Sachbeschädigung durch Kinder und das schlechte Gewissen

vom 02.09.2009, 08:22 Uhr

Hallo zusammen!

Ich blätterte eben in unserer Fernsehzeitung und bin beinahe vom Glauben abgefallen. Seit einiger Zeit gibt es dort so etwas wie einen Kummerkasten. Erinnert stark an das Dr. Sommer-Team in der Bravo, bezieht sich aber auch moralische Fragen, die man dort äußern kann und für die man von einem Priester beraten wird, meist mit Verweis auf irgendwelche Bibelstellen.

Was man davon hält mag nun dahin gestellt sein, aber als ich die aktuelle Frage las, dachte ich, ich spinne. Da beschrieb eine Mutter, dass ihr kleiner Sohn mit seinem Spielgerät am Auto des Nachbarn langeschrappt war und eine winzige Macke hinterlassen hatte. Nun wollte sie wissen, ob es moralisch vertretbar sei, dies zu verschweigen.

Ich fand die Frage schon unmöglich, aber wirklich schockiert hat mich die Antwort: Moralisch sei man nicht dazu verpflichtet solche Unfälle zu beichten, da müsse man kein schlechtes Gewissen haben, fand der Ratgeber. Man müsse natürlich bedenken welche Auswirkungen das auf das nachbarliche Verhältnis habe, wenn es durch einen dummen Zufall doch herauskäme und eventuell hätte das dann sogar rechtliche Folgen, von wegen Zahlungen für den entstandenen Schaden. Da wäre es ja klüger, gleich zu beichten um gut Wetter zu machen, vielleicht ist der Nachbar ja gar bereit seine eigene Haftpflicht zu bemühen? Aber moralisch bestehe kein Grund zur Beichte und auch nicht zum schlechten Gewissen.

Ich dachte im ersten Moment, da erlaubt er sich einen Scherz und habe den Text bis zum Ende durchgelesen, aber es folgte keine Auflösung. Offenbar scheint dieser Berater in Sachen Moral und Ethik tatsächlich der Auffassung zu sein, dass Sachbeschädigung durch Kinder nun mal eine Sache sei, die okay ist. Warum sollte man sich schlecht fühlen, nur weil man anderen etwas kaputt gemacht hat? Und, dass das nun zufällig noch eine Sache ist, die unwahrscheinlich teuer in der Reparatur ist, ist halt Pech. Da braucht man sich als Eigentümer nun wirklich nicht aufzuregen, sowas passiert eben. Und als Verursacher ist das völlig okay, machen Sie sich bloß keine Sorgen wegen einer solchen Lapallie, der Besitzer wird schon nicht gleich sterben, nur weil man sein Auto versaut hat. Ich bin wirklich fassungslos, dass es Menschen gibt, die das so sehen und, dass es auch noch Zeitschriften gibt, die das abdrucken, weil sie es scheinbar ebenfalls vertretbar finden.

Ich hätte einen solchen Vorfall sofort gemeldet. Am Wochenende war ich mit meinen Patenkindern draußen. Die Ältere lernt gerade ohne Stützräder zu fahren, die Jüngere kurvte mit ihrem Laufrad durch die Gegend, beide immer die Straße rauf und runter und auch bei uns parkten Autos am Rand. Ich räume durchaus ein, dass das sehr stressig war, weil ich immer hinter zwei Kids gleichzeitzig hersprinten und darauf achten musste, dass sie nirgendwo anecken. Aber es ist mir gelungen und wenn doch was passiert wäre, wäre das dann eben meine Schuld gewesen, weil ich nicht gut genug aufgepasst habe. Die beiden sind nunmal noch klein und da ist es meine Aufgabe als Aufsichtsperson, Unfälle zu vermeiden, auch wenn das sehr anstrengend ist.

Wie seht ihr das? Sehe ich die Sache zu eng? Findet ihr auch, dass Kinder nun mal Sachen kaputt machen, manchmal eben auch die anderer Leute und, dass man sich da keinen Kopf machen muss? Oder findet ihr diese Einstellung auch unmöglich und meint, dass Schäden, seien sie auch durch kleine Kinder verursacht, durchaus ein guter Grund für ein schlechtes Gewissen sind und auf jeden Fall sofort gebeichtet werden müssen?

Gruß
Sorcya

» Sorcya » Beiträge: 2904 » Talkpoints: 0,01 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Hallo!

Natürlich muss man das auch moralisch melden und ich denke auch, dass der Nachbar ein Recht auf Ersatz hat. Und wenn ich bei der Versicherung glaubhaft machen kann, dass ich den Jungen nicht unbeaufsichtigt gelassen habe und dass es trotzdem passiert ist, dann bezahlt auch die Versicherung. Der Junge darf nur nicht alleine auf der Straße gewesen sein.

Ich finde es sehr unfair, wenn man die Kratzer auf einem Auto totschweigt und ich könnte es mit meinem Gewissen nicht vereinbaren, wenn meine Kinder sowas gemacht hätten. Und wenn diese Frage von einem Prister beantwortet wurde, dann kann ich diese Antwort noch weniger verstehen. Was gilt denn noch die Moral in der Kirche? Ich denke, dass grade diese Menschen raten sollten auch ehrlich gegenüber den anderen Mitmenschen zu sein.

Ich würde sofort dem Nachbarn Bescheid geben, was passiert ist. Entweder bezahlt es halt die Versicherung oder man muss selber in den sauren Apfel beissen.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge


Hallo!

Ich finde es moralisch nicht vertretbar so einen Unfall zu verschweigen, auch wenn es nur eine kleine Macke ist. Ich finde, dass man so ehrlich sein sollte und dem Nachbarn dies melden sollte.

Das Kind wird sich bestimmt nichts dabei gedacht haben und es ist eben im Spiel passiert. Aber ich denke, dass die Mutter doch mit gutem Beispiel voran gehen sollte und dem Kind ein Vorbild sein sollte. Es wird garantiert schlimmer, wenn die Mutter verschweigt, dass ihr Kind für die Macke verantwortlich ist. Ich kann gar nicht verstehen, wie der Ratgeber aus der Zeitung so etwas schreiben kann.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge



Das mit dem Priester war auch mein erster Gedanke, wie ich zugeben muss. Vermutlich ist das ein klischeehafter Irrtum, aber gerade von diesen Menschen erwartet man doch moralische Korrektheit. Dieser Mann steht aber offenbar eher auf dem Standpunkt, dass falsches Verhalten absolut okay ist, man darf sich eben nur nicht erwischen lassen. Das hat mich schon schockiert.

Auch ganz generell finde ich es schlimm, dass in solchen Kummerkästen, die ja quasi eine Art höhere Instanz darstellen, für die Leute, die sich dorthin wenden, ganz offensichtliches Fehlverhalten gut geheißen wird. Das ist so eine ähnliche Situation, wie wenn man sich als Kind am Verhalten der Eltern orientiert, wenn man es mal überspitzen will.

Aber wenigstens sehen es noch andere Leute wie ich. Mir wird manchmal vorgeworfen, ich sei etwas zu rechtschaffen, weil ich auf solche Sachen wir Betrug oder Ähnliches gar nicht klar komme. Aber bei diesem Ratschlag ging mir dann echt die Hutschnur hoch.

» Sorcya » Beiträge: 2904 » Talkpoints: 0,01 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Diese neue Ratgeberei wird wahrscheinlich eine Geldmacherei sein. Ich sehe es so wie du. Meine Tochter hat bis jetzt eigentlich noch so gut wie nie etwas von jemandem anderen kaputt gemacht. Wenn, dann bin ich selber für den Schaden aufgekommen. Handelte es sich um ein Spielzeug, habe ich ein Neues gekauft. Bei Autos und dergleichen habe ich immer aufgepasst, wie ein Heftchenmacher, dass nichts passiert und es ist auch noch nichts passiert.

Dass aber ein Priester den Rat gibt, unehrlich zu sein oder gar etwas zu verleugnen, erstaunt mich ja nicht schlecht, zumal in der Kirche ja immer etwas anderes gepredigt wird. Allem Voran, wenn er sagt, man müsse auch kein schlechtes Gewissen haben. Scheinbar gibt es bei diesem Priester ein 11. Gebot: "Du sollst dich nicht erwischen lassen!" Anders kann ich mir ein solcher Sinneswandel nicht erklären.

» nordseekrabbe » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Ein wenig erinnert mich das an die Gewissensfragen, die Dr. Dr. Rainer Erlinger in der SZ beantwortet Klick. Da würde diese Frage ganz gut reinpassen.

Ich kann die Antwort auf diese Frage schon nachvollziehen. Denn wenn man mal überlegt, wie oft das eigene Auto auf dem Parkplatz angedellt wird, dann scheint es ja dem Zeitgeist zu entsprechen solche Dinge zu verschweigen. Und warum sollte man da zwischen Fremden und Bekannten unterscheiden? Diese Frage ist natürlich überspitzt. Auch, dass ein Priester einen solchen Rat gibt, finde ich durchaus nachvollziehbar. So lange der Nachbar nicht angelogen wird, verstößt man ja auch gegen kein Gebot oder etwa doch?

Ich selbst habe bisher noch nie in einer solchen Zwickmühle gesteckt und hätte bei meinen Nachbarn auch kein Problem so etwas zu beichten. Allerdings kann ich mir bei anderen Nachbarn auch vorstellen, so ein Versehen zu verschweigen.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Ich finde es unverantwortlich, eine solche Antwort in einer Zeitung abzudrucken, wo sie zahlreiche weitere Menschen lesen können und die Aussage des Priesters als Freifahrtschein für Sachbeschädigungen werten.

Ich finde es auch ziemlich dreist, dass diese Frau sich mit einer solchen Anfrage an diesen Priester gewandt hat. Jeder normale Mensch kann sich diese Frage doch eigentlich selbst beantworten und muss wissen, dass es nicht in Ordnung ist, fremdes Eigentum zu beschädigen und dann einfach darüber zu schweigen. An jeder Baustelle klebt das Schild "Eltern haften für ihre Kinder". Dieser Satz gilt auch für Beschädigungen, die an fremdem Eigentum durch die eigenen Kinder verursacht werden. Wenn ein Mensch noch zu jung ist, um selbst zu haften, müssen eben die Eltern haften. Normalerweise hat doch jeder eine private Haftpflichtversicherung und gerade für Kinder ist eine solche Versicherung essentiell. Es kann eben nie ganz ausgeschlossen werden, dass ein Kind etwas beschädigt.

Die Reparatur des beschädigten Autos ist ja schon relativ teuer und ich wäre sehr sauer, wenn jemand einen Kratzer an meinem Fahrzeug verursachen würde und mich dann mit den Kosten für die Beseitigung allein lassen würde. Wenn die betreffenden Leute keine private Haftpflichtversicherung haben sollten, müssen sie das Geld eben aus eigener Tasche bezahlen, auch wenn die Kinder den Schaden verursacht haben und ihr Handeln nicht absehen konnten.

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» Cologneboy2009 » Beiträge: 14210 » Talkpoints: -1,06 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



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