Problemfamilien aufgeregt, so nach dem Motto: Schau mal die von gegenüber haben schon wieder Ehekrach. Ich hoffe ihr wisst, wie ich das meine. Heute bekommt man das Nachmittags auf dem Teller serviert. Da sitzt man vor dem Fernseher und denkt sich: Oh Gott, da schau Dir doch mal diese chaotische Familie an. Niemand hinterfragt wieviel dann davon echt ist oder auch nur gestellt.

Da ich zu diesen Zeiten garkein Fernsehen schaue, würde sich für mich da auch nichts, wenn das Programm geändert würde. Aber es wäre schonmal schön zu sehen, dass vielleicht einige Sender nicht nur ihren finanziellen Nutzen in den Vordergrund stellen, sondern vielleicht auch eine Art Bildungsfernsehen darstellen. Da würden sicherlich ein paar wirkliche Dokumentation mehr, nicht schaden.

» girasol28 » Beiträge: 74 » Talkpoints: 41,48 »


Oh ja und Sendungen wie we are family, 2 bei Kalwass und Britt kommen auch noch dazu. Man kann zwischen 13 und 17 Uhr echt fast jeden Sender einschalten und findet nur solchen stupiden Schrott.

Sucht man allerdings irgendwas bei dem man einfach nur abschalten will, dann sind die Sendungen wirklich ideal, denn man brauch hier nicht wirklich hinhören, irgendwas kreischen die immer umher das einen oberflächlich unterhält und man kann echt super dabei einschlafen, falls man ein Mittagsschläfchen braucht.

Ich hab schon mal überlegt ob es gerade solche Sendungen am Nachmittag in dieser Masse gibt, weil das angesprochene Publikum mit ihnen identifizieren kann. Wer ist denn zu der Zeit zu Hause: sicherlich die eine oder andere Frau in Mutterschaft, aber die haben oft besser Sachen zu tun und eben sehr viele Arbeitslose, unter Anderem Hartz Vierer ohne Perpsektiven. Davon gibt es in Deutschland ja sehr viele und einige von ihnen können sich sicher mit diesem Programm indentifizieren, dann noch welche wie mich, die sich das mangels anderer Sendungen ansehen und ein paar ältere Leute und Rentner. Schon hat man einiges an Zuschauern zusammengesammelt und selbst wenn nicht viele Zuschauer zusammenkommen. Die Produktionen sind ja eh nur auf Billig gemacht und somit muss man wohl eh nicht viel damit einnehmen können.

Oft gucke ich mir solche Sendungen auch nur deswegen an und mich darüber kaputt zu lachen wie schlecht die eigentlich gemacht sind. Das schockiert ja einen ja wirklich manchmal für was die Sender da Geld ausgeben.

Bedenkt man denn das bevor es diese ganzen Sendungen gab, der Nachmittag voller Talkshows war, dann frage ich mich ob sich da wirklich etwas verändert hat an den Themen, denn die ganzen Shows wie Arabella und Co. haben ja auch nur Schrott behandelt. Da kam dann mal ein Dezitonner und hielt sich für Miss Sexiest Alive oder eine Teeniemama, dann noch ein paar die ihren Partner betrügen. Also für mich gibts da nicht wirklich einen Unterschied. Lediglich die Machart der Sendungen hat gewechselt.

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» pichimaus » Beiträge: 2016 » Talkpoints: 6,99 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Ich bin nachmittags ebenfalls zu Hause und bin auch durch meine Krankheiten Hartz4-ler geworden. Trotzdem schaue ich mir diese Sendungen nicht an. Nicht jeder alg2 Empfänger hat keine Perspektive...Eine Bekannte von mir schaut sich diese Serien allerdings regelmäßig an, damit sie sieht wie gut es ihr doch geht sagt sie.

Wenn mein Sohn von der Schule kommt dann wird gegessen und Hausaufgaben gemacht und er verzieht sich dann mit Freunden in sein Zimmer oder flitzt draußen rum. Ich kann dann neben der Hausarbeit Radio hören, das bringt mir mehr als diese Serien. Früher habe ich die Talkshows mal geschaut, als die gerade anfingen modern zu werden, aber nachdem nur noch Vaterschaftstests, Sex und Übergewicht als Thema anstanden wurde es mir auch zu blöd.

Die Gerichtsshows und Dokusoaps sind nicht mein Fall. Da belasse ich es lieber bei meinem Radiosender. Vielleicht bringen sie diese Serien auch um diese Uhrzeit weil sie irgendwie die Zeiten füllen möchten und sich eher denken, da schaut eh Keiner wirklich zu also gibt es auch keine Beschwerden? Denn ich denke mal das auch Vieles wiederholt wird und da sich Keiner die einzelnen Folgen merkt fällt es nicht auf wenn eine Folge dreimal im Monat wiederholt wird.

Im Übrigen muss ich auch sagen das ich erstaunt war zu lesen, das es die Kallwass und die Richtersendungen noch gibt. Vielleicht ist es auch eine abgemachte Weise uns von der Glotze fern zu halten? Sprich: Je miserabler die Sendung desto weniger Leute sitzen vor dem TV und tun was für ihre Gesundheit? Es wird ja beklagt das wir zu dick sind. Ich kenne Einige die den Fernseher eh nur laufen haben um Hintergrundgeräusche zu haben und irgendwelche Stimmen hören damit sie sich nicht allein vorkommen oder weil sie die Ruhe sonst nicht ertragen.

» Julchen1978 » Beiträge: 59 » Talkpoints: 32,01 »



Warum es diese Sendungen (noch) gibt, liegt doch auf der Hand: Es gibt genügend Zuschauer dafür, die einschalten und sich das ansehen. Sender sind mit dem Absetzen von TV-Sendungen (und auch serien) sehr schnell, wenn sie merken, dass es sich nicht lohnt und die Zuschauerzahlen im Keller bleiben. Das merkt man besonders bei Serien, die dann plötzlich nach nur wenigen Folgen aus dem Programm fliegen, oftmals sogar mitten in einer Staffel.

Vielleicht ist es bei den Sendungen ähnlich wie damals bei "Eine schrecklich nette Familie"; jeder kann sagen "Die sind echt schlimm, diese Leute. Gut, dass es bei uns nicht so schrecklich ist." Denn um das zu erreichen, was da gezeigt wird, muss wirklich schon eine Menge schiefgelaufen sein. Ich guck mir diese Sendungen nicht an, bekomme den Inhalt aber sporadisch mit, wenn ich zappe oder irgendwer darüber spricht. Das genügt mir dann auch.

Meine Theorie ist daher, dass die beliebt sind, weil sie zeigen, dass es woanders noch schlimmer ist. Denn sehr wahrscheinlich zielen diese Sendungen ja auf die Zielgruppe Hartz4-Empfänger, sozial schwache Leute, Problemfamilien und ähnliche ab. Oder auch auf Leute, die von solchen Fällen fasziniert sind, wie sie auch von Verkehrsunfällen fasziniert sind.

» Morgaine » Beiträge: 2701 » Talkpoints: 9,09 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Nun ja, ich würde das jetzt nicht ganz so stark verallgemeinern. Also ich würde nicht sagen, dass Privatfernsehen generell gleich Hartz IV-TV ist. Aber was das Nachmittagsprogramm angeht, was ja ab 14:00 Uhr startet mit der Sendung "Mitten im Leben" und endet mit "Die Schulermittler" um 17:00 Uhr, das nenne ich auch scherzhaft Hartz IV-TV. Aber nicht, weil ich die Empfänger vom ALG II damit diskriminieren will, sondern weil diese Doku-Soaps immer dann laufen, wenn die meisten arbeiten müssen.

Gut, "Familien im Brennpunkt" läuft um 16:00 Uhr, das könnte ich dann auch sehen, da ich ja da schon zu Hause bin. Ich musste letztens so lachen, da hat sich Dieter Nuhr in einer Show über diese Sendungen lustig gemacht. Er meinte, da spielen Assis Assis für Assis. :lol:

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» Jacqui_77 » Beiträge: 2718 » Talkpoints: 19,87 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Dieses Privatfernsehen bringt allerdings eine gewisse Bildung in leichter Form. Mit leichter Form sei natürlich gemeint, dass man einfache Themen nur leicht anreißt. So beschäftigen sich einige Leute wieder etwas mit einigen Problemen. Man bekommt so gesehen wieder einige Leute zu gewissen Aktivitäten.

Natürlich sind die dargestellten Themen in Wahrheit keine echten und realen Probleme. Aber gewisse Leute müssen eben Probleme haben, damit sie sich erst ein mal ernst genommen fühlen. Und die gezeigten Probleme oder Inhalte im Privatfernsehen haben ja einen Bezugspunkt zur Realität. Allerdings ist dieser Bezugspunkt sehr gering. Daher wird es das Privatfernsehen auch immer geben denke ich.

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» karlchen66 » Beiträge: 3563 » Talkpoints: 51,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Mal ganz ehrlich: ich denke, man sollte vielleicht in Zukunft erst einmal darüber nachdenken, ob der Begriff „Hartz-4-TV“ so fair ist. Ich habe Fernsehsendungen wie „Frauentausch“ und Co. gern selbst so bezeichnet, aber wenn wir mal überlegen, was wir mit diesem Begriff aussagen wollen, so ist dieser ganz schön anmaßend, oder nicht? Eigentlich meinen wir damit nämlich nichts anderes als „Dummenfernsehen“, allerdings ist es wirklich eine Frechheit, Arbeitslosengeld2-Empfänger als allgemein dumm zu bezeichnen.

Zu Deiner eigentlichen Frage kann ich sagen, dass ich mir tatsächlich dieses Dummenfernsehen hin und wieder antue, und zwar ganz absichtlich und sogar mit Spaß. Ich würde mich nun zwar nicht unbedingt als dumm bezeichnen wollen, aber manchmal sind diese Sendungen wirklich sehr kurzweilig und insofern sehr unterhaltsam. Besonders bei haushaltsbezogenen Tätigkeiten, bei denen man gern irgendeine Form von Unterhaltung hat, sich aber nicht die ganze Zeit auf die Inhalte des Fernsehprogramms, sofern man sich für dieses als Unterhaltung entscheidet, konzentrieren kann, sind Sendungen wie „Mitten im Leben“ eine echte Lösung. Man versteht den Inhalt in der Tat auch, wenn man nicht alles mitbekommt und zwischendurch ein Paket annimmt, das der Hermes-Paketbote vorbeibringt. Auch tut es nicht sonderlich weh, das Programm zu unterbrechen, um etwas ganz anderes zu tun und vielleicht sogar das Haus zu verlassen, auch ohne, dass man später das Gefühl hat, einem sei etwas entgangen.

Generell verstehe ich Deinen Ärger über diese Form von „leichter Unterhaltung“ definitiv und auch ich halte es für bedenklich, dass Sendungen dieser Art von so manchem als ernsthafte Unterhaltung angesehen werden. Aber es scheint dennoch eine breite Masse zu sein, die Unterhaltung dieser Art nicht nur wünscht, sondern auch konsumiert, denn andernfalls würden sich Formate dieser Art eben nicht auf dem Markt halten oder gar bewähren können, das hast Du ganz richtig erkannt.

Wenn Du nun also weiter schlussfolgerst, dass Sendungen wie Gerichtsshows und „Real-Life-Dokus“ von manchen als Zeitvertreib gesehen und von anderen als ernsthafte und gute Unterhaltung empfunden und aus diesen Gründen auch angeschaut werden, so ergibt sich daraus eine klare Antwort auf Deine Frage, ob genau diese Menschen sich nicht mehr über einen guten Film oder eine lehrreiche Sendung freuen würden, weil diese ja genau das darstellen würden, was Zuschauer der oben genannten Sendungen bereits erhalten: sehenswerte Unterhaltung.

Im Prinzip funktioniert es im Fernsehen doch auch nicht anders als in der Presse. Zeitschriften wie der Spiegel oder der Stern werden (ausgesprochen gut) verkauft, aber die Yellow Press und diverse Frauenzeitschriften oder sonstige weniger anspruchsvolle Zeitschriften verkaufen sich ebenfalls sehr gut und diese gibt es, jedenfalls scheint es mir so, doch in deutlich größerem Umfang als die ernsthaften und ratgebenden Zeitschriften. Dem Leser ist es teilweise doch sogar regelrecht willkommen, wenn er seichte Unterhaltung erfährt, manchmal will man nichts anderes. Es kann also durchaus sein, dass jemand, der den Stern kauft, in einem Wartezimmer auch gern mal die Frau im Spiegel liest.

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» moin! » Beiträge: 7218 » Talkpoints: 22,73 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Ich merke das auch jeden Tag. Wenn ich von der Arbeit nach hause komme, dann mache ich eigentlich in den meisten Fällen erst einmal den Fernseher an. Dort kommt um die Zeit dann aber meistens X-Diaries. Das ist meiner Meinung nach ein perfektes Beispiel für die aktuellen "Hartz 4 Sendungen" im Fernsehen.

Ich finde es ziemlich peinlich, dass nur noch solche Fernsehsendungen momentan ausgestrahlt werden. Bei den meisten dieser Sendungen werden die Schauspieler dafür bezahlt um sich entweder bloß zu stellen oder absolut lächerlich zu machen. Wenn ich als Arbeitgeber einen Bewerber hätte, der schon einmal in einer solchen Sendung mitgespielt hat, würde ich diesen definitiv nicht einstellen.

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» hennessy221 » Beiträge: 5132 » Talkpoints: -1,94 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


Ich würde nun diese ausgestrahlten Sendungen nicht als "Hartz IV-Fernsehen" aufgrund von dem nicht vorhandenen Bildungswert so benennen, sondern eher, dass Leute, die (leider) Sozialgelder beziehen, die Zeit haben, sich so etwas anzusehen. Man könnte es genauso gut als "Rentner-Fernsehen" oder so benennen, aber das tut nun ja auch keiner.

Das, was am Nachmittag so ausgestrahlt wird, sind günstige Eigenproduktionen. So gibt man als Sender nicht unnützes Geld aus und holt dann die Kosten für teurere Produktionen oder eingekaufte Serien nicht mehr herein. Bei den Eigenproduktionen ist der Verlust nicht so schlimm, sollte es überhaupt einen Verlust geben. Und dass nun der Begriff Hartz IV in diesem Zusammenhang fällt, kann auch daran liegen, dass die Laiendarsteller eben eher zu den Beziehern von Hartz IV gehören. Nicht alle, aber ein Großteil wird als solcher doch so dargestellt.

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge


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