Wie feiert ihr Allerheiligen?
Aus meiner atheistischen und glaubensfernen Kindheit war Allerheiligen und Allerseelen irgendwie dasselbe- nämlich der Tag an dem viele Menschen auf die Friedhöfe gehen und sich anschauen, wie toll alle Gräber geschmückt sind. Dafür wurden in den Tagen vorher viele Gestecke und besondere Blumen verkauft und in den Geschäften war viel los. An dem Tag selbst, gingen nur noch wenige in den Blumenladen, da man natürlich wollte, dass auch schon früh morgens, wenn die ersten zum Friedhof kommen, dort die Gräber der eigenen Angehörigen positiv auffallen.
Dass Allerheiligen und Allerseelen sich eigentlich unterscheiden und es vielerorts eher pragmatische Gründe hatte, nämlich dass Allerheiligen häufiger als gesetzlicher Feiertag gilt als Allerseelen, bereits an Allerheiligen auf den Friedhof zu gehen, war mir lange nicht bewusst. Ich vermute, dass es den meisten Deutschen so geht. Und vielen ist es vermutlich auch egal.
Die eigenen Verstobenen sind zudem für unsere heutige Gesellschaft auch präsenter als "alle Heiligen", also die Märtyrer und heiliggesprochenen Verstorbenen, wie Namenspatrone und Menschen, die besondere Glaubenszeugnisse ablegten, durch heilige Werke in Erinnerung bleiben und nach ihrem Tod Fürsprache bei Gott einlegten.
Doch kennt ihr dennoch aus christlicher Kindheit, aus eurem Umfeld oder von besonderen Orten Bräuche und Feierlichkeiten zu Allerheiligen? Das "Heiligen-ziehen" haben vielleicht manche schonmal gehört? Und zwar noch sehr wenige Gemeinden feiern mit den Kindern Allerheiligen auch mit Heiligenverkleidung, die durchaus vor allem bei den älteren Kindern auch Märtyrer darstellen können und damit einen gewissen Horror-Charakter haben.
Traditionell werden bei uns im katholischen langweiligen Teil von Bayern die Gräber vor Allerheiligen "gerichtet", sprich geharkt und bepflanzt und auch die Grabsteine feucht runtergewischt. An Allerheiligen selber sitzt man ein katholisches Hochamt mit Rosenkranz aus und marschiert dann geschlossen zum Friedhof, wo an den jeweiligen Familiengräbern noch ein paar Vaterunser erklingen, während der Pfarrer den Mittelgang auf und ab marschiert und den Weihwedel schwenkt.
Da das Wetter Anfang November oft schon ziemlich mäßig ist, plaudert man hinterher noch ein paar Minuten mit den Besuchern der Nebengräber, bevor man sich hastig auf den Heimweg begibt. Dort gibt es dann erst mal ein Heißgetränk, und vielleicht schauen im Lauf des Tages noch ein paar Verwandte vorbei, sprich Kaffee und Kuchen. Der Mummenschanz hält sich verglichen mit anderen Feiertagen also in Grenzen, und dass "Allerseelen", sprich das Gedenken an die nicht ganz so heiligen Verstorbenen, offiziell erst am 2. November ist, interessiert eigentlich keinen.
@Gerbera Ist dies eine frühere Kindheitserinnerung von dir, im Glauben daran, dass es auch heute noch so ist? Oder gibt es wirklich in Bayern Orte, wo heutzutage noch mit der Gemeinde der Rosenkranz gebetet wird? Hier gab es das in wenigen Orten in einer Form einer Gebetsgruppe, allerdings nicht an Feiertagen und die Gruppe ist seit Corona ausgestorben. Zu Allerheiligen habe ich noch nirgendwo Rosenkranzgebete rund um das Hochamt erleben dürfen und kenne durchaus das Programm aller umliegenden acht Gemeinden mit insgesamt 30 bis 50 Kirchen.
Friedhofssegnungen machen zwar noch einige Gemeinden, allerdings unabhängig von den teilweise mehreren Messezeiten an Feiertagen. Und die "Tradition" der Menschen vor Allerheiligen auf dem Friedhof zu putzen und ein Gesteck darauf zu stellen, gibt es genauso auf städtischen Friedhöfen.
An katholischen Wallfahrtsorten in Bayern war ich bisher nicht an Allerheiligen/Allerseelen. Unabhängig davon erschien es mir jedoch dort auch nicht viel anders als hierzulande, nämlich dass die allermeisten Menschen im Ort ihren Glauben nicht in der Kirche zeigen.
Das ist eine Kindheitserinnerung von letztem Freitag, wenn du es genau wissen willst. Wieso hinterfragst du meine Schilderung? Warst du dabei?
Aber auch als ich noch an der Hand von Oma irgendwann in den Achtzigern zum Friedhof gepilgert bin, um Opa selig zu begießen, war der Ablauf identisch. Rosenkranz, Kirche, Friedhofsgang, die Gräber waren ordentlich getrimmt, und hinterher gab es manchmal Kaffee und Kuchen. Wie es andere Gemeinden, egal ob Stadt oder Land handhaben, kann ich nicht beurteilen, weil ich keinen Allerheiligen-Tourismus betreibe.
Hier, mitten im Ruhrpott mit weniger als 30 Prozent Katholiken, findet in der Pfarrei jeden Monat eine Rosenkranzandacht statt. Das ist seit Jahrzehnten so und, ich habe gerade nachgesehen, damit Trisa auch zufrieden sein kann, aktuell nicht anders.
Und nach dem obligatorischen Gottesdienst geht's hier Allerheiligen auch zur Gräbersegnung auf den Friedhof und ins Kolombarium. Übrigens ruft man hier auch immer noch wie in meiner Kindheit die Pforte des katholischen Krankenhauses an, wenn man außerhalb der üblichen Zeiten geistlichen Beistand benötigt.
Ich selbst feiere als Nicht-Christin Allerheiligen nun gar nicht. Klar, irgendwann zwischen Allerheiligen und Totensonntag muss man die Verwandtschaft harken gehen und das Grab winterfest machen. Da bietet sich ein Gesteck an und, weil die Jahreszeit dunkel ist, kommt Kerzenlicht auch ganz gut. Aber das ist halt reine Formsache, mit Glauben hat das nichts zu tun.
In meiner Kindheit war halt Noten umblättern an der Orgel und Singen gefragt. Dieses Jahr hatte ich Spätdienst, da fallen dann sämtliche Aktivitäten ins Wasser. Was für mich jetzt kein Problem darstellt.
@cooper75 Das heißt, dass ihr Allerseelen sozusagen komplett mit Allerheiligen zusammenlegt? Hier werden vielerorts auch die Gräber schon Allerheiligen gesegnet, allerdings eher Nachmittags, während die Heiligen Messen vormittags sind. Andere nutzen eher das folgende Wochenende zur Gräbersegnung.
Kolumbariensegnungen sind ja eher etwas sehr Modernes. Kenne ich so von römisch-katholischen Gemeinden gar nicht. Ist es eine Alt-Katholische Gemeinde? Seelsorge funktioniert durchaus vielerorts über die Krankenhäuser und die katholischen Geistlichen sind oftmals besser erreichbar. Jedoch wird es allgemein kaum genutzt.
Bei uns in Niederbayern war es früher so, dass wir als Familie an Allerheiligen zum Grab gingen. Die meisten Leute standen bei den jeweiligen Familiengräbern, und es gab eine Prozession durch den Friedhof, angeleitet vom Pfarrer, bei der alle Gräber gesegnet wurden. Wir hatten zwei Gräber auf zwei verschiedenen Friedhöfen. In einem der beiden Friedhöfe gab es vorher einen Gottesdienst mit Rosenkranzbeten, im anderen Friedhof kam man ohne Rosenkranz aus.
Wie das heutzutage abläuft, weiß ich nicht. Meine Familie besteht nur noch aus mir und meiner pflegebedürftigen Mutter, die nicht mehr zum Friedhof geht bzw. gehen könnte.
Trisa, die Pfarrei ist nicht alt-katholisch. Und ja, es wird zusammengelegt und findet für die Friedhöfe, die kirchennah liegen, direkt nach der Messe statt. Am Nachmittag und Abend geht es dann auf die anderen Gottesäcker. Schließlich ist viel zu tun und das Personal ist knapp.
Das Kolumbarium befindet sich hier in einer ehemaligen Pfarrkirche, die bereits vor rund 20 Jahren außer Dienst gestellt worden ist. Mit dem Kolumbarium hat sich eine sinnvolle Nachnutzung ergeben, die sehr gut angenommen wird. Es sind keine Plätze mehr frei. Und das Ambiente ist viel geschmackvoller als bei "Bestattungswänden" auf unseren städtischen Friedhöfen.
Gerbera hat geschrieben:Das ist eine Kindheitserinnerung von letztem Freitag, wenn du es genau wissen willst. Wieso hinterfragst du meine Schilderung? Warst du dabei?
Ich hinterfragte keineswegs die Schilderung, sondern wollte mein Erstaunen darüber ausdrücken und nachfragen, wo es heutzutage noch solche lebendigen Gemeinden gibt. Dabei geht es mir keineswegs um Allerheiligen-Tourismus, sondern rein um Interesse daran, zu erfahren, wieso sich sehr viele anderen Gemeinden anders entwickelten.
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