Wann Unverträglichkeiten ärztlich abklären lassen?
Ich habe gelesen, dass sich Männer und Frauen in Deutschland wohl deutlich zurückhalten sollen, wenn es um die fachliche Abklärung von Nahrungsmittelintoleranzen oder Allergien geht. So würden nur jeweils sieben Prozent der befragten Männer eine fachliche Abklärung in Anspruch nehmen. Das finde ich persönlich schon ziemlich wenig.
In Bezug auf Laktoseintoleranz gaben sogar 51 Prozent der Befragten an, dass diese Unverträglichkeit nicht ärztlich diagnostiziert wurde, sondern dass man sich dabei auf die eigene Wahrnehmung verlassen hat. Bei einer Glutenallergie haben nur 46 Prozent der Studienteilnehmer diese Diagnose fachlich abklären lassen.
Wann und warum wurdet ihr Unverträglichkeiten und Allergien vom Arzt abklären lassen? Oder meint ihr, dass dies nicht immer notwendig ist und man sich selbst am besten kennt? Kann Angabe über Unverträglichkeiten oder Allergien in Bezug auf Nahrungsmitteln zuverlässig sein, wenn sie nur auf subjektiver Wahrnehmung basiert und nicht ärztlich abgeklärt worden ist?
Wo kein relevanter Leidensdruck ist, da ist die Hemmschwelle für einen Arztbesuch meistens in der Bevölkerung noch relativ hoch. Ich persönlich würde mich auch nicht durch eine umfangreiche Allergiediagnostik quälen, nur weil ich nach dem Konsum gewisser Lebensmittel eine Zeit lang Blähungen oder häufiger mal dünneren Stuhl habe. Solange meine Beschwerden mich im Alltag nicht so sehr beeinträchtigen, dass ich es als greifbare Belastung empfinde, hätte ich auch bei nachgewiesener Diagnose wenig Ansporn, deswegen plötzlich auf Dinge zu verzichten, die ich sonst sehr gerne mochte.
Anders sähe es natürlich aus, wenn mir von Verdachtsallergenen der Hals richtig anschwillt, ich Luftnot bekomme und das ganze potentiell lebensbedrohliche Ausmaße annimmt. Dann ist eine ärztliche Abklärung und die Ausstattung mit einem Notfallset definitiv indiziert, denn man kann sich selten zu 100% sicher sein, dass ein extern eingenommenes Essen nicht doch Spuren der Auslöser enthält. Auch bei massivsten gastrointestinalen Folgeerscheinungen mit wasserfallartigem Durchfall, richtig schmerzhaften Krämpfen oder sogar Übelkeit und Erbrechen hätte ich auf Dauer keine Lust, das jedes Mal zu ertragen, und würde gerne wissen, was ich konkret vermeiden muss, um diese Symptome zu umgehen.
Ich sehe den Sinn einfach nicht, das ganze auch noch ärztlich abklären zu lassen. Zum anderen fehlen den Ärzten dazu einfach die Mittel. Ich war etwa als Jugendliche mit meinen Hautproblemen beim Arzt. Der fand keine Ursache, verschrieb immer nur Dinge, die alles schlimmer machten. Er schrie mich sogar an, als ich seine Salbe selbst absetzte, die mir nur einen unerträglichen Juckreiz verursachte und wo ich mich sogar im Schlaf blutig kratzte.
Der zweite Arzt war auch zu blöd für eine richtige Diagnose. Aber immerhin schafte er es, mir eine Salbe zu verschreiben, die die Probleme beseitigte. Erst als diese weg waren, stellte ich selbst fest, dass ich einfach nur allergisch auf Spülmittel, Äpfel, Tomaten und Möhren reagierte. Warum hätte ich dann aber wieder zum Arzt gehen sollen? Ich brauche kein Schreiben, wo drauf steht, dass ich dagegen allergisch bin - ich selbst wusste es ja nun. Und eine verlässliche Therapie gibt es gegen Allergien immer noch nicht, da ich auch über 27 bin und die Allergien schon lange hatte.
Zum anderen tippe ich darauf, dass ich wie auch mehrere Familienmitglieder eine Histamin-Intoleranz haben. Zumindest haben sich meine Beschwerden ganz erheblich verbessert, seit ich mich an die entsprechende Diät halte bzw. das fehlende Enzym in Tablettenform zu mir nehme. Aber wieso soll ich damit zum Arzt rennen? Mein Vater war mit denselben Beschwerden in ärztlicher Behandlung - es gab viele Diagnosen, von denen sich jedoch keine als richtig erwies. Das Problem bei dieser Intoleranz ist, dass es einfach keinen verlässlichen Test dafür gibt.
Für die Diagnose einer Histamin-Intoleranz gibt es zwar verschiedene Indikatoren, die aber keinen verlässlichen Aussagewert haben. Wenn die Indikatoren da sind, kann man trotzdem keine Intoleranz haben - oder wenn sie nicht vorliegen, sie doch haben. Es ist ansonsten nur eine reine Ausschlussdiagnose. Man klärt also ab, dass es nichts anderes sein kann.
Ich müsste also wochenlang jede Menge Untersuchungen über mich ergehen lassen, die teilweise auch schmerzhaft oder zumindest sehr unangenehm sind, die Krankenkassen und mich (wegen der Zuzahlungen, Fahrtkosten und Arbeitsausfall) jede Menge Geld kosten, nur um dann eine ärztliche Diagnose zu haben, die bestätigt, was ich jetzt auch schon mehr oder weniger weiß? Warum sollte ich das machen? Wo liegt darin für mich der Mehrwert im Gegensatz zum jetzigen Zustand?
Mein Freund war zudem bei einem Allergologen wegen seiner vielen Allergien. Dieser diagnostizierte bei ihm, dass er keine einzige Allergie habe! Eine Woche später starb mein Freund fast, weil er für ein CT Kontrastmittel bekam. Zum Glück wusste mein Freund, wie er darauf reagiert - Allergologen-Diagnose hin oder her - und drang darauf, dass alle Notfallmedikamente für einen anaphylaktischen Schock bereit stehen und die Ärzte darauf vorbereitet waren. Und trotz dieser Vorbereitungen bekamen sie den anaphylaktischen Schock, der sich tatsächlich einstellte, kaum in den Griff, weil die Reaktion so heftig war.
Einen Monat später durfte ich meinen Freund mit einem anaphylaktischen Schock in die Notaufnahme bringen, nachdem er sich selbst schon seine Notfall-Spritze gesetzt hatte. Und noch zwei weitere Monate später fuhr er von unterwegs selbst in die Notaufnahme, weil ein Mückenstich sich sehr ausbreitete und seine Hand taub werden ließ. Es war wieder eine allergische Reaktion und er stand kurz vor einem anaphylaktischen Schock.
Was hat meinem Freund also die schriftliche Diagnose von dem Facharzt genutzt, dass er keine Allergien hätte? Er ist derzeit nur noch am Leben, weil er selbst seinen Körper besser kennt als jeder Arzt und sich nicht auf die falsche Diagnose verlassen hat. Eine Untersuchung mit einem speziellen Gerät im Aachener Krankenhaus hat dann übrigens ergeben, dass er gegen über 2.000 Stoffe allergisch ist.
Soweit ich weiß, bekommt man bei der Abklärung einer Laktoseintoleranz schlicht und ergreifend Milchzucker eingeflößt, und wenn man dann Bauchgrummeln, Blähungen und/oder Darmsausen kriegt, herzlichen Glückwunsch! Sie haben eine Milchzuckerunverträglichkeit.
Aber dafür muss ich nicht unbedingt einen Termin ausmachen und Arbeitsstunden opfern, das kriege ich mit einem leckeren Eisbecher mit Sahne oder einem großen Cappucchino ebenso gut hin. Normalerweise bin ich durchaus der Meinung, dass man mit Selbstdiagnosen und -medikamentierung höchst vorsichtig sein soll, aber in diesem Fall ist der Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung wirklich unübersehbar.
Zudem ist Laktoseintoleranz ja eine harmlose Angelegenheit, die nicht gerade auf die Lebenserwartung drückt, sondern zumindest in meinem Fall maximal lästig ist, wenn ich unvernünftig bin. Dafür muss ich das moderne Gesundheitssystem nicht belästigen.
Ich denke auch, dass es sicherlich von den Symptomen und dem Leidensdruck eines Betroffenen ankommt. Ich weiß, dass es Tests in der Apotheke gibt mit denen man selbst testen kann, ob man eine Glutenunverträglichkeit hat. Ich habe schon erlebt, dass jemand wegen dem Verdacht einer Unverträglichkeit zum Arzt gegangen ist und dort nicht wirklich ernst genommen wurde. Da wundert es mich dann auch nicht, dass manche solche Unverträglichkeiten nicht ärztlich abklären lassen, sondern eben auf eigene Faust heraus finden möchten, was sie nicht vertragen.
Sorry, aber von diesen Apothekentests würde ich abraten, genauso wie diese DNA-Tests, die angeblich herausfinden können, auf was man denn nun reagiert und ob man gerade Reizdarm bekommt oder Ähnliches. Bei mir hat ein Gastroenterologe zum Beispiel mal einen Gen-Test im Labor beantragt, bei dem herausgekommen ist, dann ich genetisch laktoseintolerant bin. Gut, den Grund fürs Bauchgrummeln hätte ich dann mal genetisch abgeklärt. Hat mich aber auch nie wirklich interessiert, der Eisbecher hätte an der Konsequenz auch nichts geändert-
Zöliakie oder zumindest den Verdacht kann man durch das Ausschlussverfahren selbst herausfinden und sich dann ärztlich irgendwann bestätigen lassen. Das ist in meinen Augen auch wichtig, denn zu viele Influencer behaupten von sich, dass sie irgendwas nicht vertragen, weil ihr Auge zufällig gezuckt hat. Aber meistens kann man anhand der Darmsymptome gut herausfinden, dass irgendwas nicht stimmt. Wenn der Leidensdruck zu groß wird, dann würde ich es ärztlich abklären lassen, denn irgendwann ist man müde, hat ein dünnes Fell und ständige Magen-Darm-Symptome machen einem einfach zu schaffen.
Jo, Allergien sind halt so eine Sache für sich. Als meine Allergie ausgebrochen ist, wusste ich noch nicht, was los ist. Ich war beim Arzt, wurde aber nicht ernstgenommen. Also dachte ich mir, dass ich etwas am Magen hätte und habe es so akzeptiert. Als ich dann in die Anaphylaxie gerutscht bin, wurde mein Umfeld auch darauf aufmerksam.
Zufälligerweise hatte ich die erste große Runde mit Notarzt und Co. in einem asiatischen Restaurant, also konnten wir uns auf Soja und Weizen festnageln. Beim zweiten mal habe ich Sojasoße gemieden und hatte die zweite Runde mit Notarzt und Co. Da war klar, es könnte Weizen sein. Also habe ich einen Termin beim Spezialisten im Krankenhaus gemacht und wurde einem oralen Konfrontationstest unterzogen. Und seitdem bin ich Allergiker und esse den Zöliakie-Erkrankten munter ihr glutenfreies, weizenfreies Zeug weg. Aber sowas sollte man schon ärztlich abklären, weil es einfach wichtig ist.
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