Gender-Ansatz im Feminismus

vom 09.03.2011, 12:56 Uhr

Der Tag der Frau ist gerade vorbei, da ist es doch passend, mal einen Blick in den Gender-Ansatz zu werfen, und zu schauen, inwiefern er wirklich das Potenzial hat, etwas zu verändern. Was haltet ihr von dieser feministischen Richtung? Ist er Humbug und unterstreicht vielmehr die Unterschiede zwischen Mann und Frau anstatt ihnen entgegenzuwirken? Ich habe versucht, das ganze mal ein wenig zu analysieren.

Der Gender-Ansatz hat meiner Meinung nach so einiges Veränderungspotenzial in sich. Da Geschlecht nicht als Schicksal angesehen wird, sondern als Gestaltungsaufgabe, ist es potenziell veränderbar. Allerdings reicht es zum Beispiel nicht aus, wenn nur die Eltern sich individuell gegen klassische Rollenklischees für ihr Kind entscheiden, da die Geschlechtsentstehung sehr komplex ist und unzählige Faktoren sozialisierend auf das Kind mit einwirken. In einer zweigeschlechtlich organisierten Gesellschaft wie unserer gibt es keine andere Möglichkeit, als sich als Mann oder Frau zu präsentieren. Der dekonstruktive Gender-Ansatz bietet also nicht die eine, durchschlagende Idee, aber weist auf Spielräume hin, mit denen man bewusst umgehen kann, um nicht der Totalität zu erliegen.

Der dekonstruktive Gender-Ansatz wirft aber auch einige Identitätsfragen auf. Wenn die Zweigeschlechtlichkeit nur Konstruktion ist, ist das eine grundlegende Infragestellung unserer persönlichen Identität und eines Grundpfeilers unserer Gesellschaft. Die Auflösung von Geschlechtszuweisungen ist einer der größten Aufregungsfaktoren des Gender-Begriffes, da das Geschlecht in unserer Kultur einer der stärksten Identitätsfaktoren ist. Wenn alle Geschlechter aufgehoben würden, gäbe es große Freiheiten ohne von kulturellen Erwartungen geprägt zu sein, andererseits auch Orientierungsproblematik und Entscheidungslast. Selbst wenn man sich in unserer heutigen Gesellschaft gegen das traditionelle Rollenbild entscheidet, unterliegt man einem strengen Plan, denn alles folgt der Logik der Zweigeschlechtlichkeit - wenn man sich gegen die Frauenrolle entscheidet, entscheidet man sich automatisch für die Männerrolle, denn etwas drittes gibt es nicht.

Für den differenzorientierten Feminismus bedeutet der radikale Gender-Ansatz die Auflösung seines fundamentalen Ansatzes, da die Geschlechtsdifferenz doch ein wesentliches Merkmal seiner Geschlechtsthematik bildet. Der differenzorientierte Feminismus nimmt an, dass es gewisse Gemeinsamkeiten zwischen allen Frauen gibt, was eine wichtige Grundlage für das gemeinsame Engagement für Frauen gibt. Dieser Ansatz fällt im dekonstruktiven Feminismus weg, da keine prinzipielle Grenzlinie zwischen Männern und Frauen gezogen wird. So gibt es eine neue Chance, Frontlinien zwischen den Geschlechtern aufzubrechen, Männer in gesellschaftliche Veränderungsprozesse in Richtung Gendergerechtigkeit einzubeziehen und diese als gemeinsame Aufgabe aller Menschen zu betrachten.

Der dekonstruktive Feminismus birgt allerdings auch eine Gefahr: Er kann dazu benutzt werden, den feministischen Veränderungswillen zu blockieren, denn wenn alles nur Konstruktion ist, wogegen soll man dann angehen? Dabei wird allerdings übersehen, dass erst diese Konstruktionen die Realität schaffen bzw. andere Realitäten verhindern. Einerseits muss der Feminismus Unterschiede zwischen den Geschlechtern betonen um gegen Ungerechtigkeiten vorzugehen, andererseits muss er die Unterschiede relativieren, um nicht in die alten Rollenzuschreibungen und somit ebenfalls Ungerechtigkeiten zu verfallen. Und nun freue ich mich auf eure Meinungen!

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» koeniglich » Beiträge: 370 » Talkpoints: 0,50 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich finde zwar schon, dass man als Frau für mehr Rechte kämpfen sollte und auch Sexismus und Diskriminierung ist ein Thema. Aber ich finde, dass der Feminismus und das Gendern an sich die Thematik ein wenig verfehlt. Ich persönlich fühle mich zum Beispiel gar nicht diskriminiert, wenn ich als Frau von der männlichen Plural-Variante ("Die Lehrer", "die Arbeitnehmer" etc.) angesprochen werden. Aber dennoch ist alles zu einem krankhaften Wahn ausgeartet und sprachlich wird andauernd gegendert, weil sich ja sonst eine Frau diskriminiert fühlen könnte. Das löst aber das Problem nicht wirklich meiner Ansicht nach.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge


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