Disclaimer "in der Apotheke nachfragen" guter Ausdruck?

vom 30.12.2023, 16:16 Uhr

Dieser Spruch kommt ja gleichzeitig mit großen, kaum zu übersehenden Lettern unmittelbar nach Werbung für bestimmte pharmakologische Produkte, deren Zulassung nicht alleine durch deren festgestellte allgemeine Wirksamkeit erfolgt ist. Als Beispiel für Wegfallen des Pflichttextes sei stellvertretend genannt: die jetzt kaum oder nur selten zu sehende Werbung für ein Darmpflegemittel, das im Wesentlichen aus Hefepilzkulturen besteht, welche die Darmflora anregen sollen, bedarf nicht dieses, ich möchte gerne bei der Formulierung "Disclaimers" bleiben.

Also ein rechtlich vorgeschriebenen Haftungsausschluss, erst recht bei bei wissentlich oder unwissentlich erfolgender missbräuchlicher Verwendung. Wobei die Korrektheit des Verwendungszweckes selbst noch durch Expertise von Fremden, in diesem Falle Medizinkundige, durch Eigeninitiative des Anwenders nachgeprüft werden soll.

Was mich ehrlich gesagt an der Änderung des bisherigen Textes so ungemein stört, ist diese völlig unnötige Duplizierung, die wie ein Stottern von Legasthenikern anmutet, die schnell noch ein Wort hinterherschieben, um ein vorher gesprochenes Wort zu relativieren.

Als Fernsehzuschauer, aber das gilt für das Radiohören umso mehr, erwartet man, dass bei dem im schnellen Sprechtempo, zum Teil sogar in der Lautstärke um 20 dB abgesenkt, vorgetragenen Text jedes Wort sehr genau überlegt ist, nicht Überflüssiges verkündet wird.

In diesem Zusammenhang entwickelt der Zuhörer ein Erwartungsschema. Da dieser Spruch ja in der Werbesendung nicht nur einmal erscheint, sondern nach jedem Präparat, wo dies vorgeschrieben ist. In der Reihung der Begriffe soll jeder Begriff als solcher prägnant sein und etwas Neues vortragen. Also "Arzt", "Apotheker". Das sind die "Hooks", wie die Radiomacher das heutzutage so auf Neudeutsch nennen, auf die abgehoben wird. Jetzt kommt da noch eine Tautologie, also eine Mehrfachnennung hinein, indem "Arzt oder Ärztin" noch genannt werden.

Was, bitteschön, ist an "Ärztin" an Informationsgehalt drin. Nichts. Nur die Überbetonung des Geschlechts. Und die hat mit der zu vermittelnden Information rein Garnichts zu tun. Völlig überflüssig. Und um diese Doppelnennung von "Apotheker oder Apothekerin" tunlichst zu vermeiden, was sonst erst recht auffallen würde, wird nun diese ominöse Umstandsbestimmung des Ortes gewählt.

» Gorgen_ » Beiträge: 1067 » Talkpoints: 376,73 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Nur als Beispiel noch hinzugefügt: "Arzt" ist eben nicht die Person, sondern in dem Zusammenhang im Sinne einer Berufsbezeichnung zu verstehen. Und die ist definitionsgemäß und von den meisten im Konsens übereinstimmend geschlechterneutral aufzufassen. Für das Wort "Apotheker" gilt es dann ebenso, so dass es keiner "Neuformulierung" des alten Textes bedürfte.

So sagt etwa mein Chef nicht zu mir, wenn ich mit roter Nase und niesend und prustend zum Büro komme, "geh' lieber zur Ärztin", sondern er fordert zum Gang zum Medizinkundigen, der auch ganz nebenbei Berechtigung zur Krankschreibung hätte, auf, indem er sagt: "Geh' zum Arzt." Dabei ist mir freigestellt, ob ich in eine Praxis gehe, die eine weibliche Fachkundige hat, oder zu einem ihrer männlichen Kollegen.

Oft sieht man auch auf (alten) Praxisschildern: Dr. Anita Sowieso, Facharzt für. Oder Dr. Anton Muxeneder, Dr. Heidi Muxeneder, Fachärzte für und nicht Fachärztinnen für oder Facharzt für und Fachärztin für. Diese Doppelnennungen sind unüblich. Jeder weiß doch, was gemeint ist. Mit einer zusätzlichen Nennung der Geschlechterform ist doch nichts an Informationsgehalt gewonnen.

Verlangt Herr Professor Doktor Karl Lauterbach jetzt etwa noch, dass alle Praxisschilder durch, seiner Meinung nach "zeitgemäßer", gegenderte ausgetauscht werden müssen, soll die Zulassung weiter bestehen bleiben?

Dass auch die Politik diese sprachlichen Umerziehungsversuche favorisieren muss, ist nicht zwangsläufig so. Das zeigt der Blick über den Tellerrand zum Beispiel auf unsere Nachbarn in Frankreich. Herr Staatspräsident Emmanuel Macron vertritt doch eine sehr begrüßenswerte Auffassung, indem er das Gendern in der französischen Sprache verbietet.

In Deutschland herrscht dagegen die Auffassung vor, es wieder jedem Recht machen zu wollen, und dabei dann niemandem hilft. Im Gegenteil, die Spaltung der Gesellschaft wird im Endeffekt damit noch weiter vorangetrieben.

» Gorgen_ » Beiträge: 1067 » Talkpoints: 376,73 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Habe noch ein paar Stellungnahmen dazu im Internet gefunden. Da geht es um Werbung ganz allgemein und im Radio im Besonderen. Wenn Begriffe doppelt erscheinen, lediglich geschlechtsspezifisch differenziert werden, beinhalten sie keinerlei Informationsgehalt. Rein sprach-technisch und semantisch betrachtet wird jedem Werbemacher dies durchaus verständlich gemacht, wenn vom normalen Sprachgebrauch ausgegangen wird. Die Werbeproduktion sollte sich an bestimmte Spielregeln des Gewerbes halten, die den Werbeerfolg versprechen helfen und nicht vordergründig ideologisch vorgeschrieben werden.

Bezogen auf jenen Spruch, um den es in diesem Beitrag hier geht, bedeutet dies: Denn die Verknüpfung der Begriffe Arzt und Ärztin erfolgt in direkter, durch Komma im geschriebenen Bild im Fernsehen erkennbarer Weise als direkte Auswahlkriterien, die nacheinander in der Reihenfolge ihres Erscheinens in Anspruch genommen werden sollen im Sinne des vorangestellten Verbs "fragen".

Interessanterweise ist gegenüber der ersten Version des Pflichttextes im TV nun die Reihenfolge umgekehrt worden. Also in der aktualisierten Fassung jetzt erscheint zunächst "Ärztin". Das heißt, jemand wird aufgefordert, in umschriebener Form des Imperativs "fragen Sie" wen oder was, also zunächst die Ärztin, dann den Arzt der Reihe nach zu fragen.

Hier müsste korrekterweise eine "Oder-Form" gewählt werden. Also "fragen Sie entweder eine Ärztin oder einen Arzt", wobei die tatsächliche Reihenfolge der Inanspruchnahme völlig unangetastet bliebe, würde ein generisches Maskulinum weiter verwendet. So aber bekommt die Ärztin den ersten Zuschlag und der Arzt erscheint erst in zweiter Linie.

Beim Nachfolgenden "Apotheker" kommt ja dann auch das ominöse "oder". Also der Hinweis auf eine Alternative in der Informationsbeschaffung. Wobei jetzt ganz deutlich hervortritt, dass Ärztin und Arzt keine Alternativen sind, sondern vom Informationsgehalt her keinerlei Bedeutung haben, sondern nur aus ideologischen Gründen als Tautologie nachklappen.

Aber zurück zur Radiowerbung:

Schnell, schneller, am schnellsten. Eine weitere Möglichkeit: Speeden, speeden, speeden. Bis sich der Spot anhört wie das altbekannte „Bei Risiken und Nebenwirkungen…“. Ein absolutes No-Go und abgesehen davon nicht nur ineffektiv, sondern auch extrem unhöflich, wie ich finde: Soll ich mich etwa als Konsument extra arg anstrengen müssen, um allein die Werbebotschaft verstehen zu dürfen?

Quelle

Und durch die Doppelnennung von Arzt und Ärztin wird der Spot noch schneller gesprochen und damit noch unangenehmer und ruft bei mir regelrecht Brechreiz hervor. Und welche Apotheke oder Drogerie ich zur Therapie des so provozierten Brechreizes zur Beratung heranziehe, bestimmt nicht das Fernsehen und der ideologisch verbrämte Pflichttext schon einmal gar nicht.

» Gorgen_ » Beiträge: 1067 » Talkpoints: 376,73 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Und jetzt kommt's:Hier Am Ende des Fernsehspots sieht und hört man, man höre und staune:

Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Tierarzt oder Apotheker"

Ist jetzt der Pflichttext auch für Tierarzneien nötig. Und wieso gendert man das dann nicht. Inkonsequenz lasst grüßen. Äh Inkompetenz, nee, Inkontinenz.

» Gorgen_ » Beiträge: 1067 » Talkpoints: 376,73 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Mein persönliches Empfinden dazu ist, dass diese Umformulierung unnötig ist. Allgemein das Gendern. Als das vor ein paar Jahren angefangen hat, dass man es jedem / jeder recht machen wollte. Man propagierte, dass jeder sich so fühlen darf, wie er möchte und sich entsprechend auch benennen darf UND entsprechend auch so angesprochen werden soll. Das vereinfacht Anreden nicht unbedingt.

In der Praxis kenne ich wenige, besonders Frauen, die sich durch eine Ansprachen benachteiligt fühlen. Weder Ärztinnen, noch Erzieherinnen, noch Apothekerinnen. Niemand besteht auf die entsprechende Endung. Entsprechend frage ich mich, woher kommt es wohl, dass man unbedingt Disclaimer ändern muss, obwohl doch jeder weiß, was gemeint ist und sich auch niemand darüber wirklich beschwert?

Die Antwort liegt nahe: vereinzelt! wird sich eben dann doch darüber beschwert. Und man muss es hier wieder der Minderheit recht machen. Vermutlich sind es nicht einmal Frauen, die sich darüber beschweren, sondern Menschen mit akuter Langweile.

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» winny2311 » Beiträge: 14978 » Talkpoints: 2,62 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


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