Erste Hilfe leisten

vom 29.11.2007, 20:44 Uhr

Obwohl man es eigentlich zumindest einmal im Leben vor der Führerscheinprüfung hatte, wissen die wenigsten wie sie richtig erste Hilfe leisten sollen. Einerseits aus Angst, dass sie denjenigen verletzen könnten andererseits aus Furcht, für mögliche Schäden durch falsche Erste Hilfe belangt zu werden.

Manch einer will damit auch einfach nicht zu tun haben und zieht die Flucht der ersten Hilfe vor – unterlassene Hilfeleistung ist strafbar und man sollte nicht auf den nächsten Vertrauen, der es dann richtet, denn die Überlebensrate eines Unfallopfers hängt stark vom persönlichen Einsatz ab.

1. Man sollte, wenn man erste Hilfe leistet, natürlich nicht zum Selbstlosen Helfer mutieren, sondern auch an den Selbstschutz denken – also Warnblinkanlage an, Warndreieck, Knicklichter, Warnweste. Möglichkeiten gibt es genug um sich an dunklen Straßenabschnitten abzusichern.

2. Prüfen ob das Opfer ansprechbar ist, wie? Indem man es einfach laut anspricht und nachsieht ob es bei Bewusstsein ist.

3. So oder so sollte man als Ersthelfer Hilfe rufen, damit jemand den Notarzt verständigen kann. Passiert dies nicht, selber rufen, wenn möglich. Wenn auf den Hilferuf nicht reagiert wird, Feuer rufen, das hilft meistens.

4. Wenn das Opfer bewusstlos ist, Atemwege öffnen. Dazu überstreckt man den Kopf des Opfers nach hinten und öffnet den Mund.

5. Überprüfen ob das Opfer noch atmet – geht ganz einfach indem man das Ohr über den Mund des Opfers hält und Richtung Brustkorb blickt.

6. Bei Kreislaufstillstand (z. B. keine Atmung) die 112 wählen (Notruf) um das Eintreffen der Notretter und den Einsatz eines Defibrillators zu gewährleisten. Dazu ist es dringend nötig, den Notruf schnell abzusetzen jede Hilfe zählt.

7. Das Gehirn des Opfers mit Sauerstoff durch Kompression versorgen um den Hirntod zu verhindern – dazu wird die Hand in der Mitte des Brustkorbes angesetzt und gedrückt.

8. Eine Beatmung kann entweder über Mund oder Nase künstlich erfolgen – Faustformel für die Beatmung & Kompression: 30 Stößen folgen 2 Beatmungen. Dies muss solange wiederholt werden, bis das Unfallopfer wieder Lebenszeichen von sich gibt (Atmung, Puls…) oder bis der Notarzt an Ort und Stelle eingetroffen ist und den Patienten übernehmen kann.

Vielleicht kann Sorae hier noch ergänzend erwähnen, was man noch tun sollte oder anders machen sollte.

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» Subbotnik » Beiträge: 9308 » Talkpoints: -7,05 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Selbst wenn man richtig aufgeregt ist und meint alles Falsch zu machen, ein Ersthelfer kann nichts verkehrt machen, es ist wichtig das überhaupt etwas gemacht wird !

Bevor man überhaupt etwas anfängt, selbst die Ruhe bewahren, dass hilft nicht nur dem Patienten (Opfer hört sich gleich so dramatisch an) und dem Ersthelfer selbst.

Notruf
Erste Hilfe muss nicht gleich das aktive Handeln am Patienten beeinhalten, ihr helft schon wenn ihr den Notruf wählt. In manchen Bundesländern ist zusätzlich zur 112 (Feuerwehr) auch noch die 19 222 (Rettungsdienst) aktiv. Da sich diese Nummer aber im Notfall nicht so einfach aus dem Gedächtnis abrufen lässt, entweder die 112 oder die 110 wählen. Das ganze wird dann an den Rettungsdienst weitergegeben. Die Fragen des Leistellenpersonals sind nach einem festen Schema bei jedem Anruf die selben und gehen nach den 5 W-Fragen:

- Wo ist der Einsatzort (Name des Anrufers, Rückrufnummer (!), Adresse)
- Was ist Geschehen
- Welche Verletzung / Beschwerden / Erkankungen
- Wieviele Personen sind verletzt / betroffen
- Warten auf Rückfragen

Bitte nicht ungeduldig werden, nur wenn die Fragen beantwortet werden kann der Leitstellendisponent sich ein Bild von der Einsatzsituation machen, denn er ist nicht vor Ort und kann auch nicht Hellsehen. Ein unbeduldiges "schicken Sie doch jemanden" hilft weder dem Patienten noch jemand anderen. Solltet ihr vor Aufregung nicht wissen was er alles wissen will, die Kollegen helfen euch und stellen die Fragen.

Wie Subbotnik sagte, auf den Eigenschutz aufpassen. Es hilft niemanden wenn aufeinmal mehr Patienten am Einsatzort sind. Das Beispiel ist jetzt von einem Verkehrsunfall ausgegangen, aber auch im Haushalt darauf achten. Sollte jemand z.B. im Badezimmer in einer Pfütze liegen, erst den Sicherungskasten aufsuchen und die Hauptsicherung ausschalten. Selbst wenn davon ausgegangen werden kann, dass der Schutzschalter gefallen ist, trotzdem nachschauen gehen auch wenn dadurch Zeit verstreicht ! Begebt euch aus falschem Heldenmut auch nicht in unnötige Gefahr indem ihr z.B. in ein brennenes Haus rennt.

Bewusstseins- & Atmungsüberprüfung:
Zusätzlich zum lauten Ansprechen, noch einen sogenannten Schmerzreiz setzen indem ihr den Patienten kräftig in die Haut oberhalb des Schlüsselbeines kneift. Dabei keine falsche Scheu, lieber einmal zu feste gekniffen. Sollte der Patient keine Reaktionen zeigen, die Atmung überprüfen. Dabei den Kopf nach hinten Überstrecken (Reklinieren), damit der Zungengrund nicht die Atemwege verlegt.
Ca. 15 Sekunden mit dem Ohr über Mund und Nase des Patienten gehen und mit dem Kopf Richtung Brustkorb blicken. Sollte noch Atmung vorhanden sein, wird der Patient in die stabile Seitenlage gebracht.

Reanimation:
Bei keiner Atmung fängt für Laien der Reanimationszyklus an. Dabei wird mit 30 Kompressionen in der Mitte des Brustkorbes (Mittig zwischen den Brustwarzen) begonnen*. Danach erfolgen 2 Beatmungen. Am besten Funktioniert dies, wenn der Ersthelfer den Mund des Patienten verschliesst und die Nase in den Mund nimmt, und durch die Nase beatmet. So schafft man es einfacher, die Lücken dicht zu bekommen und dem Patienten genug Sauerstoff in die Lungen zu pusten. Sollte es an einem öffentlichen Ort (Bahnhof / Einkaufspassage o.ä.) geschehen, andere Passanten nach einem Laiendefi auch AED oder Frühdefibrillationsgerät genannt schicken. Sollte es dann vor Ort sein, die zwei Klebeelektroden auf die Patientenbrust aufkleben und das Gerät anschalten. Wie dann weiter vorzugehen ist, sagt einem dann das Gerät. Die Handhabung ist nicht sonderlich schwer, da es nur 3 Tasten auf diesem gibt.
Diese Maßnahmen solange durchführen, bis medizinisches Fachpersonal in Form eines Rettungsassistenten, Rettungssanitäters oder Notarztes eintreffen oder der Patient wieder zu sich kommt.

*Viele wissen nicht wie schnell oder langsam man drücken muss um das "Optimum" zu erreichen. Man sagt eine Frequenz von 100 pro Minute - das hört sich jetzt schwer an ist es aber gar nicht. Wenn das Lied "Yellow Submarine" bekannt ist einfach die Melodie im Kopf durchgehen lassen, und schon habt ihr das Tempo.

Tipps & Tricks:
- Öfters einmal durchwechseln, d.h. andere Ersthelfer drücken lassen da die Kraft mit der Zeit nachlässt und die Kompressionen schwächer werden.
- "Yellow Submarine" summen, in Gedanken dran denken o.ä. hilft euch auch einen "klaren" Kopf zu behalten
- andere Leute dazu auffordern euch zu helfen, die meisten kommen freiwillig sobald der erste am Patienten ist und Hilfe leistet
- an jedem Einsatzort gibt es "Gaffer", bindet diese mit ein indem ihr Aufgaben verteilt (Notarztruf, AED Gerät holen , Decken holen zum Wärmeerhalt, auch einmal Drücken lassen)
- solltet ihr euch Ekeln vorm Beatmen oder Angst vor Krankheiten haben, es gibt Beamtungshilfen -> z.B. Ambu Life Key
- macht auf euch Aufmerksam, gerade in unübersichtlichen Gegenden freuen wir uns über Einweiser die Winken damit wir wissen wo wir hin müssen
- lasst euch nicht Reinreden von Gaffern, zieht euer Ding durch denn ihr habt den Mut zu helfen im Gegensatz zu Leuten die nur neunmalkluge Sprüche von sich geben
- "falsch machen" könnt ihr nichts, niemand ist euch böse wenn es nicht perfekt ist. Ihr hattet 8-16 Stunden zum lernen, das Fachpersonal mehrere Jahre !

Vergesst nicht, ihr seit unsere einzigste Hilfe dem Patienten zu helfen und ihn zu retten. Die Hilfsfrist beträgt 10 Minuten, die ersten Schäden durch Sauerstoffmangel beim Kreislaufstillstand treten nach 3 Minuten auf. Nur Ersthelfer die handeln und nicht nur gucken, können diese Zeit überbrücken und das Outcome des Patienten verbessern !

Allerdings beeinhalten die Lebensrettenden Sofortmaßnahmen nicht nur die Reanimation sondern auch Verbände anbringen, Helmabnahme bei verunglückten Motorradfahrern. Wer darüber mehr Erfahren möchte, darf sich gerne an mich wenden.

Liebe Grüße
Sorae

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge


Ich hab da mal eine Frage zu den Beatmungshilfen:
Es gibt auch Beatmungstücher. Was ist Deiner Meinung nach sinnvoller?
Kann man diese Hilfsmittel eigentlich auch mehrmals benutzen oder sollte man sie nach Gebrauch durch ein neues ersetzen?
Dein Bericht hat mich nämlich angeregt, mir so etwas zuzulegen, normalerweise ekle ich mich so schnell vor nichts. Aber im Ernstfall? Ich weiß es nicht, und wenn da so ein kleines Hilfsmittel einem anderen das Leben retten kann.

Im übrigen kann ich allen Führerscheininhabern nur raten auch mal wieder ein Erste Hilfe Training zu besuchen. Ich hab festgestellt, dass ich das meiste noch im Kopf hat, aber ein bißchen Praxis hat nicht geschadet. Und 18 Jahre nach dem Kurs für Führerscheinbewerber ist es gut zu wissen, dass man noch up-to-date ist.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Das Ambu Life Key ist ein Beatmungstuch, allerdings aus Folie und nicht aus Stoff. Dies finde ich persönlich für Laien besser, denn wenn der Patient bereits erbrochen hat möchte keiner mit einem Stofftuch auf seinem Mund beatmen da es durchgeht.

Die aus Folie sind Stabil und Reißfest, auch mit spitzen Fingernägeln bekommt man es nicht so einfach durch. Die aus Folie sind nur Einmalartikel, die aus Stoff sind nach dem Waschen mehrfach Verwendbar kosten in der Anschaffung allerdings auch mehr. Da wärst du mit einem einfachen Stofftaschentuch besser beraten, denn etwas anderes ist es eigentlich nicht.

Allerdings möchte ich nach Gebrauch ein solches Tuch nicht noch mit mir rumtragen um es daheim zu Waschen. In dem Beispiellink ist die Folie zu einem 1,5 x 1,5 cm großen Päckchen gefaltet und in eine Schlüsselanhängertasche gesteckt. Ich vergleiche das gerne mit der Klassiker den viele mit sich führen: das Kondom im Geldbeutel. Stört nicht wirklich, aber wenn man es braucht ist es zur Hand. :wink: Die Folien selbst gibt es bei Ambu zum nachkaufen, kosten aber das selbe wie mit einer neuen Tasche.

Die Folie an sich sieht aus wie ein Mundschutz den ihr vom Klinikpersonal in Ops kennt. Das zieht man dem Patienten über das Gesicht (welche Seite zum Patienten zeigt ist groß Aufgedruckt), Ventil auf den Mund rücken und die Gummischlaufen über die Ohren ziehen damit nichts verrutscht. Ich finde sie gut, und habe so etwas selbst an meinem Schlüsselbund obwohl ich im Kofferraum eine kleine Notfalltasche mit Beatmungsbeutel habe. Aber wenn ich zu Fuss in der Stadt unterwegs bin, hab ich die Tasche nicht dabei und da würd ich auch zu der Folie greifen.

Die letzten Änderungen im Reanimationsalgoryhthmus sind im Jahre 2005 gekommen (Umstellung von 15:2 auf 30:2). In der Laienschulung ist eine Vereinfachung der Stabilen Seitenlage sowie Grundkenntnisse in Vergiftungsnotfällen dazu gekommen. Würde schon raten spätestens alle 5 Jahre einmal einen solchen Kurs zu besuchen, und die 15-25 € sind auch gut angelegt denn die meisten Un- und Notfälle sind innerhalb der Familie.
Sollte jemand ein Kind erwarten, oder öfters kleine Kinder betreut wäre ein Kinderkurs auch interessant. Der kostet zwar etwas mehr (30-50 €), bringt aber Eltern und Großeltern die Sicherheit im Notfall etwas tun zu können. Gerade bei kleinen Kindern sind die Hemmungen besonders groß.

Liebe Grüße
Sorae

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge



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