Wird eine gute Einarbeitung heutzutage vernachlässigt?

vom 24.07.2025, 10:38 Uhr

Mir ist aufgefallen, dass neue Mitarbeiter immer schlechter bis fast gar nicht mehr richtig eingearbeitet werden. Ich habe es am eigenen Leib erfahren müssen und kann daher nicht nachvollziehen, warum man neue Mitarbeiter einstellt und sie dann nicht richtig einarbeitet.

Im Jahr 2017, im August hatte ich über eine Zeitarbeitsfirma eine Stelle in einem Unternehmen angetreten, welches Produkte für die klinische Diagnostik vertreibt. Dort wurde dringend Unterstützung gesucht und ich war damals auf Jobsuche. Als ich den ersten Tag da war, hatte ich noch nicht mal einen Computer, der sollte erst geholt werden. Und so saß ich an meinem Platz und niemand hat sich für mich interessiert. Als ich dann nach einer halben Stunde eine Kollegin angesprochen habe, ob ich mich vielleicht mal irgendwo daneben setzen kann, willigte sie ein und zeigte mir einige Sachen.

Kurze Zeit danach schickte sie mich dann schon wieder zu der anderen Kollegin, weil sie etwas dringendes abarbeiten musste. Da saß ich dann für etwa zehn Minuten und wurde zur nächsten Kollegin geschickt, die aber auch nur wenig redete, so dass ich nur zugeschaut habe. Ich fand das unmöglich, dass nicht mal ein Computer für mich da war, so etwas muss man doch organisieren, bevor man jemanden einstellt!

Im letzten Jahr hatte ich eine noch schlimmere Situation. Ich fing in einem Handwerkerbetrieb an, wo das Büro auf dem Grundstück des Geschäftsführers war. Somit waren nur er und seine Frau vor Ort. Eigentlich sollte sie mich einarbeiten, aber als sie dann gegen 09:00 Uhr kam (ich fing schon um 07:00 Uhr an), war das erste, was ich von ihr gehört habe, dass sie ja eigentlich Montag und Freitag frei hat und auch nur bis um 12:00 Uhr arbeitet. Tja, schon praktisch, wenn man die Frau vom Chef ist und keine Lust zum Arbeiten hat...

In meinem aktuellen Job hatte ich im Grunde auch keine richtige Einarbeitung, eher nur eine Art Crash-Kurs beim Chef, bei dem ich die ersten beiden Tage gesessen habe, bis mein Rechner fertig war. Von da an saß ich in meinem Büro und wenn ich etwas nicht wusste, habe ich ihn oder eine andere Kollegin fragen müssen. Optimal war das jetzt auch nicht, aber ich habe mich relativ schnell in die Thematik eingelesen und konnte dann auch eigenständig arbeiten.

Habt Ihr das eventuell auch schon beobachtet, dass neue Mitarbeiter eingestellt werden und sich dann aber mehr oder weniger selbst überlassen sind? Was denkt Ihr, woran das liegen könnte?

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» Jacqui_77 » Beiträge: 2966 » Talkpoints: 41,55 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Kenne genau das Gegenteil. Kann schon gar nicht mehr an den Fingern der Hände abzählen, wie viele Aushilfen wir in unserem Betrieb hatten, die zu Beginn der Beschäftigung sagten, sie wollten länger bleiben, eventuell sogar übernommen werden, dann aber schon nach etwa zwei Monaten wieder das sprichwörtliche Handtuch geworfen hatten.

Mir wurde die Aufgabe der Einarbeitung der neuen Kollegen übertragen. Kaum war ich damit einigermaßen fertig, hatte der Kollege schon wieder gekündigt. Die ganze Mühe umsonst. Und das Spielchen, anders kann man es wohl nicht besser beschreiben, wiederholte sich alle paar Monate.

Kann mir durchaus vorstellen, dass es in der besagten Firma bei Euch auch so war, und dass der Chef, oder derjenige, der für die Einarbeitung zuständig war, einfach keine Lust mehr hatte.

Es ist ja nicht so, dass die Einarbeitung eines Kollegen mich nicht von meiner eigentlichen Arbeit abgehalten hätte, im Gegenteil, ich merkte das schon. Die Aneignung von Materialkenntnissen und Unterschiede der Prozeduren sind nun einmal nicht in fünf Minuten erklärt. Bis dann jemand eine echte Entlastung für andere Kollegen darstellt, indem er selbstständig, ohne nachzufragen, sicher seine Tätigkeit ausüben kann, dauert eben.

Umso ärgerlicher ist es dann, wenn "eingearbeitete" Mitarbeiter dann die Firma verlassen. Mir drängte sich stillschweigend der Verdacht auf, dass sie sogar ihr so gewonnenes Know-How gewinnbringend für sich bei der Konkurrenz anbringen konnten. Dass dann die Motivation schwindet, in kürzeren Abständen stets aufs Neue bei Adam und Eva wieder anfangen zu müssen, liegt doch auf der Hand. Ich habe es mir nicht anmerken lassen.

Jedenfalls hat der Chef nicht gemeckert, wenn ich dann nicht so schnell arbeiten konnte, während ich dem Kollegen etwas erklären musste, und dadurch abgelenkt war. Wäre das anders gewesen, hätte ich das bei den Meetings auch ganz sicher zum Thema gemacht.

Auf der anderen Seite sieht die Situation am Arbeitsplatz manchmal so aus, dass der "Neue" ganz bewusst "im Regen" stehen gelassen wird. Jetzt dafür die Gründe aufzuzählen, würde den Rahmen sprengen. In solch einem Falle kommt es eben auf die Eigeninitiative des neuen Mitarbeiters an, Kollegen von sich aus "anzuhauen", sie sollten ihm etwas zeigen.

» Gorgen_ » Beiträge: 1206 » Talkpoints: 436,22 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


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