Warum Pflegemangel trotz Fördergelder?

vom 27.07.2018, 16:10 Uhr

Laut Medienberichten existieren millionenschwere Förderungen, die den Krankenhäusern und Kliniken zur Verfügung gestellt werden, um neue Schwestern und Pfleger einzustellen. Das Budget beträgt 300 Millionen Euro. Allerdings ist das Geld nur knapp zur Hälfte in Anspruch genommen laut einem Bericht des GKV-Spitzenverbands.

Warum wird das Geld so wenig genutzt, wenn es doch die ideale Gelegenheit wäre, noch mehr Pflegepersonal einzustellen? Man könnte schließlich die Pfleger anständig bezahlen, das Fördergeld ist schließlich da. Was meint ihr dazu?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Also bei uns ist es so, dass häufig Pflegekräfte von Ungarn und Polen und eben etwas ärmeren Ländern wie Tschechien und Slowakei als Pflegekräfte arbeiten. Es könnte ja durchaus sein, dass man die Fördergelder nur für Personal bekommt, welches in Deutschland oder in einem Land, wo es bei uns anerkannt wird, eine Ausbildung gemacht hat. Dann kann natürlich die Hälfte des Fördergeldes nicht genutzt werden.

Bei uns ist es nämlich so, dass so ein Mangel an Pflegekräften herrscht, dass sie auch großteils ungelerntes Personal dort einsetzen. Hinz und Kunz kann da arbeiten und oft werden auch Zivildiener für kurze Zeit dann fix übernommen, wenn sie mit dem Dienst fertig sind und als Hilfsarbeiter bezahlt, weil sie eben zu wenig Leute haben.

Und dann erspart sich vielleicht das Krankenhaus oder Pflegeheim auch ein paar hundert Euros jeden Monat, wenn eben Kräfte aus dem Ausland eingesetzt werden. Nur so könnte ich es mir erklären. Oder das Geld wird eben nicht zum gedachten Zweck genutzt. Oder die Spitäler wissen zu wenig oder gar nichts davon. Vielleicht ist es aber auch so, dass die Medien da wieder etwas falsch rüber gebracht haben.

» nordseekrabbe » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Täubchen, wie kommst du darauf, dass man mit den Fördermitteln einfach mehr Personal einstellen oder das vorhandene besser bezahlen kann? Die normalen Aufgaben, die erledigt werden müssen und eigentlich auch kostendeckend sein sollten, sind nicht förderfähig.

» cooper75 » Beiträge: 13330 » Talkpoints: 498,67 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



Die Sache ist doch recht einfach. Wenn sich keiner findet, den ich einstellen kann, dann habe ich auch keine Berechtigung irgendeine Förderung abzurufen. Für viele liegen ja eher strukturelle und langfristige Probleme vor, die man nicht mit einer Einmalzahlung beheben kann.

Oftmals fühlen sich die Pflegekräfte nicht mehr wert geschätzt und werden in ihrer Arbeit beschnitten. Gleichzeitig gibt es noch nicht genügend flexible Arbeitszeitmodelle, sodass oftmals noch ein starres 3-Schicht-System herrscht und mindestens jedes zweite Wochenende gearbeitet werden muss, teilweise auch noch mehr. Und dafür gibt es eben nicht überall einen angemessenen Lohn, zumal gerade bei privaten Klinikbetreibern die Pflegekräfte eigentlich nur als Kostenfaktor gelten, der kein Geld einbringt.

Da bringt es dann nicht viel, wenn man da etwas Geld zur Verfügung stellt um zum Beispiel eine Kopfprämie für die Einstellung auszuloben. Was bringt es mir wenn ich einmalig 5000 Euro bekomme, davon die Hälfte versteuern muss und die restlichen 30-40 Arbeitsjahre trotzdem schlecht bezahlt werde?

Es ist ja nicht so, dass die Klinikbetreiber die Einstellung nicht versuchen attraktiver zu gestalten. Selbst die privaten Betreiber loben schon hohe Prämien aus, wenn man Mitarbeiter wirbt oder geben großzügige Zuschüsse, wenn man irgendwo anfängt. Aber das sind halt alles Einmalleistungen, die nach der Einstellung nicht wieder kommen. Und solange man am Rest des Systems nicht viel ändert, wird man eben auch nicht viel mehr Pflegekräfte finden.

Welcher Familienmensch hat schon Lust, seine Kinder die halbe Woche nicht zu sehen oder zur Arbeit zu gehen, wenn andere Familien mit ihren Kindern am Wochenende an den See fahren? Natürlich weiß ich auch, dass die Pflege auch am Wochenende aufrecht erhalten werden muss. Aber derzeit ist es ja so, dass man solchen Leute eben nicht anbietet weniger zu arbeiten und vielleicht nur ein Wochenende, sondern entweder machen sie es so wie alle oder sie können gehen. Und viele entscheiden sich dann eben gegen den Beruf und suchen sich etwas anderes oder streben die Ausbildung gar nicht erst an.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



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