Entscheidung zur Organ- und Gewebespende schon getroffen?

vom 19.03.2024, 12:05 Uhr

Jetzt geht es digital viel bequemer, sich für oder gegen eine Organspende zu entscheiden. Was mir nur auffiel, dass in der Abfrage noch die Krankenversichgerungsnummer verlangt wurde. Was ist mit den Organspendewilligen, die über keine solche verfügen? Da ich für die Steuererklärung so oder so ein europees inlogmiddel nötig hatte, konnte ich den Personalausweis und den Kartenleser gleich wieder in Aktion versetzen. Und ich kann es mir auch später noch anders überlegen. Das war früher nicht so einfach möglich. Also auch hier eine Vereinfachung in den bürokratischen Abläufen, oder was meint Ihr dazu?

» Gorgen_ » Beiträge: 1060 » Talkpoints: 374,40 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Was soll denn daran jetzt einfacher sein? Es ist ja in Ordnung, dass es nun online geht. Aber einen Spenderausweis aus Pappe auszufüllen, online alle Daten einzugeben und selbst auszudrucken oder das ganze als Plastikkarte anzufordern, war auch nicht komplizierter. Im Gegenteil! Du brauchtest nur einen Kugelschreiber!

» cooper75 » Beiträge: 13331 » Talkpoints: 498,86 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Einfacher wird es dadurch, dass die mit der Abwicklung der postmortalen Formalitäten Beauftragten nicht lange nach Ausweisen etc. suchen müssen. Somit keine unnötige Zeit mit Formalitäten verschwendet wird. Und, dass immer die datumsmäßig letzte Erklärung Gültigkeit besitzt. So kann es nicht vorkommen, dass zwar ein papierener Organspendeausweis gefunden wird, aber die Annulierung eventuell nicht. Und es geht auch in beiden Richtungen. Eine zentrale Datenbank schafft doch mehr Klarheit.

Bislang war es doch m.W. so, dass nur derjenige einen Organspendeausweis mit sich führte, der auch tatsächlich an einer Organspende interessiert war. Viele Leute haben sowas überhaupt nicht in Erwägung gezogen und lassen die Sache einfach auf sich beruhen. So dass die Frage nach dem Einverständnis erst hinterher auftaucht.

Jetzt mit dem elektronischen Datenbankverfahren besteht die Möglichkeit, sich zunächst sowohl in die eine wie die andere Richtung zu entscheiden. Nach reiflicher Überlegung kann man seine Meinung wieder ändern, indem man aufruft:

Hiermit erhalten Sie Ihre Erklärungs-ID. Mit diesem Code können Sie unter
http://www.organspende-register.de/bearbeiten oder demnächst über die App Ihrer
Krankenkasse Ihre Erklärung aufrufen, ändern oder löschen. Wenn Sie mehrere Erklärungen abgegeben haben, erhalten Sie für jede Erklärung eine eigene Erklärungs-ID.

Die Änderungen können beispielsweise darin bestehen, dass der Spender zwar einer Organentnahme widerspricht, der Gewebeentnahme, zum Beispiel Hornhaut, nicht. So bleibt beispielsweise eine aus "ideologisch-religiösen" Rechtfertigungen geforderte, zur "Wiederauferstehung am Jüngsten Tage" erforderliche äußerlich sichtbare körperliche Integrität nicht angetastet. Folglich auch Zeugen Jehovas sich bedenkenlos zur Gewebespende entschließen könnten.

» Gorgen_ » Beiträge: 1060 » Talkpoints: 374,40 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ja und? Was soll jetzt einfacher sein? Ob ich einen Ausweis ausfülle oder mich online registriere macht doch keinen Unterschied! Natürlich besitzen unzählige Menschen einen Organspendeausweis, die nicht für eine Organspende sind. Stell dir vor, auch da konnte man schon nur Organe oder nur Gewebe spenden, bestimmtes Material von der Nutzung ausschließen oder einer Spende komplett widersprechen. Außerdem konnte man seine Meinung jederzeit ändern und war nicht daran gebunden, nur weil man seine ID verlegt hat. Bei mehreren Ausweisen gilt schlichtweg der mit dem jüngsten Datum.

» cooper75 » Beiträge: 13331 » Talkpoints: 498,86 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



Mag sein, die Argumente von @cooper75 sind schlüssig. Das ist aber nicht der einzige Grund, warum jetzt die Sache wieder forciert wird. Muss etwas ausholen. In den Niederlanden ist laut Gesetz (ab etwa 2011?) jeder Body quasi Staatseigentum nach Feststellung von Todes wegen. Jedenfalls verstehe ich die "Widerspruchslösung" genannte Praxis dort dergestalt. Das heißt, ist ein Ausweis oder irgendein anderes Dokument, aus dem eine Verweigerungshaltung deutlich wird, nicht auffindbar oder wird erst später gefunden, dann wird der Körper automatisch zur Organspende freigegeben.

Das ist in Deutschland auch lange diskutiert worden, viele wollen ja trotzdem immer noch hierzulande auch solch eine Regelung wie in den Niederlanden haben. Aber die Lösung jetzt, wo jeder seine persönliche Haltung zu dem Thema kundtun kann, ohne gleich von Amts wegen in nur eine Richtung dazu verpflichtet zu werden, finde ich weitaus demokratischer.

Und das ist ja auch mit der wichtigste Zweck dieser Online-Datenbank: Das Thema Organspende wird wieder ins Rampenlicht gerückt, auch und gerade über den Umweg der heiß diskutierten Digitalisierungsdebatte. Dann bleibt die Entscheidung für oder dagegen einzig und allein Sache des Bürgers, auch ohne den Zwang sich für die eine oder andere Seite öffentlich durch Mitführen eines Ausweises outen zu müssen. Die Online-Datenbank ist da diskreter. Nur die Berechtigten haben darauf Zugriff.

» Gorgen_ » Beiträge: 1060 » Talkpoints: 374,40 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


I h sagte ja nicht, dass die Datenbank schlecht ist. Aber für die einzelnen Menschen macht es eben keinen Unterschied. Millionen Menschen haben einen Ausweis. Das sind nicht nur Spender. Das sind auch Nichtspender, die ihren Angehörigen die Entscheidung ersparen möchten oder Menschen, die diese bewusst in die Hand eines anderen legen.

Anders als in den Niederlanden ist hier trotzdem niemand gezwungen, sich mit dieser Frage auseinandersetzen, außer ein Angehöriger ohne Ausweis oder Eintrag wird potenziell zum Spender. Und für den Einzelnen wird es auch nicht einfacher, da die Hürden nun eher höher geworden sind. Nicht jeder hat das nötige Equipment.

» cooper75 » Beiträge: 13331 » Talkpoints: 498,86 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


cooper75 hat geschrieben:Nicht jeder hat das nötige Equipment.

Das ist ja auch das Haupt-Gegenargument bei all den anderen nur schleppend vorankommenden Digitalisierungsversuchen. Zum Beispiel der Krankenkassen-Mitgliedsausweis. Das Damoklesschwert "elektronische Patientenakte" hat Herr Minister Lauterbach bereits über unseren Köpfen aufgehängt. Wann das herunterkracht, dürfte absehbar sein. Und all diese elektronischen Gadgets, seien sie nun Spielzeuge oder gehätschelte Lieblingsbestätigungsfelder der Macher werden dann doch irgendwann neben dem smarten Phone zum Alltagsequipment gehören müssen. Ob die Leute das nun wollen oder nicht.

Der Zirkus fängt ja schon mit Reisepass und Personalausweis an. Manchmal denke ich auch, bin ich eigentlich ich oder bin ich nur noch da, wenn die elektronische Identität stimmt. Sonst existiere ich gar nicht. Und wenn das Plastikkärtchen, das sich Personalausweis nennt, einmal verlorengeht? Die Wiederbeschaffung ist eine Tortur. In der Zwischenzeit existiere ich gar nicht.

Hatte letztens ein falsches Passwort eingegeben. Glücklicherweise fand ich das Schreiben mit der PUK wieder. Aber, jetzt kommt's: Beim Abrubbeln wurde der neue Code auch gleich mit abgerubbelt, weil sich die Druckerfarbeschichten derart ineinander vermischt hatten, dass keine Unterscheidung mehr zu treffen war.

Nur mit Schwarzlichtlampe und geradezu kriminalistischer Spurensuche konnte ich die notwendige Entsperr-PUK noch irgendwie sichtbar machen. Sonst hätte ich einen neuen Ausweis beantragen, dafür 50 Kilometer in die nächste Kreisstadt zum zuständigen Bürgeramt, das diese Angelegenheiten auch bearbeitet, fahren müssen. Und es wird eine Geburtsurkunde vorher auch noch verlangt. Alte im Schrank liegende werden nicht anerkannt, obwohl früher dafür auch eine Gebühr bezahlt worden war.

Was machen die Leute nur, die ihre ganzen Personaldokumente beispielsweise bei einem Brand verloren haben? Da kommen echt Probleme auf.

» Gorgen_ » Beiträge: 1060 » Talkpoints: 374,40 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



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