Wie realistisch ist Habecks geplante Heizwende umsetzbar?

vom 11.03.2023, 16:11 Uhr

Momentan wird stark diskutiert über den Gesetzentwurf von Wirtschaftsminister Robert Habeck. Geht es nach seinen Vorstellungen soll ab dem Jahr 2024 jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Im Endeffekt bedeutet dies ein Verbot neuer Öl- und Gasheizungen.

Derzeit heizen laut Studie des Heizungsinstallateurs Thermondo nahezu 50 Prozent mit Gas sowie 24 Prozent mit Öl. Wärmepumpen, Fernwärme oder Biomasse sind derzeit also nicht wirklich stark etabliert.

Wie realistisch seht ihr die Umsetzung des Gesetzesentwurfes von Robert Habeck? Welche Alternativen zu Gas und Öl lassen sich für die meisten Haushalte wohl noch am besten umsetzen? Worin seht ihr die Vor- und Nachteile eines solchen Gesetzesentwurfes? Hätte man dieser Heizwende mehr Vorlaufzeit geben müssen?

» EngelmitHerz » Beiträge: 3943 » Talkpoints: 17,00 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Ich habe mich darüber gerade gestern Abend mit Freunden unterhalten, die sich da besser auskennen. Kurz gesagt, das ist bei vielen älteren Gebäuden überhaupt nicht machbar oder sehr teuer.

Nehmen wir zum Beispiel mal Reihenhäuschen, die ein bisschen in die Jahre gekommen sind und bei denen irgendwann in den nächsten Jahren die Heizung ausgetauscht werden soll. Aktuell sind viele ans Gasnetz angeschlossen, aber Gasheizung ist ja dann nicht mehr. Aber was sollen die Besitzer dann machen?

Die gerade sehr gehypten Wärmepumpen fallen unter das Lärmschutzgesetz, was bedeutet, dass diese großen hässlichen Kästen, die außen aufgestellt werden, einen gewissen Abstand zum Nachbarn einhalten müssen. Den hat ein Reihenhaus aber nicht. Und selbst wenn - man braucht dafür eine Flächenheizung. Sprich, Heizkörper raus, Fußböden aufreißen, Fußbodenheizung verlegen. Ja, das wird teuer. Dann ist das Haus aber nicht gut genug isoliert, ist ja schon älter, also braucht man zur Unterstützung Strom. Ja, wird auch teuer. Also Solarzellen. Aber dafür ist die Dachfläche bei diesen Häuschen oft nicht groß genug.

Pellets sind auch keine Alternativen weil man dafür einfach nicht genug Platz hat. Selbst wenn man wie ich nur mit Holzöfen heizt und das Wasser über die Zentralheizung laufen lässt braucht man Platz um das Holz für den Winter zu lagern. Bei einem Reihenhaus würde das wahrscheinlich darauf hinaus laufen, dass man die Garage dafür opfern muss. Denn trocken sollte das Holz ja schon sein.

Gab es nicht mal das große Versprechen, dass Wohnen bezahlbar bleiben soll? Das hier würde ja nicht nur Hauseigentümer betreffen sondern letztendlich auch Mieter, die in Form von Mieterhöhungen an den Kosten für die neue Heizung beteiligt werden.

Ich bin absolut dafür bei Neubauten die bestmögliche Isolierung zu fordern und auf möglichst umweltverträgliche Weise zu heizen, aber der Umwelt ist nicht geholfen wenn Altbauten immer unattraktiver werden und in letzter Konsequenz lange leer stehen oder gar abgerissen werden. Das Problem gibt es ja jetzt in manchen Städten schon. In der Innenstadt stehen Häuser leer aber die grüne Wiese wird fleißig zubetoniert.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Wenn jetzt auf einen Schlag alle auf Pelletheizung umstellen, ist die Luftverschmutzung wieder so groß wie früher, wo jeder mit Kohle und Briketts heizte. Den Begriff "Feinstaubbelastung" halte ich für eine Beschönigung, die das Kind nicht beim Namen nennen will: Im Klartext: Es ist eine Verpestung sonder Gleichen und eine extreme Gesundheitsgefährdung. Abgesehen davon ist die Explosions- und Brandgefahr gerade bei den automatischen Anlagen nicht zu unterschätzen. Dann lieber einen Heizkessel statt mit Gas mit Strom aufheizen. Und den Strom aus alternativen Stromquellen beziehen.

Solaranlagen sind heute schon lange nicht mehr nur "Spielzeug" von irgendwelchen "Spinnern", sondern Anlagen mit bis zu 50 kW lassen sich locker auf Hausdächern installieren. Für die Zeit, in der die Sonne nicht scheint, gibt es mittlerweile hocheffiziente Stromspeicher. Die Regulatorien bremsen aber alles aus. Weil die Energie-Netzbetreiber sich ein großes Stück vom Kuchen abschneiden wollen. Hier sollte zuerst angesetzt werden. Wer treibt denn die Energiekosten in die Höhe? Das ist doch das marktwirtschaftliche System. Denen passt es nicht, wenn Häuser autark werden. Im Gegenteil, sie müssen noch Strafe zahlen, indem entweder Anlagen von vorn herein nicht genehmigt werden, oder für eingespeistes Kilowatt sehr wenig rückerstattet wird.

Jeder der sein E-Auto aus eigener Solaranlage speisen will, weiß das, wie schikanös die Regulatorien sind. Auch, wenn im Fernsehen dafür Reklame gemacht wird, indem bestimmte Firmen sich anbiedern. Dass man damit eine Bindung eingeht, die sich erst in Jahrzehnten ablösen lässt, wird geflissentlich verschwiegen.

Wie gesagt, hier ist noch viel zu tun. Mit einem Hau-Ruck-Verfahren wird es nicht gelingen. Man kann ja nicht ganze Stadtviertel dem Erdboden gleich machen und alles nach den neuesten Vorschriften wieder aufbauen. Und wo bleiben die Leute, die während der Umbaumaßnahmen monate- oder jahrelang ihre Wohnungen verlassen müssen? Kommen die dann in die Container, die für Flüchtlinge gedacht waren und werden die dann rausgeworfen?

» Gorgen_ » Beiträge: 1067 » Talkpoints: 376,73 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Es ist einfach unrealistisch, was sich der Herr Minister da ausgedacht hat. Wenn ich allein vom Wohnort meiner Mutter ausgehe, wo die meisten mit Öl oder Flüssiggas heizen. Erdgas liegt da im Ort gar nicht an. Das Haus meiner Mutter wäre gar nicht geeignet um zum Beispiel Solar auf das Dach zu machen. Die Statik macht das wegen dem Alter nicht mit.

Andere Optionen, wie eben die zur Zeit viel gepriesenen Wärmepumpen können da auch nicht verwendet werden. Die Dämmung vom Haus ist dafür nicht geeignet. Aber von den Eignungen der Gebäude, die Lage und den Kosten einmal abgesehen, ist das der ganze Plan nicht realisierbar.

Gerade bei den Wärmepumpen sind jetzt schon sehr lange Wartezeiten. Und selbst wenn da genug Material zur Verfügung wäre, scheitert es an den fehlenden Handwerkern. Und selbst wenn das alles kein Problem wäre steht dann der Kostenfaktor noch zur Debatte. Das muss man sich halt auch etwas leisten können.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Grundsätzlich ist es sehr zu begrüßen, dass die Politik sich dafür einsetzt, den CO2-Ausstoß im Heizungsbereich zu reduzieren. Öl- und Gasheizungen sind in der Tat sehr klimaschädlich und sollten auf lange Sicht ersetzt werden. Die Frage ist jedoch, ob ein Verbot bis 2024 realistisch ist. Es ist fraglich, ob es genug Alternativen gibt, um den Bedarf zu decken, insbesondere in ländlichen Gebieten, wo Fernwärme oder Biomasse nicht immer verfügbar sind.

Als Alternative zu Öl und Gas könnten Wärmepumpen eine Lösung darstellen. Diese benötigen jedoch viel Strom, der aus erneuerbaren Energien stammen sollte, um einen positiven Effekt auf die Umwelt zu haben. Eine weitere Option wären Solarthermie-Anlagen, die Sonnenenergie zur Warmwasserbereitung und Heizungsunterstützung nutzen.

Die Vor- und Nachteile eines solchen Gesetzentwurfs liegen auf der Hand. Einerseits kann ein Verbot von Öl- und Gasheizungen dazu beitragen, den CO2-Ausstoß zu reduzieren und somit einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Andererseits kann es für viele Haushalte mit hohen Kosten verbunden sein, ihre Heizungsanlagen umzurüsten oder zu ersetzen. Zudem könnte es zu Lieferengpässen bei den Alternativen kommen.

Insgesamt denke ich, dass ein Ausstieg aus Öl- und Gasheizungen sinnvoll ist, aber ein Verbot bis 2024 zu ambitioniert sein könnte. Es wäre besser, den Übergang schrittweise zu gestalten und den Menschen ausreichend Zeit zu geben, sich auf die Änderungen einzustellen. Zudem sollten mehr Förderprogramme für den Austausch von Heizungsanlagen aufgelegt werden, um die Kosten für die Haushalte zu minimieren.

» Aguti » Beiträge: 3109 » Talkpoints: 27,91 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


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