Wie/was denken Menschen, die nie eine Sprache gehört haben?

vom 01.04.2010, 23:17 Uhr

Schon öfters habe ich mir die Frage gestellt, auf welche Weise Menschen denken, die nie eine Sprache gelernt, beziehungsweise gehört haben. Es ist wohl bei uns allen so, dass wir in "deutsch" denken, sprich unsere Gedanken haben die Sprache, die wir regelmäßig sprechen.

Wenn jetzt aber ein Mensch zum Beispiel taub ist und nie eine Sprache gehört hat, in welcher Sprache denkt er dann? Ein Denken in "Bildern" könnte meiner Meinung nach durchaus möglich sein, aber ist es dann nicht so, dass ein Denken in Bildern weitaus weniger komplex und differenziert sein kann, als Denken in Sprache? Ein Text enthält ja ebenso im alltäglichen Leben viel mehr Informationen, als ein einfaches Bild.

» Spatenfloh » Beiträge: 23 » Talkpoints: 11,52 »



Das ist natürlich eine sehr berechtigte Frage, die man allerdings wohl kaum jemals klären wird. Aphastiker und Menschen die in der Wildnis aufgewachsen sind, können auch nicht wirklich sprechen. Doch auch sie denken. Wir alle haben als kleine Kinder die noch nicht sprechen konnten schon gedacht, nur leider erinnern wir uns nicht mehr daran, wie das funktioniert. Wir denken also alle schon, bevor wir die Sprache überhaupt erlernen. Sprache ist also daher nicht zwingend notwendig um zu denken. Sprache ist sicherlich ein sehr wichtiger Aspekt des Denkens, doch es geht nun mal auch ohne. Ein Beispiel könnte sein, dass man nicht zwingend das Wort "Schokolade" selbst denken muss, um an Schokolade zu denken. Wir haben also schon eine bestimmte Vorstellung von Schokolade, ohne das Wort dabei zu denken.

Hier habe ich auch eine Arbeit des Psychologen Joachim Funke zu diesem Thema gefunden. Seine Arbeit basiert auf der Idee, dass Menschen eine Art Gedankensprache entwickelt haben und daher nie wirklich in der eigentlichen Sprache denken.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Wenn Sprache ausscheidet, beispielsweise auch bei von Geburt an taubstummen Menschen, dann bleiben nur die anderen Sinne, um zu denken. Und ich meine, dass das gar nicht so kompliziert ist. Gerade, wenn man damit aufgewachsen ist, dann ist man es halt so und nicht anders gewohnt. Doch auch, wenn man Sprache beherrscht, dann kann man doch in Bildern denken und in Emotionen. Jedenfalls geht es mir so. Bin ich da eine große Ausnahme?

Ich beispielsweise kann sehr gut in Bildern denken (und ich denke auch nicht immer in Deutsch, obwohl ich in Deutschland aufgewachsen bin, sondern manchmal auch völlig willkürlich auf Englisch oder Französisch, obwohl das Fremdsprachen für mich sind und meine Französischkenntnisse nicht einmal die besten sind). Dann sehe ich eben Dinge vor mir, und Empfindungen sind auch dabei, wie Schmerz, oder ein Windhauch, oder solche Dinge. Ich habe auch schon mehrfach völlig wortlos geträumt.

Zu der Frage, ob dieses Denken weniger komplex ist: Ich meine, das ist nicht unbedingt so. Menschen, die es nicht gewohnt sind, stellen sich vielleicht etwas unbeholfen an. Die Sprache ist ihnen quasi "im Weg". Sie wollen automatisch in Sprache denken, und kommen vielleicht nicht auf die Idee, wie man bestimmte Dinge ohne Sprache ausdrücken kann. Aber wenn man es nie anders kannte, wird man das sicher können. :)

Nun stellen sich vielleicht einige die Frage, wie man denn unsichtbare Dinge denken kann, ohne Worte. Damit meine ich weder das All noch ein Vakuum, sondern abstrakte Dinge, wie Frieden. Oder Emotionen wie Glück oder Trauer. Wobei ich persönlich bei Emotionen daran denke, wie sie an Menschen aussehen, eben lachende oder weinende Menschen. Oder Einsamkeit, da denke ich bildlich an einen Menschen oder ein Tier, das irgendwo alleine ist und dadurch deprimiert. Oder eben eingesperrt wirkt.

Aber wie es ist bei Abstrakten Begriffenn? Demokratie? Frieden? Ich denke, dafür gibt es in unseren Köpfen einfach Symbole. Wir haben ja alle doch ein Bild im Kopf und nicht nur das Wort, wenn wir an das Wort denken, oder? Egal, ob es für Frieden eine Taube mit einem Ölzweig, niedergelegte Waffen, oder aber glückliche Menschen sind.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Taubstumme Menschen denken ja auch in unserer Sprache. Schließlich lernen sie sie auch. Gehen wir trotzdem mal davon aus, dass es einen Menschen gibt, der keine Sprache kann (gar keine). Dann vermute ich, dass er für sich eine "Sprache" entwickelt. Sinneseindrücke nimmt ja jeder Mensche wahr.

Zumindest meine ich, dass ich davon schon gehört habe. Babys können sich am Anfang ja auch nicht direkt durch Sprache mitteilen und dennoch träumen und "denken" sie selbstverständlich.

Menschen die mehrere Sprachen können, träumen übrigens sogar mehrsprachig und teilweise überschneiden sich die Sprachen in den träumen dann auch.

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» winny2311 » Beiträge: 14930 » Talkpoints: 2,85 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



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