Psychisch Kranke besser im Job als Gesunde?
Ich las vorhin im
Focus eine sehr provokative These. Es ging in dem Artikel darum, dass Menschen mit psychischen Probleme angeblich bessere und gewissenhaftere Arbeiter sein sollen als eben gesunde Arbeitnehmer. Am effektivsten seien Personen mit zwanghaften Verhalten, möglichst auch mit einer Angststörung, beim Controlling beispielsweise oder bei Finanzen und Compliance.
Die Bahn dementiert ein derartiges Rekrutierungskonzept für neue Arbeitnehmer und das Video im Internet, das diese Passagen belegt wurde mittlerweile gelöscht.
Mich machte diese These schon ziemlich stutzig. Ich hatte mir vorher darüber noch nie Gedanken gemacht und es fällt mir ehrlich gesagt schon schwer, zu glauben, dass Menschen mit Zwangsstörungen und Angststörungen in manchen Bereichen besser arbeiten als andere. Na gut, es gibt sicherlich auch einige Vorteile, aber auch die Nachteile sind nicht zu unterschätzen. So glaube ich nicht, dass es es förderlich für die Gesundheit ist, wenn solche Menschen dann in einem Bereich arbeiten, der die Angststörungen (Versagensangst, weil die Zahlen nicht stimmen) eher noch fördert.
Was meint ihr dazu? Sind psychisch Kranke besser im Job als gesunde Menschen? In welchen Bereichen könnte das in euren Augen zutreffen und in welchen nicht?
Ich denke, dass das eine sehr unrealistische These ist, die es erst mal zu beweisen gilt. Vor allem bei zwanghaftem Verhalten ist es eben so, dass man immer wieder kontrolliert, was man gemacht hat, damit auch alles perfekt ist, die Zeit hat man doch aber gar nicht in einem normalen Betriebsablauf. Auch andere Störungen sehe ich als hinderlich, weil schon der Alltag nicht einfach ist und dann noch ein Arbeitsleben perfekt zu stemmen ist schlichtweg nicht möglich.
Es gibt psychisch kranke Menschen, die einen Arbeitsalltag gut ausgleichen können oder sogar auf ihrer Arbeit aufblühen, da sie eine Abwechslung vom Alltag haben. Es gibt aber auch psychisch Kranke Menschen, die unter einem stressigen Berufstag einknicken und dadurch zusammenbrechen. Der Gift ist quasi also Gift für die Seele des Erkrankten.
Die Frage ist aber, ob ein gewissenhafter und psychisch kranker Arbeiter diesen Druck aushält oder nicht, selbst wenn er ein besserer Mitarbeiter ist. Was bringt einem dieser Mitarbeiter, wenn er nach einem halben Jahr noch ein Burnout zusätzlich bekommt und er somit von der Arbeit fernbleibt? Klar, ich bezweifle ja nicht, dass die These bis zu einem gewissen Grad sogar einen Sinn macht oder sich in manchen Fällen bewiesen hat, aber bestimmt spielen noch weitere Faktoren eine entscheidende Rolle.
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