Weniger Bildungsmaßnahmen bei Hartz IV wegen Geldmangel

vom 27.10.2015, 18:35 Uhr

Die Verwaltung der Jobcenter ist teurer geworden. Da wird das Geld für die Weiterbildung der Hartz IV-Empfänger gekürzt und in die Verwaltung gesteckt. Kann man so besser Arbeitskräfte vermitteln? Erhält man so qualifiziertere Arbeitskräfte, die einen Job mit gewissen Anforderungen ausfüllen können?

Manch Arbeitsloser musste in der Vergangenheit einen für ihn sinnlosen Kurs mitmachen, damit die Zahl der Kursteilnehmer vollständig waren. Dementsprechend fehlte die Motivation und es war rausgeworfenes Geld. Aber es gibt auch die andere Seite. Denn nicht alle, die gerne weitergelernt und sich weitergebildet hätten, wurden berücksichtigt.

Wenn nun mehr Geld in die Verwaltung fließt, werden natürlich noch weniger Hartz IV-Empfänger gefördert. Dadurch könnten doch einige Mitarbeiter des Jobcenters wegfallen, oder? Die Qualifizierungsmaßnahmen sind in den letzten fünf Jahren wegen Geldmangel zurückgegangen, und zwar um ein Drittel. Ich finde das viel.

Allein im letzten Jahr wurden 522 Millionen umgeschichtet in die Verwaltung aus dem Etat, der für die Arbeitsmarktpolitik bestimmt war. Ich wundere mich, dass das einfach so möglich ist. Qualifizierte Kräfte werden gesucht. Aber dann geht man her und nimmt aus dem Topf für Weiterbildungsmaßnahmen über eine halb Milliarde einfach raus. Kann das jemand erklären?

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge



Ich kann es dir nicht wirklich erklären. In unserer Stadt sind im letzten Jahr 1.500 der vormals 2.000 Stellen für 2-Euro-Jobs gestrichen worden. Damit konnten Hartz IV-ler immerhin 260 Euro pro Monat dazuverdienen. Da die meisten der Jobber über 50 und aus gesundheitlichen Gründen nicht vermittelbar waren, ist das eine Katastrophe.

Denn wer wirklich dauerhaft von Hartz leben muss, der ist einfach dankbar, wenn er 6 Monate das Geld aufbessern kann. Dadurch sind soziale Projekte wie Suppenküchen weggefallen. Also fehlen zusätzlich auch noch Anlaufstellen für sozial Schwache.

Bei uns wurde das mit einem höheren Bedarf an Sachbearbeitern und Dolmetschern begründet, die für Armutsflüchtinge aus Bulgarien und Rumänien benötigt würden. Man hat also die einen Armen gegen die anderen Armen ausgespielt.

» cooper75 » Beiträge: 13325 » Talkpoints: 497,57 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Das ist ein klassisches Beispiel des Parkinson-Prinzip, das besagt, dass der Verwaltungsaufwand bei gleichen Aufgaben stetig zunimmt. So etwas findet man überall, auch in anderen Ämtern und auch größeren Unternehmen. Um dem zu entgegnen, muss man aktiv dem Trend entgegenwirken. Nur macht das keiner gerne, weil das immer bedeutet, dass Arbeitsplätze verschwinden. Und meistens sind das auch noch genau die Arbeitsplätze, an denen man etwas dagegen tun kann. Und wer feuert sich gerne selbst?

Ich persönlich würde die "Verwaltung" von Arbeitslosen massiv einschränken oder sogar ganz abschaffen. Dazu gehört ja vor allem das Nachverfolgen von Auflagen. Statt auf Verwaltung von Sanktionen sollte man sich auf Unterstützung in Form von Vermittlung und Weiterbildung konzentrieren, aber eben nur noch auf freiwilliger Basis. Leute, die nicht arbeiten wollen, finden sowieso einen Weg, die Auflagen zu umgehen und für alle anderen ist es im Endeffekt Schikane.

Das dürfte den Verwaltungsaufwand ziemlich reduzieren. Aber das wäre wohl politisch so nicht umsetzbar, weil es Arbeitsplätze kostet und das Bild des Sozialschmarotzers noch mehr gestärkt wird.

» Weasel_ » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Mod am 27.10.2015, 20:17, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen


Dann sind ja in deiner Stadt dreiviertel der Stellen ersatzlos gestrichen worden. Mit denen sich viele Menschen etwas hinzu verdienen konnten. Das ist sehr krass. Suppenküchen gibt es doch in jeder Stadt. Warum wohl macht man das und streicht sie? Das ist alles so unlogisch. Es ist nicht richtig, die wirklich sozial Schwachen so zu benachteiligen und dafür Rumänen und Bulgaren zu versorgen. Wenn sie Rumänen und Bulgaren nicht abschieben, dann müssen sie dafür sorgen, aber nicht auf Kosten armer Deutscher. Da wird noch mehr Verzweiflung und Hass gesät.

Was wird denn jetzt passieren, wo zusätzlich noch die ganzen ankommenden Flüchtlinge mit versorgt werden müssen? Viele der Flüchtlinge haben eine Posttraumatische Belastungsstörung oder Depressionen. Dazu kommen die körperlichen Krankheiten. Das alles belastet das Gesundheitssystem enorm. Deshalb steigen im nächsten Jahr die Beiträge um 0,2% auf 15.7%. Dieser Zusatzbeitrag ist nur vom Arbeitnehmer zu zahlen. Das war eigentlich zu erwarten. Wird den Armen nun weniger Hilfe zuteil im Krankheitsfall?

Aber diese Menschen müssen auch Unterstützung bekommen. Geht das dann noch mehr auf Kosten der Ärmsten? Ich möchte da wirklich kein ehrenamtlicher Helfer sein. Denn das alles ist so deprimierend und ohne irgendeine Aussicht, wirklich helfen zu können. Denn vom Zuspruch alleine wird niemand satt.

Von einem Parkinson-Prinzip habe ich zum ersten Mal gehört. Da kann man ja nur noch den ganzen Müll entsorgen. Ist das vielleicht auch in den Problemen, die die Deutsche Bank hat? Ich persönlich muss dir recht geben. Für mich ist der Verwaltungsaufwand für die Arbeitslosen viel zu sehr aufgebläht.

Wir hatten früher ein riesiges Hochhaus. Mittlerweile sind in allen Stadtteilen Gebäude und noch zentral einige. Dieser Aufwand ist auch für mich sehr übertrieben. Aber wer kann das ändern? Alle sind glücklich, dass sie sich in ihrem Zimmerchen oder auch mal zu zweit einigeln können und behandeln die Anklopfenden wie Bittsteller.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge



Ich hatte bisher ohnehin nie den Eindruck, dass diese ganzen Kurse dafür da sind, um Hartz-4-Empfängern irgendeinen Mehrwert zu bieten, sondern ich denke, diese Bildungsmaßnahmen waren eher dafür da, um die Arbeitslosenstatistik zu schönen. Bestes Beispiel dafür sind etwa ein Kurs, um mit zehn Fingern blind schreiben zu lernen auf der Tastatur für jemanden aus meinem Freundeskreis, der durch einen Arbeitsunfall zwei Finger verloren hat und dessen restliche Hand verkrüppelt ist.

Oder ich habe mich mal arbeitslos melden müssen für zwei Monate, weil meine neuer Job erst zu dem Zeitpunkt anfing, ich aber den alten Job nicht bis dahin weiter ausüben konnte. Daraufhin wurde ich in einen neunmonatigen Bewerbungskurs gesteckt und mein neuer Arbeitgeber tatsächlich angeschrieben, dass er mich für die Teilnahme freistellen solle.

Sehr schön fand ich auch einen Kurs für meinen Bruder, einen gelernten Elektroinstallateur, wo er die Grundlagen der Elektrik erlernen sollte, also Dinge, die er im ersten Lehrjahr bereits gelernt hatte. Einem guten Freund wurde nach dem zweiten juristischen Staatsexamen ein Kurs empfohlen, wo er sein Abitur nachmachen sollte. Dieses hatte er natürlich schon lange gemacht, denn dieses ist ja Voraussetzung zum Jurastudium!

Ich trauere daher weniger Bildungsmaßnahmen nicht hinterher, solange sie in der gleichen Qualität wie bisher den Arbeitssuchenden aufgedrückt werden, ohne dass sie auch nur eine Chance haben, sich dagegen zu wehren. Natürlich soll man auch Hartz-4-Empfängern eine Chance geben, sich anrechnungsfrei etwas dazu zu verdienen und dadurch vielleicht sogar wieder in Lohn und Brot zu kommen. Aber ich denke, damit haben die im Ausgangsbeitrag angesprochenen Bildungsmaßnahmen nichts zu tun.

» rasenderrolli » Beiträge: 1058 » Talkpoints: 16,66 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


@rasenderrolli, was du da alles für Kurse genannt hast, das sind nun wirklich keine Weiterbildungskurse in dem Sinne, dass sie einem Arbeitnehmer helfen könnten, eine qualifizierte Arbeit übernehmen zu können. Das ist genau das Problem der Mitarbeiter dort, die teilweise selbst nicht besonders qualifiziert sind und deshalb den Arbeitssuchenden solche Kurse aufgedrückt haben. Das finde ich unmöglich und rausgeschmissenes Geld. Das hatte ich im Anfangsthread auch geschrieben.

Es gibt auch Fortbildungen oder Maßnahmen, die einem willigen Arbeitnehmer den Berufseinstieg erleichtern oder ihn erst möglich machen. Einem Elektroinstallateur die Grundlagen der Elektrik in einem Kurs beibringen zu wollen, ist ja vollkommen blödsinnig. Aber auch da wird es einen Kurs geben, in dem er sich spezialisieren könnte. Nur sind solche Kurse oft nicht mehrmals im Jahr. Und da ist es wieder unglücklich, wenn der Kurs gerade angefangen hat und auch ausgebucht ist. Dann einen nicht passenden Kurs anzubieten, geht gar nicht. Es sind zu viele unfähige Mitarbeiter da beschäftigt.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge


Es ist nicht richtig, die wirklich sozial Schwachen so zu benachteiligen und dafür Rumänen und Bulgaren zu versorgen. Wenn sie Rumänen und Bulgaren nicht abschieben, dann müssen sie dafür sorgen, aber nicht auf Kosten armer Deutscher. Da wird noch mehr Verzweiflung und Hass gesät.

Hast du noch nie etwas von der EU oder der Arbeitnehmerfreizügigkeit gehört? Oder ist dir nicht bewusst, dass die genannten Länder EU-Staaten sind und die Menschen somit im Prinzip keine Migranten sind? Ein Bulgare, der nach Deutschland zieht, ist seit ein paar Jahren nichts anderes als ein Ostdeutscher, der nach Bayern zieht, um einen Job zu suchen.

Von einem Parkinson-Prinzip habe ich zum ersten Mal gehört. Da kann man ja nur noch den ganzen Müll entsorgen. Ist das vielleicht auch in den Problemen, die die Deutsche Bank hat?

Jeder große Konzern hat das Problem. Wenn man von Stellenabbau bei Konzernen hört, dann spielt das Prinzip immer mit.

Jede dort betroffene Stelle ist eine überflüssige Stelle, die wegen des Parkinson-Prinzip überhaupt erst entstanden ist. Sie muss also ungeachtet der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens so früh wie möglich wieder abgebaut werden, da das Gesetz exponentielles Wachstum beschreibt. Mit dem Stellenabbau muss natürlich nur die unnötige Arbeit wegfallen, der Mensch kann anders weiter beschäftigt werden - und das ist ja meistens auch bei solchen Aktionen der Fall.

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