Durch Telefonieren eine mögliche Gewalttat verhindern?

vom 05.10.2018, 12:09 Uhr

Vor kurzem wurde gesagt, dass es auf mögliche Gewalttäter schon abschreckend wirken würde, wenn jemand auf dem Heimweg telefoniert. Es würde zeigen, dass man nicht alleine ist und durchaus sozial wäre. Daher wäre auch das Heimwegtelefon durchaus sinnvoll, wenn man eben gerade keinen Freund oder ein Familienmitglied hat, mit dem man telefonieren könnte.

Ich muss sagen, dass ich früher häufiger alleine nachts nach Hause gegangen bin und da nie das Handy verwendet habe. Die meisten anderen waren zu den Uhrzeiten auch schon im Bett. Hat es euch schon mal geholfen, zu telefonieren und dadurch eine Gewalttat zu verhindern? Meint ihr, dass es wirklich viel ausmacht, wenn man das Handy am Ohr hat und so zeigt, dass man nicht alleine ist? Macht ihr das daher selbst so?

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge



Ich halte es ehrlich gesagt für ziemlichen Schwachsinn, dass man nur durch Telefonieren mögliche Gewalttaten verhindert. Ich glaube, dass das Einbildung ist, damit man sich alleine draußen sicherer fühlt. Dieses subjektive Sicherheitsempfinden hat aber nichts mit der Realität zu tun, sondern gaukelt nur Sicherheit vor. Wenn jemand wirklich Gewalt anwenden möchte, wird er sich vom Telefon nicht abschrecken lassen. Was soll da schon passieren? So gesehen wird es sowieso dauern bis Hilfe da ist und bis dahin hat ein potentieller Verbrecher massenhaft Zeit.

Ich las erst vor einigen Tagen in der Zeitung, dass man an meiner ehemaligen Universität eine Studentin überfallen hat. Sie war am Telefonieren und auf dem Heimweg, wobei sie jemand überrascht und mit einem Messer bedroht hat, damit sie Geld gibt. Das Telefon hat gar nichts daran geändert und es ist trotzdem passiert. Der Täter ist verschwunden und konnte nicht gefasst werden.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge


Wenn ich eine Gewalttat planen würde, würde ich mir wohl eher jemanden als Opfer aussuchen, der gerade am Telefonieren ist, weil hier die Wahrscheinlichkeit größer ist, dass die Person völlig abgelenkt ist und überhaupt nicht schaut, wo sie hintritt und wer sich in ihrer Umgebung aufhält. Ich habe schon Leute beim Telefonieren am helllichten Tag gegen Verkehrsschilder laufen sehen. Wenn so jemand kein leichtes Opfer zum Ausrauben (oder Schlimmeres) darstellt, wer denn dann?

Es ist doch zudem völlig egal, ob jemand "sozial" ist und ob die beste Freundin vielleicht mit anhört, wie dir die Handtasche vom Arm gerissen wird. Ich halte es für durchaus sinnvoll, nicht gerade nachts um drei die dunkelsten Ecken und miesesten Viertel der Umgebung unsicher zu machen und auch beispielsweise telefonisch durchzugeben, dass man sich jetzt auf den Heimweg macht oder noch einen Umweg zum Briefkasten einschlägt oder was auch immer. So ist man im Zweifelsfall leichter zu finden oder zumindest zu identifizieren, wenn man tatsächlich bei Aktenzeichen XY landet. Aber die Sicherheit vergrößert es meiner Meinung nach nicht, wenn man hinterher den Tatort und -vorgang zwar genauer rekonstruieren kann, aber der Täter trotzdem über alle Berge ist.

» Gerbera » Beiträge: 11292 » Talkpoints: 42,29 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Man wird vielleicht eine Vergewaltigung verhindern können, weil derjenige am anderen Ende der Leitung wohl weiß, wo der Telefonierer hingeht und damit wird auch ein Täter rechnen. Und da eine Vergewaltigung nicht in ein paar Sekunden vorbei ist, ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Täter da von ablässt größer als wenn er nur die Handtasche wegreißen will oder sie in ein Auto zerren will. Ich würde mich jedenfalls nicht drauf verlassen.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Mir ist mal etwas passiert, was man schon in dieser Richtung hätte deuten können. Es war an einem Wochenende, spät nachts oder besser früh am Morgen als ich alleine in einer unbelebten Straße auf das Taxi wartete, was sich leider relativ viel Zeit ließ. Ich saß einsam an einer Bushaltestelle in der Dunkelheit, als plötzlich ein Kerl auf einem Fahrrad an mir vorbeifuhr. Nachdem er mich da so alleine hat sitzen sehen, beschloss er langsam mit dem Rad zurückzukommen und kontinuierlich vor mir auf und ab zu fahren.

Vor und zurück, zurück und vor, dabei blöde zu mir glotzend und langsam näherkommend. Es war sehr unangenehm und gruselig und ich bekam mit jeder seiner Drehungen mehr Angst. Ich hatte auch keine Ahnung, wie ich dieser Situation hätte entfliehen können, es war so spät, dass alle Läden zu hatten, kein Mensch in der Nähe, das Taxi auf dem Weg, aber wer weiß, wann. Blöd auf sich aufmerksam zu machen, indem man plötzlich panisch weg läuft, war auch keine Option.

Also habe ich das einzige getan, was mir einfiel. Ich zückte mein Handy und fing an, laut in den Hörer zu sprechen, was ich gerade mache und wo ich mich derzeit befinde. Das hat geholfen und der Scherge ist ad hoc mit seinem Rad schnell weggefahren. Der Witz war, dass ich gar kein Geld mehr auf der Karte hatte und das ganze Gespräch nur ein Fake war. Auf die Methode verlassen würde ich mich ansonsten natürlich ganz sicher nicht, aber in meiner Not war es das einzige, was mir eingefallen war.

» Verbena » Beiträge: 4789 » Talkpoints: 3,77 » Auszeichnung für 4000 Beiträge


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