Den Eltern Schuld an schlechter Leistung der Kinder geben?

Eine Bekannte von mir war vor einiger Zeit bei einem Gespräch in der Schule. Besonders der Englischlehrer und die Deutschlehrerin ihres Sohnes wollten mit ihr reden. Die Deutschlehrerin meinte, dass der Sohn daheim sicherlich sehr wenig lesen würde, da er immer noch sehr stockend liest und lange braucht.

Die Lehrerin meinte, dass dies sicherlich besser werden würde, wenn sie jeden Tag eine oder eine halbe Stunde mit ihrem Sohn lesen würde. Angeblich hat das auch ihre eigene Mutter mit ihr gemacht. Meine Bekannte war deswegen ziemlich sauer, denn sie arbeitet immer sehr lange und hat daher auch keine Zeit immer mit ihrem Sohn zu lernen.

Kennt ihr es auch so, dass Lehrer teilweise den Eltern die Schuld an schlechten Leistungen der Kinder geben? Ist das gerechtfertigt? Am Ende sollten die Kinder doch schließlich alleine lernen? Es kann doch nicht sein, dass man berufstätige Eltern anmeckert, dass sie nicht mit den Kindern lernen oder findet ihr das in Ordnung?

Nicht jedes Kind mag alleine und ohne Kontrolle lernen oder zu üben. Gerade was das Lesen angeht, ist es doch wichtig, dass man laut lesen übt. Wie albern kommt sich ein Kind da vor, wenn es das allein machen muss. Bei Mädchen kann man ja noch teilweise damit locken, dass sie ihren Puppen vorlesen können. Aber einem Jungen ist das kaum machbar.

Daher ist die Schuldzuweisung nicht mal so falsch. Denn die Mutter wird ja auch nicht immer lange arbeiten und kann sich dann zumindest an freien Tagen um die schulischen Belange ihres Kindes kümmern. Selbst wenn dann das Lesen halt nur am Wochenende geübt wird. Wobei es auch bei langen Arbeitszeiten ein paar Minuten am Abend geben sollte, wo man sich was von dem Kind vorlesen lässt.

Wie will man denn alleine lesen üben? Das funktioniert doch nicht. Ein Kind in dem Alter ist schnell frustriert und gibt dann eben auch auf. Statt immer nur schlechte Laune zu bekommen sollte man einfach mal überlegen ob der Lehrer mit seiner Aussage vielleicht Recht hat. An ihrer Stelle würde ich also sehen, dass man vielleicht jemanden findet, der sich mit ihm am Nachmittag hinsetzt und übt. Sie kann das Kind bis dahin ja auch nicht alleine irgendwo lassen, also muss die Betreuungsperson dann auch mit ihm üben.

Später sind sicherlich auch die Kinder selber dran Schuld, aber bei einem so kleinen Kind muss man doch wegführend sein und das Kind in dem bestärken, was es lernen muss und lernen wird, vor allem aber üben üben und üben. Das weiß man doch und wenn dann schon der Lehrer sagt, man müsse dies machen, dann muss man das auch. Ein Kind in dem Alter kann sich nicht selber dazu motivieren etwas komplett Neues zu erlernen.

Lesen muss geübt werden, da führt leider kein Weg daran vorbei. Mein mittlerer Sohn ist in Deutsch leider auch kein Genie. Anfang dieses Jahres hatte er einen Test, damit die Lehrer wissen, wie schnell die Kinder lesen und ob sie das gelesene überhaupt verstehen. Bei diesem Test war er leider der Vorletzte. Somit wurden wir von der Lehrerin darauf hingewiesen, dass er lesen üben müsse. Jetzt ein halbes Jahr später, in dem wir wirklich viel miteinander gelesen haben, ist er im Klassendurchschnitt.Er liest flüssig, auch wenn er bei schwierigen Wörtern noch stockt.

Deine Bekannte sollte sich den Hinweis der Lehrerin zu Herzen nehmen. Auch wenn sie nicht viel Zeit hat, muss sie mit ihrem Sohn üben. Man tut es ja dem Kind zu liebe und nicht weil die Lehrerin es will, schließlich haben diese in der Schule auch nur begrenzte Zeit und können nicht mit jedem einzelnen Kind lesen üben.

Die Lehrerin gab der Mutter doch nicht die Schuld am Versagen des Kindes beim Lesen. Die Lehrerin zeigte lediglich auf, wie die Leseleistung des Jungen verbessert werden könnte. Wieso sieht die Mutter das bloß als Kritik an? Was ist mir denn als Mutter wichtiger? Der Job oder das Kind? Hier sollte man unbedingt Prioritäten setzen.

Wo ist denn das Problem, das Kind zum Lesen zu animieren?Man bringt es doch sowieso abends ins Bett und wünscht ihm Gute Nacht. Das macht man dann halt eine Viertelstunde vor der Nachtruhe und liest gemeinsam mit dem Kind in einem Buch. Das tat ich vom ersten Schultag an mit meiner Tochter. Hat sie ihrem Kind denn früher nie vorgelesen?

Die Lehrer vermitteln den Kindern den Unterrichtsstoff. Festigen und üben müssen die Schüler dann schon selbst. Das sollte halt von den Eltern begleitet werden. Mein Kind ist mir doch wichtiger als mein Job und meine Ruhe im Feierabend. Ich tue doch alles dafür, dass es mal einen guten Schulabschluss schafft und lege somit den Grundstein für einen beruflichen Werdegang in der Zukunft.

Solch ein Verhalten ist für mich komplett unmöglich und stößt bei mir auf absolutes Unverständnis. Und wer hat hier wen angemeckert? Die Lehrerin macht sich begründete Sorgen darüber, ob der Junge künftig dem Unterricht folgen kann. Denn das verstehende Lesen umfasst ja schließlich alle Schulfächer außer Sport. Das würde ich absolut nicht als Kritik auffassen und schon gar nicht als Gemecker.

Ich habe nicht den Eindruck, dass die Mutter wirklich Zeit mit ihrem Sohn verbringen möchte und denke einfach, dass die Arbeit vorgeschoben ist. Als ob sie so viel arbeiten würde, dass sie ihn nicht mal sehen kann bevor er am Abend ins Bett geht, um fit für die Schule am nächsten Tag zu sein. Man wird ja wohl die Zeit haben, mit dem Kind eine halbe Stunde vor dem Schlafen gehen etwas zu lesen? So ein Aufwand ist das doch auch nicht und ich finde, dass Eltern durchaus interessiert daran sein sollten, dass die Kinder vernünftig lesen lernen.