Horrorautoren - ganze besondere Menschen

vom 07.12.2008, 22:11 Uhr

Hallo Lesefreunde,
Ich habe gerade einen Thread zu dem Buch "das Schweigen der Lämmer" beantwortet und da stellte sich mir die Frage, die sich mir immer stellt, sobald ich es mit Horrorromanen zu tun bekomme: Wie können Menschen so etwas grausames schreiben?

Teilweise wird in solchen Büchern ja von einer Grausamkeit geschrieben, die sich jedem "normalen" Geist entzieht. Oftmals ist es für mich sogar kaum vorstellbar, was dort gerade geschieht. Und doch läuft in den Phantasien der Autoren eben jener Film ab, der es ihnen dann ermöglicht, so etwas niederzuschreiben. Wie kann das angehen? Würde ich solche Gedanken haben, wäre ich automatisch versucht anzunehmen, dass ich irgendwelche tief sitzende psychische Probleme habe.

Vor allem denke ich auch, dass ein Autor ja irgendwie in Gedanken ständig bei seinem Werk ist. Wenn ihn die Muse küsst dann schreibt er drauf los und auch wenn er nicht schreibt denkt er über sein Werk nach. Heißt das, dass ein Autor von Horrorromanen konsequent an Grausamkeiten aller Art denkt? Setzt er sich dauernd solch wahnsinnigen Vorstellungen aus? Für mich ist das irgendwie unbegreiflich, wie man da einerseits ein ganz normales Leben führen kann und im selben Moment an menschliche Abgründe denkt bzw. die Grenzen menschlicher Abscheulichkeiten überschreitet?

Schreibt einer von euch eventuell Horrorgeschichten und kann mich mal aufklären, wie das denn funktioniert, dass man nicht komplett in seiner Welt versinkt und in tiefe psychische Probleme sinkt angesichts der dauernden Konfrontation mit solchen Greueltaten? Bzw. sind Psychologen unter euch, die wissen wie solche Autoren agieren um den nötigen Abstand zu wahren? Das hat mich schon immer interessiert und leider konnte mir bis dato keiner eine überzeugende Antwort geben.

» steffi11191 » Beiträge: 1275 » Talkpoints: -2,88 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Hallo Steffi,

Die Frage habe ich mir bei sehr grausamen Horrorfilmen schon einmal gestellt. Manchmal finde ich die Ideen wirklich sehr übel und sorge mich fast, dass es Menschen gibt, die auf solche Ideen kommen.

Aber dennoch ist es ja immernoch Fiktion. Man muss etwas, nur, weil man auf die Idee kommt, ja nicht in der Realität machen wollen. Ich schreibe auch Geschichten und Gedichte und manchmal sind die auch nicht ohne. Ich frage mich dann auch immer, wieso ich auf solch grausame Dinge komme. Aber das sind nur Gedanken, nichts, was mit der Realität zutun hat. Vielleicht sind sie höchstens von der Realität ausgelöst, aber das war es dann schon. Damit meine ich, dass auf der Welt ja sehr viele schlimme Dinge passieren, von denen man dann beispielsweise durch die Nachrichten erfährt. Soetwas kann man weiter verarbeiten. Oder sich fragen, wie Dinge enden würden, sei etwas ein bisschen anders gewesen. Das kann schon der Ursprung sehr grausamer Geschichten sein.

Andererseits kann ich auch Geschichten schreiben, die mir mir selbst nun gar nichts zutun haben. Das ist einfach eine Frage der Kreativität und der Vorstellungskraft. Sich in andere Menschen hineinversetzen zu können, ist auch wichtig. Dazu braucht man ein wenig Menschenkenntnis. Ich kann mir zum Beispiel vorstellen, wie bestimmte Menschen handeln und denken würden, selbst, obwohl ich ihnen kein bisschen ähnlich bin. So kann es sein, dass sich absolut harmlose Autoren Gedanken machen, wie wohl beispielsweise ein psychopathischer Killer denken könnte. Und darüber schreibt man dann, auch, wenn man sich selbst damit gar nicht identifizieren kann.

Ich finde, das hat mit Unnormalitäten und psychischen Krankheiten nichts zutun. Jedenfalls nicht zwangsläufig. Und ich hoffe doch, dass die meisten Autoren grausamer Texte Realität und Fiktion, wie ich, trennen können und daher ihre Werke einfach nur als Fiktion erkennen. Dass sie die Sachen nie in der Realität erleben wöllten. Aber das ist dann doch wohl auch immer vom einzelnen Charakter abhängig. Ich will niemanden beunruhigen, aber mit Sicherheit wird es auch einige Autoren geben, die psychisch krank und vielleicht auch gefährlich in dieser Hinsicht sind. Bei Milliarden von Menschen auf der gesamten Welt lässt sich soetwas mit Sicherheit nicht verhindern.

Übrigens denke ich nicht die gesamte Zeit in meinem Leben über Dinge, die ich schreiben möchte, nach. Ich setze mich zum Schreiben hin, mache mir dann Gedanken und schreibe sie auf. Die andere Zeit des Tages denke ich, wie jeder andere Mensch auch, über andere Dinge nach. Es mag zwar Themen geben, die mich besonders fesseln, wo ich auch so mal darüber nachdenke, aber ich glaube nicht, dass das krank ist oder macht. Es ist ja auch kein Dauerzustand.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Hallo

Genau das habe ich mich schon so oft gefragt, was geht in diesen Leuten vor wenn sie so ein Buch schreiben? Ob das wirklich ihre Inspiration ist oder ob sie so schreiben weil es sich gut verkaufen lässt? Das krasseste was ich in letzter Zeit gelesen habe war "Irrsinn" von Dean Koontz, ich musste es weg legen weil ich es so schlimm fand.

Ich lese unheimlich gerne die Bücher von Sebastian Fitzek und am Ende seiner Bücher bittet er immer um die Meinung des Lesers und gibt seine E-Mail Adresse an. Wenn ich das Buch was ich gerade lese "das Kind" durch habe werde ich ihn mal fragen wie man auf die Idee kommt so was zu schreiben. Ich finde es toll, lese so was gerne.

lieben Gruß
stance

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» stance » Beiträge: 1775 » Talkpoints: -0,31 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ja, das gute alte Klischee - wenn jemand Horror Romane mag oder gar schreibt muss er ja irgendwie komisch drauf sein. Erst mal denke ich, dass man pauschal überhaupt keine Aussage darüber treffen kann was jemanden veranlasst Horror zu schreiben, aber die meisten Autoren sind wahrscheinlich ganz normale Menschen, die einfach eine Vorliebe für dieses Genre haben.

Wenn man selber nicht kreativ arbeitet, ist es vielleicht nicht so leicht zu verstehen wie und warum jemand auf eine bestimmte Idee kommt, weil man sich eben nicht vorstellen kann, dass man so eine Idee selber haben könnte. Aber für mich ist es total nachvollziehbar, dass jemand durch das Anschauen der Nachrichten oder das lesen einer Zeitung zu einer bestimmten Geschichte inspiriert werden könnte. Ein Mann, der seine Tochter jahrelang im Keller eingesperrt hält, sie regelmässig vergewaltigt und mit ihr sogar Kinder zeugt ist doch schon mal eine gute Vorlage für einen Horror Roman, oder?

Und da du "Das Schweigen der Lämmer" erwähnt hast - Thomas Harris war Kriminalreporter und hat während dieser Zeit angefangen Krimis zu schreiben. Vielleicht war das für ihn einfach eine Möglichkeit mit dem was er im Beruf gesehen hat klar zu kommen. Für mich sieht das eher nach einer guten Möglichkeit aus um die Entwicklung von tief sitzenden psychischen Problemen zu vermeiden.

Jedenfalls sollte man nicht in alles, was man nicht versteht oder vielleicht auch einfach nicht mag sofort irgendwelche psychischen Probleme hineininterpretieren. Dazu sind die meisten von uns auch gar nicht qualifiziert und ich habe auch noch nie gehört, dass ein Psychologe jemanden nur auf Grund der Tatsache, dass er Horror schreibt eine Krankheit attestiert hätte.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Da muss ich Cloudy24 zustimmen, ich glaube auch nicht dass eine psychologische Ursache dahintersteckt oder Horrorautoren irgendwie 'komisch' sein muessen.

Was ist denn mit Leuten die Maerchen oder Fantasy schreiben, in denen es Fabelwesen gibt? Oder Science Fiction mit Aliens und voellig fremden Welten? Das muesste dann ja genauso absonderlich sein.

Ich finde es gut dass manche Menschen so kreativ sein koennen und sich Geschichten ausdenken, auf die man selbst nicht kommen wuerde. Sonst waere es ja ganz schoen langweilig.

Leider ist das Horror Genre immer noch sehr negativ angesehen und wenn man sich als Horror Fan outet wird man von vielen Leuten schief angeschaut, was ich persoenlich nicht nachvollziehen kann.

Gruende dafuer Horror zu schreiben fallen mir einige ein: Verarbeiten von Situationen oder Begebenheiten, wie moeglicherweise bei Thomas Harris, weil er Kriminalreporter war.

Als weiterer Autor faellt mir da gleich Jack Ketchum ein, von dessen Romanen viele auf wahren Begebenheiten beruhen, auch wenn man das gar nicht glauben mag, weil sie so grausam sind. Das kann man natuerlich einerseits unter Sensationsgier verbuchen, aber andererseits, um es mal ueberzogen auszudruecken, auch als Mahmal zur Erinnerung verstehen, das zeigt wie abgruendig die Menschheit sein kann.

Viele moegen ja auch gerne Horror, weil sie dort Schrecken erleben koennen aber ohne echte Konsequenzen, weil es ja nur ein Buch oder Film ist. Das ist ja durchaus eine menschliche Eigenheit, dass man sich gerne gruselt oder mal einen Adrenalinschub erhaelt, aber gleichzeitig die Sicherheit dabei hat dass es einem nicht selbst passiert.

Ich sehe da jedenfalls keinen Unterschied zwischen Horror Autoren und Autoren anderer Genres.

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» misspider » Beiträge: 1964 » Talkpoints: 6,69 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


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