Warum darf Samen eines Verstorbenen nicht verwendet werden?

vom 30.09.2010, 23:35 Uhr

In diesem Beitrag Meldung eines verstorbenen Samenspenders? geht es ja um die rechtliche Seite, dass ein Samenspender, beziehungsweise seine Erben, die Spendenstelle informieren muss, falls der Spender verstirbt. Aus dem verlinkten Artikel geht hervor, dass der Samen eines verstorbenen Spenders nicht mehr verwendet wird.

Aber warum ist das so? Wir haben ja noch andere Thread, in denen es generell um das Thema Samenspende und der Umgang durch das Kind damit geht. Dort wird ja auch auf eventuelle Unterhaltsansprüche und Erbansprüche geschrieben. Ist das vielleicht der Grund, warum von verstorbenen keine Samenspende mehr verwendet wird?

Ein anderer Grund könnte natürlich sein, dass der Verstorbene an einer Krankheit verstorben ist, die ja quasi mit seinem Samen weiter gegeben wird. Aber was ist wenn der Samenspender zum Beispiel durch einen Verkehrsunfall oder Mord gestorben ist? Oder ist einfach auch die Grundlage, dass man eventuell in späteren Lebensjahren auftretende Erkrankungen nicht mit dem Samen weiter geben möchte und man durch einen frühzeitigen Tod ja auch nicht abschätzen kann, an was der Samenspender eventuell noch erkrankt wäre, wenn er älter geworden wäre?

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge



Ich kenne (allerdings nicht persönlich, sondern von Zeitungen) wo ein verheiratetetes Pärchen eine künstliche Befruchtung mit dem Samen des Mannes machen wollte. Der Mann hat eben Samen für seine Frau gespendet. Die wurden dann eingefroren. Zu einem späteren Zeitpunkt hätte die Frau damit befruchtet werden sollen. In der Zwischenzeit ist der Mann jedoch an einem Verkehrsunfall gestorben.

Die Frau hat sehr darum gekämpft, dass sie trotzdem mit den Samen befruchtet wird, weil sie gemeint hat, dass sich das auch sicher ihr Mann so wünschen würde. Die Gerichte waren jedoch dagegen, eben weil es dieses Gesetz gibt, dass Samen von Toten nicht verwendet werden dürfen.

Soweit ich mich noch erinnere, wurde als Begründung angegeben, dass eben jedes Kind das Recht auf seinen Vater hat. Wenn dieser aber von Anfang an tot ist, dann nimmt man dem Kind dieses Recht. Nun dürfte es bei Samenspenden rechtlich gesehen auch ziemlich wirr zugehen. Wie in anderen Threads bereits zu erkennen ist, ist eine Samenspende zwar prinzipiell anonym. Aber auch hier kommt immer wieder das Argument, dass der Vater zum Beispiel für Unterhalt herangezogen werden kann, weil eben das Kind das Recht auf den leiblichen Vater hat und ihn so eventuell ausfindig machen kann.

Hier geht es denke ich einmal um den gleichen Gedanken. Wenn ein Kind demnach das Recht auf den leiblichen Vater hat, und der dann eben von Anfang an tot ist, nimmt man dem Kind wohl das Recht. So sehe ich es jedenfalls von der neutralen Seite. Sonst muss ich sagen, dass ich dieses Gesetz vor allem bei Samenspenden nicht verstehe.

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» tournesol » Beiträge: 7749 » Talkpoints: 66,19 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Dieses Verbot wurde 1991 im Embryonenschutzgesetz (EschG) verankert, die Gründe werden aber nicht weiter erläutert. Natürlich könnte eine Rolle spielen, dass das aus der Spende resultierende Kind keine Möglichkeit hat jemals Kontakt zu Vater aufzunehmen; allerdings sehe ich das nicht als alleinigen Grund. Schließlich gibt es genügend Kinder deren Vater erst nach der Zeugung stirbt, spurlos verschwindet oder auch einfach nur von der Mutter des Kindes aus dem gemeinsamen Leben verbannt wird. Vermutlich hat auch das Selbstbestimmungsrecht des Verstorbenen etwas damit zu tun.

Auch wenn die Samenspende zu Lebzeiten stattgefunden hat, ist es doch denkbar, dass der Spender sich gegen die Verwendung entschieden hätte wenn er noch am Leben wäre. Schließlich wäre es ja möglich, dass der Tode nur dann zustimmen würde, wenn er das Kind mit seiner Frau gemeinsam aufziehen und vermeiden möchte, dass ein anderer Mann die Vaterrolle übernehmen kann. Hier werden wohl ethische Grundsätze angewendet um die Selbstbestimmung über den Tod hinaus zu gewährleisten und Missbrauch zu vermeiden.

Außerdem hätte die Befruchtung auch Folgen: Im Falle der Frau, die das Sperma ihres verstorbenen Ehemannes zur Befruchtung verwenden möchte vermutlich so, dass ein Erbberechtigter gezeugt würde. Stirbt der Ehemann vor seinen Eltern, wäre das aus der postmortal erfolgten künstlichen Befruchtung entstandene Kind automatisch Erbe des Nachlasses der Eltern des Toten da die Vaterschaft genetisch nachgewiesen und richterlich anerkannt werden kann. Das Kind träte in diesem bei der Erbfolge an die Stelle des Vaters. Ein Erbstreit wäre unter Umständen vorprogrammiert. Vielleicht spielt das auch eine Rolle?

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» ichwars » Beiträge: 562 » Talkpoints: 3,76 » Auszeichnung für 500 Beiträge



@tournesol: Die Frau ist nur damit durchgekommen, dass die Eizellen bei ihr eingesetzt wurden, weil die Eier schon befruchtet waren, bevor der Mann starb Wenn Witwen einen Kinderwunsch haben . Wenn die Eizellen noch nicht befruchtet gewesen wären, hätte man laut des Embryonenschutzgesetzes nicht den Samen des toten Mannes verwenden dürfen.

Selbst Samenspender können den Vertrag mit dem Institut ja jederzeit lösen und sagen, dass sie nicht mehr wollen, dass der Samen verwendet wird. Ein Toter kann das aber nicht machen.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Ich weiß nicht, ob wir jetzt von den gleichen Fall reden, aber in Neubrandenburg war auch so eine Situation. Der man starb auch und hatte aber Samen für seine Frau gespendet. Dieser durfte dann auch nicht genutzt werden, aber nach längeren Rechtsstreit bekam die Frau dann trotzdem Recht und konnte sich befruchten lassen. Die Todesursache des Mannes war ein schwerer PKW Unfall.

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» karlchen66 » Beiträge: 3563 » Talkpoints: 51,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


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