Andere Religionen und die christliche Kirche

vom 29.03.2010, 16:54 Uhr

Gestern, als ich in der Kirche war, predigte der Pastor, dass wir andere Religionen, welche nicht den Christentum angehören akzeptieren sollen, und dass Gott möchte, dass wir alle Menschen, ob nun Christ oder Muslim etc. gleichbehandeln.

Dabei fragte ich mich gleich, wieso das die Kirche und ihre Anhänger das nicht umsetzen. Der Freund einer Freundin ist muslimisch, er muss aber während der Predigt draußen warten, da es die Kirche nicht gestattet. Wieso? Wo ist da die Gleichberechtigung?

Weiter geht es mit dem Heiraten. Ein evangelischer oder katholischer Pfarrer traut nur zwei Personen, welche die gleiche Religion haben. Aber das noch genauer! Nur gleich gesinnte! Ein katholischer Pfarrer traut nur zwei katholische Personen. Es ist sehr schwer einen Pastor zu finden, welcher zwei verschiedene Religionen verheiratet. Aber warum nicht? Wo liegt denn das Problem? Wieso tun sie nicht das, was in der Bibel steht und behandeln alle gleich?

» MalibuKirsch » Beiträge: 173 » Talkpoints: -2,17 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich finde das auch sehr unchristlich das Ganze. Ich denke aber, dass die meisten Pfarrer und Priester sich einfach an die Regeln halten wollen, um keine Schwierigkeiten zu bekommen. Hinzu kommt auch, dass die katholische Kirche im Grunde noch sehr altmodisch geblieben ist und keinen großen Spielraum offen lässt. Die evangelischen Gemeinden sind da viel offener, was Veränderungen angeht. Ich bin mir auch sicher, dass die Kirche diese Regeln in den nächsten Jahren nicht so schnell ändern wird.

Zum einen haben sie sicher Angst, dass noch mehr Leute aus der Kirche austreten als ohnehin schon der Fall ist und zum anderen, gibt es meiner Meinung nach einfach nicht genug Leute die sich dafür interessieren und sich dagegen auflehnen. Wenn sie nun die Gesetze lockern, werden all die Anhänger der strengen katholischen Form rebellieren und dafür ist jetzt nach den Skandalen mit dem Kindesmissbrauch wirklich kein geeigneter Zeitpunkt.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Woher weisst du, das der muslemische Freund draussen warten muss? Vielleicht macht er es auch freiwillig?

Und in den christlichen Kirchen wird man durchaus auch getraut, wenn nicht beide Partner der selben Konfession angehören. Ich habe eine evangelische Freundin die einen katholischen Mann geheiratet hat. Und ich habe eine katholische Freundin, die einen evangelischen Mann geheiratet hat. Und ich war bei beiden kirchlichen Trauungen dabei.

Und in vielen Religionen weichen die Glaubensgrundsätze von einander ab. Da kann man nicht bei einer Trauung einfach alles als gleich werten. Immerhin sagt eine kirchliche Hochzeit auch aus, ich möchte den Segen meines Gottes (oder wen auch immer man anbetet). Und in einer Kirche einer fremden Religion werden aber andere Götter angebetet. Wie kann der Pastor/ Pfarrer oder ein anderer geistlicher, der die Trauung vollzieht, und der ja auch im Namen des Gottes dieser Kirche spricht, sagen: ich traue euch im Namen des Gottes X, wenn ein Ehepartner nicht daran glaubt?

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge



Also wenn ein Pastor Toleranz gegenüber anderen Religionen erbittet, und wenn ein katholischer Mensch und ein evangelischer Mensch katholisch heiraten dürfen, dann geht es da aber um sehr tolerante Geistliche! Denn das ist leider tatsächlich nicht der Normalfall in unserem Land. Ich kenne einige Fälle, bei denen eine katholische Trauung wegen eines evangelischen Partners verwehrt worden ist. Es gibt auch Geistliche, die rasten nahezu aus, wenn jemand, der bereits einmal verheiratet war (also wahrscheinlich nicht mehr jungfräulich ist), in seiner Kirche das zweite Mal in Weiß heiraten möchte. Also, es gibt da schon strikte Regeln und viele Geistliche halten sich daran. Dass man tolerant ist, das ist leider eher nicht der Regelfall.

Und somit ist es eben auch nicht der Regelfall, wenn ein Pastor sagt, alle Menschen sollten unabhängig ihrer Religion gleich behandelt werden. Sicherlich, das entspräche unseren Menschenrechten, die wir in diesem Staat einhalten müssen, aber doch sieht die Praxis religiös anders aus. Von daher muss ich mich privat gar nicht wundern, dass viele Christen anderen Religionen gegenüber intolerant sind. Denn das ist das, was ich leider erwarte. Da es eben doch traditionell eher so ist, dass die Intoleranz das "Normale" ist, nicht die Toleranz.

Nun, da es um das Christentum geht, und Christen selbst auch immer wieder beteuern, sie lebten nach der Bibel, wäre es doch interessant, zu wissen, was die Bibel zum Thema Toleranz sagt. Und da erinnere ich mich an eine Passage im Neuen Testament, in der es heißt, dass Mischehen nicht zu empfehlen seien, da die Partner nicht gleichwertig an Gott glauben, und somit der "richtig" gläubige Partner in seinem Glauben verhindert werden würde. Das klingt wenig tolerant und wenig nach Gleichbehandlung der Religionen, oder?

Ebenso gibt es in der christlichen Bibel ein Bekehrungsgebot. Christen sollen den christlichen Glauben verbreiten. Auch gibt es dazu in verschiedenen Kirchenschriften Angaben (aber wohl nicht in der Bibel selbst, oder da kann ich es jedenfalls nicht sicher sagen), dass man auch mit Gewalt bekehren solle. Oder, dass man "Ungläubige" (das heißt in diesem Fall, jeder andersreligiöse Mensch) meiden sollte. Wo ist da die Toleranz?

Wenn ich solche Dinge bedenke, dann scheint mir der christliche Glaube in seiner geläufigsten Auslegung nicht gerade die toleranteste Idee sein. Und wenn es so in der Bibel steht, dass man Religionsfremde meiden oder bekehren soll, dann werden viele Geistliche sich daran halten und genau das predigen. Denn sie sollen sich ja nach der Bibel richten.

Wie gesagt, das erklärt wohl, wieso so viele Christen intolerant gegenüber anderen Religionen sind. Weil es ja eigentlich vom Christentum traurigerweise gefordert wird. Klar, es gibt tolerante Christen, und ich bin um jeden froh, aber eigentlich sagt der Kern dieser Religion Anderes aus.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



@LittleSister
Ich weiß es von seiner Freundin. Sie hat es mir erzählt.

@Wawa666
Diese Stellen in der Bibel höre ich heute zum ersten Mal, und ich muss sagen, das macht das Ganze etwas verständlicher. Nun, aber was ich nicht verstehe ist, warum sie predigen tolerant gegenüber anderen Religionen zu sein, aber in Wirklichkeit machen sie direkt das Gegenteil (viele Pastoren zumindest). Kann man das überhaupt erklären? Wieso predigen sie etwas, was in der Bibel ganz anders steht?

» MalibuKirsch » Beiträge: 173 » Talkpoints: -2,17 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Es gibt einen schönen Spruch der sich ungefähr so übersetzen lässt - "Tue was ich sage und nicht, was ich tue". Auf die christlichen Kirchen trifft das auf jeden Fall zu, wenn sie von Gleichberechtigung reden aber gleichzeitigen Frauen, die sogar die selbe Religion haben, den Zugang zu vielen Ämtern innerhalb ihrer Organisation verwehren, nur weil sie das "falsche" Geschlecht haben. Oder wenn Stellen in Kindergärten und ähnlichen Einrichtungen nur an Menschen vergeben werden, die die "richtige" Kirchenmitgliedschaft vorweisen können. Und natürlich gibt es da noch jede Menge anderer Beispiele.

Andererseits gibt es ja genug Pastoren und Priester, die nicht alles Abnicken, was von der Führung ihrer Kirchen kommt, also Leute, die eine abweichende Meinung haben und diese auch vertreten. Deshalb würde ich nicht von vorneherein sagen, dass ein Pastor, der sich für Toleranz einsetzt, obwohl er in ein intolerantes System eingebunden ist unglaubwürdig ist.

Allerdings frage ich mich auch, wieso deine muslimische Freundin draußen warten muss. Ich meine, wie muss man sich das organisatorisch vorstellen? Gibt es da Einlasskontrollen, bei denen man einen Mitgliedsausweis vorzeigen muss? Ich kann mir das fast nicht vorstellen, denn letztes Jahr zur Weihnachtszeit ist bei uns mal die Diskussion durch die Medien gegeistert, dass doch an Weihnachten die Sitzplätze in den Kirchen den Leuten vorbehalten sein sollten, die auch Steuern bezahlen. Alle Priester und sonstigen Kirchenleute, die sich zu dem Thema zu Wort gemeldet haben waren geradezu entsetzt von dieser Idee und meinten, dass ihre Kirchen selbstverständlich jedem offen stehen und dass jeder, der einen Gottesdienst besuchen will das auch jederzeit tun kann.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


MalibuKirsch hat geschrieben:Nun, aber was ich nicht verstehe ist, warum sie predigen tolerant gegenüber anderen Religionen zu sein, aber in Wirklichkeit machen sie direkt das Gegenteil (viele Pastoren zumindest). Kann man das überhaupt erklären? Wieso predigen sie etwas, was in der Bibel ganz anders steht?

Ich denke, das liegt ganz einfach daran, dass ja auch ein Geistlicher immer noch eine eigene Meinung hat. Sicherlich sollte er in seinem Beruf das predigen, was man ihm vorgibt. Eigentlich ist er ja, wenn man das so sagen kann, bloß der Verkündiger einer Botschaft, die ihm vorgegeben ist. Aber da auch Geistliche natürlich Menschen sind, bringen sie sicherlich oft ihre eigene Meinung mit in die Predigten ein. Ob das nun mit dem, was sie sagen sollten, überein stimmt, oder nicht.

Wieso sie dann aber mit so einer abweichenden Meinung überhaupt Geistliche sind, ist eine gute Frage. Vielleicht hoffen sie sogar, mit dieser Anerkennung ihre eigene Meinung besser verbreiten zu können?

Oder vielleicht hat sich über die Jahre ihre Meinung einfach verändert und sie predigen nun eben Anderes, als sie es anfangs taten. Da kann man dann natürlich auch sein Amt ablegen, aber das bedeutet eine soziale, finanzielle und natürlich berufliche Veränderung, und, wer nimmt das gerne auf sich, wenn es bisher gut lief?

Möglicherweise möchte man die Kirche aber auch mit Toleranzbekundungen einfach sympathischer erscheinen lassen. So viele Menschen mögen die Kirche heute nicht mehr so sonderlich, eben wegen solcher Dinge wie Intoleranz und Ungleichbehandlung verschiedener Bevölkerungsgruppen. Man würde doch, wenn man nun auch noch die Intoleranz aus der Bibel predigt, selbst, wenn diese tatsächlich so darin steht, predigen würde, nur noch mehr Leute verschrecken. Dann verliert die Kirche weitere Mitglieder, und wieso sollte sie das wollen? Da geht dann ja auch viel Geld verloren.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Hier muss man auch einfach zwischen der Kirche und den Gemeinden unterscheiden. Nicht jeder Pfarrer hält sich haarklein an das was im Katechismus steht.

Ein Beispiel dafür: Vor einigen Jahren fand ein ökumenischer Kirchentag in Berlin statt. Sowohl die evangelische als auch die katholische Kirche haben hier zugestimmt, sonst wäre das ganze ja nie zustande gekommen. Im Rahmen des Kirchentags hielt ein katholischer Pfarrer eine ökumenische Messe. Dabei hat er Hostien verteilt, wie es in den katholischen Gottesdiensten üblich ist. Er hat diese an alle im Gottesdienst anwesenden Personen verteilt. Der Pfarrer sollte daraufhin aus dem Kirchendienst entlassen werden. Leider habe ich nicht mitbekommen, ob es wirklich dazu gekommen ist, aber allein die Tatsache, dass ein ökumenischer Gottesdienst erlaubt ist, es aber dann nicht in Ordnung ist, für katholische Bräuche auch für die restlichen Christen mit einzubeziehen ist mehr als nur ein schlechter Witz.

Zum Glück ist es aber im allgemeinen schon so, dass ein Dialog zwischen katholischen und evangelischen Gemeinden geführt wird. Besonders die jüngeren Pfarrer nehmen hier nicht mehr alles so streng. Als ich einmal meine kranke Oma in die Kirche begleitet, gab mir der Pfarrer trotzdem eine Hostie, obwohl er wusste, dass ich aus der Kirche ausgetreten war. Er wollte meine Oma nicht unnötig aufregen, da sie davon nichts wusste.

Dass Nichtchristen aus einem Gottesdienst ausgeschlossen werden, habe ich bisher noch nie erlebt. Bei uns ist jeder in der Kirche willkommen (dann sitzen wenigstens nicht nur alte Omas auf den Bänken). Auch die Trauung von Paaren mit unterschiedlichen Religionen ist möglich. Zumindest eine christliche Trauung. Bei den anderen Religionen ist es zwar möglich, aber schwierig.

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