Wie bewertet ihr den Nutzen von Zahnspangen?

vom 06.01.2019, 09:40 Uhr

Laut Medienberichten fordern die gesetzlichen Krankenkassen belastbare Studien zum Nutzen von Zahnspangen sowie anderen kieferorthopädischen Maßnahmen durchzuführen. Solche Behandlungen kosten laut Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen die Beitragszahler jedes Jahr rund eine Milliarde Euro.

Wie schätzt ihr persönlich die Situation ein? Haben Zahnspangen für euch einen gesundheitlichen und medizinischen Nutzen? Oder sollte diese Leistung von den Krankenkassen bis zur Volljährigkeit von den Krankenkassen nicht mehr (teilweise) übernommen werden? Wie schätzt ihr den mittel- und langfristigen Nutzen solcher Behandlungen ein?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Ich glaube kaum, dass sich da heute noch belastbare Studien zu durchführen lassen. Wie oder besser mit wem will man so eine Studie denn machen? Dafür bräuchte man ja Kinder, die obwohl eigentlich nach derzeitig gültiger Meinung der Zahnärzte und Kieferorthopäden eine Spange bräuchten, bewusst keine bekommen. Wie will man das denn den Eltern erklären? Und ohne so eine Gruppe kann man ja keinen Nutzen nachweisen.

Zumal das große Problem ja auch die bleibende Fehlstellung der Zähne ist. Sicherlich kann es durchaus möglich sein, dass die Zähne deswegen rein medizinisch nicht schlechter sind. Wobei das aber je nach Fehlstellung sicherlich auch voraussetzt die Zähne mehrmals jährlich professionell reinigen zu lassen. Was ist aber mit dem kosmetischen Aspekt?

Sicherlich kann man jetzt sagen, dass Ästhetik nicht zwingend Aufgabe der gesetzlichen Kasse ist. Aber gute und schöne Zähne sind ja heutzutage auch durchaus eine Eintrittskarte, wenn man höhere Positionen anstrebt. Das mag rein fachlich natürlich Unsinn sein, aber irgendwie schaut man doch unbewusst jemanden mit schiefen Zähnen nicht so gerne an.

Und wenn man mit Kunden zu tun, dann kann das schon mal den Ausschlag geben jemand für gewisse Positionen einzustellen oder nicht. Also ich denke schon, dass man Zahnspangen weiter übernehmen sollte. Zumal sich ja Fehlstellung im Alter kaum noch korrigieren lassen oder eben großen Aufwand mit sich bringen.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


Meine älteren Kinder brauchten angeblich eine Zahnspange und ich quälte sie fast ein Jahr damit, bis ich zu der Einsicht gekommen bin, dass die psychische Belastung größer ist als eine minimale Fehlstellung der Zähne. Bestärkt hat mich auch schließlich in meiner Entscheidung, dass die jüngeren anscheinend keine Spange brauchten, nachdem die Krankenkassen die Bezahlung für leichtere Fälle nicht mehr übernahm. Damals war das ein lukratives Geschäft für die Kieferorthopäden.

In schweren Fällen sind Zahnspangen sicher angebracht, aber es gab eine Zeit, in der fast jedes Kind mit Spangen und häufigen Terminen beim Kieferorthopäden gequält wurde. Das Problem ist, dass man als Eltern ja fast gar nicht anders kann, als auf den Arzt zu hören. Man möchte dem Kind ja nicht schaden. Daher finde ich die Initiative der Krankenkassen sehr gut. Man kann doch untersuchen, ob Kinder mit leichten Fehlstellungen, die eine Zahnspange getragen haben, wirklich schönere oder besser funktionierende Zähne haben. Da scheint es ja Zweifel zu geben.

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



anlupa hat geschrieben:Man kann doch untersuchen, ob Kinder mit leichten Fehlstellungen, die eine Zahnspange getragen haben, wirklich schönere oder besser funktionierende Zähne haben. Da scheint es ja Zweifel zu geben.

Aber jetzt mal ganz ehrlich. Mit welcher Vergleichsgruppe willst du diese Studie bestreiten? Also wem willst du die Zahnspange vorenthalten, obwohl der Großteil der Menschen, die sich mit dem Thema beschäftigen meinen, die Spange wäre notwendig?

Es ist ja nicht so, dass wir hier eine etablierte Therapie mit einer Nichttherapie vergleichen, die wir so seit Jahrzehnten nicht mehr praktizieren. Normalerweise führt man ja Überlegenheitsstudien, wo man neue Therapie mit bewährten vergleicht und nur dann mehr Geld für neue Therapien ausgibt, wenn diese besser sind als die alten. Jetzt will man einfach Geld sparen und schiebt den schwarzen Peter den Kieferorthopäden zu und erklärt ihnen, dass sie doch erstmal nachweisen sollten, dass ihre Spangen wirklich Vorteile bringen. Dazu muss man dann aber eben nachweislich bei Fehlstellungen einfach gar nichts tun und das eben auch bei schweren Fehlstellungen. Aber wem will man denn diese Behandlung verweigern?

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



Die Daten müssen doch nicht zwangsläufig aus Deutschland stammen. In Großbritannien gibt es Zahnspangen nur für Selbstzahler und Menschen mit Zusatzversicherung, der NHS zahlt das nicht. Nur so als Beispiel. Außerdem hat man Generationen Deutsche ohne Korrektur, deren Ergebnisse man mit den Folgegenationen vergleichen kann.

Ich sollte unbedingt vier Zähne plus die Weisheitszähne opfern und Spange tragen. Denn ohne diese Maßnahmen würde ich unweigerlich Karies in den Zahnzwischenräumen, die man eben nicht reinigen kann und Parodontose bekommen. Karies hatte ich aber bisher nur an den Kauflächen und bei den beiden Implantaten hat mir ein Hund die Zähne ausgeschlagen. Das Zahnfleisch ist auch fit. Der Prognose nach sollte ich jetzt massiv Probleme haben. Nur, meine Mutter hatte die gleiche Fehlstellung und ihre geflickten, eigenen Zähne bis zum Tod.

» cooper75 » Beiträge: 13325 » Talkpoints: 497,57 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


cooper75 hat geschrieben:Die Daten müssen doch nicht zwangsläufig aus Deutschland stammen. In Großbritannien gibt es Zahnspangen nur für Selbstzahler und Menschen mit Zusatzversicherung, der NHS zahlt das nicht. Nur so als Beispiel. Außerdem hat man Generationen Deutsche ohne Korrektur, deren Ergebnisse man mit den Folgegenationen vergleichen kann.

So einfach ist das aber nicht. Du kannst einen Deutschen nicht einfach mit einem Engländer vergleichen, weil das gesamte Gesundheitssystem unterschiedlich ist, Für eine wirklich saubere und damit möglichst aussagekräftige Studie müsstest du zwei fast gleiche Gruppen haben, die sich idealerweise nur durch das Tragen der Spange unterscheiden würden. Das heißt dann aber eben auch dass man das auch bei schweren Fehlstellung so handhabt.

Anders kannst du ja nicht ausschließen, dass eine genauso guter Zahnstatus ohne Spange zum Beispiel nicht einfach nur durch 4-6 mal professionelle Zahnreinigung im Jahr zu Stande gekommen ist oder dass die Leute dann öfter zu Zahnarzt gehen oder ihre Ernährung umstellen aus der Angst, was da sonst kommen könnte und auf Zucker verzichten.

Einfach nur mal ein paar Leute, die vor 40 Jahren keine Spange bekommen haben und sich jetzt das Gebiss anzusehen, macht dabei dann gar keinen Sinn, wenn man nicht weiß, was in den 40 Jahren so mit ihnen passiert ist und was nicht doch alles außer der Spange noch Einfluss auf ihre Zahngesundheit hatte.

Und genau das ist ja das Problem. Natürlich kann man ganz viel interpolieren und hochrechnen. Das ist ja nicht nur bei Zahnspangen so. In der Medizin gibt es heutzutage ganz viele Therapien für die es nie eine echte gute Studie gegeben hat, die ihren Nutzen zeigen. Aber da es jeder macht, will keiner mehr darauf verzichten und keine oder kaum eine Ethikkommission gibt einem dann grünes Licht dafür, diese Therapie willentlich Patienten einfach vorzuenthalten.

Denn seien wir mal ehrlich. Genauso wie die Kieferorthopäden keine guten Studien für die Spange haben, haben die Kassen keine guten Studien, die belegen, dass es ohne Spange genauso gut funktioniert. Und genauso wie man den Kieferorthopäden unterstellt, dass sie das nur machen um Geld zu verdienen, kann man den Kassen unterstellen, dass sie einfach nur Geld sparen wollen ohne über einen möglichen medizinischen Nutzen nachzudenken.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


Ich denken man kann es nicht einheitlich sagen. Es gibt sicher Fälle wo man sagen kann, es ist kein Problem und diejenigen kommen wunderbar ohne eine Behandlung klar. Bei anderen Fällen würde es wahrscheinlich zu größeren Problemen kommen.

Der Krankenkasse geht es natürlich wie immer ums Geld sparen. Denen ist meist doch auch egal ob es wirklich nötig ist oder nicht, Hauptsache sie müssen nicht zahlen. In wieweit solche Studien gut machbar sind kann ich tatsächlich nicht wirklich beurteilen, aber dafür gibt es ja experten. Ich fände es nur doof wenn Leute die diese wirklich benötigen darauf verzichten müssen nur weil manche nicht nötig sind.

» milli23 » Beiträge: 1214 » Talkpoints: 2,62 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



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