Warum kosten Buchvorlesungen so viel?

vom 08.02.2023, 14:28 Uhr

In der Schule meines Sohnes gibt es jedes Jahr mindestens eine Buchvorlesung. Ein Buchautor der Gegend kommt, stellt verschiedene seiner Bücher vor und liest auch aus einem Buch einen Teil vor.

Soweit so gut. Bis dahin finde ich es ja durchaus in Ordnung und nett. Was mich jedoch jedes Jahr aufs Neue wundert, ist, warum diese Vorlesungen doch ziemlich teuer sind. Jedes Kind zahlt für 1,5 Stunden 6 Euro. Es geht mir nicht um die 6 Euro an sich, sondern ich hinterfrage eher das grundlegende Prinzip.

Mir ist auch durchaus klar, dass der Autor auch von etwas leben muss und möchte und dass er seine Zeit investiert und Anfahrtskosten hat er auch. Dennoch sehe ich so eine Buchvorlese-Aktion eher als "Werbeaktion", aber es kann durchaus sein, dass ich mich da täusche. Das ist auch der Grund, warum ich hier diese Frage stelle, weil ich es ja eigentlich auch gerne verstehen möchte, einfach nur das Prinzip.

Der Herr Autor kommt also für 6 Stunden in die Schule. Er macht hintereinander 4 Vorlesungen zu 1,5 Stunden. Pro Vorlesung sammelt sich ein ganzer Jahrgang in der Aula. Pro Vorlesung werden etwa 250 SchülerInnen teilnehmen. Das ist sogar das Minimum, da habe ich schon mit eingerechnet, dass einige SchülerInnen krank sind oder warum auch immer sonst nicht in die Schule kommen. An diesem Tag hat er also etwa 1000 SchülerInnen in 6 Stunden.

Jeder einzelne Schüler muss 6 Euro für die Vorlesung bezahlen. Dadurch bekommt er also etwa 6000 Euro - für 6 Stunden. Ein stolzer Stundenlohn, wie ich finde. Hinzu kommt ja noch, dass die SchülerInnen davor bereits den ersten Teil seines Buches gekauft und gelesen haben. Quasi als Vorbereitung für die Vorlesung. Es gab auch eine Kaufpflicht. Also auch jene SchülerInnen, die bereits zu Hause das Buch hatten (von Geschwistern oder dergleichen) mussten das Buch noch einmal kaufen. Kaufpflicht. So, nun hält der Herr Autor heute eine Vorschau zum 2. Teil. Und ja... dreimal darf man raten. Es müssen sich nachher alle auch den 2. Teil kaufen. Wieder Kaufpflicht, da es als Schullektüre für den Deutschunterricht zählt. Zusätzlich werden Listen ausgeteilt, mit all seinen Büchern mit der Möglichkeit weitere Bücher zu kaufen. Das ist dann allerdings keine Kaufpflicht mehr.

Bitte nicht falsch verstehen. Mir ist klar, dass auch Autoren ihr Geld verdienen müssen. Ich finde die grundsätzliche Idee auch nett. Das Lesen soll hier etwas schmackhaft gemacht werden und so weiter. Passt soweit alles. Ich finde es sogar noch in Ordnung, dass eines seiner Bücher dann als Klassenlektüre gekauft wird. Den Kaufzwang wenn man so ein Buch bereits hat, sehe ich jedoch nicht ganz ein.

Aber jetzt hat er durch die Vorstellung seiner Bücher sowieso schon den großen Bonus, dass die gesamte Schule in jeder Klasse zumindest eines seiner Bücher als Klassenlektüre kauft und dann noch zusätzlich 6 Euro pro Kind zu verlangen, ist für mich auf den ersten Blick ehrlich gesagt schon etwas eigenartig.

Ich würde es nur einfach gerne verstehen. Es liegt scheinbar auch nicht an diesem einen Autor, diese Aktion gibt es wie gesagt jedes Jahr zumindest einmal im Schuljahr, manchmal sogar zweimal. Und da der Ablauf und die Kosten auch bei anderen Autoren sehr ähnlich sind, wird das vielleicht auch wirklich einen Grund haben. Bitte steinigt mich also nicht, wenn ich das etwas kritisch sehe, wie gesagt, ich würde es ja auch gerne verstehen, wie es zu solchen Preisen kommt. Vielleicht ist hier jemand vom Fach und kann die Hintergründe etwas näher erklären?

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» tournesol » Beiträge: 7749 » Talkpoints: 66,19 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Offensichtlich, weil der Autor geschickt verhandelt hat und/oder weil sich von den Eltern niemand beschwert. Und allem Anschein nach, weil er entweder der absolute Gott der Schullektüre ist oder der Cousin der Schuldirektorin. Anders kann ich mir jedenfalls nicht erklären, dass eine ganze Schule jahrgangsübergreifend jedes einzelne Werk, das der gute Mann so aushustet, samt sämtlichen Fortsetzungen kaufen und als Klassenlektüre durchkauen muss, komme was da wolle. Was schreibt denn der Typ für Zeugs?

Offensichtlich sind hier mal wieder Angebot und Nachfrage am Werk. Es ist ja ein bekanntes Phänomen, dass gerade im Kunst- und Kultursektor auch ein gewisser Personenkult betrieben wird. Sieht man ja auch beispielsweise im Theater. Der Meier Johannes, seit 20 Jahren Ensemblemitglied der Freien Bühne Ruhpolding, kann eine bestimmte Rolle vielleicht sogar besser spielen als der eigens geladene Gaststar, den man aus dem Fernsehen kennt. Aber da zahlt man eben für die Prominenz und weniger für die Leistung. Ich könnte mir vorstellen, dass es bei dem Kinderbuchautor ähnlich läuft, Oder, ihr wisst schon, Vetternwirtschaft. Von Buchverkäufen alleine zu leben ist eben schon ein Kunststück, da muss man sich auch als Person geschickt verkaufen.

» Gerbera » Beiträge: 11292 » Talkpoints: 42,29 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


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