Verbindungen: Demütigungen statt Kameradschaft?

vom 21.09.2007, 20:15 Uhr

Über Burschenschaften, Verbindungen oder gar schlagende Verbindungen gibt es ja selten gutes zu berichten – aus den USA aber auch hierzulande sind die mehr als fragwürdigen und teils strafbaren Aufnahmerituale, die meist eine Demütigung, ob nun direkt oder indirekt, der Eintrittswilligen vorsieht ja mehr als umstritten.

Aus den Niederlanden wurde jetzt wieder ein Fall bekannt, der am Ende bei der Polizei landete, wie schon andere davor. 13 holländische Studenten, die in einer Verbindung der Amsterdamer Universität aufgenommen werden wollten, wurden streng riechend, dreckverschmiert im Gesicht und nur mit Müllsäcken und Nylonstrumpfhosen bekleidet bei Dortmund in einem Wald bei Schwerte gegen 22 Uhr ausgesetzt und sollten von dort aus nach Amsterdam zurückfinden. Ausweise, Geld, Handys und Uhren wurden ihnen vorher abgenommen, sowie ihre Kleidung, die sie gegen besagte eintauschen mussten. Bis 12 Uhr sollten die 18 – 21jährigen wieder in Amsterdam, welches knapp 250 km entfernt lag, sein.

Bei einem Fall in Jahre 2005 mussten 2 Niderländer ein ähnliches Prozedere über sich ergehen lassen, als sie ohne Geld, Ausweise und ohne Hosen in Anröchte in Nordrhein-Westfalen ausgesetzt wurden und von dort aus nach Amsterdam per Anhalter oder auf dem Fußweg zurückkehren sollten – die beiden wurden ebenfalls von der Polizei aufgegriffen.

Im Jahr 2002 fand man 5 Holländer in weißen Plastikanzügen, wieder ohne Geld und Ausweise, und aneinandergekettet im hessischen Rhoden auf, welche ebenfalls irgendwie zurück nach Holland gelangen sollten. Diese berichteten der Polizei, dass sie sich noch glücklich schätzten, da angeblich andere schon in Marokko ausgesetzt wurden und von dort aus zurück nach Holland gelangen sollten.

In allen Fällen schafften es die „Anwärter“ nicht zurück nach Holland, sondern beendeten ihre Prüfung vorzeitig auf dem Polizeirevier. Die 13 Anwärter, welche in diesem Jahr versuchten, sich nach Holland durchzuschlagen, schafften es gerade noch bis zum Zug, nachdem sie den Weg aus dem Wald herausfanden und dort fielen sie dem Schaffner auf – nicht nur wegen ihres Aussehens, sondern auch, weil sie die Fahrt nach Hamm als Schwarzfahrer antraten. In Düsseldorf wurde die Gruppe dann der Polizei übergeben, welche die Studenten erst einmal mit Getränken versorgten und die Eltern anriefen. Einer wurde gleich von seiner Mutter abgeholt, der Rest der Gruppe machte sich gegen 13.30 von Düsseldorf aus auf den Heimweg – natürlich war die Aufnahmeprüfung somit fehlgeschlagen und die Demütigung noch größer.

Die Frage ist natürlich immer wieder, was einem dazu bewegt, sich dem auszusetzen, vor allem wenn man weiß, dass die Prüfung fast unmöglich zu bestehen ist und im Grunde nur der Demütigung dieser und der Belustigung anderer dient. Ob damit ein besonderes Kameradschaftsgefühl geweckt werden oder einfach nur Hohn und Spott über die Anwärter ausgeschüttet werden soll, bleibt die Frage. Zwar streben viele nach den Beziehungen und möglichen Verbindungen, die sie durch eine Aufnahme in eine Burschenschaft ohne Verbindung möglicherweise gewinnen können, doch heutzutage ist dieses Modell teilweise schon mehr als veraltet – Beziehungen lassen sich heutzutage fast noch schneller und einfacher durch abgesteckte Bereiche im Internet aufbauen und Networking hier viel stärker und intensiver betreiben, was einem ein Paktieren so noch bringen soll sei fraglich, abgesehen von den Vorgängen während der Mitgliedschaft, da das Aufnahmeritual nicht das letzte ist, welches man bestehen muss, um im Ansehen seiner Kommilitonen nicht zu sinken. In meinen Augen ein mehr als überkommenes Modell, das keinerlei selbstgesetzte Maßstäbe wie Kameradschaft oder Ehre erfüllt, sondern das ganze Gegenteil.

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» Subbotnik » Beiträge: 9308 » Talkpoints: -7,05 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



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