Psychotherapie ja oder nein?

vom 23.11.2007, 00:14 Uhr

Psychische Probleme hat jeder einmal – und meistens gehen sie genauso schnell vorbei wie sie gekommen sind. Doch wenn Stimmungsschwankungen, Liebeskummer oder der seelische Tiefpunkt länger anhalten sollten, sollte man ernsthaft überdenken, vielleicht doch einen Psychotherapeuten aufzusuchen. Denn psychische Erkrankungen, die daraus resultieren könnten, können einem im ganz normalen Tagesablauf und im Alltag schnell zur echten Last werden und die Lebensqualität spürbar herabsetzen.

Man sollte natürlich nicht ohne weiteres eine Therapie machen nur wenn es einem mal schlecht geht, sondern dann, wenn man merkt, dass die jeweiligen Verstimmungen chronischer Natur sind. Außerdem sollte man vor dem Schritt zum Therapeuten auch erst versuchen, ein Gespräch mit engen Vertrauenspersonen über die Probleme zu führen, denn auch sowas kann eine Hilfe sein, die einem oft vor dem Abrutschen in tiefere Gefilde bewahrt.

Wenn dies nicht hilft, wäre als nächstes der gang zum Hausarzt anzuraten, denn dieser kann meisten nötige Adressen und eine Überweisung geben. Wenn man sich nicht vor dem Hausarzt entblößen möchte, kann man auch versuchen, selber einen Psychotherapeuten im Branchebuch zu finden oder beim örtlichen Krankenhaus eine Liste der in der Nähe zugelassenen Psychotherapeuten anfordern.

Man sollte natürlich den Therapeuten nicht per Zufallsverfahren aussuchen, sondern sich ihn vorher gründlich ansehen – schließlich ist die eigene Psyche kein Lapsus, an dem man jeden heranlassen möchte und ohne das nötige Grundvertrauen sind die meisten Therapien sowieso zum Scheitern verurteilt. Das ist vor allem Gefühlssache, genaue Vorgaben kann man hier nicht geben, da ein Psychotherapeut noch so gut sein kann, das aber nichts nützt, wenn man kein Vertrauen zu ihm hat und keine Sympathie für ihn empfindet. Ob dieses Gefühl da ist oder nicht, kann man mit „Schnupperstunden“ austesten – wenn man nach 1 – 5 Stunden nicht das Gefühl hat, dass der Psychotherapeut einem sympathisch ist oder man in der Zeit kein Vertrauen zu ihm aufbauen konnte, sollte man über einen Wechsel nachdenken.

Außerdem sollte man bei der Krankenkasse oder dem Psychotherapeuten seiner Wahl anfragen, ob eine Kostenübernahme durch die Kasse möglich ist. Dies sollte man im Vorfeld abklären, denn eine psychotherapeutische Sitzung schlägt gerne mit 50 bis 100 Euro zu Buche, was nicht immer übernommen wird – vor allem wenn die Kasse das jeweilige Problem nicht als Krankheit bewertet und so auch keine Kosten übernimmt. Wenn die Kosten nicht übernommen werden und man sich der Ernsthaftigkeit seines Problems bewusst ist, sollte man vielleicht trotzdem in Erwägung ziehen, die Kosten hierfür selber zu tragen, denn eine langfristige psychische Erkrankung kann finanziell verheerender wirken als ein temporärer Schnitt im Geldbeutel.

Meist jedoch werden die Kosten, auch für probatorische Sitzungen bis man den „Richtigen“ gefunden hat, von der Kasse übernommen – der Psychotherapeut stellt dann einen Antrag auf Kostenübernahme woraufhin in der Regel 25 Sitzungen, mit bedarfsweiser Verlängerung, von der Kasse bewilligt werden.

Während der Therapie, wenn man sich geborgen fühlt, wird es einem bereits während der ersten Sitzungen in der Regel besser gehen – meist deswegen, weil man dann zum ersten Mal alles loswerden kann, was einem die ganze Zeit beschäftigte. Jedoch sollte man auch mit Einbrüchen rechnen, da während des Gesprächs natürlich auch weniger angenehme Punkte angesprochen werden könnten, die einen vielleicht schmerzen – das ist aber normal. Wie bei einer normalen Therapie zur Heilung ist es die Regel, dass es Rückfälle gibt, aber es dem Patienten letztendlich langfristig besser gehen soll. Wenn dies nicht der Fall ist, sollte man über alternative Behandlungsformen nachdenken.

Abschließend sei noch gesagt, dass bei einer Psychotherapie nichts von alleine geht und der Psychotherapeut vor allem auf die eigene Motivation und den eigenen Willen zur Veränderung angewiesen ist – das ist im Grunde der wichtigste Faktor, der über einen Erfolg oder Misserfolg entscheidet. Helfen kann man nur dem, der auch Hilfe will.

Wer noch weitergehende Informationen braucht kann den Psychotherapie-Informations-Dienst des Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e.V. kontaktieren, das Beratungstelefon ist unter der Nummer 0228 / 74 66 99 erreichbar.

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» Subbotnik » Beiträge: 9308 » Talkpoints: -7,05 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Kann allen deinen Punkten zustimmen. Ich finde zwar, man sollte jede psycihsche Belastung durchaus ernst nehmen, aber man sollte vielleicht vorab schon einmal ernsthaft überlegen, ob man die Symptome die man hat, nicht vielleicht auch selbst überwinden kann, indem man es einfach durchsteht.

Ich zB hab jeden Winter eine Winterdepression, die mich echt fertig macht, weil ich lustlos bin, weil ich keine Lust mehr hab zu leben und in nichts mehr einen Sinn sehe. Aber ich bin mir auch darüber im Klaren, dass ich da durch muss und dass es einfach mal 2 Monate dauern kann und dann aber wieder besser ist. Manchmal dachte ich auch schon: Wäre ich vielleicht zu einem Psychologen gegangen, hätte ic angefangen mich wirklich reinzusteigern in meine Situation. Er hätte vielleicht bestätigt, dass ich Depressionen habe, ich hätte vielleicht angefangen das ernsthaft schlimm zu finden, hätte mir irgendwie selbst leid getan und wäre vielleicht von dem Gedanken ga rnicht mehr weggekommen, dass ich krank bin.
Deshalb bin ich immer froh, wenn ich da irgendwie alleine durchkomme.

Ich denke aber, jeder muss natürlichj selbst wissen, wie er klar kommt. Viele Leute können das ja nicht mit sich selbst ausmachen und bevor ich wirklich Angst hätte, mir das Leben zu nehmen am Ende, würde ich mir natürlich helfen lassen.

Schlimm finde ich einfach nur, dass ich sehr viele Leute kenne, die wegen total Lapalien (in meinen Augen) seit Jahren schon eine Therapie machen. Die haben z.B Angststörungen, die sich auch Kleinigkeiten beschränken. Eine Freundin von mir hat beispielsweise Angst vor Fahrstühlen. Also klra ist es eine Angst, die man ernst nehmen sollte, das möchte ich gar nicht abstreiten, aber sie könnte ja auch ihr Leben meistern ohne dass sie Fahrstuhl fährt. Sie könnte drauf verzichten und laufen. Stattdessen macht sie deshalb seit 2 Jahren eine Therapei und kam bisher keinen Schritt weiter. D.h. Angst hat sie noch immer, aber jetzt nimmt sie diese Angst viel ernster, weil ihr Psychologe ihr mittlerweile halt einmal die Woche einredet was für eine schreckliche Kindheit sie hatte und dass sie dies und das aufarbeiten muss, wobei ich einfach der Meinung bin, dass das damit überhaupt nichts zu tun hat :/

Naja. Jeder muss das selbst wissen.

» Sippschaft » Beiträge: 7575 » Talkpoints: 1,14 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


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