Porno und Gewalt - was macht das aus unserer Gesellschaft?

vom 13.01.2011, 10:24 Uhr

Wir sind ja hier im Internet und wie jede(r) weiß, gibt es eine ganz einfache Formel: Internet = Porno. Das geht inzwischen so weit, dass in unserer Kultur Porno einfach überall ist. Im Alltag wurde z. B. in der Kleidung von Frauen und Mädchen, die Ästhetik dieses Genres übernommen. Man schaue sich nur mal an, was heute für Schuhe getragen weden. Früher (vor 20 Jahren) wurden solche Schuhe nur von Prostituierten getragen, waren quasi tabu, heute sind die in jedem Club normal. In jeder Disco und auf den Straßen kann man erleben, wie Männer mit entsprechenden Codes um die weiblichen Wesen balzen. In meinen Augen ist das ein klarer Bruch zur Zeit vor dem Internet.

Was mich wundert, die Entwürdigung und Degradierung von Frauen hat sich dabei im Grunde noch verstärkt (wenn ich es mal mit den Pornos der 70er Jahre vergleiche), noch mehr als früher, wird Frau als williges Objekt männlicher Begierde dargestellt. Seltsam ist nur, dass heute wohl auch Frauen Pornos anregend und okay finden - da hat sich was geändert.

Bekannt ist ja, dass Pornos vor allem in Männerkreisen gerne gesehen sind. Offensichtlich sind die aber auch sozusagen in der Mitte des Lebens angekommen, was heißt: Auch Frau schaut heute Porno. Wenn ich es richtig interpretiere (ich habe da noch ein, zwei - allerdings wenig repräsentative - Studien im Sinn), dann schauen Männer und Frauen gerne auch mal zusammen, wobei Männer das i. d. R. alleine tun und Frauen so gut wie nie alleine. Ich unterstelle damit, dass Mann Frau auch mal ganz gerne dazu drängt, sich Frau aber heute i. Ggs. zu früher auch ganz gerne mal drängen lässt. Okay, verwende ich lieber mal den Begriff: Frau lässt sich "verführen". Ich vermute aber mal, dass Frau das i. d. R. tut, um Mann einen Gefallen zu tun. Porno dürfte also weiterhin weitestgehend "männlich" sein, wobei die Zielgruppe sich in den letzten Jahren geändert hat. Früher vom "heimlichen Wichser" konsumiert, hat heute "Jedermann" Spaß dabei.

Besonders auffällig ist für mich dieses Verhalten bei jüngeren Menschen. Ich erlebe auch im Freundes- und Bekanntenkreis, dass sich Eltern immer häufiger diesem Thema stellen müssen, weil ihre Sprösslinge heute schon im Grundschulalter "irgendwie" Kontakt zu der Sache bekommen. Na klar, meistens ist es wohl das Internet. Und da sind viele Eltern selber unmündig - entsprechend hilflos sind dann die Reaktionen.

Man muss wohl heute davon ausgehen, dass ein großer Teil der Kinder heute alles gesehen hat, bevor sie in die Pubertät kommen, spätestens in der Pubertät trifft es auch die letzten. Natürlich haben auch wir früher Pornoheftchen, Super-8 Filmchen oder auch Videokassetten gesehen, aber das waren "Rein-Raus-Nummern", Ränkelspiele mit der Hausangestellten, Verführung im Pferdestall mit dem Duft nach Ledersätteln - lächerliche Nummern.

Heute gibt es nichts mehr, was es nicht gibt. Dazu kommt die Konfrontation mit Gewalt. Wer will, kann heute Bilder von zerstückelten, gesprengten, gefolterten, zerquetschten Menschen sehen, die den Sprengstoff in sich tragen, alleine vom Ansehen Traumata auszulösen. Ich habe mir genau einmal so etwas angesehen und selbst als gestandener Mann muss ich sagen, das hat mich so schockiert, dass ich nur jedem raten kann: Schaut weg. Aber was bewirkt das erst in Kindern oder Jugendlichen? Das ist das eine Problem. Wie damit umgehen? Ich denke, weghalten kann man Kinder davon kaum, was also macht ihr?

Die zweite Problematik sehe ich darin, wie das alles Menschen und damit unsere Gesellschaft verändert? Ich denke, dass die Freiheit des Internets nur eine kurze Zwischenperiode ist, dieses zuviel an Demokratisierung werden sich die Mächtigen auf dieser Welt nicht ewig gefallen lassen. Der Ruf nach Regulierung wird ja immer lauter (natürlich nicht mit der Begründung des Schutzes vor Porno, sondern vor der Götze des Terrorismus) und spätestens seit der Treibjagd auf Assange sollte auch dem letzten klar sein, dass der Hase kaum noch wohin laufen kann und der Genickschlag nur noch eine Frage der Zeit ist. Aber getreu dem Motto "Brot und Spiele" wird man uns wohl das Thema "Porno" lassen und das verändert Menschen und deren Umgang miteinander, vor allem, wenn es so früh anfängt wie heute. Was also denkt ihr, wie sich unsere Gesellschaft insgesamt verändern wird, vor dem Hintergrund permanenter Pornoisierung und Gewalt? Ist das überhaupt ein Problem?

» Meerbuscher » Beiträge: 398 » Talkpoints: -14,49 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich kann deine Gedanken eigentlich nicht so richtig nachvollziehen. Sex und Gewalt sind solange die Menschheit existiert schon allgegenwärtig und gehören irgendwie auch zu unserem normalen Leben was uns täglich prägt. Sicherlich hat man durch unsere Medienvielfalt heute leichter Zugang um diese Informationen zu erhalten, aber irgendwann ist auch die größte Neugier befriedigt wenn so etwas alltäglich ist.

Natürlich gibt es eine Menge Gesetze die unsere Jugend schützen sollen. Das es bei der Umsetzung manchmal hapert ist natürlich auch jedem klar. Hier ist Selbstdisziplin und Eigenverantwortung gefragt, auch der Erziehungsberechtigten. Wer über 18 Jahre alt ist, ist nun einmal nach dem Gesetz erwachsen und muss damit selber klar kommen. Ich denke auch dass es ein frommer Wunsch ist mit Zwangsmitteln auf Gewalt, Sex und Volksverdummung in den Medien zu verzichten, so etwas treibt die Macher in die Illegalität und wird damit noch interessanter.

Ich bin wirklich der Meinung dass die ständige Präsenz von Sex und Gewalt abstumpft. Schau dir doch einmal die täglichen Nachrichten an. Wer interessiert sich denn noch für den Krieg in Afghanistan, die Gewalt in Tunesien und Ägypten oder die sexuellen Eskapaden mancher Stars? Man hört es und vergisst es sofort wieder weil es für die meisten völlig uninteressant ist.

Deinen Vergleich mit der Bekleidung der damaligen Prostituierten und der heutigen Mode finde ich toll, allerdings halte ich es für gewagt dass auf die Freizügigkeit des Internets zurückzuführen. Ich denke auch damals haben die Frauen schon gerne Pornos geschaut, es gab aber keine große Auswahl an Filmen die sie auch gut fanden. Auch Sexshops gab es damals schon wo auch Frauen gerne einkauften. Das heute mehr darüber gesprochen wird kann sicherlich unter anderem auch auf das Internet zurückgeführt werden, ich denke aber auch hier ist es normal geworden darüber zu sprechen weil uns dieses Thema permanent umgibt und die Masse der Frauen auch selbstbewusster sind als noch ihre Mütter und die wiederum selbstbewusster waren als ihre Mütter. Ich sehe immer noch meine Urgroßoma vor mir wie sie sich die Augen zugehalten hat wenn sich im Fernsehen ein Paar küsste, schamlos hat sie immer gemurmelt.. :wink:

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» hooker » Beiträge: 7217 » Talkpoints: 50,67 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Hallo Meerbuscher, vielleicht könntest Du Deine Gedankengängen mal einfach ein wenig weiter ausführen. Da wäre erstens die These, dass es eine einfache Gleichung (zumindest für mich ist das keine Formel) gäbe, dass Internet = Porno sei. Ich denke mal, dass Du mit Porno die Pornografie - also die Darstellung menschlicher Sexualität - meinst. Und dann wäre das Internet ebenfalls die Darstellung menschlicher Sexualität. Ich denke allerdings, dass das Internet das gesamte Leben und nicht nur einen Teilbereich des Lebens abbildet. Dass dazu die Sexualität gehört, ist völlig klar. Ebenso klar ist, dass das Internet die Sicht auf einige Dinge verzerrt, dass einigen Bereichen mehr Aufmerksamkeit gewidmet wird, anderen weniger.

Dass Frauen sich nun auch anders kleiden und sich eben auch offen zum Konsum von Pornografie bekennen hat für mich weniger mit dem Internet zu tun. Denn das kann man immer mal wieder beobachten, dass es Sprünge gibt, in denen dann etwas in Mode kommt, was Jahre zuvor noch undenkbar war. Dass dass mit zunehmender Sexualisierung zu tun hat, ist sicher nur ein Teil der Wahrheit. Das Internet beschleunigt die Entwicklung sicher auch, aber alleinige Schuld hat das Internet mit Sicherheit nicht.

So eben auch der Gewalt. Die von Dir besagten Fotos gab es sicher auch schon vor dem Boom des Internet. Allerdings wird es durch das Internet und besonders das Mitmach-Internet einfacher, diese Fotos und auch Beschreibungen zu verbreiten und es wird auch einfacher, sich diese zu Gemüte zu führen. Das betrifft aber doch nicht nur die sexuelle Gewalt sondern ist alltäglich, daher ist für mich auch die Wahl des Forums Liebe, Sex & Partnerschaft eher unpassend.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich möchte mich nochmal, um eure Antworten kümmern. Leider ist mir das Thema etwas durchgegangen, ich habe es gerade erst wiedergefunden.

JotJot hat geschrieben:[...]Da wäre erstens die These, dass es eine einfache Gleichung (zumindest für mich ist das keine Formel) gäbe, dass Internet = Porno sei.[...] Ich denke allerdings, dass das Internet das gesamte Leben und nicht nur einen Teilbereich des Lebens abbildet. Dass dazu die Sexualität gehört, ist völlig klar.

Nicht, dass ich mit der provozierenden These falsch verstanden werde. Natürlich ist das Web nicht nur Porno und Gewalt. Aber zumindest ist Pornographie im Netz ominpräsent, ja sie beherrscht das Netz und ist auch eine der Triebfedern für die technische Entwicklung des Netzes. Es gibt da für mich wenig überraschende Fakten. Fast jeder zweite Surfer (meist Männer) sucht im Web nach nackten Tatsachen. Etwa 12 % aller Webseiten sind Pornoseiten, ca. 25 % aller Suchanfragen haben Bezug zu sexuellen Themen. Bei Google wird das Suchwort "Sex" weit häufiger getippt, als z. B. "Reise, Wetter, Gesundheit, Jobs" - zusammen. Die gesamte Branche hat einen Umsatz von ca. 100 Milliarden US-Dollar (incl. Pay-TV, Hotlines, DVD-Verkäufen u. a.). Fang mal an zu zählen: Amazon, Ebay, Google usw. - zusammen. Warum stehen heute so viele PC im Wohnzimmer (mit steigender Tendenz)? Dann frage mal die Steigerung der Zugriffszahlen von Youporn ab und vergleiche das mit der Steigerung bei den gängigen Videoportalen mit seriösen Filmen. Wo vermutest du die größten Zuwächse? Pornos bekommst du an jeder Ecke im Internet und es wird immer mehr, immer einfacher, immer aufdringlicher. Ich denke da auch z. B. an die Werbung von Youporn oder MDH. Diese Seiten existieren, weil die User dort ihren Content einstellen und es wird immer mehr. Jeder hat hier Zugriff, es gibt keine Altersbeschränkungen. Und natürlich treibt diese Industrie und die Nachfrage nach Porno auch die technische Entwicklung voran - das allerdings war schon immer so (Buchdruck, Kino, Fotoabzüge, Videokassetten, DVD, DSL usw.).

Natürlich hat es das schon immer gegeben, aber ich meine, es war nie so präsent wie heute und es gab nie diese totale Aufgabe jeglicher Hemmungen. Desgleichen gilt für die Darstellung von Gewalt (und ich meinte hier gar nicht mal die sexuelle Gewalt). Ich rede ja nicht von Bildern, die man in den Nachrichten sieht. Ich rede von zerfetzten Körpern, von geplatzen und eingeschlagenen Köpfen, von was weiß ich noch. Eben Bilder, die normalerweise allenfalls ein Kriegsbeteiligter oder in Ausnahmefällen ein Feuerwehrmann zu sehen bekommt und die so im Fernsehen nie gezeigt würden - auch hier ist die Quelle das Web 2.0. Auf jeden Fall Bilder, die dazu geeignet sind, ein kleines Trauma hervorzurufen. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass das keine Auswirkungen auf Menschen hat, wenn es sich so darstellt, wie es heute der Fall ist. Und wenn du solche Bilder noch nicht selber gesehen hast, dann lass es lieber und suche nicht. Ansonsten frage einfach mal "auf der Straße" die richtigen Jungs.

Auch die Frage, ob das abstumpft, würde ich mit "Ja" beantworten. Aber das würde eben eine Veränderung in der Gesellschaft bedeuten. Im Gespräch mit Heranwachsenden und Jugendlichen erkenne ich zumindest in Hinsicht auf Sexualität sehr oft schon eine Riesenerwartungshaltung. Da gibt es kein Entdecken und Erforschen mehr, da "wird die Alte klargemacht", "in die Fresse gef*ckt" und ihr dann "der A*sch gestopft". Wie die Realität aussieht, ist dann eine andere Sache. Jedenfalls gibt es da bei vielen eine Verrohung, die ich so aus meiner Jugend nicht kenne. Dass sich auch beim Thema Gewalt einiges geändert hat, kann man ja problemlos den Medien oder "der Straße" entnehmen. Hier halte ich zwar die Wirkung des Netzes nicht für so drängend, wie bei Thema Pornographie, aber sie ist doch da (denke ich nur an diese netten kleinen Videos, in denen die Schulkameraden verprügelt werden).

» Meerbuscher » Beiträge: 398 » Talkpoints: -14,49 » Auszeichnung für 100 Beiträge



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