Mit Verstand zur ewigen Liebe

vom 13.01.2009, 04:30 Uhr

Vor kurzem habe ich einen Artikel bei web.de gelesen, der sich mit den Gründen beschäftigt hat, weshalb es zumeist nicht klappt mit der ewigen Liebe. Als Hauptgrund sieht der Hamburger Paarforscher Erich H. Witte den Grundgedanken vieler Menschen, dass die Liebe unerklärlich und mystisch sei. Stattdessen ist er jedoch der Meinung, dass man die „Funktionsprinzipien“ von Beziehung zuerst verstehen muss, um eine Beziehung auf Dauer führen zu können.

Daher fordert der Wissenschaftler, dass man bereits früh in der Schule in Beziehungskunde unterrichtet wird. Die ausführliche sexuelle Aufklärung allein reicht nicht, um die Grundelemente einer Beziehung zu verstehen. Laut dem Paarforscher laufen die ersten beiden Jahre nach dem Kennenlernen zumeist noch sehr gut. In dieser Zeit wirken die Hormone noch und bewirken, dass man viele Fehler an dem anderen ignoriert bzw. gar nicht erst wahrnimmt. Auf ewig hält dieser Zustand nicht an und dann muss der Verliebtheitszustand in Liebe übergegangen sein, sodass man seinen Partner auch mit seinen Fehlern akzeptieren kann. Funktioniert das nicht, ist eine Krise nach ca. vier Jahren vorprogrammiert.

Die „Grundkenntnisse“ betreffen selbstverständlich nicht nur Liebesbeziehungen, sondern auch die Beziehungen zu Freunden, Bekannten und zur Familie. Kompliziert und hoch wissenschaftlich seien die zu beachtenden Punkte allerdings nicht. Als besonders wichtig erachtet der Beziehungsexperte dem anderen kontinuierlich zu zeigen, dass man ihn mag. Das bezieht sich jedoch nicht darauf den anderen mit Komplimenten zu erdrücken, sondern als Ansprechpartner für alle Themen bereit zustehen und dem anderen beizustehen, egal was auch kommen mag.

Kritik ist auch ein schwieriges Thema, was oft für Streit sorgt. Wichtig ist also im Voraus den Partner zu loben und seine Kritik zwar direkt, aber nicht beleidigend zu formulieren. Außerdem sollten die Paare darüber sprechen, wie viel Nähe sie benötigen. Will man also fast jede freie Minute miteinander verbringen oder benötigt mindestens einer der beiden Partner viele Freiräume? Empfehlenswert ist es jedenfalls auch andere Kontakte zu pflegen und nicht nur mit seinem Partner seine Zeit zu verbringen – alles natürlich in einem gesunden Maße.

Laut Aussage des Psychologen arbeiten auch Heiratsschwindler nach diesen Prinzipien und sie sind damit erfolgreich. Viele Paare wollen nicht nach solchen Beziehungsregeln leben und weigern sich in Gefühlsangelegenheiten den Verstand einzusetzen. Es sind aber vielmehr die rationalen Entscheidungen, welche ein dauerhaftes Glück „sichern“ können.

Der Wissenschaftler hält die heutigen Partnerschaften für völlig überfordert. Die Partnerschaft soll alle Bereiche abdecken: Freundschaft, Sex und die Freizeitgestaltung soll optimal sein. Alles das kann schnell zu viel werden und sich in das Gegenteil verwandeln.

Allerdings erreicht man selbst mit den besten Beziehungskenntnissen nicht alles in Sachen Liebe, was man möchte und wird auch seine Verliebtheit nicht steuern können. Es ist und bleibt ein Zufallsprozess. Die Kenntnisse sind lediglich für die Dauer von Beziehungen entscheidend.

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» Tidus9 » Beiträge: 275 » Talkpoints: 2,59 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Hallo,

ich habe diesen Bericht auch bei web.de gelesen und habe darin viel Wahres erkannt, aber auch einige Dinge, die ich ein bisschen anders sehe. Ist es wirklich Aufgabe einer Schule beziehungsweise des Staates, den Schülern zu erklären, wie Beziehungen besser funktionieren? Und gibt es wirklich DAS Rezept für eine glückliche und langfristig funktionierende Beziehung. Ich denke nicht, dass man für das Thema eine allgemein gültige Lösung findet. Das eine Paar bespricht seine Probleme und fährt damit gut, ein anderes Pärchen versteht sich ohne Worte.

Ein Freund von mir hat mir einmal von seiner Beziehungshypothese oder besser von seinen Erfahrungen erzählt. Nach ihm sind die ersten drei Monaten die Traumphase. Man sieht den oder die Angebetete wie durch eine rosarote Brille und idealisiert den/die Partner/in. Anschließend kommt die erste Ernüchterung. Interessanter Gedanke!

Meiner Meinung nach ist ein großes Problem von vielen Vergebenen, dass sie Erwartungen in den jeweils anderen setzen, die er oder sie nicht erfüllen kann oder will. Vielleicht sollt man seine Ansprüche einmal überdenken und gucken, ob man selbst die Erwartungen erfüllen könnte.

Soweit verbleibe ich erstmal!

» Kikoo » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Midgaardslang am 13.01.2009, 16:57, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen

Ich wollte noch einmal auf deine Aussage eingehen, dass es nicht die Aufgabe von Staat und Schule sei die Beziehungskenntnisse an die Jugend zu vermitteln. Dann frage ich mich aber: Wo dann? In Abendkursen ganz sicher nicht.

Solche Dinge müssen gleich ganz früh in der Schule erlernt werden. Auf diese Weise kommt man auch mit Freunden und Mitschülern besser klar. Das könnte die Mobbing- und Gewaltprobleme an Schulen auch etwas entschärfen und damit auch die Kriminalität. Das ist in meinen Augen sehr wohl etwas, dass dem Staat zugute kommen würde.

Aber selbst wenn nicht, halte ich es für wesentlich sinnvoller den Menschen etwas über zwischenmenschliche Beziehungen beizubringen und besser miteinander umzugehen als irgendwelches detaillierte Fachwissen, das man nach 2-3 Wochen fast komplett vergessen hat und eigentlich nur für seinen Abschluss benötigt. Da wäre es doch wesentlich sinnvoller etwas über Beziehungen zu lernen. Dieses Wissen benötigt man jeden Tag und das sein ganzes Leben über.

Mein damaliger Ethik-Lehrer hatte uns dazu auch einmal ein Beispiel genannt. Ich würde es jetzt nicht beeiden, aber ich meine es war in Ungarn. Dort gab es jedenfalls große Probleme in diesem Bereich und ähnlich wie jetzt in Deutschland eine viel zu hohe Scheidungsrate. In Ungarn hat die Regierung allerdings nicht zugeschaut und das Problem eskalieren lassen, sondern es wurde gehandelt. Schon in Grundschulen gab es Beziehungskunde, wo die Schüler lernen Liebesbriefe zu schreiben, Kompromisse einzugehen und den allgemeinen Umgang miteinander optimal zu meistern. In einigen Jahren führte das zu einem rapiden Absinken der Scheidungsrate auf wenige Prozent.

Das Ganze hat auch einen wirtschaftlichen Aspekt: Wenn die Menschen besser miteinander umgehen und glücklicher sind, können sie auch automatisch im Beruf mehr leisten. Diese Leistung führt zu Gehaltserhöhungen und zum Aufstieg des entsprechenden Unternehmens. Durch die höheren Löhne und das Aufstreben der Konzerne würde dann die Kaufkraft steigen und somit die Wirtschaft angekurbelt werden. Das klingt erst einmal sehr fiktiv und unwirklich, aber es ist gar nicht so unrealistisch.

Dass also der Staat nicht das geringste Interesse daran hat, kann ich also nicht bestätigen. Und selbst, wenn es nicht so ist: Der Staat ist für seine Bewohner auch mitverantwortlich und die Abgeordneten sollen den Willen des Volkes vertreten. Ich kann mir schwer vorstellen, dass es viele Menschen geben würde, die nicht gerne im Umgang mit anderen Menschen und auch mit ihren Geliebten besser klarkommen würden. Nur weil bei so vielen Dingen immer nach dem Muster „Wegschauen“ gehandelt wird, ist diese Welt doch so voll mit Problemen, Katastrophen und Krisen.

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» Tidus9 » Beiträge: 275 » Talkpoints: 2,59 » Auszeichnung für 100 Beiträge



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